Ich könnte die Liste unendlich weit fortsetzen. Für Mathematik und die anderen Fächer ist es genauso. - Nehmen Sie das denn einfach nicht zur Kenntnis, was hier geschieht? Ignorieren Sie das vollkommen?
Ich möchte noch ein paar Worte zu Ihrem Gesetzentwurf verlieren, zum PDS-Gesetzentwurf, und auch zum Entschließungsantrag. Mich verwundert es nämlich nicht, dass Sie die Förderstufe in der derzeitigen Form erhalten wollen, obwohl Ihnen das, was ich Ihnen eben genannt habe, alles selbst wohl bekannt ist. Aber Sie machen einen Fehler: Das, was die Förderstufe im Namen impliziert, hat an der Schule definitiv wirklich nicht stattgefunden. Deshalb haben wir, gerade weil dieser Begriff so negativ besetzt ist, versucht, eine neue Bezeichnung zu finden. Wir haben noch eine Anhörung zu diesen beiden bzw. zu den drei Gesetzentwürfen; wir sind offen, was die Bezeichnung anbelangt, wenn Sie uns „Erprobung“ oder was weiß ich vorwerfen.
Wir werden aber auf jeden Fall eines tun: Wir werden den Schüler in seinen Begabungen und Neigungen wirklich individuell fördern, aber nicht so, wie Sie es getan haben.
(Beifall bei der CDU - Frau Dr. Hein, PDS: Sie ig- norieren nicht nur den Begriff, sondern auch die Zielrichtung der Förderung!)
Nun dazu, was die Sekundarschule anbelangt, die Sekundarschule der Klassen 7 bis 10, wie Sie das in Ihrem Gesetzentwurf darstellen. Eines hat mich zumindest sehr gewundert, Frau Hein: Vor nicht sehr langer Zeit haben Sie als damalige Fast-Regierungsfraktion zusammen mit der SPD die neue Sekundarschule als Reformierung der Sekundarschule an sich eingeführt. Jetzt, vier Jahre später, legen Sie erneut einen Gesetzentwurf auf den Tisch. Für mich ist das ein Zeichen, dass Sie selbst mit der neuen Sekundarschule nicht zufrieden waren.
Für mich ist es noch ein weiteres Zeichen: Was haben Sie denn unseren Schülern an den Schulen eigentlich zugemutet mit dem ständigen Hin- und Herwandern zwischen den A- und B-Kursen?
Von wegen soziale Komponente, von wegen mehr Förderung, von wegen Klassenverband und all diese Dinge!
Chaos - ich habe es vorhin in meinen Ausführungen schon einmal gesagt -, Sie haben regelrecht Chaos an den Sekundarschulen produziert und das wissen Sie auch. Aber Sie gestehen es sich noch nicht einmal ein. Sie bringen jetzt flugs auch noch einen Gesetzentwurf ein. Das können Sie gern tun; wir werden ihn auch gern im Bildungsausschuss diskutieren. Nur, das Eingeständnis wird mir damit klar und deutlich.
Sie haben in Ihren Ausführungen Pisa zwar nicht erwähnt, aber mir ist schon bewusst geworden, dass Sie versuchen, sich in der Gesamtschulproblematik ein bisschen an Finnland anzulehnen. Das ist ja das, was Sie in Ihrem Gesetzentwurf anbieten wollen: die Sekundarschule als eine Art kleine Gesamtschule.
Diesbezüglich möchte ich Ihnen nur einen Satz sagen: Sie haben die Pisa-Studie ein bisschen individuell interpretiert. Das kann man ja gern machen, damit habe ich gar kein Problem. Aber zum Thema Gesamtschule in Finnland nur ein Zitat von Frau Freymann, der das finnische Schulsystem gut bekannt ist:
„Die hierzulande weit verbreitete Vorstellung, dass finnische Schulen mithilfe binnendifferenzierter“
„Unterrichtsmethoden in sich ausgesprochen heterogene Klassen auf ein relativ homogenes Leistungsniveau brächten, ist also falsch. Die Schülerströme in Ballungsgebieten sortieren sich aufgrund der curricularen Profilierung im Fremdsprachenangebot und der freien Schulwahl so, dass manche Schulen mehr oder weniger einem deutschen Gymnasium entsprechen (und das schon spätestens ab Klasse 3“
Wenn Sie schon versuchen, von anderen Ländern abzukupfern - bitte schön. Versuchen Sie aber wenigstens, dieses für unser Land zu implementieren. Einfach etwas irgendwo herauszunehmen wird nicht funktionieren; in Finnland ist ein ganz anderes System vorhanden. Das funktioniert nicht.
Eines können Sie uns glauben - wir haben sehr viele intensive Gespräche geführt und auch intern in unserem Arbeitskreis eine Anhörung durchgeführt -: Es gab nicht einen einzigen Verband, der unseren Gesetzentwurf dermaßen abgelehnt hat. Die GEW war leider nicht dabei, obwohl sie eingeladen war. Dafür kann ich aber
nichts. Ich habe die Pressemitteilung der GEW gelesen. Sie spricht auch von „Selektion“. So geht man also mit den Menschen im Land um.
Die Verunsicherung wird nicht jetzt verbreitet, die Verunsicherung ist längst an den Schulen, weil die neue Sekundarschule in ihrer bisherigen Form nicht funktioniert und nicht praktikabel ist. Ich gestehe Ihnen zu, dass Sie sich das einmal anders vorgestellt haben. Aber wenn ca. 35 % der Schüler die Schule mit dem Hauptschulabschluss verlassen, dann müssen Sie sich doch selbst fragen, was Sie mit dieser neuen Sekundarschule gemacht haben. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Sie hatten damals davon gesprochen, diese Schulform einzuführen, um den Anteil zu minimieren. Er hat sich aber von 11 % auf 35 % erhöht. Sie müssen sich doch ernsthaft fragen, ob das, was in der Vergangenheit geschehen ist, wirklich richtig war.
Eine Bemerkung noch zum Schluss. Meine Redezeit ist leider zu Ende; ich hatte mir noch einiges notiert. - Wenn Sie mit dem, was Sie alles aus dem Gesetzentwurf herauslesen, ein Drama darstellen wollen, dann will ich Ihnen dazu sagen: Entweder können Sie unseren Gesetzentwurf nicht richtig lesen oder Sie wollen ihn nicht richtig lesen oder Sie wollen die Schulen, die Schüler und die Lehrer verunsichern.
Liebe Kollegin Feußner, stimmen Sie mir in der Sache zu, dass die Probleme, die Sie aufgezählt haben, die sowohl die Förderstufe als auch die neue Sekundarschule betreffen, uns allen bekannt sind und dass sich gerade aus der Auflistung und der Analyse dieser Probleme eigentlich die Schlussfolgerung ergeben müsste, dass man die Förderstufe und die neue Sekundarschule verbessert, anstatt sie abzuschaffen?
Frau Mittendorf, dazu sage ich Ihnen eines: Lesen Sie bitte einmal unsere Kritiken in den Protokollen über die Beratungen zur neuen Sekundarschule nach. Das, was Sie jetzt festgestellt haben, welche Probleme in der neuen Sekundarschule und in der Förderstufe auftreten, das haben wir Ihnen schon damals prophezeit,
weil es nämlich die Erfahrungen mit der Orientierungsstufe in Niedersachsen gab und weil es auch in anderen Ländern ähnliche Modelle gab, nämlich in den SPDgeführten. Genau darauf, dass die Probleme eintreten würden, haben wir Sie hingewiesen. Lesen Sie es bitte genau nach! Ich gebe es Ihnen auch gern zur Lektüre.
Dass Sie heute sagen, Sie seien um eine Erfahrung reicher - - Wir können doch nicht mit unseren Schülern ständig herumexperimentieren.
Wenn wir merken, dass etwas schiefgelaufen ist, dann müssen wir den Mut haben, das zu verändern und dürfen nicht nur ständig an den Symptomen herumdoktern.
Wir stimmen nunmehr über den Antrag ab, den Gesetzentwurf der PDS-Fraktion in den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft zu überweisen. Die Mitberatung durch den Finanzausschuss wurde nicht beantragt. Wer stimmt der Überweisung zu?