Vielmehr sehe ich in föderalen Strukturen die Chance zu mehr Vielfalt und zu mehr Innovation. Solche Verregelungen, wie ich sie genannt habe, verhindern das eher, als dass sie es in irgendeiner Weise befördern würden. Insofern ist alles zu begrüßen, was solche Verregelungen aufhebt oder zumindest durchlässiger macht.
Insofern ist es auch richtig, die Zusammenarbeit mit anderen neuen Bundesländern zu suchen, wo die Traditionen in den bildungspolitischen Erwartungen im Übrigen relativ übereinstimmend sind. Nicht umsonst gibt es gerade im Osten weithin den Ruf nach einem einheitlichen Bildungssystem. Das hat natürlich eine gewisse Tradition und wir wissen, woher das kommt.
Allerdings - an dieser Stelle muss ich an Frau Mittendorf anknüpfen - stellt sich dann die Frage: Warum nur mit Sachsen und Thüringen? Warum nicht mit Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, wo die Situation ähnlich ist, wo sogar die Schulsysteme einander fast entsprechen? Es gibt relativ viele Ähnlichkeiten. Es würde schon Sinn machen, eine solche Kooperation auf alle neuen Bundesländer auszuweiten.
Ich würde alles unterstreichen, was Sie zu der Gefahr neuer Separierungen unterhalb der angestrebten nationalen Bildungsstandards, die ich auch sehe, gesagt haben.
Ich will noch auf einen anderen Umstand hinweisen, der in bildungspolitischen Debatten im Osten derzeit nicht mehrheitsfähig ist, der aber für die Zukunft der Bildung dennoch wichtig ist. Gerade angesichts der inhaltlichen Umbrüche in den Bildungserwartungen und der Notwendigkeit, in einer sich immer mehr diversifizierenden Gesellschaft über die Gestaltung öffentlicher Bildungsangebote problembewusst zu diskutieren und zeitgemäße Veränderungen durch politisches Handeln herbeizuführen - dabei machen uns andere Länder in Europa,
und nicht nur dabei, seit Jahren etwas vor -, stellt sich die Frage, inwieweit solche Bemühungen um Vereinheitlichung der notwendigen und produktiv zu nutzenden Vielfalt der Bildungsinhalte unter Umständen sogar entgegenwirken oder inwiefern sie sie befördern können.
Ich halte es für sinnvoll, dass wir auf der Grundlage einheitlicher Standards sehr viel Vielfalt an den Schulen zulassen. Ich fürchte allerdings - auch nach der Einbringungsrede der Kollegin Brakebusch -, dass das nicht gewollt ist. Ich habe da meine Bedenken.
Sie streben an, für die Qualitätsentwicklung und Evaluation schulischer Bildung eine Evaluationsagentur einzurichten. Was soll das konkret sein? Welche Kompetenzen soll sie haben? In wessen Auftrag soll sie arbeiten? Soll sie die Vergleichsarbeiten womöglich konzipieren? Wie steht das alles zu den bundeseinheitlichen Bildungsstandards und dem Angebot des Bundes zum Aufbau einer ähnlich gelagerten Agentur?
Bei der Lektüre nichtamtlicher Texte des Kultusministeriums ist mir der Unterschied zwischen standardisierten Schulleistungstests, Vergleichsarbeiten und zentralen Leistungstests aufgefallen. In welches Verhältnis sollen sie gebracht werden? Wer soll jeweils zuständig sein? Welchen Sinn machen dann noch - mit Verlaub - die zentralen Klassenarbeiten in den Klassenstufen 4 und 6, die Sie selbst in diesen Texten auf die gleiche Ebene mit schriftlichen Abschlussprüfungen und zudem in einen schulgesetzlichen Rang heben?
- Lesen Sie es einmal durch, es steht genau in dem Absatz, in dem die schriftlichen Abschlussprüfungen und die Abiturprüfungen erwähnt werden,
und zwar im Unterschied zu Vergleichsarbeiten und Schulleistungstests. Man muss darüber diskutieren, was das alles soll, zumal Sie Vergleichsarbeiten auch in der Grundschule, in der 3. und in der 5. Klasse durchaus vorsehen, was ich im Übrigen gut nachvollziehen kann. Darüber wäre schon zu reden.
Es ist insbesondere über die Frage zu reden, in welcher Weise das alles mit den anderen Ländern abgestimmt werden soll. Wenn Frau Brakebusch, wenn ich sie richtig verstanden habe, von Ideen zur Übernahme des sächsischen Schulsystems sprach - vielleicht habe ich sie auch missverstanden, ich hoffe das sehr -, dann muss ich sagen, ich habe damit meine Schwierigkeiten; denn ich weiß, dass in Sachsen, wenn ich es mir richtig gemerkt habe, der Klassenteiler bei 33 liegt, in SachsenAnhalt bei 29. Das ist ein kleiner Unterschied. Es gibt noch mehr solche Dinge.
Insofern ist es auch richtig, dass Sie uns daran teilhaben lassen. Anderenfalls müsste ich mir ernsthaft die Frage stellen, warum Sie diesen Antrag eigentlich stellen, den die Landesregierung begrüßt und mit dessen Umsetzung Sie offensichtlich schon angefangen haben, wenn Sie nicht - das wäre die Idee von Frau Mittendorf, die ich aufgreife - davon ausgehen, dass wir gemeinsam im Ausschuss darüber diskutieren. Ich denke, dafür wäre eine Überweisung der geeignete Weg. - Danke schön.
Vielen Dank, Frau Dr. Hein. - Für die CDU-Fraktion erhält Frau Feußner das Wort. Bitte sehr, Frau Feußner.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit werde ich mich sehr kurz halten. Ich hatte eigentlich nicht vor, noch einmal dazu zu sprechen, aber ich habe meine Zweifel. Ich würde sagen, die Argumentation der Oppositionsfraktionen ist parteipolitischer Taktiererei zum Opfer gefallen und spiegelt weniger ihre schulpolitische Sichtweise wider.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Das, was Sie in diesen Antrag hineininterpretiert haben, ist schon schauderhaft.
vor allen Dingen Sie, Frau Mittendorf, wenn Sie von KMK-Beschlüssen reden, die wir nicht einhalten würden, oder davon, dass wir eine Substruktur schaffen wollten oder Substandards, wie Sie sie bezeichnet haben.
Das steht nicht in dem Antrag und das ist auch nicht unsere Absicht. Wir werden auf keinen Fall KMK-Beschlüsse unterlaufen
Wir haben unseren Kultusminister, der im Rahmen der KMK kämpft, auch für die Interessen unseres Landes. Ich denke, wir haben es auf dieser Ebene nicht nötig, so zu diskutieren.
Unser Anliegen ist eine engere Kooperation zwischen den Ländern. Natürlich gestaltet es sich aus parteipolitischer Sicht zunächst einfacher, mit diesen drei Ländern zu kooperieren.
Das schließt aber nicht aus - das sage ich ganz klar und deutlich -, dass Kooperationsgespräche mit den anderen
beiden Ländern und - das würde ich einbeziehen wollen - Berlin, also mit Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin stattfinden sollen. Allerdings kennen wir die parteipolitischen Auseinandersetzungen gerade im bildungspolitischen Bereich allein in diesem Hause.
Wenn wir alle neuen Bundesländer von Anfang an zusammennehmen und dann eine Quasselbude daraus wird, dann erreichen wir genauso wenig wie manchmal hier im Landtag.
Wir werden mit diesen Ergebnissen auch auf die anderen neuen Bundesländer zugehen und vielleicht auch darüber hinaus. Wenn wir hier Erfolge zu verzeichnen haben - dessen bin ich mir gewiss - und wenn gerade das Thema der Schulbuchzulassung und alles, was hier angesprochen worden ist - - Ich denke, das ist ein Thema, das unser Land und unsere Schüler und insbesondere die Kosteneindämmung extrem beeinträchtigen könnte. Das kann im Innersten auch nur Ihr Anliegen sein. Ich denke, dass Sie jetzt mehr oder weniger aus parteipolitischer Sicht argumentiert habe. Anders kann ich mir das nicht erklären.
(Frau Mittendorf, SPD: Nein! Das können Sie im Protokoll noch einmal nachlesen, dann verstehen Sie, worum es geht!)
Vielen Dank, Frau Feußner. - Meine Damen und Herren! Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein. Von Frau Mittendorf ist eine Überweisung in den Bildungsausschuss beantragt worden.