Protocol of the Session on November 20, 2003

Ich denke, wir werden im Laufe der Beratungen noch einmal nachdenken, wo wir uns hierbei finden. Auch hierzu kann ich nur anbieten: Wir sind gewillt, einen Kompromiss zu finden, der allen Interessen gerecht wird. Deswegen biete ich noch einmal an, dass wir uns - das sagte auch Frau Dr. Kuppe am Ende ihrer Ausführungen - im Ausschuss darüber unterhalten.

Ebenso ist es mit den Verordnungsermächtigungen. Wir haben beim letzten Mal bereits intensiv beleuchtet, in welchem Zwiespalt wir uns befinden. Auf der einen Seite haben wir die Verordnungsermächtigung, auf der anderen Seite wollen wir, das Parlament, beteiligt sein.

Irgendwo in der Mitte müssen wir uns finden, weil es praktikabel sein muss. Wir können nicht nur der reinen

Lehre frönen; wir müssen auch sehen, was den Hochschulen nützt und wie die Praktikabilität gewährleistet werden kann. Auch das werden wir im Ausschuss klären.

Ein weiterer Punkt: Kuratorium. Ich war neulich in Merseburg - danach hatten die beiden Damen Fischer beim letzten Mal gefragt. Dort kam das Problem mit dem Kuratorium noch einmal auf. Wir haben im Entwurf des Hochschulgesetzes ein Modell eines Kuratoriums vorgesehen, das eine gewisse Logik hat. Dabei gibt es aber das Problem, dass wir zum Beispiel an Fachhochschulen schon Kuratorien haben, die nicht mit der Logik dieses Kuratoriums übereinstimmen. Auch diesbezüglich werden wir uns doch finden. Das ist doch kein Thema, über das wir ideologische Grabenkämpfe ausfechten müssen.

Ich möchte noch eines zu den Hochschulgremien sagen. Frau Dr. Sitte und Frau Dr. Kuppe haben hier erklärt, das Konzil wäre so kostbar. Wenn man sich die Realität in den Hochschulen ansieht, dann muss man feststellen, dass in den Hochschulen eine ganz andere Meinung herrscht. Wir müssen keine Augenwischerei betreiben. Es gibt bestimmte Gremien, die nicht mehr zeitgemäß sind.

Ich erinnere nur an die Diskussion in Bayern. Dort gab es den Senat - als Historiker hängt man natürlich an traditionsreichen Strukturen -, der durch ein Volksbegehren abgeschafft worden ist, weil er sich als nicht zweckmäßig erwiesen hat.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Das war das Volk!)

Genauso kann man doch auch hier die Strukturen anpassen, ohne gleich in Kassandra-Rhetorik zu verfallen,

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Dann lassen Sie es doch das Volk entscheiden!)

zumal - das betone ich nochmals - in den Hochschulen - das wissen Sie genauso gut wie ich - dem Konzil niemand eine Träne nachweint.

(Zustimmung bei der CDU)

Mein Damen und Herren! Ein nächstes Thema ist die Präsenzpflicht der Professoren.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Das ist auch so eine schöne Geschichte, die man angibt. Ich warne ein bisschen davor, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Wenn ich mich an meine Studienzeit Anfang der 90er-Jahre erinnere, dann muss ich sagen: Wir waren dankbar dafür, dass über Gastprofessuren und später über feste Berufungen Professoren aus den westlichen Bundesländern an unsere Unis gekommen sind, die neue Ideen und neue Inhalte mitgebracht haben. Die hatten ihren Lebensmittelpunkt zu diesem Zeitpunkt selbstverständlich noch immer in ihrer alten Heimat. Dass damals diese berühmte Di-Mi-Do-Diskussion aufkam, ist auf der einen Seite ärgerlich gewesen, aber auf der anderen Seite auch verständlich. Man muss doch aber jetzt nicht so tun, als ob das heute noch Praxis ist.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Wer hat denn das ge- puscht? - Zuruf von Frau Dr. Sitte, PDS)

Die meisten Professoren sind doch schon vor Ort. Deswegen sollten wir uns dabei auch nicht verkämpfen. Ich finde das als Orientierung im Gesetz gut, aber wir sollten das nicht überbewerten.

Stichwort Juniorprofessoren. Das ist eine lange Diskussion, die wir immer wieder geführt haben. Ich erinnere nur daran, dass uns immer wichtig war, dass die Habilitation als Alternative beibehalten wird. Das ist in diesem Gesetzentwurf geregelt. Deswegen bin ich sehr zufrieden.

Zu den Themen neue Studiengänge, Akkreditierung, Bachelor und Master etc. Meine Damen und Herren! Frau Bulmahn hat sich neulich auf einer großen Konferenz dazu bekannt, das nun ganz schnell und flächendeckend einzuführen. Ich bekenne ein Stück weit meine Zweifel. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht unsere bewährten Strukturen völlig über Bord werfen und nicht dem Hang des Modernismus anheim fallen. Wir sollten sorgfältig aufpassen, dass wir auf der einen Seite die Einführung neuer Strukturen dort, wo sie sinnvoll sind, ermöglichen, dass wir aber auf der anderen Seite sehr wohl an unserem bewährten Diplom in bestimmten Bereichen festhalten.

(Zustimmung von Herrn Dr. Sobetzko, CDU)

Noch ein kleiner Punkt, über den wir in den Ausschussberatungen nachdenken müssen: Wir haben uns immer vorgestellt, dass wir ein Hochschulgesetz schaffen, das zur Entbürokratisierung beiträgt und Verfahren vereinfacht. Ich habe bei bestimmten Passagen des Gesetzentwurfes in Bezug auf die Regelungsdichte den Eindruck, dass man noch einmal nachdenken und ein Stück weit mehr Flexibilität ermöglichen sollte.

Ich will noch etwas sagen, weil jetzt immer davon geredet wird, dass in Sachsen-Anhalt die Welt untergeht. Wir müssen uns nur einmal ansehen, was in anderen Ländern, in Berlin - das wird auch Sie, Frau Dr. Sitte, besonders interessieren -, in Sachsen und selbst in Bayern passiert. Wenn Sie den Ankündigungen des neuen Wissenschaftsministers Goppel lauschen konnten, war deutlich erkennbar, dass auch die Bayern an den Hochschulfinanzen - -

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Niedersachsen!)

- Auch Niedersachsen. Fast alle Länder machen das. Deswegen ist doch wohl der Handlungsdruck deutlich. Ich kann nicht erkennen, dass wir hier auf einer Insel der Glückseligen sind. Meine Damen und Herren! In Bezug auf die Finanzierung führen wir eine Grundsatzdebatte. - Das Ende der Redezeit kommt. Ich bin gleich am Ende meiner Rede.

Frau Dr. Sitte, mich würde einmal interessieren - auf diesen Punkt sind Sie nämlich nicht eingegangen -, was mit den Netzwerkern der SPD-Bundestagsfraktion ist, was mit Carsten Schneider ist, der sich in der „Mitteldeutschen Zeitung“ über Studiengebühren ausgelassen hat. Dazu war von Ihnen nichts zu hören.

(Frau Dr. Sitte, PDS: Dazu brauche ich doch nichts zu sagen!)

Ich denke, im Ausschuss können wir darüber in aller Ruhe beraten.

(Herr Gallert, PDS: Uns reicht unser eigener La- den! - Heiterkeit bei der PDS)

- Hören Sie noch zu? - Meine Damen und Herren! Zum Abschluss lassen Sie mich sagen: Der 260. Rektor der Martin-Luther-Universität - das macht etwas die Tradition dieser Einrichtung deutlich - hat uns Abgeordneten auf seiner Investitur in Wittenberg am 31. Oktober 2003 fol

gende Mahnung mitgegeben, von der wir uns leiten lassen sollten. Er sagte - ich zitiere -:

„Verehrte Abgeordnete! Dieser Gesetzentwurf kann nicht mit dem üblichen Ritual des Schlagabtausches zwischen Regierungsparteien und Opposition kurzfristig auf die Reise gebracht werden.“

Ich lade Sie ein, im Ausschuss fachkundig und detailliert über dieses Thema zu reden und zu einem Kompromiss zu kommen, der dem Wohl unserer Hochschulen dient, dem wir uns hoffentlich alle verpflichtet fühlen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Tullner.

Meine Damen und Herren! Es ist die Überweisung in den Bildungsausschuss beantragt worden, der natürlich zugleich federführend ist. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Das ist die Mehrheit. Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Keine Gegenstimmen, zahlreiche Stimmenthaltungen. Damit ist die Überweisung beschlossen worden.

Ich frage sicherheitshalber nach, ob die Mitberatung eines anderen Ausschusses erwünscht ist. Das ist mir jedenfalls nicht signalisiert worden. - Das ist auch jetzt nicht der Fall. Damit ist die Überweisung beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt 13 beendet.

Meine Damen und Herren! Nachdem wir jetzt den seltenen Fall erlebt haben, dass sogar bei einem Bildungsthema die vorgesehene Zeit unterschritten worden ist,

(Beifall bei allen Fraktionen)

haben wir gegenüber der ursprünglichen Zeitplanung einen Vorsprung von weit mehr als einer Stunde. Ich bitte deswegen die Geschäftsführer der Fraktionen, sich darüber zu verständigen, die Behandlung welcher - vermutlich zwei, vielleicht, wenn es gut geht, drei - Tagesordnungspunkte, die für morgen vorgesehen sind, auf den heutigen Abend vorgezogen werden kann. Einige sind terminlich festgelegt, deswegen kann ich das von hier oben nicht einfach entscheiden. Verständigen Sie sich bitte und machen Sie dann einen Vorschlag.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 14 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes

Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/1151

Das ist der Tagesordnungspunkt, bei dem der Landtag in eigener Angelegenheit diskutiert und beschließt, aber zugleich größtmögliche Signale sendet.

Ich bitte Herrn Gürth, für die Fraktionen der CDU und der FDP die Einbringung vorzunehmen.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat einige Sach

verhalte mit besonderer Sorgfalt zu behandeln, weil diese von besonderem öffentlichen Interesse und auch besonderer Symbolkraft sind. Hierzu gehört zweifelsohne die Frage der Angemessenheit der Entschädigung der Abgeordneten. Das Grundgesetz, die Landesverfassung und das Abgeordnetengesetz des Landes SachsenAnhalt setzen hierfür hohe Maßstäbe und bilden den Rechtsrahmen, in dem eine Entscheidung herbeizuführen ist.

Da mit Beginn der vierten Wahlperiode eine größere Anzahl von Abgeordneten neu in den Landtag gewählt worden ist, welche dieses Prozedere noch nicht kennen gelernt haben, erlauben Sie mir, zunächst auf das Verfahren einzugehen und dann den konkreten Vorschlag im Gesetzentwurf zu begründen.

Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat ein besonders transparentes und, wie ich finde, auch vorbildliches Verfahren für die Bemessung der Angemessenheit der Entschädigungen der Abgeordneten gewählt, die allgemein als Diäten bezeichnet werden.

Nach § 28 des Abgeordnetengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt ist der Landtagspräsident verpflichtet, spätestens 18 Monate nach dem Zusammentritt des neuen Landtages einen Bericht über die Angemessenheit der Entschädigung der Abgeordneten zu erstatten. Vor dieser Berichterstattung hat der Präsident die Stellungnahme einer unabhängigen Kommission nach Artikel 56 Abs. 5 Satz 2 der Landesverfassung einzuholen. Wir sind somit das einzige Bundesland, welches sich bei der Frage der Angemessenheit der Entschädigung der Abgeordneten einer unabhängigen Kommission von Verfassungsrang bedient.

Die Mitglieder dieser so genannten Diätenkommission wurden im Einvernehmen mit dem Ältestenrat am 11. November 2002 berufen.