Das sind die nicht bzw. kaum vorhandenen Spielräume im Haushalt. Sie haben uns kaum Handlungsspielräume gelassen, um mit neuen Programmen neue Akzente zu setzen, weil Sie uns eine Schuldenlast hinterlassen haben, die in Deutschland beinahe einzigartig ist. Wir zahlen jede Stunde Zinsen in Höhe von 100 000 € für die Kredite, die in den letzten Jahren aufgenommen worden sind. Jede Stunde!
Wir bemühen uns, diese abzubauen und weitere Spielräume, insbesondere für die wirtschaftliche Entwicklung, zu erarbeiten.
Ein weiterer Punkt: Lassen Sie uns doch einmal auf die wirtschaftlichen Daten eingehen, die Sie uns hinterlassen haben. Das Wichtigste ist für mich auf jeden Fall der Arbeitsmarkt. Es gab in den acht Jahren unter der SPDgeführten Landesregierung in Sachsen-Anhalt von 1994 bis 2002 nicht einen einzigen Monat, in dem wir bei der Arbeitslosigkeit nicht die rote Laterne getragen haben. Nicht einen einzigen Monat in acht Jahren!
Ich will Ihnen noch Folgendes sagen: In den ersten Jahren von 1990 bis 1994 fanden die schwierigsten Strukturumbrüche statt; denn damals gab es die Massenentlassungen in den großen Kombinaten, die bei uns in besonders hoher Konzentration vorhanden waren. Den
noch hatten wir Anfang der 90er-Jahre nur wenige Monate lang die rote Laterne bei der Arbeitslosigkeit.
Das war bei Ihnen anders. Der Abstand in der Arbeitslosenstatistik zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt ist auf bis zu 2,4 Prozentpunkte angewachsen. Jetzt liegen beide Länder dicht beieinander. Wir sind nicht stolz darauf, dass wir für kurze Zeit die rote Laterne abgegeben haben. Das zeigt jedoch, dass sich der Abstand nicht mehr vergrößert, wie es zu Ihren Zeiten der Fall war, sondern dass er sich verringert und dass wir auf einem guten Weg der Entwicklung sind. Damit muss die Regierung auch weitermachen.
Am Ende würde ich gern alle Fragen beantworten. - Ich möchte noch etwas zum Arbeitsmarkt sagen, was die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse betrifft. Ich finde, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse ist eine der wichtigsten Zahlen überhaupt, wenn man über die Arbeitslosigkeit spricht; denn es wird immer wieder an der Statistik herumgefingert.
- Herr Püchel, ich bitte Sie, es dürfte eine für Sie eher peinliche Diskussion werden, wenn wir auf die Versuche der Bundesregierung eingingen, eine geschönte Statistik zu erreichen.
In den acht Jahren der Regierungsverantwortung der SPD in Sachsen-Anhalt ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in SachsenAnhalt von 967 600 in 1994 auf 784 200 zurückgegangen. Das bedeutet: Wir haben während der acht Jahre der SPD-Regierung 183 400 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse verloren.
Das ist doch keine Bilanz, auf die man stolz sein kann, sondern das ist ein hartes Erbe, das wir aufzuarbeiten versuchen. Diese Beschäftigungsverhältnisse fehlen in diesem Land. Kein anderes Bundesland - keines! - hat in diesen acht Jahren so viele sozialversicherungspflichtige Jobs verloren wie das Land Sachsen-Anhalt.
Wie war die Entwicklung in den letzten acht Jahren? - Die Selbständigenquote ist in allen neuen Bundesländern gestiegen. Frau Kollegin Budde, auch in der Zeit, in der Sie Ministerin waren oder als Abgeordnete Regierungsverantwortung hatten, war Sachsen-Anhalt das einzige Bundesland - wenn man den gesamten Zeitraum vergleicht -, das hinter den Vorjahren zurückgeblieben ist und in dem die Selbständigenquote nicht stetig gestiegen ist.
Wir liegen in 2002 mit 7,1 % unter dem Durchschnitt der neuen Bundesländer. Wir haben einen Stand, der hinter dem Stand von 1998 zurückgeblieben ist. Das heißt, die Zahl der Selbständigen hat rapide abgenommen in den Jahren, in denen Sie hier regiert haben.
Im Gewerbe ist es genauso. Wir brauchen mehr Unternehmen, wir brauchen mehr Selbständige. Wie sieht die Bilanz Ihrer Regierungsarbeit in den letzten acht Jahren aus? Sachsen-Anhalt ist in Ihrer Regierungszeit das einzige Bundesland gewesen, das vier Jahre hintereinander einen negativen Gewerbesaldo hatte. Das bedeutet: In den Jahren der SPD-Regierung in Sachsen-Anhalt musste man feststellen, dass jeweils zum Jahresende weniger Unternehmen überlebt haben bzw. vorhanden waren als vorher. Das ist durchaus zu kritisieren und nicht der neuen Landesregierung anzulasten, sondern Ihrer Abschlussbilanz.
Wir mussten allein von 1999 bis 2002 3 704 Insolvenzen in diesem Land verzeichnen. Das ist ein Rekord gewesen. Wir hatten einen Rückgang der Anzahl von Unternehmen - in Rekordzahlen - zu verzeichnen. Das müsste aufgearbeitet werden, wenn man jetzt, ein Jahr nach dem Regierungswechsel, versucht, über die wirtschaftliche Situation in Sachsen-Anhalt zu diskutieren.
Ich hoffe jedoch, wir finden noch genügend Gelegenheit, um andere Schwerpunkte zu setzen. Wir haben nämlich hervorragende Ausgangsvoraussetzungen, obwohl die Situation schwierig ist. Unsere Landwirtschaft ist Spitze. Die Ernährungsgüterindustrie hat die besten Voraussetzungen, in der Bundesrepublik weiterhin an der Spitze zu bleiben, sich weiterzuentwickeln.
Wir müssen, wenn wir all das unterstützen wollen - chemische Industrie, Maschinenbau, innovativer Maschinenbau, Biotechnologie; überall, wo wir stark sind -, bei den wirklich guten und wichtigen Branchen, die wir haben, zusammenrücken und gemeinsam deren Interessen so weit unterstützen, dass sie ein Stück vorankommen.
Dann können Sie beweisen, wie weit Sie bei diesem kleinen Thema der Deregulierung, das uns zur Verfügung steht, was eigene Spielräume betrifft, mitgehen. Wenn wir schon kein Geld haben, dann müssen wir dafür sorgen, dass wir durch Deregulierung denen, die sich hier wirtschaftlich engagieren, die ausbilden und die Jobs schaffen, das Leben erleichtern und nicht weiter erschweren, wie es in den acht Jahren Ihrer Regierungszeit passiert ist.
Stimmen Sie dem Investitionserleichterungsgesetz zu, machen Sie selbst Vorschläge zur Deregulierung, dann können Sie einen konstruktiven Beitrag dazu leisten, dass sich Sachsen-Anhalt positiv weiterentwickelt.
Wir haben in Sachsen-Anhalt in den wenigen Monaten nach dem Regierungswechsel - es ist knapp ein Jahr her, ich möchte noch einmal daran erinnern - bereits viel erreicht. Denn wir haben nicht nur die knappen Kassen mit den von Ihnen hinterlassenen Schulden und die geringen Handlungsspielräume übernommen,
sondern wir haben auch etwas übernommen, was viel schwerer wiegt: Wir haben ein katastrophales Image für
den Investitions- und Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt übernommen. Wir haben Sachsen-Anhalt übernommen als ein Land, das entweder nicht beachtet oder bemitleidet wird.
Deswegen ist es völlig richtig, dass die Landesregierung gleich nach dem Regierungswechsel am Image dieses Landes als investitionsfreundliches Land gearbeitet hat. Das ist der richtige Ansatz. Ich fordere die Opposition auf, an diesem neuen Image für Sachsen-Anhalt als ein investitionsfreundliches, unternehmerfreundliches Land mitzuarbeiten, damit wir denen, die in Sachsen-Anhalt Arbeitsplätze suchen, in den nächsten Jahren ausreichend viele Arbeitsplätze anbieten können. Sie als Opposition sind dazu herzlich eingeladen.
Vielen Dank, Herr Gürth. Möchten Sie jetzt eine Frage von Frau Dr. Sitte beantworten? - Bitte, Frau Dr. Sitte.
Jetzt sind es schon zwei Fragen geworden, wobei das eine eher eine Anmerkung ist. Glauben Sie nicht, dass Sie mit Ihrer Diskussion um die rote Laterne und einen Wahlkampf, den Sie unter diesem Titel geführt haben, an dem Image, das Sie jetzt so sehr beklagen, selbst schuld sind, selbst wenn die wirtschaftlichen Bedingungen schwierig sind?
Wir haben das damals schon gesagt. Sie wissen selbst, dass Sie Warnungen aus dem Wirtschaftsraum bekommen haben, das unter dieser Überschrift zu tun. Das ist fahrlässig, insbesondere was die Investitionspolitik angeht.
Die zweite Frage: Glauben Sie nicht, dass die Debatte darüber, wer wo an welchem Platz steht, gegenüber den über 270 000 Arbeitslosen im Land absolut zynisch ist?
Zur ersten Frage. Ihre Frage unterstellt, dass eine Opposition prinzipiell die Kraft hat, durch Schön- oder Schlechtreden einen Standort entweder wesentlich zu verschlechtern oder wesentlich zu verbessern.
Ganz im Gegenteil. Herr Bullerjahn von der SPD hat in diesem Hause von diesem Pult aus der damaligen Opposition ziemlich oft vorgeworfen, sie sei nicht kräftig und nicht stark genug.
Das widerspricht sich ein wenig. Wenn die damalige Opposition zu Recht nicht nur einzelne negative Daten be