Protocol of the Session on October 24, 2003

Um eine Förderung mit Bundesmitteln zu erreichen, muss einem entsprechenden Antrag ein inhaltlich ausgereiftes und wissenschaftlich begründetes Konzept zugrunde liegen. Zur Vorbereitung dieses Antrags hat das Regierungspräsidium Magdeburg Anfang dieses Jahres eine Arbeitsgruppe gebildet, in der neben dem Landkreis Wittenberg auch Wissenschaftler und Architekten mitgewirkt haben.

Aufgrund seiner Haushaltssituation hat der Landkreis Wittenberg jetzt jedoch entschieden, vorläufig keine weiteren Leistungen ideeller oder finanzieller Art zur Erarbeitung des Konzeptes zu erbringen. Vor einem weiteren Engagement müsse zunächst über die erforderlichen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung entschieden werden. Dadurch können zurzeit auch die in den Landeshaushalt eingestellten Fördermittel nicht abgerufen werden, obwohl keine anteilige Gegenfinanzierung erwartet wird.

Der Landkreis hat nun zu entscheiden, wie er seine Trägerschaft über die Gedenkstätte Schloss Lichtenburg zukünftig gestalten will. Nach meinen Informationen wird die entsprechende Kreistagssitzung noch in diesem Monat stattfinden. Deren Beschlüssen kann ich an dieser Stelle nicht vorgreifen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will nicht verhehlen, dass wir uns in Bezug auf die Gedenkstätte Schloss Lichtenburg in einer schwierigen Lage befinden.

Herr Minister, sind Sie bereit, eine Frage des Abgeordneten Herrn Gallert zu beantworten?

Am Schluss. - Wie Sie schon im Haushaltsplanentwurf 2004 sehen, wird sich das Land seiner Verantwortung nicht entziehen.

Lassen Sie mich noch kurz zu den einzelnen Forderungen des Entschließungsantrages der PDS-Fraktion Stellung nehmen.

Erstens. Im Entwurf des Haushaltsgesetzes für das kommende Jahr hat die Landesregierung für die Förderung des Aufbaus der Gedenkstätte Schloss Lichtenburg Mittel in einem beträchtlichen Umfang eingeplant. Hierbei handelt es sich um Investitionsmittel, die von dem Landkreis abgerufen werden können.

Der Antrag der PDS-Fraktion läuft hingegen auf eine institutionelle Förderung hinaus. Dies ist aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht möglich. Darüber hinaus würde eine derartige Verfahrensweise bedeuten, dass die vom Land für die Modernisierung vorgesehenen Mittel in einem hohen Maße im konsumtiven Bereich, also für Personal- und Betriebskosten, verbraucht würden. Mittel zur Kofinanzierung der Bundesförderung stünden damit nicht mehr zur Verfügung. Ich gehe davon aus, dass eine derartige Entwicklung auch nicht im Sinne der Antragsteller wäre.

Zweitens. Aus grundsätzlichen Erwägungen heraus hat es der Bund bisher abgelehnt, Träger von Gedenkstätten zu werden. Es ist nicht zu erwarten, dass er in diesem Fall seine Position ändern wird.

Wir werden aber in der nächsten Zeit mit dem Landkreis Wittenberg erneut über die weitere Verfahrensweise in dieser Angelegenheit sprechen, um möglichst zu einer tragfähigen Lösung zu kommen. Sie sehen, es bedarf keines Antrags der PDS-Fraktion, damit das Land seiner Verantwortung gerecht wird. Selbstverständlich sind wir bereit, im Innenausschuss über das Ergebnis der weiteren Gespräche und Verhandlungen zu berichten. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Gallert, Sie haben jetzt die Möglichkeit, Ihre Frage zu stellen.

Herr Minister, auch in dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen steht, dass die Gedenkstätte erhalten werden soll. Sie sagten als Vertreter der Regierung, das sei auch Ihre Position. Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die Auflage der Kommunalaufsicht - es handelt sich mit dem Regierungspräsidium immerhin um eine Landesinstitution - zur Genehmigung des Haushaltsplanes 2004, dass diese Gedenkstätte aufgrund der Haushaltssituation und der erforderlichen Konsolidierung im Landkreis geschlossen werden soll?

Eine solche Formulierung im Zusammenhang mit einer Haushaltsgenehmigung bewerte ich an dieser Stelle für den Landkreis Wittenberg nicht anders als bei allen anderen Haushaltsprüfungen. Wenn eine Schieflage im kommunalen Bereich vorhanden ist, muss die Kommunalaufsicht darauf hinweisen und auch Hinweise dazu

geben, in welchen Bereichen es Ansatzpunkte zur Konsolidierung des Haushaltes gibt. Über die Frage, was dann geschehen soll, entscheidet letztendlich das Organ der kommunalen Gebietskörperschaft, der Kreistag oder der Stadtrat.

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Bevor wir in die Debatte eintreten, begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der berufsbildenden Schulen Quedlinburg.

(Beifall im ganzen Hause)

Die Fünfminutendebatte wird eröffnet durch die CDUFraktion. Das Wort erhält der Abgeordnete Herr Borgwardt. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da ich nun ohnehin an der Reihe bin, möchte ich vor meinem Redebeitrag auf den Einwurf von Herrn Gallert eingehen.

Ich habe mich selbstverständlich vorbereitet und habe die Haushaltsverfügung des Regierungspräsidiums dabei. Darin ist in der Tat das Wort „Schließung“ enthalten. Aber das ist nur eine der vorgeschlagenen Möglichkeiten. Ich zitiere:

„Streichen sämtlicher... sonstiger Zuschüsse im Bereich der freiwilligen Leistungen, soweit nicht tatsächliche rechtliche oder soziale Gründe dies nachweislich in einer der Haushaltslage angemessenen Höhe ausschließen. Schließung, Privatisierung oder Kostenvolldeckung...“

Der Text geht dann so weiter. Die Schließung ist nur eine der Möglichkeiten, die aufgezeigt wird, obgleich es auch aus meiner Sicht eine unglückliche Formulierung ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Tiedge und der Minister haben bereits ausgeführt, dass die Gedenkstätte Schloss Lichtenburg den Landtag in den vergangenen Jahren häufig beschäftigt hat. Allein ich habe namens meiner Fraktion bereits das dritte Mal dazu gesprochen. Eine unbestrittene Tatsache dabei ist, dass wir uns alle für den Erhalt der Gedenkstätte einsetzen. Das ist auch im Haushaltsplanentwurf zu erkennen. Unstrittig ist ebenso, dass in der Lichtenburg künftig würdig der dort verübten Gräueltaten gedacht werden muss.

Nachdem wir uns unter anderem auch in diesem Hohen Hause in einem langen Prozess auf eine dem heutigen wissenschaftlichen Stand entsprechende und finanziell machbare Variante verständigt haben, sind wir, was die Umsetzung betrifft, aber keinen Schritt weiter. Diesbezüglich gebe ich Ihnen, Frau Tiedge, Recht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir ohne die Mitwirkung des Trägers keine Möglichkeiten mehr sehen einzugreifen. Der Landkreis als Träger verweigert sich den Bemühungen aller Beteiligten, obwohl vonseiten des Landes - der Minister führte es bereits aus - haushaltsrechtlich bis an die Grenze des Machbaren gegangenen wird, um das Ziel der dringend erforderlichen Sanierung und Erarbeitung des Konzeptes zu verwirklichen.

Das Land hat dem Landkreis gegenüber mehrfach erklärt - das letzte Mal mit Schreiben vom 3. Juni dieses

Jahres -, dass er keinen Eigenanteil aufbringen muss, sondern dass bisher erbrachte Vor- und Sachleistungen als Eigenanteil gewertet werden. Ich wende mich daher an alle Abgeordneten aller Fraktionen und bitte sie, ihren politischen Einfluss dahin gehend zu nutzen, den Landkreis zur Mitarbeit zu bewegen. Dort muss man zunächst aktiv werden.

Der Landkreis als Träger muss seiner Verantwortung gerecht werden. Es ist verfehlt, an dieser Stelle primär das Land in die Pflicht zu nehmen oder ihm die Trägerschaft anzubieten. Sie wissen genau, dass wir fünf ähnlich gelagerte Fälle haben und welche Konsequenzen dann zu befürchten wären.

Von dieser Stelle aus, so denke ich, haben wir alle die Bereitschaft signalisiert, uns für den Erhalt der Gedenkstätte einzusetzen. Ich bitte Sie deshalb, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. Wir lehnen den Antrag der PDS-Fraktion ab. - Danke.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Borgwardt. - Für die SPD-Fraktion erhält der Abgeordnete Herr Rothe das Wort. Bitte sehr, Herr Rothe.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion stimmt dem Antrag der PDS-Fraktion unter der Maßgabe zu, dass in Punkt 1 eine Änderung vorgenommen wird, die wir jetzt mündlich beantragen. Wir stimmen in dem Ziel überein, im Jahr 2004 den Weiterbetrieb der Gedenkstätte im Zusammenwirken mit dem Träger abzusichern. Wir bitten aber darum zu streichen, dass dies „durch Umschichtung der für den Umbau der Gedenkstätte eingeplanten finanziellen Mittel“ geschehen soll, und wollen stattdessen den Punkt 1 mit den Worten beginnen: „durch einen einmaligen Betriebskostenzuschuss“.

Ein gesondert auszuweisender Betriebskostenzuschuss erscheint uns geeigneter als die Zweckentfremdung der für den Umbau bestimmten Mittel. Wir sind nämlich der Ansicht, dass der Umbau Sinn macht und nicht aufgehalten werden sollte. Es geht darum, dass möglichst schnell im so genannten Werkstattgebäude eine erneuerte Ausstellung besucht werden kann. Der Innenminister hat zu Recht auf das Votum des Gedenkstättenbeirats zu den baulichen und konzeptionellen Veränderungen hingewiesen.

Zur Höhe eines Betriebskostenzuschusses lässt sich auch schon etwas sagen. Wie mir auf eine mündliche Anfrage von der Kreisverwaltung Wittenberg mitgeteilt wurde, beläuft sich der Betriebskostenaufwand für die Gedenkstätte im Haushaltsjahr 2003 auf 7 200 €. Da der Landkreis Wittenberg die Gedenkstätte im Verbund mit dem Kreismuseum betreibt, das sich ebenfalls in der Lichtenburg befindet, ist das ein realistischer Ansatz. Es ist nicht unsere Aufgabe, als Land einen Beitrag zu den Kosten zu leisten, die dem Kreis durch das Kreismuseum ohnehin entstehen, es soll vielmehr nur ein Beitrag zu dem Mehraufwand aufgrund der besonderen Situation der Gedenkstätte sein, von der ich jetzt rede.

Frau Kollegin Tiedge hat bereits auf das Haushaltsdefizit im laufenden Jahr von 13,4 Millionen € hingewiesen. Für das kommende Haushaltsjahr wird im Landkreis eben

falls mit einem Defizit in zweistelliger Millionenhöhe gerechnet.

Das Regierungspräsidium Dessau als Kommunalaufsichtsbehörde hat dem Landkreis auferlegt, den Fortbestand derjenigen Einrichtungen zu prüfen, die er im eigenen Wirkungskreis betreibt. Das Regierungspräsidium hat den Angaben der Kreisverwaltung zufolge die Gedenkstätte Schloss Lichtenburg in dieser Prüfliste ausdrücklich mit aufgeführt.

Herr Kollege Borgwardt, Sie haben eben die Haushaltsverfügung zitiert, in der von Schließung, Privatisierung oder Kostenvolldeckung die Rede ist und dann die Einrichtungen aufgeführt werden. Ich sehe darin ein Beispiel für mangelnde Bündelung in einer Bündelungsbehörde.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Herr Kol- ze, CDU: Das wissen Sie doch besser!)

Hat denn das Dezernat Kommunalaufsicht nicht einmal Kontakt aufgenommen zu dem Gedenkstättendezernat - zugegeben, in einem anderen Regierungspräsidium, in Magdeburg, zuständig für das ganze Land? Vielleicht ist das auch ein kleiner Beleg für die Notwendigkeit der Zusammenführung der drei Behörden in einer einzigen Behörde, im Landesverwaltungsamt, damit es nicht wieder passiert, dass in Bezug auf die Gedenkstätte Schloss Lichtenburg eine Schließung, Privatisierung oder Kostenvolldeckung - welch ein Unsinn in diesem Zusammenhang - angeregt wird.

Herr Rothe, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Borgwardt zu beantworten?

Gern.

Bitte sehr, Herr Borgwardt.

Herr Rothe, würden Sie bestätigen, dass ich Sie gestern auf die von Ihnen jetzt verwandte Zahl von 7 200 € angesprochen habe?

Das ist korrekt, Herr Kollege.

Danke, aber ich bin noch nicht ganz fertig.

Ich habe Ihnen auch gesagt, dass ich mich bei Frau Schmidt erkundigt habe, die zwar nicht mit den Vorgängen befasst ist, aber in der Kämmerei arbeitet, die mir mitgeteilt hat, dass mehr als die doppelte Summe angesetzt ist. Das hatte ich Ihnen auch gesagt. Gleichwohl verwenden Sie die Zahl 7 200 €. Ich frage jetzt: Woher kommt diese Zahl?

Herr Kollege, ich habe vorgestern vor der Sitzung des Innenausschusses beim Landkreis angerufen. Der Herr Landrat war selbst nicht zu sprechen. Ich bin verbunden worden mit dem persönlichen Referenten des Landrats

Herrn Kelle, der mich wiederum weiterverbunden hat mit der Mitarbeiterin der Kämmerei Frau Schmidt, von der ich die eben zitierte Zahl genannt bekommen habe. Frau Schmidt ist mir von anderer Seite als kompetent beschrieben worden, sodass ich gestern auf Ihren Hinweis hin keine Veranlassung sah, von dieser Darstellung abzurücken, Herr Borgwardt.

(Beifall bei der SPD)