- Ja, klar werden wir das ändern. Wir müssen insgesamt eine Steuerentlastung durchführen, aber bei diesem Effekt ist man so deutlich über das Ziel hinausgeschossen, dass es unverantwortbar ist. Dies muss und wird geändert werden. Allein die Auswirkungen auf die Kommunen und auf die Landeshaushalte sind so katastrophal, dass das kleine Beispiel, das ich genannt habe, deutlich macht, dass in dieser Hinsicht etwas geändert muss, meine Damen und Herren.
Wir sind das den Menschen in ganz Deutschland auch deshalb schuldig, weil das allgemeine Ziel, die Beschäftigung in Deutschland zu erhöhen, in weite Ferne gerückt ist. Ich kann nur wieder daran erinnern, dass das von Kanzler Schröder selbst gesteckte Ziel, die Arbeitslosigkeit im Durchschnitt unter 3,5 Millionen zu senken, in weite Fern gerückt ist. Auch die statistischen Tricks mit der neuen Registrierungsart von älteren Arbeitslosen und mit der Umwandlung der bisherigen 630-Mark-Jobs in versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse haben diese Statistik nicht verbessern können.
Die Wahrheit ist so grausam. Wir müssen hier ran und deshalb müssen auch auf Bundesebene andere Weichenstellungen vorgenommen werden.
Wir müssen an die Ökosteuer heran. Sie dient im Moment dazu, die Löcher bei der Rentenreform zu stopfen. Deshalb hat unser Kanzlerkandidat ganz klar gesagt: Die nächste Stufe der Ökosteuer muss ausgesetzt werden. Wir können aber auch nicht so weit gehen, wie es die FDP sagt; denn die Löcher sind im Moment vorhanden. Man kann nicht alle Fehler der letzten Jahre mit einem Ruck korrigieren.
Meine Damen und Herren! Ich will an ein Beispiel erinnern. Rot und Grün sind in den letzten Wochen und Monaten über uns hergefallen und haben behauptet, dass die CDU den Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer abschaffen möchte.
Das ist nicht richtig. Ich möchte Sie daran erinnern, dass der Kündigungsschutz für heute 58-Jährige praktisch bereits jetzt aufgehoben ist. Sie müssen sie nur zwei Jahre befristet einstellen; und hinterher haben sie sowieso keinen Kündigungsschutz mehr.
Ich denke, angesichts dieser Situation ist es vernünftig, wenn wir eine ehrliche Debatte darüber beginnen, ob man es mit einem Optionsmodell tatsächlich schaffen kann, ältere Arbeitnehmer wieder in mehr Beschäftigung zu bringen; denn das jetzige Kündigungsschutzrecht ist unter dem Strich zu einem reinen Abfindungsrecht verkommen, und ich glaube, dann ergibt sich nicht die Wirkung, die dieses Gesetz eigentlich haben sollte.
Meine Damen und Herren! Wir brauchen als Landesregierung einen klaren Kurs. Runde Tische, an denen die Probleme nur kleingeredet werden und Nebelkerzen gegen den politischen Gegner geworfen werden, helfen uns letztlich nicht. Sie sind nur zur Bilanzverschönerung gedacht. Wir brauchen stattdessen eine konzertierte Aktion mit klarer Erkennbarkeit der jeweiligen Zuständigkeiten.
Die CDU wird in den kommenden Jahren den politischen Kurs in Sachsen-Anhalt vorgeben. Als Volkspartei wollen wir alle Menschen guten Willens in unseren Einsatz für den Richtungswechsel in unserem Land einbinden und mitnehmen. Deshalb richten wir uns mit unseren Appellen und mit unseren Wünschen für eine gute Zusammenarbeit an Arbeitgeber und Gewerkschaften, an Ärzte und Patienten, an Verbraucher und Erzeuger.
Meine Damen und Herren! Wir wollen eine Politik des Dialoges, die die Menschen wieder verstehen lässt, warum wir welche Entscheidungen in diesem Land angehen. Ich kann es nur ganz deutlich sagen: Es gibt in diesem Lande keine Geschenke mehr zu verteilen. Aufgabe der Koalitionsabgeordneten wird es sein, den steinigen Weg, der vor uns liegt, gerecht zu gestalten und Politik
überall auf den Märkten und Plätzen, in den Vereinen und Verbänden, in den Familien und in den Medien zu erklären.
Die CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen Anhalt hat sich ganz im Gegensatz zur Oppositionsfraktion erneuert. Wir haben einen guten Mix von jungen und von erfahrenen Abgeordneten, die die Bürgerinnen und Bürger am 21. April 2002 gewählt haben und denen sie den Auftrag gegeben haben, die neue Regierung zu stellen.
Beides - jugendlicher Elan und Erfahrenheit in der parlamentarischen Arbeit - werden wir zusammenbringen. Und unter uns wird Schluss mit Schlusslicht sein. Wir werden eine neue Politik im Lande Sachsen-Anhalt einläuten.
Wer denkt, dass nach der Regierungsbildung das Parlament schnell in die Sommerpause gehen könnte, hat sich getäuscht. Wir werden erst die Arbeit, die noch zu
erledigen ist, zügig durchführen, und dann, denke ich, werden wir mit einem guten Gefühl die Landesregierung über die ersten Entscheidungen hinaus, die dieses Parlament gefällt hat, weiterarbeiten lassen, um im Herbst unsere weiteren Reformprojekte anzugehen.
Meine Damen und Herren! Ich wünsche der Regierung eine glückliche Hand und allen Ministern Tatkraft und Gesundheit. Alle Minister sollten aber auch wissen, dass die CDU-Fraktion von allen Regierungsmitgliedern die zügige Umsetzung der Koalitionsvereinbarung einfordern wird.
Meine Damen und Herren! Das Unwort „Magdeburger Modell“ soll möglichst schnell zum Sprachschatz allein von Historikern gezählt werden.
Sachsen-Anhalt will es erreichen und wir werden es erreichen, dass unser Bundesland so schnell wie möglich wieder in die Reihe der geachteten Bundesländer zurückkehrt. - Vielen Dank.
Besten Dank, Herr Abgeordneter Scharf. Ich darf darauf aufmerksam machen, dass Ihrer Fraktion noch sieben Minuten und sieben Sekunden Redezeit verbleiben. - Ich rufe nun Abgeordnete Frau Dr. Sitte zu ihrem Redebeitrag auf. Bitte, Frau Dr. Sitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Titel, mit dem Sie, Herr Ministerpräsident, Ihre Regierungserklärung überschrieben haben, soll selbstbewusst den Eindruck vermitteln, dass sich seit dem Regierungswechsel das Land nunmehr im Aufbruch befindet.
Dass Aufbruch allein durch Wechsel an der Spitze kein Selbstläufer ist, hat sich ganz schnell herausgestellt. Die Stimmung in der Bevölkerung und in der Wirtschaft ist nach wie vor eher skeptisch, ist eher verhalten.
Zumindest an den Überschriften der Quartalsberichte der Handwerkskammern und der Industrie- und Handelskammern und an den Überschriften in den Zeitungen hat sich nichts wesentlich verändert. Kann ja auch nicht - sagen Sie sicherlich -; denn es war ja viel zu wenig Zeit, um wirklich schon Entscheidungen umzusetzen, die zu einem nachhaltigen Stimmungswandel führen könnten. - Stimmt, sage auch ich. Das heißt, wir können noch gar nicht im Aufbruch sein, nur weil es jetzt eine CDU-FDP-Regierung gibt. Deshalb hinkt natürlich der Titel etwas.
Es kommt also vielmehr auf die Inhalte des so genannten Aufbruchs an. Ich will mich an dieser Stelle gar nicht darüber verbreiten, ob der Begriff Aufbruch überhaupt ein zutreffendes Bild für die Beschreibung Ihrer Ausgangsposition ist. Ihre Auffassung von den Inhalten dieses so genannten Aufbruchs weist ganz sicher Differenzen zu der unsrigen auf.
Ein Ruck sollte auch aus unserer Sicht durchs Land gehen. Man könnte, um bei Ihrem Bild zu bleiben, zumindest einmal festhalten, dass Aufbruch nicht zwingend nur in Ihre Richtung gehen muss. Wir wollen einen inno
vativen Weg gehen, der sich nicht nur an alten Handlungsmustern orientiert, die längst gezeigt haben, dass selbst durch Modifikationen nur noch unzureichend Nachsorge betrieben werden kann. Für uns ist aber eine gestaltende Politik notwendig, eine Politik, die auf unsere spezifischen Problemstellungen im Land kreativ, also mit eigenständigen Lösungsvorschlägen reagiert und die mit Mut und Konsequenz die Durchsetzung vorantreibt.
Was kennzeichnet nun aber die Startphase Ihrer Regierung? Sie bezeichnen das Tempo, in welchem Sie die Koalitionsvereinbarungen verabschiedet haben, als rekordverdächtig. - Nun ja. Sie ist vor allem ein politischer Stichwortkatalog und das hat Methode. An vielen Stellen setzen Sie eben nur ein Stichwort. Der Leser oder die Leserin fragt sich dann verwundert: Was wollen die uns jetzt eigentlich damit sagen? - Es fehlt an klaren Aussagen, was aus Ihrer Sicht darunter zu verstehen ist.
An Stellen, die über Stichworte hinausgehen, werden dann Ziele angeboten, die über einige Jahre zu erreichen sind, ohne wiederum Aussagen zum Weg der Umsetzung zu treffen. Auch hierbei wird der oder die Interessierte auf Interpretationsmöglichkeiten zurückgeworfen, die bekanntermaßen sehr unterschiedlich aussehen können.
Alle Parteien sprechen beispielsweise von der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen im Land, bieten aber unterschiedliche Vorstellungen über die Umsetzung dieser Zielstellung. Noch schwieriger wird es hinsichtlich der Frage der Erhöhung der Bildungsqualität; denn dabei haben wir nicht nur andere Vorstellungen über Teilschritte zur Umsetzung, sondern vor allem offensichtlich deutliche Differenzen zur Kennzeichnung des Zustandes selbst bzw. darüber, was wir unter mehr Bildungsqualität verstehen.
Selbstverständlich gibt es aber in der Koalitionsvereinbarung wie auch in Ihrer Regierungserklärung Positionen, die wir ganz klar ablehnen. Bei vielem, was in dem Vertrag steht, was in den letzten Wochen vonseiten der neuen Minister und der Ministerin geäußert worden ist und was sich auch punktuell in der Regierungserklärung wiederfindet, haben wir den Eindruck gewonnen, dass Sie bei allem Wahloptimismus vor Ihrer neuen Aufgabe gnadenlos unvorbereitet standen und stehen.
sie ist in Sachen konkreter Landespolitik in den letzten Jahren eher Konsumentin gewesen. Aber die CDU kann diese Schonfrist nicht wirklich für sich reklamieren, zumal es bekanntermaßen auch politische Felder gab, in denen sie eine deutlichere Nähe zur SPD hatte als wir. Herr Püchel kann dazu einiges berichten.
Daher verwundert die Unverbindlichkeit mancher Aussagen, aber auch manche klar formulierte Zielstellung schon allein deshalb, weil jede bzw. jeder halbwegs Kundige aus diesem Haus wissen müsste, dass es so, wie von Ihnen vorgeschlagen, gar nicht geht. Ich vermute, dass diese Methode letztlich doch dem Zeitgewinn zur Selbstfindung und auch zur Klärung von Differenzen zwischen den Koalitionspartnern dient. Die Frage der
Daher ergibt sich bei der Bewertung einer ganzen Reihe von Regierungszielen für die Bürgerinnen und Bürger des Landes Sachsen-Anhalt doch eine erhebliche Unschärfe. - Herr Scharf, Sie haben da schon einiges genommen, aber wir sind gespannt, was noch aus dieser Tüte kommt.
Wir gehen davon aus, dass CDU und FDP bewusst vieles im Unklaren lassen, zumindest bis zum 22. September dieses Jahres. Bis dahin wird sich dann wohl auch Frau Pieper endgültig entschieden haben und wir werden endgültig wissen, wo sie am besten für das Land wirken kann. Gegenwärtig jedenfalls wirkt sie in einer Art an dieser Entscheidung, die zunächst den Vertrauensvorschuss verwirkt hat. Das muss ich schon mal sagen: Als Generalsekretärin der FDP hätte ich Ihnen da schon eine generalstabsmäßige Vorbereitung zugetraut. Aber es irrt der Mensch, so lang er strebt.
Schauen wir auf die Schwerpunkte des Wahlkampfes, so waren es doch vor allem drei Problemkreise, welche CDU und FDP mit einer roten Laterne beleuchteten und die als Hauptvorwürfe gegenüber der Landesregierung unterbreitet wurden: höhere Verschuldung des Landes im Vergleich zu anderen Bundesländern, überdurchschnittlich hohe Zahl von Beschäftigten im öffentlichen Dienst und vergleichsweise zu geringe Investitionsausgaben des Landes.
Wenn man unter diesem Blickwinkel sowohl Koalitionsvereinbarung als auch Regierungserklärung betrachtet, fällt das Ergebnis widersprüchlich aus. Dieser Eindruck verschärft sich, werden jüngste Positionen der einzelnen Minister und der Ministerin einbezogen. Gemeint sind: Abschaffung des 13. Schuljahres und der Grundschule mit festen Öffnungszeiten, Ausstieg aus dem Gesamtpaket Gebiets-, Verwaltungs- und Funktionsreform, Abschaffung des Vergabegesetzes, Einschränkung des Denkmalschutzes,