Protocol of the Session on June 20, 2002

Solche Ressortaktivitäten, von denen es etliche andere gibt und viele weitere in den nächsten Jahren initiiert werden, gut miteinander zu vernetzen und besser zu koordinieren, wird Aufgabe unserer Projektgruppe sein.

Sie sehen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete von der PDS-Fraktion, die Landesregierung ist Ihnen auch auf diesem Feld weit voraus.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der PDS - Frau Bull, PDS: Man sieht‘s! - Herr Gallert, PDS: Das war jetzt aber ein Sickerwitz!)

- Ich hoffe, er ist bei Ihnen angekommen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eines Antrages, zumal eines so allgemeinen, der für nichts als bloßen Aktionismus steht, hätte es nicht bedurft. Er geht ins Leere. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Robra. - Die Debatte wird fortgesetzt mit dem Beitrag der FDP-Fraktion. Es spricht die Abgeordnete Frau Seifert. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich will es ganz kurz machen. Der Antrag, der

eingebracht wurde, freut mich als frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion besonders, weil es auch mir ein Anliegen ist, alle Maßnahmen, die zur Verbesserung der Chancen von Frauen in Ausbildung und beruflicher Entwicklung dienen, zu unterstützen.

Neben vielen anderen Maßnahmen, die in diese Richtung zielen, gehört Gender-Mainstreaming als eine gleichstellungspolitische Strategie zu den Maßnahmen, die auch schon in unserem Koalitionsvertrag verankert sind. Gender-Mainstreaming kommt der Auffassung liberaler Frauenpolitik besonders entgegen: Chancengleichheit für Frauen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens und als zentrales Element für die Arbeit der Landesregierung in Sachsen-Anhalt.

Liberale Familienpolitik beinhaltet aber neben der Chancengleichheit von Frauen im gesellschaftlichen Leben auch die Chancengleichheit von Männern, eine gleichberechtigte Partnerschaft in allen gesellschaftlichen und politischen Bereichen - das hat der Minister ausführlich dargelegt -, und dem kommt die Methode von GenderMainstreaming besonders entgegen.

Da - wie der Minister für die Landesregierung dargestellt hat - Gender-Mainstreaming als Gemeinschaftsaufgabe aller Ressorts verstanden wird und als Methode für die Politik der Landesregierung und deren Verwaltung schon realisiert wird, lehnen wir als FDP-Fraktion den Antrag ab. Wir betrachten den Antrag als erledigt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Frau Seifert. - Nun spricht Frau Ute Fischer für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bull hat die Notwendigkeit, aber auch die Handlungsstrategie des Gender-Mainstreamings ausführlich beschrieben. Ich sage: Zu ihrer Entfaltung, zu ihrer vollen Wirksamkeit brauchen alle Reformvorhaben in Wirtschaft und Verwaltung neben Zeit auch Engagement und Willensbekundungen der höchsten Führungsebene. Systematische Informationen und Fortbildungsveranstaltungen sind für die Vermittlung von Wissen und die Entwicklung von Kompetenz gerade zur Umsetzung des Gender-Mainstreamings unbedingt erforderlich.

Grundlage des Konzeptes bilden Datenerhebungen und Statistiken in allen Politikfeldern. Die Auskunft über die jeweilige Repräsentanz oder Beschaffenheit nach Geschlecht getrennt ermöglicht bis heute in vielen Bereichen noch keine ausreichenden Handlungsstrategien.

Ich erinnere mich an viele Beratungen im Gleichstellungsausschuss, in denen wir über Wirtschaftsangelegenheiten gesprochen haben und die Kollegen Mitarbeiter aus dem Wirtschaftsministerium immer gar nicht wussten, wie sie auf unsere Fragen antworten sollten, weil es eben keine Statistiken im Wirtschaftsbereich gibt, die Frauen und Männer getrennt behandeln. Sie wussten auch nicht, wie Richtlinien und Verfahren jeweils auf Männer und Frauen wirken.

Ich denke, durch Gender-Mainstreaming könnte so etwas abgebaut werden. Wir hoffen auch, dass die Bundesstatistik entsprechend den jetzigen Bedingungen geändert wird. Eine Willensbekundung in der Koalitions

vereinbarung reicht mir dafür noch nicht aus, obwohl ich natürlich zufrieden war, dort diesen Begriff zu finden.

Mir reicht auch der Appell zur partnerschaftlichen und gerecht verteilten Verantwortung in der Regierungserklärung noch nicht aus; denn dazu zähle ich auch Regierungshandeln und Ausübung von Macht. Ich bin mir nicht sicher, ob die Regierungsmannschaft für die Handhabung des Gender-Mainstreamings so ausreichend geschult ist, dass es nicht doch wieder zur Benachteiligung des einen oder des anderen Geschlechts kommen kann. Nach Ihrer Rede, Herr Minister, hege ich natürlich große Hoffnungen.

Ebenfalls von großer Bedeutung für die Umsetzung der Gender-Mainstreaming-Strategie ist von Beginn an eine begleitende Auswertung, ein systematisches Controlling, mit dem Fortschritte dokumentiert, weitere Handlungsfelder genannt und Schwachstellen erkannt und verändert werden können. Gender-Mainstreaming zielt letztlich auf eine Qualitäts-, Effektivitäts- und Effizienzsteigerung von Verwaltungshandeln im Interesse von Betroffenen, nämlich von Männern und Frauen.

Die Landesregierung der SPD hatte vorbildlich über die Leitstelle, in einem Frauenministerium angesiedelt, Strukturen, Bildung und Controlling installiert, um diese Strategie erfolgreich umzusetzen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nun hat unsere Fraktion Bedenken - vor allen Dingen, nachdem der Begriff „Gender-Mainstreaming“ in der heutigen Regierungserklärung nicht vorkam -, dass dieser Handlungsstrategie nun vielleicht ein geringerer Stellenwert zugestanden wird. Auch Frau Piepers Rede vernahm ich wohl, allein mir fehlt der Glaube an tatsächliche Gleichstellungspolitik.

Sie sagten in der Regierungserklärung, die rechtliche Gleichstellung sei selbstverständlich. Sie ist es eben nicht. Sie ist im Gesetz verankert und dort wird auch auf Veränderung der Benachteiligung hingewiesen. Trotzdem gibt es nach wie vor Benachteiligungen. Dem Verfassungsauftrag wird bisher nicht Genüge getan. Alle Frauenförderung hilft nicht, Benachteiligungen abzubauen; denn sie läuft ohne Gender-Mainstreaming als Handlungsstrategie immer wieder neuen strukturellen Benachteiligungen hinterher.

Bei jedem Verwaltungshandeln - das betrifft zum Beispiel auch die Haushaltsaufstellung und die Vergabe von EU-Strukturfonds - ist zu prüfen: Welche Auswirkungen hat denn dieses Verwaltungshandeln auf Geschlechter? Werden Frauen oder Männer benachteiligt? Wie erfolgt ein Ausgleich?

Aufgrund Ihrer Regierungserklärung verstärkt sich zusätzlich unsere Sorge, da Sie im Familienkapitel immer nur über Mütter reden. Wo bleibt die Chance für Väter, sich an Familienarbeit zu beteiligen?

(Zustimmung bei der PDS)

Sie wollen die Folgen der „natürlichen Ungleichheit“ ausgleichen. Meinen Sie die biologische oder welche Ungleichheit, die natürlich sein soll? Sie pflegen da komische Begriffe. Sie wollen neue Lösungen für die Mütter finden. Wo bleiben die neuen Lösungen für die Väter?

(Zustimmung von Frau Dr. Kuppe, SPD, und bei der PDS)

Ich war erstaunt und erfreut, Sie haben inzwischen auch zu einem neuen Familienbegriff gefunden. Hoffentlich

beinhaltet dieser nicht immer nur Frauen und den Mütterbegriff. Frauen sollten mehr sein, als für gutes Klima in diesem Hause zu sorgen oder als Farbtupfer dargestellt zu werden.

(Zustimmung bei der SPD - Beifall bei der PDS)

Sie, sehr geehrter Herr Minister, sprachen von der Projektgruppe, und wir haben nun die Hoffnung, dass diese die begonnene Gender-Mainstreaming-Arbeit fortsetzt und zusätzlich dafür sorgt, ungleiche Behandlung von Frauen und strukturelle Benachteiligungen abzubauen. Dies werden wir kritisch begleiten.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Vielen Dank, Frau Fischer. - Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Kurze das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sie sehen, selbst im Redebeitrag wirkt bei uns schon Gender-Mainstreaming, Frauen und Männer gleichberechtigt.

(Zustimmung bei der CDU - Oh! bei der PDS)

Gender-Mainstreaming als Politikansatz beruht auf der gesetzlichen Grundlage des Amsterdamer Vertrages von 1999 und dieser Politikansatz ist für uns - nicht nur für uns, sondern für alle Mitgliedsstaaten - verpflichtend. Diese Querschnittsaufgabe für Verwaltungshandeln und politisches Agieren ist selbstverständlich eine Richtschnur für die CDU-Fraktion und natürlich für die Landesregierung.

Der Minister hat es bereits gesagt: Wir haben als Ziel, die Chancengleichheit von Frauen und Männern in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu verbessern. Ausdruck findet dies in der konsequenten Festschreibung des Gender-Mainstreamings, zumindest der Ansätze, im Koalitionsvertrag. Eine nähere Definierung des Begriffs Gender-Mainstreaming, wie in Ihrem Antrag nach dem Motto „Hallo, Herr Lehrer, ich weiß was“, brauchen wir nicht.

(Zustimmung bei der CDU)

Für uns ist klar: Was im Amsterdamer Vertrag steht, wird umgesetzt. Anträge sollten zukünftig produktiv sein und nicht begriffserklärend.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir wollen unser Land voranbringen und uns nicht stets und ständig mit uns selbst beschäftigen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Alles, was uns hemmt und blockiert, wird zukünftig dereguliert. Alles, was uns voranbringt, wird gefördert.

(Herr Bullerjahn, SPD: Das sind ja ein paar Sprü- che!)

Wir werden zukünftig selbstverständlich ressortübergreifend den Ansatz von Gender-Mainstreaming in unsere Arbeit einfließen lassen und wir werden dazu inhaltliche Schwerpunkte setzen und auf diesem Weg die Frauenpolitik zielorientiert und qualitativ gestalten.

(Zuruf von der PDS: Und die Männerpolitik?)

Mit uns wird in jedem Ressort Gender-Mainstreaming Anwendung finden und - ich möchte es noch einmal betonen - wir sprechen nicht nur davon, wir werden auch handeln.

(Zustimmung bei der CDU)