Damit ist die Aussprache beendet. Wir stimmen über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP ab. Es ist Direktabstimmung gewünscht worden - zumindest hat niemand eine Ausschussüberweisung beantragt. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? - Das sind nahezu alle. Stimmt jemand dagegen? - Niemand. Enthält sich jemand der Stimme? - Eine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Änderungsantrag angenommen worden.
Jetzt stimmen wir über den so geänderten Antrag ab. Wer stimmt zu? - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Eine Stimmenthaltung. Gleiches Abstimmungsverhalten, also ist dieser Antrag angenommen worden. Der Tagesordnungspunkt 20 ist abgeschlossen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU- und die FDP-Fraktion greifen in dem Antrag in der Drs. 4/1108 das Thema „Zukunftssicherung der Bahnhöfe in Sachsen-Anhalt“ auf.
Die Bahnhöfe sollen unsere Visitenkarte sein - dies hat der Chef der DB-Station & Service AG Wolf-Dieter Siebert im Juni 2002 anlässlich der Vorstellung eines Sofortprogramms für 3 000 Bahnhöfe gesagt. Grundsätzlich muss man die Bemühungen der Bahn AG, einen modernen Verkehr in Sachsen-Anhalt anzubieten, anerkennen.
Ein Beispiel ist das Schnittstellenprogramm der Bahn, welches für unser Land im Wesentlichen als abgeschlossen gelten darf. Bahnhöfe wie die in Magdeburg, Halle, Aschersleben oder Stendal zeigen, wie attraktiv klassische Bausubstanz an moderne Verkehre angepasst werden kann. Durch zusätzliche Servicefunktionen für die Reisenden, durch die Sicherung von Bahninfrastruktur und Schnittstellen mit nicht schienengebunden Verkehrsträgern sind Knotenpunkte entstanden, die auch in der Zukunft eine zeitgemäße Beförderung der Rei
senden erwarten lassen. Dem stehen jedoch die Bahnanlagen jenseits der zentralen Knotenpunkte der Bahn gegenüber.
In Bezug auf einen wirtschaftlichen Betrieb sind die diesbezüglichen Einwände des Betreibers durchaus nachvollziehbar. Dennoch kann man ihn nicht aus der Verantwortung für ein Bahnnetz entlassen, dessen Modernisierung zu dem heutigen Überfluss an ungenutzter Infrastruktur führt. Dazu zählen neben den eigentlichen Bahnhofsgebäuden auch klassische Anlagen in Form von Stellwerken, Güterschuppen, Betriebswerken, Rangiergleisen usw. Außer deren Stilllegung können wir in der Regel selten weitere Aktivitäten der Bahn in puncto Nutzung, Sanierung oder Abriss feststellen.
Die infolge der Modernisierung oder der Stilllegung der Anlagen fehlenden Mitarbeiter verschärfen die Situation dahin gehend, dass wir innerhalb kurzer Zeit einen erheblichen Vandalismus an nicht genutzten Einrichtungen verzeichnen müssen. Mangels Aufsicht ist eine stillgelegte bauliche Anlage innerhalb eines halben Jahres in einem Zustand, dass eine Veräußerung oder eine Nachnutzung nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist.
Derzeit erfüllen von rund 300 Empfangsgebäuden im Streckennetz des Landes lediglich 55 eine Servicefunktion; die Mehrzahl wird dem Verfall preisgegeben. Das ist eine Fehlentwicklung, die in Sachsen-Anhalt nicht länger hingenommen werden darf.
Ruinenähnliche Einrichtungen hindern nicht nur die Attraktivität des Verkehrsträgers Bahn, sondern sind Schandflecke für die Kommunen und damit die ganze Region. Auch neutrale Beobachter müssen zugeben: Gegenüber konkurrierenden Systemen wie Autobahnraststätten oder Flughäfen fällt die Qualität der Bahnhöfe mit wenigen Ausnahmen deutlich ab.
Vor allem kleine Bahnhöfe existieren scheinbar unbeachtet vor sich hin, sind Treffs für Obdachlose oder dienen als öffentliche Toiletten - so lautet das Fazit eines Artikels in der „Volksstimme“ vom 14. Oktober 2003.
Eine durchgreifende Verbesserung der Situation ist aus meiner Sicht noch nicht erkennbar. Wenn jedoch der Wunsch, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern, mehr sein soll als ein immer wiederkehrender Bestandteil von Sonntagsreden, dann muss etwas geschehen.
Die Bundesregierung und die Deutsche Bahn AG wollen mit Mitteln in Höhe von durchschnittlich 1 Milliarde € pro Jahr investive Altlasten auf dem Netzgebiet der ehemaligen Deutschen Reichsbahn bis zum Jahre 2007 beseitigen. Allerdings fehlt hierbei die Balance zwischen den Aufwendungen für das Netz und der Beseitigung von Altlasten, da die Baukostenzuschüsse allein die Schienenwege betreffen.
Insofern brauchen wir endlich eine Finanzierung, welche die Problematik der Sanierung von Bahnanlagen einschließt. Unser Antrag verfolgt deshalb drei Ziele:
Zweitens. Wir wollen Klarheit über die Prioritätensetzung der nächsten Jahre bei der Sanierung oder beim Verkauf von Bahnhöfen.
Drittens. Wir brauchen eine Perspektive für die Fahrgäste und die Kommunen, was die Zukunft der Bahnhofs
gebäude betrifft. Wichtig ist uns - das betone ich an dieser Stelle ausdrücklich -, dass auch die Kommunen eine klare Sicht auf die künftige Entwicklung ihrer Bahnhöfe bekommen. Schließlich hat der Bahnhof für die Städte auch eine Visitenkartenfunktion und ist zudem oft der erste Ort, mit dem auswärtige Gäste in Berührung kommen - und der erste Eindruck muss stimmen. Das ist ein Aspekt, der vor dem Hintergrund der Erweiterung touristischer Potenziale nicht außer Acht gelassen werden darf.
An dieser Stelle möchte ich Ihnen ein Beispiel aus meiner Heimatstadt Halberstadt nennen, der fünftgrößten Stadt Sachsen-Anhalts. Im Rahmen des Schnittstellenprogramms wurde zwar das Bahnhofsumfeld aufwändig saniert und ein wirklich ansprechender Busbahnhof errichtet, doch das Bahnhofsgebäude selbst befindet sich nach wie vor in einem bemitleidenswerten Zustand. Kommen Sie und besuchen Sie mich.
Der Gesamteindruck, den ein Ankommender am Bahnhof in Halberstadt erhält, wird dadurch massiv verschlechtert. Hier muss dringend etwas geschehen. Als Kommunalpolitikerin könnte ich es daher nur begrüßen, wenn es möglichst schnell zu Gesprächen zwischen dem für Immobilien zuständigen Unternehmen der Deutschen Bahn AG, der Stadt und dem Land kommen würde. Ich bin mir sicher, viele von Ihnen, die auch kommunalpolitisch aktiv und mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind, würden das begrüßen.
Vielleicht können auch langfristige Nutzungskonzepte aufgestellt werden, damit Bahnhöfe nicht nur schön werden, sondern auch schön bleiben. Die Beispiele Aschersleben und Burg zeigen ja, wie auch Vorzeigebahnhöfe durch Verschmutzung oder nicht funktionierende Fahrkartenautomaten in ihrer Wirkung gemindert werden.
Auch der Abriss von heruntergekommenen Gebäuden darf kein Tabu sein. Immer dort, wo Kommunen und Bahn sich einig sind, ist dieser Lösung gegenüber dem fortschreitenden Verfall der Vorzug zu geben. Schließlich gehen Abwanderung und demografisch bedingter Bevölkerungsschwund auch an der Verkehrsplanung nicht vorüber. Die Bedingung ist jedoch, dass durchdachte und langfristig angelegte Konzepte vorhanden sind.
In diese Richtung wollen wir mit unserem Antrag einen Anstoß geben. Helfen Sie mit, dass unser Land schöner wird, und stimmen Sie unserem Anliegen zu.
Da ich nicht noch einmal zur Diskussion nachher reden möchte, möchte ich gleich sagen, dass wir den Änderungsantrag der SPD-Fraktion ablehnen werden. Sie haben unseren Antrag ja nur dahin gehend verändert in Ihrem Punkt 1, dass Sie - wir haben geschrieben „gegenüber der Bundesregierung“ - schreiben: „gegenüber der Deutschen Bahn AG“. Die Deutsche Bahn AG ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Bundesregierung. Sind 1 Milliarde € nicht auch ein Eingreifen in die Bahn AG? Also stimmen Sie ihm bitte nicht zu; stimmen Sie bitte unserem Antrag zu.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bahnhöfe sind die Visitenkarten des öffentlichen Personennahverkehrs gegenüber den Fahrgästen und sind zu modernen Schnittstellen des Personennahverkehrs umzugestalten. Wer sich ungern in Bahnhöfen aufhält, verzichtet auch auf die Nutzung der Schienenverkehrsmittel.
Die Einbindung der Bahnhöfe als Schnittstellen in die städtebauliche Entwicklung ist daher eine wichtige Voraussetzung zur Erhöhung ihrer Attraktivität.
Nun zu den vorliegenden Anträgen. Geht die Koalition noch von der Erhaltung der Gebäudesubstanz aus, so zieht die SPD in ihrem Antrag auch die Veräußerung der Gebäudesubstanz in Betracht. Interessant für die PDSFraktion sind die Anträge auch aus der Sicht, dass sich die DB AG zu den zukünftigen Bahnhofsstandorten und Haltepunkten und damit zur Zukunft des Schienennetzes bekennen muss. Das ist auch eine sehr wichtige Sache.
Bahnhöfe sind Zugangsstellen zum Schienennetz der Bundesrepublik mit der Anbindung auch an Europa. Durch eine Reduzierung der Anzahl der Bahnhöfe gibt es immer weniger Möglichkeiten des Zugangs zum Schienennetz. Wenn wir das wollen, meine Damen und Herren, dann müssen das auch klar und deutlich sagen. Deshalb ist es wichtig, dass wir wirklich zu erfahren bekommen, welche Haltepunkte, welche Bahnhöfe erhalten bleiben sollen.
Wer die Rentabilität jedes Bahnhofs zum Maßstab nimmt, der will nicht primär den Schienenverkehr, sondern die Privatisierung der Bahn weiter vorantreiben, um bei der Börse Gewinn zu erwirtschaften.
Zur geforderten Einschätzung des baulichen Zustandes der Bahnhofsgebäude und der Nutzungskonzepte der Kommunen und der DB AG möchte ich aus einer Pressemitteilung der Deutschen Bahn vom 10. April 2003 zitieren:
„Sachsen-Anhalt verfügt mit 410 Bahnhöfen über rund 8 % der Stationen in Deutschland. Die erforderlichen Investitionen für die mittelfristige Entwicklung der Bahnhöfe kann die Bahn deshalb nicht allein stemmen. Grundlage für die Bestrebungen der Bahn, mit den Partnern neue Ideen zur Modernisierung und Finanzierung der Projekte umzusetzen, ist die Broschüre ‚Bahnhofsentwicklungskonzeption - Einladung zum Dialog’.
Die Publikation dokumentiert kompakt und anschaulich die Ergebnisse einer umfassenden Bestandsaufnahme aller Bahnhöfe in Sachsen-Anhalt. Eingeschätzt wurde alle 410 Bahnhöfe. Die Bahn hat Kundeninformationen, Erscheinungsbild, Aufenthaltsqualität und das Angebot an Reisebedarf bewertet. Beurteilt wurden auch der Zustand der baulichen Anlagen, die barrierefreie Zuwegung und Ausstattung sowie die 3-S-Technik“,
- Service, Sicherheit, Sauberkeit; weil es ja immer wichtig ist, darzustellen, was in den Klammern steht -
Matrix in hoch, mittel oder gering eingestuft. Zur Veranschaulichung dienen Fotos der Bahnhöfe im heutigen und beispielhaft im angestrebten Zustand.
Die Broschüren werden in der nächsten Woche an Ministerien, Kommunen und Aufgabenträger verschickt. Im Ergebnis angestrebt werden langfristige Rahmen- und Finanzierungsvereinbarungen mit den Bundesländern. Unter anderem in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen konnte die Bahn solche Vereinbarungen bereits treffen. Sie sollen jetzt um die Bahnhofsentwicklungsprogramme erweitert werden. Die Gespräche werden im Laufe des Jahres in Bahnhofskonferenzen auf regionaler Ebene vertieft.“
Meine Damen und Herren! Das, was Sie mit Ihren Anträgen beabsichtigen, liegt eigentlich in dieser Studie schon vor. Die Ausschussbehandlung dieses Antrags oder dieser Anträge hätten wir dann auch im Rahmen einer Selbstbefassung machen können, Frau Weiß. Ich habe heute mit Herrn Paul von der DB AG telefoniert. Er hat mir bestätigt, dass diese Broschüren verschickt wurden. Sie müssten eigentlich als Ausschussvorsitzende auch eine solche Broschüre schon erhalten haben.
Vielleicht können wir uns dann im Ausschuss einmal diesbezüglich austauschen und auch diese Materialien einsehen.