Protocol of the Session on November 20, 2003

Zu den Voraussetzungen für den Realschulabschluss zählte bisher die Anzahl der belegten A-Kurse im 10. Schuljahrgang. Sie werden sich daran erinnern, dass man eine Zeit lang sogar noch zum 1. Dezember „ummünzen“ konnte, um im letzten Moment noch von dem avisierten oder möglichen Hauptschulabschluss auf den Realschulabschluss zu kommen. Das folgte damals der Beobachtung, dass die Zahl der Hauptschulabgänger ins Unermessliche wuchs. Das waren also Regelungen, die

sozusagen bereits versuchten, ein Korrektiv einzuziehen.

Dem jetzigen Antrag liegt offensichtlich die Befürchtung zugrunde, dass nach der neuen Regelung Schülerinnen und Schüler, die im 9. Schuljahrgang eine solche Belegung nicht vorweisen konnten oder können, die Schule verlassen müssten, ohne überhaupt noch den Realschulabschluss erwerben zu können. Den jetzigen Neuntklässlern sollte also die Möglichkeit zum Besuch des 10. Schuljahrgangs offen stehen, was auch der Fall ist, wie ich gleich erläutern werde.

Der Antrag stellt außerdem auf die Neuntklässler des kommenden Schuljahres, also des Schuljahres 2004/ 2005, ab. Der Grund dafür kann eigentlich nur darin liegen, dass man diesen Übergangsjahrgang in einer besonderen Situation sieht, zum Beispiel weil sich Schülerinnen und Schüler nicht lange genug auf die neue Situation einstellen konnten.

Meine Damen und Herren! Da ist was dran. Genau das waren die Überlegungen, die das Kultusministerium zu dem in dem Antrag erwähnten Brief an die Eltern der betroffenen Schülerinnen und Schüler veranlasst haben.

Allerdings ist zu beachten, dass viele Schüler von der Gesetzesänderung nicht wirklich betroffen sind. Diejenigen, die ohnehin beabsichtigen, die Schule mit dem Hauptschulabschluss zu verlassen, erreichen dieses Ziel jetzt ein Jahr früher.

Weitaus mehr Schülerinnen und Schüler streben den Realschulabschluss an. Auch bei ihnen ist es keineswegs der Regelfall, dass sie erst im 10. Schuljahrgang die dem gewünschten Abschluss entsprechenden Leistungen erbringen. Die meisten bereiten sich vielmehr mit großem Ernst und durch entsprechende Leistungen längerfristig und damit zielgerichtet auf den Realschulabschluss vor. Auch sie hätten keine Probleme mit den erforderlichen Kursbelegungen.

Man sollte natürlich nicht die begrüßenswerten Fälle der „Spätzünder“ außer Acht lassen - das meine auch ich -, auch wenn es nicht der Regelfall ist. Deshalb hat das Kultusministerium mit dem besagten Brief und mit der entsprechenden Information der Schulbehörden landesweit eine Beratung der Erziehungsberechtigten und der Schülerinnen und Schüler der betreffenden Jahrgänge eingeleitet.

Mit dem Brief erhielten die Eltern zum einen grundlegende Informationen darüber, wie die betreffenden Schülerinnen und Schüler ihren Bildungsweg fortsetzen können, das heißt, entweder in den Schuljahrgang 10 oder in eine Berufsausbildung wechseln können. Zum anderen wurde darüber informiert, wie sich Eltern und Schüler über die Voraussetzungen und die Wege dorthin beraten lassen können.

Ob ein Schüler den 10. Schuljahrgang mit einem Realschulabschluss beendet, entscheidet sich nach den in diesem Schuljahr erbrachten Leistungen. Die formale Eingangsvoraussetzung dafür - es ist mir wichtig, das hier in gewisser Weise richtig zu stellen; denn Frau Hein hat schon Recht damit, dass wir an der Stelle eine Irritation aufzuklären haben -, ob eine Schülerin oder ein Schüler jetzt von der 9. in die 10. Klasse wechseln kann, ist nicht von einer bestimmten Kursbelegung abhängig. Vielmehr gilt die Versetzungsordnung. Darüber haben wir die Betreffenden unterrichtet.

Wenn die Leistungen für die Versetzung ausreichen, ist der Besuch der 10. Klasse in diesem Übergangsjahr und damit der Erwerb des Realschulabschlusses möglich. Allerdings ist das Niveau dieses Abschlusses maßgeblich, also das Niveau, das bisher für A-Kurse im 10. Schuljahrgang vorausgesetzt werden musste. Umso wichtiger ist die Beratung der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern durch die Schulen, zumal schon jetzt im zweiten Halbjahr der Klasse 9 die geforderten A-Kurse belegt werden können.

Zu den Neuntklässlern des nächsten Schuljahres 2004/ 2005, um es einfach zu machen, ich kann auch sagen, des zweiten und letzten Übergangsjahres. Diese Schüler sind zwar nicht Gegenstand Ihres Antrages, aber ich will trotzdem darauf eingehen, um das zu erklären. Für die Neuntklässler des nächsten Schuljahres, die im Schuljahr 2005/2006 in die 10. Klasse kommen - ich hoffe, man versteht das noch -, ist eine Übergangsverordnung in Arbeit, die zwar über die reine Versetzungsregelung hinausgeht - denn sie haben ein Jahr länger Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen -, die aber auch diesen Schülerinnen und Schülern des letzten Übergangsjahres den Erwerb des Realschulabschlusses nicht unnötig erschweren soll. Allerdings darf auch das Niveau nicht herabgesetzt werden.

Die Ergebnisse der Anhörung zu dieser Verordnung, die wir vorbereiten, liegen bereits vor und werden zurzeit im Kultusministerium ausgewertet. Der hiervon betroffene, also nächste Jahrgang ist zwar nicht Gegenstand des Antrags. Über die ihn betreffenden Regelungen werde ich jedoch, dem Änderungsantrag der Regierungsfraktionen folgend, gern im Ausschuss für Bildung und Wissenschaft berichten.

Auch in weiteren Punkten werden wir die nötigen Übergangsregelungen mit Augenmaß umsetzen. So sollen Kursumstufungen zusätzlich zu den in der Versetzungsverordnung vorgesehenen Terminen möglich sein.

Wir wissen, dass die Schülerinnen und Schüler, die bereits auf dem Niveau der A-Kurse unterrichtet wurden, die etwa dem Realschulniveau entsprechen, in der Tat bessere Voraussetzungen haben, um den 10. Schuljahrgang zu absolvieren, als jene, die sich zunächst in BKursen des Jahrgangs 9 befinden. Darum werden individuelle Förderpläne die Kursumstufung von Schülerinnen und Schülern unterstützen; denn der Besuch des A-Kurses ist mit deutlich höheren Leistungsanforderungen verbunden.

Auch sind bei der Vorbereitung der Abschlussprüfungen im 10. Schuljahrgang die bisher unterrichteten Inhalte zu berücksichtigen. Dies ist allerdings nicht im Sinne einer Senkung des Niveaus der Prüfungen zu verstehen, wohl aber als Ausgangspunkt für den Förderplan und gegebenenfalls auch bei der Auswahl der Prüfungsthemen.

Ich will jedoch klar hervorheben, dass die Umsetzung von Förderplänen ganz wesentlich die Bereitschaft der betreffenden Schülerinnen und Schüler voraussetzt, die Inhalte außerunterrichtlich aufzuarbeiten. Dabei ist ausdrücklich die Unterstützung durch die Eltern gefragt. Deshalb haben wir die Eltern in diesen Brief einbezogen.

So wichtig diese Maßnahmen auch sind, sind sie keineswegs der Schulgesetzänderung zu verdanken. Sie sind vielmehr bei jeder pädagogisch verantwortlichen Form der äußeren Fachleistungsdifferenzierung erforderlich, also auch bei der von der Vorgängerregierung eingeführten Form. Schließlich kannten auch Sie be

stimmte Leistungsvoraussetzungen für die Belegung von Kursniveaus und für den Erwerb von Abschlüssen.

Die von der PDS mit unterstützte Umgestaltung der Sekundarschule bedeutete auch nicht, dass jeder, der dies wollte, den Realschulabschluss erhielt. An diesen Ansprüchen darf sich nichts ändern. Gleichwohl aber müssen alle - das räume ich ausdrücklich ein -, die dies wünschen und bereit sind, sich anzustrengen, die Möglichkeit zum Erwerb des Realschulabschlusses erhalten und entsprechende Bedingungen vorfinden, die dies fördern.

Für diese beiden Übergangsjahrgänge ist mit einem gestuften System, wenn Sie es so nennen wollen, gesorgt, meine Damen und Herren. Die Schulgesetzänderung und ihre Umsetzung werden also niemanden, der sich in diesem und im kommenden Jahr im 9. Schuljahrgang befindet und den Realschulabschluss anstrebt, benachteiligen oder mit formal höheren Anforderungen konfrontieren, als er erwarten konnte.

Vor diesem Hintergrund empfehle ich Ihnen, den Änderungsantrag der Regierungsfraktionen anzunehmen, damit ich im Ausschuss für Bildung und Wissenschaft über die Details der nächsten Übergangsverordnung berichten kann. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Wir treten nun in die Debatte ein. Als erster Rednerin erteile ich für die CDU-Fraktion der Abgeordneten Frau Feußner das Wort. Bitte sehr, Frau Feußner.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass ein Elternbrief des Kultusministeriums - es handelt sich um den besagten Brief vom 1. Oktober 2003 - die Grundlage für einen Antrag bildet, ist eigentlich schon verwunderlich. Das Plenum wird meiner Ansicht nach mit Anträgen überfrachtet, die des Hohen Hauses nicht würdig sind.

(Zustimmung von Herrn Dr. Sobetzko, CDU)

Bei fast 14-tägig stattfindenden Ausschusssitzungen ist im Rahmen der Selbstbefassung genügend Raum, um diesen Tatbestand sachlich abzuhandeln.

(Zurufe von der PDS und von der SPD - Unruhe)

Selbst unter dem Punkt „Verschiedenes“ wäre auf schnellstem Wege eine Aufklärung bzw. Erläuterung möglich gewesen.

Die Substanz des Antrages ist mehr als bescheiden. Wahrscheinlich wollten Sie sich nur auf politisches Getöse einlassen.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Herrn Bul- lerjahn, SPD)

Sie können nicht einmal den Brief richtig lesen, Frau Hein. Dort steht nämlich eindeutig, dass es um ein freiwilliges Verlassen der Schule nach der 9. Klasse geht. Es ist also ein Angebot und kein Muss. Es steht eindeutig „können“ darin.

(Frau Dr. Sitte, PDS: Das nächste Mal fragen wir Sie vorher!)

Aber da dieser Antrag nun einmal gestellt wurde, haben wir versucht, uns durch unseren Änderungsantrag auf die wesentlichen fachlichen Fragen zu konzentrieren.

Frau Abgeordnete, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Bullerjahn zu beantworten?

Am Ende.

(Zuruf von Herrn Bullerjahn, SPD)

Verehrte Anwesende! Es ist im Ansatz zu begrüßen, dass sich die PDS um die Schüler Gedanken macht, die sie selbst mit in die unsäglichen A- und B-Kurse geschickt hat.

(Frau Mittendorf, SPD: Wer hat sie denn gefor- dert?)

Sie tat es im Übrigen mit dem Anspruch, weniger Schüler mit dem Hauptschulabschluss zu bekommen. Das Ziel ist aber dadurch nicht erreicht worden - im Gegenteil. Herr Olbertz beschrieb es schon - man hat dann noch einmal zu einer Notlösung gegriffen und die Möglichkeit eröffnet, zum 1. Dezember noch im 10. Schuljahr in den A-Kurs zu wechseln, um den Anteil der Schüler mit Hauptschulabschluss zu minimieren. Die Anzahl der Schüler mit Hauptschulabschluss stieg, wie gesagt, an. Deshalb haben wir die unsäglichen A- und B-Kurse wieder abgeschafft.

Nun gibt es Schüler, die leider - das meine ich sehr ernst - von den Übergangsregelungen so oder so betroffen sind. Für sie ist es besonders schwer. Deshalb darf man für sie keine erschwerten Bedingungen schaffen.

Der Ruf, das System der A- und B-Kurse so schnell wie möglich abzuschaffen, ist bis heute nicht verhallt - im Gegenteil. Schüler, die sich derzeit noch in dieser äußeren Fachleistungsdifferenzierung befinden, fühlen sich gegenüber von ihnen getrennten Bildungsgängen benachteiligt. Deshalb hat das Kultusministerium den Versuch unternommen, die Eltern aufzuklären und darüber zu informieren, wie die Schüler, die zurzeit die 9. Klassen besuchen, mit der wieder eingeführten neunjährigen Vollzeitschulpflicht verfahren können. Der Brief soll gerade keine Beunruhigung verursachen, sondern soll genau das Gegenteil bewirken und der Aufklärung dienen.

Aus dem Brief geht auch hervor, dass die Mehrzahl der Schüler einen Realschulabschluss anstreben wird. Ich kann dies auch noch einmal zitieren, Frau Hein. Aber ich denke, Sie haben den Brief selbst vorliegen. Das steht darin klar und deutlich. Das ist auch unsere politische Auffassung: Das soll auf keinen Fall zu einer Benachteiligung bestimmter Schülergruppen führen.

Sie, die PDS-Fraktion, haben durch die äußere Fachleistungsdifferenzierung genau zu dieser Benachteiligung der Schüler wesentlich beigetragen. Wir haben den Anspruch, dies wieder zu mindern.

Für die Übergangsphase ist aus den oben genannten Gründen eine geringere Zugangsanforderung für das 10. Schuljahr durchaus legitim. Maßgebend - auch das hat der Minister bereits gesagt - ist die Versetzungsordnung.

Natürlich muss dieser Prozess auch intensiv begleitet werden, zum Beispiel durch Beratung, durch Förderung

und durch Hilfen. Alle anderen Detailfragen sollten wir wirklich im Ausschuss beraten. Dorthin gehören sie nämlich. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Feußner.

Die Frage? - Hat sich erledigt.

Hat sich erübrigt. Herr Bullerjahn verzichtet offenbar. - Dann erteile ich für die SPD-Fraktion der Abgeordneten Frau Mittendorf das Wort. Bitte sehr, Frau Mittendorf.