(Heiterkeit bei der CDU und bei der SPD - Herr Dr. Püchel, SPD: Tolle Leistung! Ich bin begeis- tert!)
Dass eine solche Sonderzuweisung, lieber Herr Dr. Püchel, trotz der extrem angespannten Haushaltslage überhaupt möglich ist, liegt daran, dass sich im Zuge der par
lamentarischen Beratungen neue und - ich sage: ausnahmsweise - günstige Informationen über andere Haushaltsrisiken ergaben. Dies gilt insbesondere für die erwartete Belastung aufgrund der Zusatzversorgung, die sich gemäß der neuesten Veranschlagung des Bundes ein Stück weit vermindert hat.
Da die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen der CDU und der FDP von vornherein vorhatten, die Kommunen, wenn es nur irgendwie geht, noch zu entlasten, eröffneten sich an dieser Stelle entsprechende Spielräume, die wir konsequent genutzt haben, obwohl wir sehr wohl wissen, sehr geehrter Dr. Püchel, dass mit Zuweisungen in Höhe von 32 Millionen € das Grundproblem nicht gelöst wird. Das ist auch uns klar, Herr Dr. Püchel.
Lassen Sie mich aber an dieser Stelle noch einmal auf das Grundproblem zu sprechen kommen. Wenn man sich die Zahlen insgesamt anschaut, dann ist leicht zu erkennen, dass die Gesamtzuweisungen an die Kommunen in Höhe von 3,269 Milliarden € im Endergebnis um etwa 10 Millionen € unter den Gesamtzuweisungen nach dem Nachtragshaushalt 2002 in Höhe von 3,279 Milliarden € liegen.
Das ist eine Abnahme. Aber ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen: Es ist vielleicht nicht ganz die Dimension der Dramatik, die man gelegentlichen Äußerungen von Vertretern der Opposition hierzu entnehmen konnte. Wir haben die Höhe der Zuweisungen an die Kommunen in diesem Jahr einigermaßen konstant gehalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Feststellungen sind wichtig, damit uns klar ist, worüber wir reden. Aber die politische Botschaft ist an dieser Stelle deutlich: Wir, unser Land und die Kommunen, sitzen in einem Boot. Es wird sich keiner auf Kosten des anderen sanieren können.
Aber ich sage auch ganz klar: Die Kommunen müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Das Land wird sich nicht mehr über alle Maßen für die Kommunen verschulden können und ihnen zur Refinanzierung dienen.
In Sachsen-Anhalt ist die Landesverschuldung pro Kopf mehr als viermal so hoch wie die Verschuldung der Kommunen pro Kopf. In anderen Ländern ist das Verhältnis für das Land erheblich günstiger. Das muss zur Kenntnis genommen werden.
- Lieber Herr Dr. Püchel, wir verdanken es Ihrer Politik, die Sie in den letzten Jahren in diesem Land gefahren haben, dass wir eine solche Ungleichgewichtssituation haben, für deren Korrektur wir jetzt die Prügel beziehen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von der Regierungsbank - Herr Dr. Püchel, SPD: Das gibt es in keinem Film mehr! Da klatscht sogar Herr Becker! Das gibt’s doch nicht!)
(Herr Dr. Püchel, SPD: Das gibt es in keinem Film mehr! - Minister Herr Dr. Daehre: Im Film nicht, aber im Fernsehen!)
Wir als Landesregierung gehen diese Schritte an. Gleiches erwarten wir von den Kommen. Wir erkennen hierbei durchaus erste Schritte; aber diese reichen noch nicht aus. Die überhöhten Personalbestände und die zum Teil ineffizienten Verwaltungsstrukturen müssen angegangen werden. Wir als Land haben den Kommunen dort, wo wir es konnten, geholfen. Wir haben teure Standards und Gängeleien abgebaut und wir werden weiter teure Standards und Gängeleien abbauen. Dafür bekommen wir auch von den Kommunen Zustimmung.
Ich selbst bin in den letzten Wochen viel durch das Land gereist und habe mit Vertretern der kommunalen Ebene gesprochen. Gerade das, was wir im Bereich der Kinderbetreuung an Standards gelockert haben, trifft bei den Kommunen auf große Zustimmung und schafft neue Spielräume für die schwierige finanzielle Anpassungsphase.
Wir wollen, dass die Gemeinden mehr Freiraum haben, auch um über die Verwendung zugewiesener Mittel selbst zu entscheiden. Aber dieser Freiraum fordert auch mehr Verantwortung. Diese müssen die Kommunen in Zukunft verstärkt übernehmen. Damit meine ich auch die Verantwortung, kommunale Verwaltungen gegebenenfalls in größeren Verwaltungsgemeinschaften zu bündeln und effiziente Verwaltungsstrukturen bei gleichzeitiger Wahrung der Identität der Gemeinden zu schaffen.
Die Kommunen haben die Freiheit dazu. Ich kann sie nur nachdrücklich auffordern, die Freiheit zu nutzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte hinzufügen: Ich habe den Eindruck und die feste Überzeugung, dass die Kommunen sich ihrer Aufgabe verantwortungsbewusst stellen. Wie gesagt, ich habe mit vielen Vertretern der kommunalen Ebene gesprochen, von Oberbürgermeistern von großen Städten bis zu Bürgermeistern von kleinen Gemeinden.
Ich bin bei den kommunalen Vertretern auf großes Verständnis für das Sparprogramm der Landesregierung gestoßen.
(Herr Bullerjahn, SPD: Das kann ich mir nicht vorstellen! - Herr Dr. Polte, SPD: Machen Sie mal eine Anhörung mit den kommunalen Spitzenver- bänden! - Zuruf von Herrn Kühn, SPD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie von der Opposition diesbezüglich gewissermaßen großen Lärm machen, und - das sage ich deutlich - wenn der eine oder andere Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, der mit der Basis vielleicht nicht so viel spricht wie wir,
(Oh! bei der SPD - Herr Bullerjahn, SPD: Vor- sicht! - Herr Dr. Püchel, SPD: Das gibt es nicht! - Unruhe)
großen Lärm macht, dann ist wirklich zu hinterfragen, ob in diesem Zusammenhang die Stimmung im Land richtig aufgefangen wird. Sprechen Sie doch mit den Bürgermeistern. Bei diesen werden Sie auf viel Verständnis für das Sparprogramm der Landesregierung stoßen.
Meine Damen und Herren! Ich persönlich bewundere es sehr, mit welcher Entschlossenheit verantwortungsvolle Kommunalpolitiker hierbei vorgehen. Wir sitzen gemeinsam in einem Boot und werden diese Aufgabe mit Vernunft und Augemaß gemeinsam lösen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir als Landesregierung wissen sehr wohl, dass viele Kommunen in diesem Land Schwierigkeiten haben, ihre Verwaltungshaushalte in diesem Jahr zum Ausgleich zu bringen. Das ist eine Situation, die in Sachsen-Anhalt nicht zu leugnen ist.
Aber das ist auch eine Situation, die wir in anderen Bundesländern in gleicher Weise vorfinden. Etwa das wohlhabende Nordrhein-Westfalen - dieses ist übrigens SPDregiert - ist ein Land, in dem dem Vernehmen nach zwei Drittel der Gemeinden ihre Verwaltungshaushalte nicht zum Ausgleich bringen können. In unserem Land ist es dem Vernehmen nach etwa die Hälfte aller Kommunen.
Aber bei Ihrer Kritik in Bezug auf diesen Punkt sollten Sie wirklich die Kirche im Dorf lassen. Wir haben hiermit ein deutschlandweites Problem. Wir müssen eine bundesweite Gemeindefinanzreform durchführen. Wir müssen über die Finanzzuweisungen, über den Finanzausgleich grundlegend nachdenken.
Aber es ist unredlich, Herr Dr. Püchel, wenn Sie der Landesregierung vorwerfen, dass sie allein in Deutschland sozusagen die kommunalen Probleme heraufbeschwört. Diese Probleme sind aufgrund eines reformbedürftigen Finanzausgleichs entstanden und aufgrund der Politik der Bundesregierung, die nicht das nötige Wachstum hervorgebracht hat, um die entsprechenden Steuereinnahmen zu erzielen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Unruhe bei der SPD - Herr Gallert, PDS: Das Problem lö- sen wir durch Steuersenkung! - Zuruf: Richtig!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme zum Schluss. Der Haushaltsplanentwurf 2003 legt den Grundstein für eine umfassende Sanierung der Landesfinanzen und auch der Kommunalfinanzen in SachsenAnhalt. Er ist die erste große Etappe auf dem Weg zurück zu gesunden Finanzen.
Dieser Haushaltsentwurf ist uns nicht leicht gefallen. Daraus möchte ich auch in dieser zweiten Lesung keinen Hehl machen; genauso wenig wie ich in der ersten Lesung darauf verzichtet habe, dies klar zu sagen. Es wird auch Ihnen als Abgeordnete, die Sie ihn verabschieden sollen, nicht leicht fallen, die Härten dieses Haushalts anzunehmen. Die Härten sind völlig unbestritten.
Aber zugleich betone ich mit allem Nachdruck: Unser Land Sachsen-Anhalt hat zu diesem Konsolidierungskurs keine Alternative. Wenn wir heute nicht sparen, dann heißt das nichts anderes, als dass wir die Härten unseren Kindern zumuten.