Protocol of the Session on April 10, 2003

Die Verordnung wird lediglich an die Regelungen angepasst, die das Achte Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes erforderlich macht - nicht mehr und nicht weniger. Deshalb sind die Änderungen auch nicht in dem Umfang gravierend, wie Sie es darstellen, sondern die Parameter der Verordnung werden auf die 5. und 6. Klassen ausgedehnt.

Die betroffenen Schulen stünden sowieso spätestens ab Jahrgang 7 vor demselben Problem wie jetzt. Das darf man nicht aus den Augen verlieren. Natürlich wirft die zum 31. Dezember dieses Jahres notwendige Fortschreibung, die wir immerhin um ein Jahr verlagert haben, um diesen Prozess in Ruhe stattfinden lassen zu können, eine Reihe von sehr ernst zu nehmenden Problemen auf.

Die Ursachen dafür liegen nicht primär in der Änderung des Schulgesetzes oder in der Anpassung der Schulentwicklungsplanungsverordnung, sondern in einer dramatischen demografischen Situation, an die die Schulentwicklungsplanung anzupassen ist. Dies hat Frau Hein völlig richtig dargestellt, auch was die statistischen Angaben betrifft. Es ist ein Schülerschwund von rund der Hälfte in den kritischen Jahrgängen zu verzeichnen.

Es ist klar, dass man die Anzahl der Schulen und auch die der Lehrerinnen und Lehrer nicht einfach linear verringern kann. Aber reagieren muss man schon, nicht nur aus Kostengründen, sondern auch aus Gründen des Qualitätsanspruchs schulischer Allgemeinbildung, den man unter anderem an die Vorhaltung eines bestimmten Fächerspektrums, an ein ausreichend ausgestattetes Lehrerkollegium, an Förderstunden, Wahlpflichtfächer, Arbeitsgemeinschaften usw. binden muss. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Die erforderlichen Jahrgangsstärken bleiben mit 40 Schülern im Durchschnitt erhalten. Die Schulgesetzänderung

führt allenfalls dazu, dass fällige Entscheidungen über Schulstandorte vorgezogen werden, weil die Auswirkungen der demografischen Entwicklung früher spürbar werden. So oder so führen die stetig sinkenden Schülerzahlen unweigerlich dazu, dass weniger Schulen benötigt werden. An dieser unangenehmen Wahrheit kommt man leider nicht vorbei.

Diese Entwicklung gilt es allerdings zu steuern, damit das schulische Angebot in allen Regionen des Landes in dem erforderlichen Umfang und auch mit einer Dauerhaftigkeit vorhanden ist und erreichbar bleibt.

(Zustimmung bei der CDU)

Dabei ist es übrigens auch unumgänglich, dass wir unsere Vorstellungen von der Erreichbarkeit einer Schule den Gegebenheiten anpassen. Wer auf dem Land wohnt, der muss bereits heute in der Regel den Schulbus benutzen, um eine weiterführende Schule, eine Sekundarschule oder ein Gymnasium, zu erreichen. Das wird sich auch künftig nicht vermeiden lassen und das wird sich hier und dort verschärfen. Das ist aber eine für Deutschland und viele europäische Länder völlig normale Situation, insbesondere in den Gebieten, in denen die Bevölkerungsdichte nicht so hoch ist.

Es liegt in der Verantwortung der Landkreise bzw. der kreisfreien Städte, das Schulnetz in ihrem Gebiet so zu organisieren, dass alle Bildungsangebote vorhanden und in einer zumutbaren Zeit erreichbar sind. Als unzumutbar gelten Wegezeiten dann, wenn im Sekundarbereich I für das Zurücklegen des Schulweges in eine Richtung mehr als 60 Minuten benötigt werden. Für die Grundschule liegt dieser Richtwert bei 30 Minuten.

Das sind übrigens Wegezeiten, die auch mich erschrecken. Aber in anderen dünn besiedelten Gebieten der Bundesrepublik und in Europa sind diese Wegezeiten längst Realität. Ich räume übrigens auch gern ein, dass diese Werte zugleich Grenzen des Zumutbaren sind.

Dort, wo sie überschritten werden - das ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand zum Beispiel in zwei Altmarkkreisen der Fall -, sind unorthodoxe Lösungen in Vorbereitung. Aber erst dann und nur dort; denn man kann das System nicht von den Ausnahmen her planen, sondern nur von der Regel her. Erst wenn sich dabei Grenzen auftun, werden wir wie bisher auf der Basis der gültigen Verordnung auch Ausnahmen zulassen oder sogar Sondermodelle initiieren, die im Einzelfall sogar bildungsgangübergreifende Lösungen einbeziehen. Das schauen wir uns an.

Herr Minister, möchten Sie eine Frage des Abgeordneten Herrn Heyer beantworten?

Wenn ich darf, am Schluss. Ich möchte das gern tun, aber am Schluss.

Zu Nr. 1.1 des Antrages der PDS-Fraktion. Die Schulentwicklungsplanungsverordnung ist nach den Kriterien der zentralörtlichen Gliederung organisiert worden. In ihr wird nicht nach ländlichen Räumen oder Ballungszentren differenziert. Daher ist es auf der Grundlage dieser Verordnung nicht möglich, in bestimmten Regionen sozusagen regelhaft von den geforderten Richtwerten abzuweichen.

Für diese Richtwerte - das ist mir jetzt sehr wichtig - sprechen in erster Linie schulfachliche Kriterien. So stellen die in der Verordnung genannten schulischen Mindestgrößen insbesondere für die Sekundarschulen schon jetzt keine Idealgrößen dar, bei denen alle unterrichtlichen und pädagogischen Optionen noch offen wären.

Diese Zahlen sind bereits Kompromisszahlen. Es sind Zugeständnisse an die teilweise sehr geringe Bevölkerungsdichte in einigen Landesteilen sowie natürlich an die dramatische Schülerzahlentwicklung im gesamten Land gemacht worden. In diesen Schulgrößen kann eigentlich schon nicht mehr alles gewährleistet werden, was man schulfachlich und vom Qualitätsanspruch her von einer guten Schule mit breitem Angebotsspektrum erwarten kann und muss.

Insofern muss man noch deutlicher sagen: Das, was an großen oder wenigstens größeren Schulen im Moment noch ohne Weiteres möglich ist, wird bei diesen Schulen mit Jahrgangsstärken von 40 Schülern bereits nicht mehr möglich sein. Das heißt: Kleine Schulen können zur Benachteiligung von Kindern gegenüber Kindern in Schulen mit einem gesunden Strukturmaß hinsichtlich der Aufrechterhaltung des Fächerspektrums werden, im Übrigen auch im außerunterrichtlichen Bereich.

Die Debatte im Jahr 2001 ist erwähnt worden. Ich bin natürlich auch darauf gekommen, mir die Protokolle anzusehen. Nahezu wörtlich, fast schon unheimlich wörtlich, hat das Herr Harms an dieser Stelle dargestellt. Ich will Ihnen ersparen, das zu zitieren, weil Sie mir das auch so glauben werden. Die Argumente sind nicht zu widerlegen. Eine weitere Absenkung der Mindestschülerzahlen ist also vor allem aus diesem schulfachlichen Grund nicht zu vertreten.

Zu Nr. 1.2 Ihres Antrages. Ein Verfahren, welches die 5. und 6. Jahrgänge der Sekundarschulen, aber auch der Gymnasien und Gesamtschulen aus der Beurteilung der mittelfristigen Bestandsfähigkeit der Schulform übergangsweise herausnimmt, löst das eigentliche Problem nicht.

Was bringt denn eine solche Verschiebung? - Man schult ein, aber in eine Schule, die nicht bestandsgesichert ist. Das heißt, die nächste Umschulung ist bereits programmiert, die Konflikte, die dazu gehören, auch. Letztlich erzeugt man nur einen Problemstau. Auch das hat Frau Hein an dieser Stelle vor zwei Jahren nahezu wörtlich gesagt. Diesen Problemstau wollen wir vermeiden, indem wir Schulen planen, die stabil sind,

(Zustimmung bei der CDU)

in die ein Kind eingeschult wird und dann eine verlässliche Sicherheit hat, an dieser Schule auch seinen Abschluss zu machen; denn sonst haben Sie garantiert durch die Verschiebung in einem oder zwei Jahren das gleiche Problem, möglicherweise noch gravierender. Deswegen ist es vernünftig, die Dinge auf einmal zu lösen und damit eine Stabilität und Beruhigung des Systems zu bekommen, auch wenn der Prozess - das räume ich ausdrücklich ein - ein ausgesprochen schmerzvoller und schwieriger ist.

Übrigens sind die Zuwächse bei den Geburtenraten nicht so, wie wir uns das wünschen. Das geht von 14 000 auf 18 000, und das ist im Moment schon wieder knapp im Abdriften begriffen. Darauf können wir uns leider nicht hinreichend verlassen. Das ist ein Grund mehr, das System schnellstmöglichst zu stabilisieren, zu

beruhigen und langfristig verlässliche Standorte zu haben, die aber auch unserem Qualitätsanspruch Genüge tun.

Es ist deshalb auch wichtig, für die schwierige Situation, vor der wir derzeit stehen, jetzt und unmittelbar Lösungen zu finden, das heißt, den Problemen nicht auszuweichen. Ich appelliere eindringlich an die Abgeordneten aller Fraktionen, diese Probleme nicht zu vertagen, sondern jetzt, in einer Zeit zu handeln, in der ohnehin notwendigerweise Bewegung in diesem System ist. Es ist zwar oft schmerzlich, aber danach wird man ein Schulnetz erhalten, das belastbar ist und auf Dauer für die Kinder qualitätvolle Lösungen bereithält.

Mit der Änderung des Schulgesetzes verändert sich nur der Zeitpunkt des Übergangs an die Bildungsgänge, nicht die Quote des Übergangs, zum Beispiel an das Gymnasium. Diese Quote entsteht halt nur zwei Jahre eher. Sie bewegt sich übrigens auch - das wissen wir inzwischen - in dem erwartbaren Durchschnitt, so Recht Frau Hein mit dem Durchschnitt hat. Es ist nämlich immer schwierig, solche Angaben zu machen. Aber unter 42 % ist zunächst einmal eine akzeptable Größenordnung. Übrigens, nach dem Jahrgang 6 in der jetzigen Förderstufe liegt sie bei 35,2 %.

Nach den Besuchen, die wir in den Landkreisen gemacht haben - wir haben mit allen Landräten gesprochen -, hat sich herausgestellt, dass es, abgesehen von den wenigen dramatischen und sehr ernst zu nehmenden Ausreißern, um die wir uns punktuell kümmern werden, eigentlich gar keinen Anlass für die große Aufregung gibt.

Im Wesentlichen läuft diese Schulplanung gut, aber ich möchte nicht die gravierenden Einzelprobleme kleinreden, die wir in bestimmten Regionen haben, wo wir inzwischen auch im direkten Kontakt mit den Planungsträgern an Lösungen arbeiten. Ich will auch den Planungsträgern empfehlen, bei der Fortschreibung das arithmetische Mittel der Übergangsquoten der vergangenen fünf Jahre in ihrem Planungsgebiet zugrunde zu legen, weil sich diese Quoten in den vergangenen Jahren relativ stabil entwickelt haben.

Zu Punkt 2 Ihres Antrags nur ganz knapp. Ihrem Wunsch, die Landesregierung möge dem Ausschuss für Bildung und Wissenschaft über die notwendigen Anpassungen der Schulentwicklungsplanung berichten, ist die Landesregierung bereits nachgekommen. Selbstverständlich kann dies auch weiterhin und regelmäßig geschehen.

Ich muss allerdings sagen, dass die Träger der Schulentwicklungsplanung zunächst einmal die kreisfreien Städte und die Landkreise sind, sodass wir erst dann wieder sinnvoll berichten können, wenn diese über die staatlichen Schulämter im Rahmen der Genehmigung der mittelfristigen Entwicklungspläne tätig werden.

Den Termin, den Frau Hein genannt hat, prüfe ich gern. Wenn es so ist, wie Sie sagen, müssen wir hierbei tatsächlich eine Korrektur vornehmen.

Ich komme zum Schluss. Wir beobachten die Entwicklung sehr genau und sensibel und suchen auch für Regionen, in denen es besondere Schwierigkeiten gibt, Lösungen, die tragfähig sind. Die Gespräche, die unter anderen Herr Staatssekretär Willems mit den betroffenen Landkreisen bereits geführt hat, sind absolut sachlich, kooperativ und einvernehmlich verlaufen. Insofern

sollten wir hier nicht die Pferde scheu machen, sondern diese schwierige Situation gemeinsam meistern.

Ich will mit einer Schlussfolgerung enden. Wenn wir die Qualität der Sekundarschulen - und dahinter stehen wir - tatsächlich verändern wollen, müssen wir auch Schulgrößen erreichen, die eine höhere Bildungsqualität auch durch einen effizienteren Einsatz von Personal möglich machen. Dies hat in einer Debatte der letzten Legislaturperiode Frau Dr. Hein wörtlich so gesagt. In dem Fall kann ich ihr nicht widersprechen.

(Heiterkeit bei der CDU - Zustimmung und Heiter- keit bei der PDS)

Mein herzlicher Appell geht also dahin, sich dieser Debatte nicht zu verschließen und vor allem nicht der Versuchung zu erliegen, schnelle, im Moment politisch natürlich besser durchstehbare Ausweichmanöver zu fahren, um in zwei Jahren letztlich wieder Umschulungen zu haben. Dann hätten wir den gleichen Ärger erneut. Ich bin doch sehr für ein stabiles Schulnetz, das wir jetzt entwickeln können, weil wir die Anlässe dazu haben, und das zukunftsfähig ist.

(Herr Gürth, CDU: Sehr richtig!)

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Olbertz. Möchten Sie jetzt zwei Fragen beantworten?

Ja. Ich könnte sagen, es kommt auf die Fragen an - -

Erst Herr Dr. Heyer und dann Herr Dr. Püchel. Bitte.

Herr Kollege Olbertz, Sie haben sich vorhin auf meinen früheren Kollegen Gerd Harms bezogen und haben gesagt, dass das, was Sie hier vortragen, in völliger Übereinstimmung mit dem steht, was Herr Harms früher als Kultusminister gesagt hat. Ich frage Sie: Wissen Sie, dass die CDU-Fraktion dieses Hauses damals völlig anderer Auffassung war?

(Herr Gürth, CDU: Und die SPD!)

Und können Sie sich erklären, warum sich diese Auffassung geändert hat? Das bitte ich als eine Frage zu verstehen. Ich haben noch eine zweite Frage.

(Frau Feußner, CDU: Sagen Sie, das soll er die CDU-Fraktion fragen!)

Hatten Sie nicht nur eine angemeldet?

Das geht ganz schnell. Wollen Sie die zweite Frage nicht beantworten?

Wenn Sie möchten, können Sie auch eine zweite Frage beantworten.

Herr Kollege Olbertz, wenn Sie jetzt sagen, Sie wollen nicht, dass ich die zweite Frage stelle, dann stelle ich sie auch nicht.