Protocol of the Session on April 11, 2003

Nun kommt vielleicht ein Rettungsanker für die Kommunen: Die durch die Kommunen wahrzunehmenden Amtshandlungen im übertragenen Wirkungskreis werden gemäß der Allgemeinen Gebührenordnung bezahlt. In Anbetracht der Lohn- und Kostenentwicklung ist eine An

passung, denke ich, auch mehr als überfällig. Die Auswirkungen auf die Kommunen in finanzieller Hinsicht werden allerdings in der Tat marginal sein.

Ich bin grundsätzlich für eine solche Anpassung, weil ich auch meinen kommunalen Brüdern und Schwestern immer gepredigt habe: Wir, die kommunale Verantwortung haben, sind nicht nur für die Ausgaben zuständig, sondern auch für die Einnahmen. Und dort, wo man sie auf rechtlicher Grundlage erzielen kann, sollte man sich auch darum bemühen.

Aber bei all dem zeigt sich schon wieder ein Haken: So empfiehlt das Investitionserleichterungsgesetz den Kommunen beispielsweise, die Stellplatzablösegebühr bei Bauinvestitionen nicht zu erheben - als Investitionserleichterungsmaßnahme.

Wenn die Kommunen die Gebühren der Kostenentwicklung anpassen, gibt es aber zwei Effekte. Einen positiven: Die auszuführenden Amtshandlungen werden kostendeckend durch die Kommunen geleistet. Sie bekommen die Kosten, die ihnen entstehen, erstattet.

Aber der negative Effekt: Die aus heutiger Sicht ansteigenden Gebühren werden dem Gebührenzahler, unseren Bürgern und den potenziellen Investoren, auf die Füße fallen. Investoren und Unternehmen haben bekanntlich viele kostenpflichtige Genehmigungen einzuholen. Ich erinnere nur an die Dinge, die sich aus der Handwerksordnung, der Gewerbeordnung, der Reisegewerbeordnung, der Gaststättenordnung oder aus dem Straßengesetz ergeben.

Nein, das kann wirklich nicht die Lösung der Finanzprobleme sein. Die Kommunen brauchen eine verlässliche und hinreichende Finanzausstattung gemäß dem Konnexitätsprinzip. Dabei ist das Land in der Pflicht, sich neue Gedanken darüber zu machen, wie die Strategie zur Sicherung der Zukunft der Kommunen in finanzieller Hinsicht in der nächsten Zeit aussehen soll.

(Zustimmung bei der SPD)

Dazu gehört unter anderem, die Verwaltungsreform zügiger voranzubringen. Dazu gehört vielleicht auch, Cross-Border-Leasing-Geschäfte noch intensiver daraufhin abzuklopfen, ob diese nicht ein Hilfsmittel sein können.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Dazu gehört vielleicht auch, was heute Morgen bereits Gegenstand der Erörterung war, das Tafelsilber der Kommunen zu verkaufen, aber dann nicht nach dem Grundsatz: die Gewinne privatisieren und die Verluste sozialisieren. Das darf dabei nicht unter dem Strich herauskommen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Und die Kommunen brauchen Verlässlichkeit hinsichtlich der Finanzen. Das heißt: Im Finanzausgleichsgesetz muss jährlich ein kontinuierlicher Prozentsatz als Verbundquote in konstanter Höhe gewährleistet werden.

Vielleicht - das wäre auch noch eine Aufforderung an die Koalitionsfraktionen - ist es auch Zeit, gegenüber den Kommunen nun ehrlich zu sagen: Wir haben euch vor einem Jahr viel versprochen. Wir haben den Mund zu voll genommen. Nichts von alledem können wir in Bezug auf die Kommunen einhalten.

(Beifall bei der SPD)

Wir drehen stattdessen an der Gebührenschraube. Aber das verbessert eure Situation sicherlich auch nicht grundlegend.

Nun noch ein Hinweis: Eigentlich bedarf es einer Erörterung in den Ausschüssen nicht; denn all das, worum es geht, wird nach dem Verwaltungskostengesetz geregelt. Da bedarf es keiner parlamentarischen Legitimation. Diesbezüglich kann der Finanzminister auf der Grundlage des Gesetzes handeln und die Gebühren entsprechend anpassen.

Wir enthalten uns bei der Abstimmung über diesen Antrag der Stimme.

(Zustimmung bei der SPD)

Besten Dank, Herr Dr. Polte. Wären Sie bereit, eine Frage des Abgeordneten Herrn Kosmehl zu beantworten? - Bitte sehr, Herr Kosmehl.

Sehr verehrter Kollege Dr. Polte, habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass Sie bei diesem Punkt nicht Wert darauf legen, dass wir Abgeordneten in die Diskussion mit einbezogen werden, weil Sie der Meinung sind, dass der Finanzminister das allein regeln könnte?

Ja, weil es nicht nach dem Kommunalabgabengesetz geregelt ist. Hierbei handelt es sich um das Verwaltungskostengesetz. Da hat der Finanzminister alle Vollmacht. Er kann handeln, ohne das Parlament zu beteiligen. Das ist die Rechtslage. Wenn er uns nun erzählt: Da und da hat sich jetzt der Kostenfaktor erhöht und das möchten wir erhöhen - das kann er tun. Dafür braucht er uns als Parlament nicht zu fragen.

(Herr Kosmehl, FDP: Aber ist das nicht eine Stär- kung des Parlaments, wenn wir alle mit einbezo- gen werden? - Zurufe von Herrn Dr. Püchel, SPD, und von Frau Theil, PDS)

- Selbstverständlich. Deswegen haben wir vorhin auch gesagt, wir wollen uns über die Privatisierung im Ausschuss unterhalten. Das haben Sie abgelehnt.

(Herr Dr. Heyer, SPD: Ja!)

Daran kann ich mich erinnern.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Besten Dank, Herr Dr. Polte. - Für die PDS-Fraktion erhält nun Frau Theil das Wort. Bitte sehr, Frau Theil.

Diese glühende Rede ist natürlich nicht zu toppen.

(Heiterkeit)

Ich bedanke mich für den Einsatz für die Kommunen in unserem Land.

Herr Wolpert, es ist schon ein bisschen bedenklich, wenn Sie ein solches Beispiel anführen wie das mit der

Fleischbeschau und den 2,50 €. Welche Kommune berührt das schon?

(Heiterkeit bei der SPD)

Verehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! § 3 der Allgemeinen Gebührenordnung des Landes Sachsen-Anhalt beziffert die Stundensätze für Leistungen, welche die Verwaltungen im übertragenen Wirkungskreis, zum Beispiel im Einwohnermeldeamt, im Ordnungsamt oder im Standesamtsbereich, erbringen. Es handelt sich also um Aufgaben, die dem Land anheim fallen und für deren Ausführung es die Kommunen benutzt.

Betrachtet man diese Situation im Bereich der Verwaltungsgemeinschaften - die Städte einmal ausgenommen -, stellt man fest, es ist keine direkte Einnahme, auf welche eine Kommune unmittelbar zurückgreifen kann. Die Einnahmegrundsätze, die gestaffelt nach einfachem, mittlerem und gehobenem Verwaltungsdienst angelegt sind, sollten sicherlich nicht das Preis-Leistungs-Verhältnis außer Acht lassen.

Diese Kosten der Verwaltungskraft werden in Form von Gebühren an die Bürger weitergereicht. Dieser ist aber am Ende auch wieder Steuerzahler und kann erwarten, dass er für seine Ausgaben an den Staat von diesem eine bezahlbare Gebühr für die in Anspruch genommene Leistung auferlegt bekommt.

Die in der Begründung zu Ihrem Antrag getroffene Feststellung, dass die Stundenkosten um 30 % höher liegen als in § 3 veranschlagt, zweifeln wir an. Betrachtet man die konkrete Situation am Beispiel eines Beschäftigten mittleren Alters im mittleren Dienst, so entstehen Stundenkosten in Höhe von 33,75 €. Gehen wir weiterhin davon aus, dass 174 Stunden im Monat Gebührentatbestände zugrunde liegen, was sicherlich den Idealfall darstellt, dann ergibt das Gesamtaufwendungen für einen Mitarbeiter in Höhe von 6 090 €.

Davon sind 3 000 € für Lohn- und Lohnnebenkosten abzuziehen. Es verbleibt eine Summe von 3 090 €, welche für den Arbeitsplatz zur Verfügung steht, zum Beispiel für Arbeitsmittel etc. Diese Mittel sollten verwendet werden, um den Arbeitsvorgang effektiver zu gestalten, um die Verwaltung billiger und nicht teurer zu machen.

Ob die verbleibende Summe ausreicht, darüber kann man trefflich streiten. Eines kann ich aber mit Bestimmtheit sagen: Das wird die Haushaltskassen der Kommunen nicht sanieren. Die öffentliche Hand sollte allerdings auch alles unterlassen, was dazu beiträgt, in den Verruf der Abzocke zu geraten.

Es ist schon makaber, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU- und von der FDP-Fraktion, dass gerade Sie es waren, die einer massiven Kürzung der Kommunalfinanzen zugestimmt haben

(Zustimmung bei der PDS und bei der SPD)

und die heute in Erwägung ziehen, mit der Erhöhung von Gebühren den Beamten und Angestellten vor Ort den schwarzen Peter zuzuschieben. Denn diese müssen sich dem Unmut der Bürger aussetzen.

Wenn die kommunalen Spitzenverbände diesbezüglich Handlungsbedarf anmahnen, werden wir sicherlich Gelegenheit dazu haben, uns im Rahmen einer Anhörung im Ausschuss diese Argumente von den Spitzenverbänden erläutern zu lassen. Unsere Fraktion wird sich bei

diesem Antrag der Stimme enthalten. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Besten Dank, Frau Abgeordnete Theil. - Für die CDUFraktion erteile ich nun dem Abgeordneten Herrn Maertens das Wort. Bitte sehr, Herr Maertens.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eben flüsterte mir Herr Lukowitz im Vorbeigehen noch zu: Bei diesem Thema sind die Bürgermeister wohl mehr oder weniger unter sich. - Betroffen sind sie allemal.

Herr Polte, ich muss Ihnen natürlich zunächst einmal zustimmen. Die Sorge um die kommunalen Finanzen treibt uns nicht erst seit heute um und eint uns auch nicht erst seit heute. Wir bemühen uns seit Jahren darum, dass sie auskömmlich sind. Auch Frau Theil hat auf diesen Aspekt abgehoben.

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die Antragsteller weder im Antrag selbst noch in der Begründung dazu den Versuch unternehmen zu erklären, dass mit diesen Maßnahmen die kommunalen Finanzen erheblich verbessert werden oder dass sie überhaupt verbessert werden. Es ist ein Akt der Vernunft, das Verwaltungshandeln auf den aktuellen Stand zu bringen. Unter diesem Aspekt ist das, bitte schön, auch zu betrachten.

Noch eine Bemerkung zu Frau Theil. Die Fleischbeschau interessiert vordergründig zunächst überhaupt keinen Bürgermeister. Nehmen Sie an dieser Stelle bitte zur Kenntnis, dass ich vor kurzem mit einem Wildfleischer sprach, der mir erklärte, dass die Höhe der Gebühren für die Begutachtung eines Stückes Rehwild in den einzelnen Bundesländern zwischen 50 Cent und 7 € schwankt. Das stimmt einen schon nachdenklich, vor allem dann, wenn man weiß, dass der Amtsarzt für die Begutachtung eines Stückes ungefähr fünf Minuten braucht.