Protocol of the Session on March 13, 2003

1. Welchen Bearbeitungsstand weisen derzeit die einzelnen Gesundheitsziele auf?

2. Welche weiteren Handlungsschritte sind geplant?

Vielen Dank, Frau Dr. Kuppe. - Für die Landesregierung erfolgt die Antwort durch den Minister für Gesundheit und Soziales Herrn Kley. Bitte sehr, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Dr. Kuppe, Ihre Fragen beantworte ich wie folgt, wobei ich vorab folgende Vorbemerkung machen möchte:

Auf der ersten Landesgesundheitskonferenz am 26. März 1998 wurden von den beteiligten Akteuren im Gesundheitswesen unseres Landes sechs Gesundheitsziele beschlossen. Diese sind:

erstens die Senkung der Säuglingssterblichkeit auf den Bundesdurchschnitt,

zweitens die Erreichung eines altersgerechten Impfstatus von über 90 % der Bevölkerung,

drittens die Senkung der vorzeitigen Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf den Bundesdurchschnitt,

viertens die Senkung der vorzeitigen Sterblichkeit aufgrund von Krebserkrankungen auf den Bundesdurchschnitt,

fünftens die Senkung des Verbrauchs und der Auswirkungen des Konsums legaler Suchtmittel sowie

sechstens die Verbesserung der Zahngesundheit.

Zu Frage 1: Auf der zweiten Landesgesundheitskonferenz am 6. März 2002 wurde dazu folgende Zwischenbilanz gezogen.

Ziel 1 kann bis auf die Perinatalsterblichkeit als erfüllt angesehen werden.

Der Erfüllungsstand von Ziel 2 stellt sich wie folgt dar: Ein altersgerechter Impfstatus liegt lediglich in Bezug auf die Poliomyelitisimpfung und bei Impfungen gegen Diphtherie und Tetanus vor. Bei der Pertussisimpfung wurde ein Impfstatus von über 90 % noch nicht erreicht. Eine zweite Mumps-, Masern- bzw. Rötelnimpfung ist Bedingung, um die Definition des altersgerechten Impfstatus zu erfüllen. Sie ist bei weniger als 40 % der Kinder dokumentiert.

Beim altersgerechten Impfstatus der Hepatitis-B-Impfung werden sich, da diese Impfung 1995 empfohlen wurde, erst bei späteren Geburtskohorten Effekte einstellen. Insgesamt liegt Sachsen-Anhalt im Hinblick auf den Durchimpfungsgrad im Vergleich mit anderen Bundesländern vorn.

Bei den krankheitsbezogenen Zielen 3 und 4 - HerzKreislauf-Erkrankungen und Krebs - ist festzustellen: Der aus der Gesundheitsberichterstattung nachweisbare Rückgang der Sterblichkeit folgt dem bundesweiten Trend.

Zu Ziel 5 ist zu sagen, dass sich viele kompetente Partner freiwillig und mit hohem Engagement zusammengefunden haben, um gemeinsam an der Umsetzung des Gesundheitszieles zu arbeiten. Dies bewirkt eine bessere Vernetzung und den Abbau von Hemmnissen, um miteinander bestimmte Probleme anzugehen. Das Gesundheitsziel war Thema verschiedener Fachtagungen. Umfangreiche Informationsmaterialien und ein Maßnahmenkatalog für die nächsten Schritte sind erarbeitet worden.

Ziel 6: Zur Verbesserung der Zahngesundheit wurden verschiedene Maßnahmen eingeleitet. Ein Einlegeblatt für den Mutterpass wurde erarbeitet, in dem die Schwangeren zur Zahnkontrolle auffordert werden. Mit ausführlichen Informationen wurden niedergelassene Frauen- und Zahnärzte des Landes in der Angelegenheit um Unterstützung gebeten.

Ein herausgegebener Zahngesundheitspass für Kinder ermöglicht die enge Verknüpfung zwischen gruppen- und individualprophylaktischen Maßnahmen zur optimierten Vorsorge. Auch bei Senioren konnte ein Problembewusstsein für die Zahn- und Mundhygiene geweckt und verstärkt werden. Vor allem die Beseitigung der sozialen Schieflage in der Zahngesundheit bedarf noch intensiver Bemühungen um Aufklärung und Innovation.

Zu Frage 2: Für die Weiterführung des Projektes „Gesundheitsziele für Sachsen-Anhalt“ wird seitens der Landesregierung verstärkt auf Prävention und Gesundheitsförderung sowohl als gesellschaftliches Anliegen als auch im Rahmen der Eigenverantwortung orientiert. Gesundheitsförderung und Prävention sind nach einhelliger Expertenmeinung heute die beiden maßgeblichen Strategien zur Verbesserung bzw. Erhaltung der Gesundheit, wobei sich Gesundheitsförderung auf die Erhaltung und Stärkung der Gesundheitsressourcen und Prävention auf die Reduzierung und Vermeidung von Gesundheitsrisiken beziehen.

Die Einflussgrößen Bewegungsmangel, falsche Ernährung, Tabak- und Alkoholmissbrauch lassen sich über lebensstilorientierende Gesundheitsförderung beeinflussen. Dazu bedarf es ausgewählter Methoden wie Gesundheitsbildung, Aufklärung, Beratung und Erziehung.

Ziel ist ein Mehr an Kompetenz als Voraussetzung für eigenverantwortliches gesundheitspolitisches Verhalten. Gesundheit kann man am besten dort beeinflussen, wo die Menschen leben, arbeiten und ihre Freizeit verbringen. Bestehende Strukturen und soziale Gefüge werden einbezogen.

Einen wesentlichen Schwerpunkt der weiteren Bearbeitung wird die betriebliche Gesundheitsförderung in unseren für Sachsen-Anhalt typischen kleinen und mittleren Unternehmen darstellen. Für den weiteren Bearbeitungsprozess haben wir berücksichtigt, dass sich die krankheitsbezogenen Ziele 3 und 4 mit der bisher verfolgten Strategie nicht umsetzen lassen. Sie werden im Rahmen des Präventions- und Gesundheitsförderungsansatzes neu justiert.

Die Zielformulierungen zum Impfen und zur Zahngesundheit werden im Sinne des präventiven Ansatzes weitergeführt. Bei der Weiterführung des Zielprozesses unter den genannten Prioritäten wird der Landesvereinigung für Gesundheit eine tragende Rolle bei der Umsetzung zukommen. Die Ziele zur Zahngesundheit und zum Impfen werden weitergeführt.

Vielen Dank, Herr Minister. Sind Sie bereit, eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Dr. Kuppe zu beantworten? - Bitte sehr, Frau Dr. Kuppe.

Eine Arbeitsgruppe auf Bundesebene hat zur Formulierung nationaler Gesundheitsziele gerade einen Abschlussbericht vorgelegt. Meine Frage ist: Beabsichtigt die Landesregierung bezüglich der Inhalte und der strategischen Umsetzung des Vorhabens mit ihrer Kompetenz in das, was im Land seit 1998 gewachsen ist, mit einzusteigen, wird sie Harmonisierungen vornehmen, oder wie ist der Fortgang geplant, und kann ich nach Ihren Aussagen davon ausgehen, dass die Landesvereinigung für Gesundheit auch im Jahr 2004 ihre Arbeit, insbesondere ihre präventive Arbeit, im Auftrag der Landesregierung fortsetzen wird?

Wir verfolgen selbstverständlich intensiv die Diskussionen beim Bund, versuchen diese auch jeweils fachlich durch Zusammenarbeit auf Arbeitsebene zu beeinflussen und gehen gegenwärtig davon aus, dass sich die Gesundheitsziele des Bundes von der Ausrichtung her im Wesentlichen mit den unseren decken werden. Das heißt, auch die Prävention wird sich hier in einem besonderen Ansatz wiederfinden.

Der Setting-Ansatz wird sich bei der Umsetzung wahrscheinlich auch widerspiegeln, und wir werden versuchen, jeweils eine Abstimmung herbeizuführen, um nicht parallele Verfahren durchführen zu müssen. Aber Sie wissen es selbst, es ist schon vor längerer Zeit mit einer Verabschiedung der Gesundheitsziele des Bundes gerechnet worden. Es ist immer noch nicht so weit, sodass wir davon ausgehen, dass wir nach der Neujustierung auch weiterhin unsere eigenen Ziele durchsetzen werden in der Hoffnung, nicht zu weit von den Gesundheitszielen des Bundes abzuweichen.

Das Interesse unseres Hauses an einer weiteren Zusammenarbeit mit der Landesvereinigung für Gesundheit ist groß, ist doch gerade in dieser Vereinigung der liberale Ansatz, auch Außenstehende einzubeziehen und somit die Arbeit auf breitere Schultern zu verteilen, ideal wiederzufinden.

Danke, Herr Minister.

Meine Damen und Herren! Begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler des Burggymnasiums Aken.

(Beifall im ganzen Hause)

Als nächster Fragestellerin erteile ich der Abgeordneten Frau Ute Fischer das Wort zur Frage 2 zum Thema Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt. Bitte sehr, Frau Fischer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Seit zwei Jahren arbeitet in Halle ein Modellprojekt „Gegen häusliche Gewalt“ mit einer angegliederten Interventionsstelle. Der Aufbau weiterer Interventionsstellen ist im Landesprogramm „Gegen häusliche Gewalt“

der Vorgängerregierung vorgesehen. Im Landeshaushalt 2003 sind die Mittel für diesen Bereich aber gekürzt worden, weshalb beispielsweise einige Frauenschutzhäuser in ihrer Existenz bedroht sind.

Ich frage die Landesregierung:

1. In welchem Zusammenhang stehen die Mittelkürzungen für die Frauenschutzhäuser, die Bewertung der Arbeit in den Frauenschutzhäusern und der geplante Aufbau eines Interventionsstellennetzes?

2. Sollen die geplanten Interventionsstellen die Arbeit der Mitarbeiterinnen in den Frauenhäusern bzw. der Trägervereine ersetzen, und plant die Landesregierung die zusätzliche Förderung von Beratungsangeboten, die dem früheren „G.A.I.L.“-Projekt in Magdeburg konzeptionell entsprechen?

Danke, Frau Abgeordnete Fischer. - Die Antwort der Landesregierung wird durch den Minister für Gesundheit und Soziales Herrn Kley erteilt. Bitte sehr, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Fischer, Ihre Frage möchte ich unter Voranstellung der nachfolgenden Bemerkung wie folgt beantworten:

Im Landesprogramm zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder ist die bedarfsgerechte Einrichtung weiterer Interventionsstellen vorgesehen. Dabei möchte ich ausdrücklich betonen, dass die Landesregierung an dem Ziel der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder festhält. Am 26. November 2002 wurden der erste Bericht zur Umsetzung des Programms vom Kabinett beschlossen und die Laufzeit präzisiert.

Zu Frage 1: Unser Land hat im Rahmen des Konsolidierungsprozesses erhebliche Opfer zu erbringen. Eine Weiterführung der Förderung in der Größenordnung vergangener Jahre ist daher für keinen Bereich der sozialpolitischen Infrastruktur umsetzbar. Bei Kapitel 05 03 Titelgruppe 61 ist eine Kürzung um 200 000 € aufzufangen.

Die Frage nach der Bewertung der Arbeit der Frauenhäuser im Zusammenhang mit den Mittelkürzungen lässt vermuten, die Fragestellerin gehe davon aus, dass die Kürzung mit einer Missachtung der Arbeit in den Frauenhäusern zusammenhänge. - Das ist nicht der Fall. Die Arbeit in den Frauenhäusern ist ein zentraler Bestandteil der umfassenden Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Dies habe ich bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Frau Fischer am 6. Februar 2002 hier in diesem Haus unterstrichen.

Auch unter schwierigen Haushaltsbedingungen ist es aus der Sicht der Landesregierung erforderlich, in der wirkungsvollen langfristigen Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen auf neue Entwicklungen zu reagieren.

Die proaktive Interventionsstellentätigkeit ist ein neues Strukturelement in der lückenlosen Interventionskette in den Fällen häuslicher Gewalt. Sie ist als das Bindeglied zwischen der polizeilichen Wegweisung des Gewalttäters aus der Wohnung und der zivil- und strafrechtlichen Ahndung zu sehen. Somit sind Interventionsstellen in das Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung

des Landes und in das Bundesgewaltschutzgesetz eingebettet.

Die Einrichtung dieser proaktiven Interventionsstellen ist von Landesseite langfristig geplant. Es ist vorgesehen, diese Stellen an bereits bestehende Projekte anzubinden, um die in diesen Einrichtungen vorhandenen Ressourcen optimal zu nutzen.

Zu Frage 2 möchte ich Ihnen sagen, dass durch den neuen proaktiven Ansatz die Arbeit der Mitarbeiterinnen in den Frauenhäusern bzw. der Trägervereine keinesfalls ersetzt wird. Die Angebotsstruktur der Frauenhäuser und die der Interventionsstellen werden sich vielmehr ergänzen.

Zur Einrichtung der weiteren Interventionsstellentätigkeit in den Regionen Magdeburg und Dessau ist ein transparenter Prozess abgesichert. In Kürze wird die entsprechende Bekanntmachung landesweit in der Trägerlandschaft veröffentlicht. Die umfassende Möglichkeit der Konzepteinreichung durch interessierte Projektträger ist hierbei gewährleistet.

(Zustimmung von Frau Wybrands, CDU)

Herr Minister, sind Sie bereit, eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Fischer zu beantworten? - Bitte sehr, Frau Fischer.