Bei gebührenfinanzierten Anlagen ist die Frage nicht unberechtigt, ob der Barwertvorteil als Erlös in die Gebührenkalkulation oder zumindest als Rücklage für den Fall einer Vertragsstörung einzustellen ist.
Gibt es im Übrigen für die Auswahl der Beratergesellschaften, der so genannten Arrangeure, die Verpflichtung, ein formelles europaweites Ausschreibungsverfahren durchzuführen? Welche Risiken entstehen, wenn mögliche steuerrechtliche Änderungen in den USA den steuerlichen Vorteil des Investors aufheben?
Das sind Fragen, die nach unserer Kenntnis in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich bewertet werden und gerade deshalb einer Klärung bedürfen. Die Beantwortung dieser Fragen erscheint uns noch dringender, seit bekannt ist, dass das Land selbst Überlegungen in diese Richtung anstellt. Gegenstand dieser Überlegungen sind die Unikliniken.
Vor diesem Hintergrund ist schon genau zu hinterfragen, ob das Land wegen eines kurzzeitigen Kapitalzuflusses wirklich sein Vermögen aufs Spiel setzen darf. Nach Artikel 92 der Landesverfassung darf Landesvermögen in diesen Größenordnungen nur mit der Zustimmung des Landtages veräußert oder belastet werden. Artikel 99 der Landesverfassung legt fest, dass Gewährleistungsverpflichtungen, die sich zwangsläufig aus solchen Verträgen ergeben, einer Ermächtigung durch ein Gesetz bedürfen.
Andere Bundesländer sind diesbezüglich mit ihrer Einschätzung weiter. Am weitesten ist wohl Bayern, wo demnächst über eine Änderung im Kommunalrecht diese Geschäfte untersagt werden sollen. Bayern wird auch im Bundesrat initiativ werden.
Sachsen und Thüringen sehen die Fragen der kommunalen Aufsichtspflicht ebenfalls anders, als es SachsenAnhalt derzeit tut; denn dort werden Cross-BorderLeasing-Verträge als kreditähnliche Geschäfte eingestuft und unterliegen damit der Genehmigungspflicht. In Sachsen müssen sie darüber hinaus dem Innenministerium vorgelegt werden.
In genau diese Richtung geht auch unser Antrag. Die Fraktion der PDS meint, dass die Landesregierung die Pflicht hat - gerade um das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung zu wahren und zu sichern -, die Risiken für die Kommunen und sich selbst zu minimieren, damit langfristig die Grundsätze der sparsamen Haushaltsführung eingehalten und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ohne Einschränkung erhalten werden kann. Darüber hinaus ist dafür Sorge zu tragen, dass die vollständige Information und die demokratische Mitwirkung der gewählten Gremien auf den verschiedenen Ebenen sichergestellt wird.
Wenn es dazu gesetzliche Vorgaben geben muss, ob auf Landes- oder Bundesebene, dann sollte SachsenAnhalt hierbei initiativ werden. Bis zur Vorlage eines entsprechenden Gutachtens durch den Landesrechnungshof sollte daher ein Moratorium gelten, und zwar sowohl für das Land als auch für die Kommunen.
Zu dem Änderungsantrag der SPD. Wir schlagen vor, diesen mit folgender Änderung zu übernehmen: Der zweite Anstrich unter Punkt 2 unseres Antrages, in dem es um die Unterbindung der Cross-Border-LeasingGeschäfte geht, wird in Punkt 2 des Änderungsantrags der Fraktion der SPD aufgenommen. - Danke schön.
Vielen Dank, Frau Dr. Weiher. - Zunächst spricht für die Landesregierung Herr Minister Paqué. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich zu dem Antrag der PDS komme - auf den Antrag der SPD möchte ich nicht im Detail eingehen; er ist erst heute nachgereicht worden -, möchte ich ein paar allgemeine Worte zum Cross-Border-Leasing sagen; denn erst wenn wirklich Klarheit über den ökonomischen Kernpunkt des Cross-Border-Leasing herrscht, kann man nüchtern darüber reden. Das sage ich an dieser Stelle mit besonderem Nachdruck.
Liebe Frau Dr. Weiher, ich kenne Sie als außerordentlich nüchterne und sachliche Finanzfachfrau aus dem Aus
schuss. Ich bin schon ein klein wenig verwundert, wie sehr die Fülle von Fakten bzw. Mutmaßungen, die Sie präsentiert haben, mit Wertungen überladen wurde, die eine nüchterne Analyse dieses Finanzierungsinstruments, die dringend nötig ist, erheblich erschweren.
Lassen Sie mich an dieser Stelle den Versuch unternehmen, auf den nüchternen ökonomischen Kern der Sache zurückzukommen.
Meine Damen und Herren! Beim Cross-Border-Leasing handelt es sich um ein seit Jahrzehnten im In- und Ausland praktiziertes Finanzierungsmodell und -instrument. Es ist ein Instrument, das Ertragspotenziale von langlebigen Wirtschaftsgütern effizient nutzt.
Ein wichtiger Aspekt dabei ist die unterschiedliche Behandlung von langfristigen Leasingverträgen im amerikanischen und im deutschen Steuerrecht. Im amerikanischen Steuerrecht werden - Frau Dr. Weiher hat das angedeutet - langfristig geleaste Vermögensgegenstände und Kapitalgüter wie Eigentum behandelt. Für sie können deshalb auch Abschreibungen steuerlich geltend gemacht werden. Im deutschen Steuerrecht ist das nicht so.
Dieser Unterschied erlaubt es, durch entsprechende Vertragskonditionen den monetären Gegenwert des Abschreibungsvorteils zum heutigen Zeitpunkt als eine Art beidseitigen Gewinn unter den Vertragspartnern aufzuteilen. Man spricht in diesem Zusammenhang technisch vom so genannten Barwertvorteil.
Meine Damen und Herren! Das ist der ökonomische Kernpunkt des Cross-Border-Leasing. Er ist sehr einfach zu verstehen. Er ist nicht im Geringsten mysteriös und er erfordert keinerlei volkswirtschaftliches Studium oder Spezialwissen über das Funktionieren moderner internationaler Kapitalmärkte.
Wichtig ist es auch festzuhalten, dass die Nutzung eines Steuervorteils auch international für sich genommen nicht unseriös und nicht anrüchig ist.
Ich würde es sehr bedauern, wenn durch die Diskussion in den letzten Wochen in den Medien und vielleicht auch durch den Beitrag von Frau Dr. Weiher ein solcher Eindruck entstehen würde. Genährt wird der Eindruck auch dadurch, dass Cross-Border-Leasing-Verträge letztlich - das ist völlig unbestritten - zulasten des amerikanischen Fiskus gehen. Denn es ist der amerikanische Fiskus, der durch die Behandlung des langfristig geleasten Kapitals als eigentumsähnlich die Möglichkeit zur Realisierung des Abschreibungsvorteils eröffnet.
Aber, meine Damen und Herren, eines muss hier ganz klar festgestellt werden: Der amerikanische Gesetzgeber ist kein Samariter. Er handelt sicherlich im wohl erwogenen amerikanischen Interesse; und er hat wohl erwogen, dass die gewählte steuerliche Behandlung amerikanischen Unternehmen so viele Vorteile bringt, dass die Nutzung durch ausländische Unternehmen - es sind zumeist Unternehmen, aber auch zunehmend Gebietskörperschaften - bei weitem aufgewogen wird.
Tatsache ist, dass das amerikanische Steuerrecht im Hinblick auf die Gestaltungsmöglichkeiten modifiziert worden ist. Eine Abschaffung erfolgte aber nicht. Von der Bundesregierung wurde Cross-Border-Leasing als
zulässig anerkannt und bestätigt. Cross-Border-LeasingTransaktionen wurden in Deutschland bereits von namhaften Unternehmen, vorrangig aus der Versicherungsbranche, sowie von großen Kommunen - das wurde bereits erwähnt - genutzt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! So einfach das Grundprinzip des Cross-Border-Leasing ist, so kompliziert und rechtlich aufwendig - das ist völlig unbestritten - ist die konkrete Vertragsgestaltung. Hierfür bedarf es ohne jeden Zweifel professioneller Hilfe, an der im Einzelfall nicht gespart werden darf. Wer trotzdem daran spart, wer auf professionelle Beratung an dieser Stelle verzichtet, der kann in der Tat fahrlässig handeln; denn dann können Risiken auftauchen - Frau Dr. Weiher, Sie haben einige erwähnt -, die bei kluger Vertragsgestaltung vermeidbar sind.
- Oder liegen kann. Wenn Sie sagen, dass es dort liegen kann, dann haben Sie nicht Unrecht. Aber man kann natürlich eine Vertragsgestaltung wählen, bei der ausschließlich die amerikanische Seite die Risiken der Steueränderungen trägt. Dann ist auf jeden Fall ein wesentliches Risiko beseitigt.
Es gibt viele andere Risiken, die mithilfe einer sauberen Vertragsgestaltung vermieden werden können. Das bedeutet natürlich im Einzelnen, dass die Verträge vergleichsweise komplex werden können. Aber mit entsprechender professioneller Beratung ist das zu bewältigen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es liegt letztlich in der Verantwortung desjenigen, der diese Finanzierungsinstrumente nutzt, dass er sich nicht durch eine unprofessionelle Vertragsgestaltung auf Risiken einlässt, die in der Zukunft nicht überschaubar und nicht beherrschbar sind. Dies gilt für private Unternehmen, aber - das sage ich ganz klar - das gilt in noch stärkerem Maße für die Gebietskörperschaften, die eine öffentliche Verantwortung für das Geld der Steuerzahler tragen.
Dazu, meine Damen und Herren, bekennen wir uns. In Bezug auf diese Frage gibt es überhaupt keinen Disput. Hier müssen strenge Maßstäbe angelegt werden. Aber wir legen diese strengen Maßstäbe an.
Nun, meine Damen und Herren, zum Antrag der PDSFraktion. Das Ministerium des Innern war bereits des Öfteren mit dem Thema der Cross-Border-LeasingGeschäfte von Kommunen befasst und hat dazu mehrere Anfragen aus dem Landtag beantwortet, zuletzt im März 2002 die Kleine Anfrage des Abgeordneten Herrn Gärtner.
Das Ministerium des Innern vertritt die Auffassung, dass generelle Bedenken gegen Cross-Border-Leasing-Geschäfte nicht bestehen. Bei Geschäften dieser Art handelt es sich nicht um kreditähnliche Rechtsgeschäfte im Sinne des § 10 Abs. 5 der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt. Die Kommunen besorgen sich bei Cross-Border-Leasing keine Geldsumme, die zurückgezahlt wird, sondern sie sichern sich einen finanziellen Vorteil.
Cross-Border-Leasing-Geschäfte unterliegen daher nicht der kommunalaufsichtlichen Genehmigung. Aus der Sicht des Ministeriums des Innern wäre ein kommunalaufsichtliches Handeln angebracht, wenn mit Cross-Bor
der-Leasing-Transaktionen Risiken für das Vermögen der Kommunen unvermeidlicherweise drohen würden. Das ist nicht der Fall.
Beide Vertragspartner haben das gleiche Interesse. Beide wollen eine korrekte Vertragsabwicklung. Die Kommunen verlieren nicht die für die Aufgabenerledigung notwendige Sachherrschaft über das Vermögen und sind somit in der Aufgabenerledigung nicht beeinträchtigt.
Meine Damen und Herren! Gleichwohl muss sich jede Gebietskörperschaft überlegen, was sie mit dem Vermögen in den nächsten Jahren alternativ vorhätte. Wenn man beispielsweise vorhat, Kapital oder Vermögen zu privatisieren, ist ein Cross-Border-Leasing-Geschäft selbstverständlich nicht sinnvoll.
Technisch ausgedrückt, wird natürlich die Fungibilität des Vermögens durchaus eingeschränkt. Das ist unbestritten. Aber das ist auch völlig legitim in bestimmten Bereichen, in denen in der Tat über die langfristige Verwendung des betreffenden Vermögens relativ Klarheit herrscht und wenig Unsicherheit besteht. Gerade dann haben wir Fälle, in denen man über Cross-Border-Leasing sicherlich nachdenken kann. Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass man in allen Bereichen sinnvollerweise über Cross-Border-Leasing nachdenken sollte.
Meine Damen und Herren! Auch in meinem Haus beschäftigt man sich seit geraumer Zeit intensiv mit dem Finanzierungsmodell des Cross-Border-Leasing und baut Expertenwissen auf. Die Risiken, die mit CrossBorder-Leasing-Geschäften verbunden sein können, halten wir bei professioneller Handhabung für kontrollierbar und beherrschbar. Ich kann mich daher der Auffassung des Ministeriums des Innern nur anschließen, die Kommunen in ihrer Handlungsfähigkeit nicht grundsätzlich einzuschränken.
Ich halte es stattdessen für angebracht, das in meinem Haus aufgebaute Wissen zu nutzen und die Landkreise und Gemeinden in einem Know-how-Transfer über die Probleme und Risiken aufzuklären, die mit diesen Geschäften verbunden sein können. Das tun wir bereits. Wir werden unsere Aktivitäten in der Zukunft noch verstärken.
Im Übrigen wird derzeit in meinem Hause im Rahmen von Pilotuntersuchungen geprüft, ob auch Objekte des Landesvermögens für Cross-Border-Leasing infrage kommen. Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn eine langfristige Nutzung mit annähernder Sicherheit zu erwarten ist und Privatisierungspläne ausgeschlossen sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme zum Schluss. Ihnen ist sicherlich bekannt, dass das Thema Cross-Border-Leasing in den Ländern unterschiedlich gehandhabt wird. Frau Dr. Weiher hat es angedeutet. Derzeit stellt sich die Angelegenheit so dar, dass nur Bayern über ein Verbot nachdenkt, während alle anderen Länder dieses Instrument für nutzbar und zulässig halten.
Es ist eine Ironie des Schicksals, dass sich ausgerechnet die PDS in Bezug auf diese Beurteilung Seite an Seite mit der CSU befindet.
Die Position Bayerns halte ich persönlich weder für rechtlich fundiert noch für ökonomisch nachvollziehbar.