Im Grunde sind unsere schulpolitischen Änderungen im Sekundar- und Gymnasialbereich auf weitestgehende Zustimmung gestoßen. Dies wurde auch in der Anhörung im Ausschuss deutlich, natürlich abgesehen von den Gewerkschaften, insbesondere von der GEW, die sich nach meiner persönlichen Meinung sogar im Ton vergriffen hatte.
Wenn die GEW so massive Probleme mit unserer Politik hat, dann müsste sie doch wenigstens ein Interesse daran haben, mit den Regierungsparteien in Kontakt zu treten. Aber dieses Interesse scheint wahrscheinlich nicht zu bestehen, aus welchen Gründen auch immer. Ich deute es vielleicht so, dass sie sich selbst einem solchen Austausch mit uns nicht widmen wollen, weil sie sich auch Fehler in der Vergangenheit eingestehen müssten.
Verehrte Anwesende! Mit dieser Novellierung werden wir den Leistungsgedanken an unseren Schulen und insbesondere im Schulunterricht erheblich stärken. Das ist unser grundsätzliches Anliegen. Gerade die Untersuchungen bzw. die Ergebnisse der Pisa-E-Studie haben gezeigt, dass wir als Land sehr schlecht abschneiden.
Um Herrn Professor Baumert zu zitieren, der an der kürzlich durchgeführten Anhörung teilgenommen hat:
„Das Land hat eine ganz erstaunlich schmale Leistungsspitze in allen drei Bereichen. Das gilt auch in Mathematik und in den Naturwissenschaften.“
Und man höre und staune, - Frau Hein, das, was Herr Professor Baumert sagte, haben Sie wahrscheinlich überhört - er sagte: Der gymnasiale Bereich ist trotz durchschnittlicher Expansion leistungsmäßig sehr auffällig schwach ausgeprägt. - Das ist doch das Entscheidende.
Dafür gibt es natürlich Ursachen. Mit der Verordnung zur gymnasialen Oberstufe, die parallel zur Gesetzesnovelle in Kraft treten wird, haben wir versucht, auf diese Ursachen einzugehen. Wir haben weitreichende inhaltliche Veränderungen geplant, die dafür Sorge tragen werden, dass das Gesamtniveau wieder angehoben wird. Ich erinnere an dieser Stelle nur kurz daran, dass demnächst wieder sechs Leistungskurse weitestgehend im Klassenverband unterrichtet werden. Die Kritik, dass wir nur strukturelle Veränderungen vornehmen, ist damit selbst ad absurdum geführt.
Natürlich werden alle diese Maßnahmen erneut zu Veränderungen und zu Unruhe führen. Ich sagte es bereits. Aber, meine Damen und Herren, wenn uns nicht auch die Betroffenen, in dem Fall die Eltern, die Schüler und die Lehrer, Mut gemacht hätten, diese Korrekturen vorzunehmen, weil nämlich aus einer schlechten Schule nur aus Ruhe- und Kontinuitätsgründen keine bessere Schule wird, hätten wir dies auch nicht getan.
Eine Bestätigung für unsere Konzepte erhielten wir noch dadurch, dass wir gebeten wurden, dieses schnell und sehr zügig umzusetzen. Der Philologenverband, der im Wesentlichen das Gymnasium vertritt, hat die Novelle und auch die Verordnung sehr begrüßt und als Schritt in die richtige Richtung bezeichnet.
Verehrte Anwesende! Auch die Sekundarschule wird eine Reformierung erfahren, die wieder eine durchschaubare und verständliche Struktur in die Schulen bringt. Das, was jetzt in A- und B-Kursen praktiziert werden musste, hat absolut gar nichts mehr mit Förderung, sozialer Integration und auch nichts mit einer vernünftigen Schulorganisation zu tun.
Gerade die individuelle Förderung - Frau Hein, Sie haben es angesprochen; Herr Dr. Schellenberger hat noch einmal die Frage gestellt - fand in Ihrem System überhaupt nicht mehr statt. Nicht weil die Lehrer das nicht konnten oder nicht wollten; nein, man nahm ihnen selbst dann, wenn sie persönliches Engagement und Einsatz gezeigt haben, die Möglichkeit dazu. Ich erinnere diesbezüglich nur an die übervollen B-Kurse usw. Mit Chancengerechtigkeit und Leistungsförderung hatte dies wohl kaum etwas zu tun.
Hingegen fordert die SPD-Fraktion dies in ihrem Entschließungsantrag ein. Übrigens ist das für mich auch ein Eingeständnis dafür, dass Ihr Schulsystem dies nicht geleistet hat bzw. leistet, sonst würden Sie dies jetzt nicht von der Landesregierung einfordern; denn wenn Sie sagen, Sie wünschen sich mehr Chancengerechtigkeit und eine Leistungsförderung, dann sagen Sie selbst, dass es in der Vergangenheit nicht stattgefunden hat.
Dies ist in einem neuen Gesetzentwurf zu erarbeiten. So schlagen Sie dies vor. Das ist schon ein äußerst eigenartiges Verfahren. Die PDS-Fraktion hat wenigstens den Mut besessen und sich die Mühe gemacht, einen eigenen Gesetzentwurf mit ihren Intentionen vorzulegen. Das muss man auch einmal sagen.
Andererseits frage ich mich, ob die SPD-Fraktion unseren Gesetzentwurf nicht richtig zur Kenntnis genommen hat oder ihn nicht richtig gelesen hat oder was weiß ich. Er beinhaltet nämlich genau das Anliegen von mehr Chancengerechtigkeit und mehr Leistungsorientierung.
Wir werden uns durch die auf den Abschluss bezogene Differenzierung gerade wieder den leistungsschwachen Schülern individueller widmen können, nämlich durch kleinere Lerngruppen bzw. kleinere Klassen, ohne ihnen wegen des angeblichen Fehlens von geeigneten Übergangsmöglichkeiten jegliche Bildungschancen zu versagen. Diese Möglichkeit besteht sehr wohl, Frau Hein.
Um noch einmal auf die Pisa-Anhörung zurückzukommen: Dort wurde anhand der Ausführungen von Frau Freimann deutlich, dass Folgendes in ähnlicher Weise - ich muss der Ehrlichkeit halber sagen: wesentlich intensiver, was ich selbst auch wünschen würde - auch in Finnland geschieht.
Schüler, die - aus den unterschiedlichsten Gründen - Leistungsprobleme aufweisen, werden auch in Finnland schon sehr frühzeitig erfasst und individuell betreut. Dies geschieht mit einem erheblich größeren Aufwand als in Deutschland - das ist klar und ist auch verbesserungswürdig -, mit einem größeren Aufwand, als wir dies derzeit tun können, selbst wenn wir es wollen. In dieser Hinsicht sind uns Grenzen gesetzt, für die wir nicht allein verantwortlich sind. Das brauche ich nicht näher auszuführen. Wir haben lange genug Haushaltsberatungen gehabt.
Aber das Ziel, gerade dem leistungsschwachen Schüler mehr Unterstützung zu bieten, ist der richtige Ansatz, den es weiterhin auszubauen gilt. Dieser ist in unserem Gesetzentwurf enthalten.
Verehrte Anwesende! Ferner wird dem Leistungsgedanken durch die Einführung von zentral gestellten Klassenarbeiten in den Klassenstufen 4 und 6 der Grundschule bzw. der Sekundarschule Rechnung getragen. Diese gehen in die Ermittlung der Schulzeugnisse ein und bilden mit diesen die Grundlage für die Schullaufbahnempfehlungen an die Erziehungsberechtigten.
Frau Hein, Sie haben hier von Prüfungen und sonst was geredet. Wir lassen uns nicht Dinge einreden, die wir nie so dargestellt haben und die wir auch nie so wollten. Sie können damit polemisieren, wo Sie wollen,
aber das ist exakt nicht unser Anliegen. Sie können uns nicht erzählen, was wir machen wollen. Wenn Sie damit in der Öffentlichkeit polemisieren wollen, dann tun Sie das.
Wir haben einen anderen Ansatz verfolgt und haben ihn auch anders dargelegt. Sie müssen sich einmal richtig informieren und mit uns diskutieren und sollten sich in der Öffentlichkeit nicht hinstellen und behaupten, wir würden Prüfungen für Grundschulkinder einführen wollen. Das ist nicht unser Anliegen.
Zusammen mit den derzeit überarbeiteten Rahmenrichtlinien, die künftig auch als Bildungsstandards gelten werden, stellt die Gesetzesnovelle den ersten wichtigen Schritt zur Verbesserung von Inhalt und Qualität des schulischen Unterrichts und der zu erzielenden Abschlüsse dar. Die CDU-Fraktion hofft dadurch die Voraussetzungen für ein Klima an unseren Schulen zu schaffen, das den Schülern die Freude an Leistung und am Lernen zurückbringt, um sie in dem erforderlichen Maße auf ihre Zukunft vorzubereiten.
Lassen Sie mich abschließend einen Satz von Herrn Baumert zitieren, weil Frau Hein kritisiert hat, dass unser Gesetzentwurf alle diese Intentionen nicht enthält - ich glaube, er ist aussagekräftig genug -:
„Lassen Sie mich etwas zur Bewertung von Pisa sagen. Pisa dient mittlerweile zur Begründung von allen Ideen, die man schon immer hatte.“
Vielen Dank, Frau Feußner. - Bevor ich nun mit einiger Verzögerung Frau Mittendorf das Wort erteilen kann, habe ich die Freude, Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule III aus Wolfen auf der Tribüne begrüßen zu können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD wird die vorliegende Beschlussempfehlung zur Änderung des Schulgesetzes selbstverständlich ablehnen. Bis auf die Verkürzung der Schulzeit zum Abitur, die wir prinzipiell unterstützen - wobei ich Probleme mit der Argumentationsreihe habe, die der Minister vorhin vorgetragen hat -, denken wir, dass hierdurch die Weichen für die Zukunft falsch gestellt werden. In dieser Ansicht bestärkt hat uns auch die Anhörung zu den Schulgesetzentwürfen, aber vor allem die Anhörung der Pisa-Experten, die der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft vor einigen Tagen durchgeführt hat.
Meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, Sie können und werden heute die vorliegende Schulgesetznovelle beschließen; davon bin ich überzeugt. Doch die damit verbundenen Probleme und die daraus resultierenden Auswirkungen können Sie nicht vom Tisch wischen. Es geht auch nicht um Polemik, wenn ich noch einmal einige Dinge nenne.
Vor allem lässt Ihre Novelle wesentliche Impulse für eine Verbesserung der Bildungs- und Erziehungsarbeit an den Schulen vermissen. Es geht eben primär um die Erfüllung einer Koalitionsvereinbarung; das war durchgängig. Ich kann Ihnen auch sagen: Es ist aus unserer Sicht mehr als fahrlässig, in einer Situation, in der die Befunde der Pisa-Studie auch für unser Land keine überzeugenden Ergebnisse ausweisen, so vorzugehen.
Sie, meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, vergeben leider die Chance, Reformen einzuleiten, die eine innere Schulreform zum Ziel haben, die tatsächlich die Qualität der Schulen in unserem Lande verbessern und damit bessere Ergebnisse für unserer Schüler
Frau Feußner, es stimmt nicht, was Sie gesagt haben, nämlich dass wir mit dem, was bisher war, immer so glücklich waren. Schule ist immer verbesserungsfähig und verbesserungswürdig. Aber zwischen Theorie und Praxis bestehen, wie wir wissen, große Unterschiede.
Statt die auf dem Pisa-Ergebnis beruhenden Empfehlungen und Vorschläge der verschiedensten Fachgremien in einem modernen Schulgesetz zu verarbeiten, wie es andere Bundesländer tun, reinstallieren Sie ein streng gegliedertes Schulsystem, welches sich nachweislich im internationalen Maßstab als nicht konkurrenzfähig erwiesen hat. Das, meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, ist der falsche Weg.
Damit erweisen Sie den Schulen sowie den Schülerinnen und Schülern in Sachsen-Anhalt keinen Gefallen. Die Leidtragenden werden die Schülerinnen und Schüler sein. Das zeigen mir schon jetzt etliche Gespräche und Diskussionen, die ich an verschiedenen Schulformen geführt habe. Ich möchte dies an drei Beispielen konkret belegen.
Erstens. Mit dem vorliegenden Schulgesetz werden die Bildungsbiographien der Schüler zu einem zu frühen Zeitpunkt vorbestimmt. So erfolgt zukünftig bereits nach Klasse 4 auf der Grundlage zentraler Klassenarbeiten in Deutsch und Mathematik eine Schullaufbahnempfehlung für die weitere Schulform.