Protocol of the Session on May 16, 2002

machen können, aber ich will mein Bestes geben, um dieses Amt fair, gut und überparteilich, eben als Präsident aller Abgeordneten auszuüben. Dazu erbitte ich Ihr Vertrauen, Ihr Verständnis und Ihre Unterstützung.

Ich bedanke mich bei den sehr geehrten Fraktionsvorsitzenden, dass sie mir ihre Unterstützung jetzt schon zugesagt haben.

Ich danke unserem Alterspräsidenten, unserem langjährigen und unnachahmlichen Kollegen Curt Becker, für die würdige Eröffnung der konstituierenden Sitzung, aber auch für seine persönlichen und eindringlichen, ja fast staatstragenden Worte, die er eingangs an uns gerichtet hat.

Gleichwohl möchte auch ich von mir aus, auch wenn es eine Wiederholung ist, auf der Tribüne ganz herzlich meinen werten Herrn Amtsvorgänger Wolfgang Schaefer begrüßen und ihm sowie Herrn Dr. Keitel, der heute leider nicht anwesend sein kann, für die wertvolle Aufbauarbeit danken, die sie für dieses Parlament geleistet haben.

(Beifall im ganzen Hause)

Der Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren, gilt ebenso der Vizepräsidentin Roswitha Stolfa sowie den Vizepräsidenten Walter Remmers und Wolfgang Böhmer. Sie alle haben auf ihre eigene Weise den Stil dieses Landtages geprägt und dabei zweifellos hohe Maßstäbe gesetzt.

Ich nutze auch gern diese Gelegenheit, um den 60 ausgeschiedenen Parlamentariern der dritten Legislaturperiode, von denen heute viele anwesend sind, für ihre Arbeit und für ihr zähes Ringen um die beste Lösung herzlich zu danken.

(Beifall im ganzen Hause)

Diejenigen Abgeordneten unter Ihnen, die erneut ein Mandat erringen konnten, beglückwünsche ich. Ihnen gilt mein Kompliment und die Gewissheit, dass wir auf Ihre Erfahrung in hohem Maße bauen dürfen. Ich freue mich, dass Sie als Altgediente wieder in dieses Hohe Haus eingezogen sind. Sie werden den Neuen das Hineinwachsen in den parlamentarischen Alltag erleichtern.

Ein ganz besonders herzliches Willkommen gilt an dieser Stelle den 52 Abgeordneten, die neu in das Hohe Haus eingezogen sind. Es sind vorzugsweise jüngere Abgeordnete, und manch einer von uns Altgedienten ist geneigt, von einem Generationswechsel in diesem Landtag von Sachsen-Anhalt zu sprechen.

Wir brauchen natürlich angesichts der demografischen Entwicklung und der zunehmenden Veränderungsdynamik junge Menschen. Ohne sie können wir unsere Zukunftsprobleme nicht lösen. Ihre Anzahl, liebe neue Abgeordnete, zeigt, dass Demokratie Wechsel ist - friedlicher Wechsel natürlich, den Sie in besonderer Weise personifizieren. Unser Parlament wird durch Sie auf jeden Fall jünger und - ich sage das etwas leiser - hoffentlich auch etwas munterer.

Jede neue Politikergeneration muss sich die Demokratie neu zu Eigen machen, muss Verkrustungen auflösen. Mein vordringlicher Wunsch an Sie ist es deshalb, sich besonders der Frage anzunehmen, wie wir eine höhere Veränderungsbereitschaft bei den Trägern der politischen Mandate angesichts des großen Erwartungsdrucks in der Bevölkerung erreichen können, oder wie Klaus von Dohnanyi sagt: Wir müssen uns insbesondere

um das Organisieren einer entscheidungsfähigeren Demokratie kümmern.

Die Politik muss gerade in einer Zeit beschleunigten Wandels ihre Gestaltungskraft beweisen. Hierzu möchte ich noch einmal die eindringlichen Worte von Dr. Keitel aus seiner Antrittsrede im Jahr 1990 in Erinnerung rufen - ich zitiere -:

„Zu dem Vorsatz, Vertrauen zu gewinnen, gehört, Entschlussfreudigkeit an den Tag zu legen. Entscheidungen werden letztlich nicht dadurch sachgerechter, dass man sie vertagt.“

Auf der Tagesordnung der nächsten vier Jahre, meine Damen und Herren, sollten deshalb auch Überlegungen zur Veränderung unserer Arbeitsformen mit dem Ziel stehen, unsere Verfahren zu straffen, uns auf Wesentliches zu konzentrieren und unsere Effektivität zu erhöhen, ohne Minderheitenrechte zu beschränken.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Becker hat bereits auf die Weiterführung des von Herrn Schaefer angeschobenen Projektes einer Parlamentsreform verwiesen.

Zutrauen zur parlamentarischen Demokratie wird in Sachsen-Anhalt nur erweckt, meine Damen und Herren, wenn sich die Menschen mit ihren Anliegen, ihren drückenden Alltagsproblemen und Zukunftsängsten in unseren Parlamentsdebatten und Entscheidungen wiederfinden. Sie erwarten von uns die Konzentration auf Wesentliches. Wir haben unter Beweis zu stellen, dass wir die Bürger wichtig nehmen und verstehen. Vor allem wollen sie erfahren, dass wir im Dialog vor Ort ganz nahe an ihren Problemen dran sind. Sie wollen von uns erfahren, wie wir die Probleme anpacken und auch wie wir sie zur Sprache bringen.

Aus vielen Diskussionen mit Besuchergruppen in diesem Landtag weiß ich, dass wir mit unserer Streitkultur nicht immer den Vorstellungen entsprechen, welche unsere Bürger vom politischen Diskurs haben. Streit ist allemal Politik und Politik ist allemal Streit. Aber der Streit muss kultiviert sein, was nichts anderes heißt, als dass er geregelt und geordnet und vor allem gemäßigt geführt werden soll.

Demgegenüber fordert zum Beispiel Bettina Gaus in ihrem Buch „Die scheinheilige Republik - Das Ende der demokratischen Streitkultur“ wieder mehr Parteiengezänk, mehr Entwicklung parteipolitischer Alternativen, mehr konkurrierende Politikmodelle, mehr Polarisierung von Personen und Programmen.

Ich meine, meine Damen und Herren, das eine muss das andere nicht zwangsläufig nach sich ziehen. Wir sollten uns bemühen, das parlamentarisch vorzuleben, was Demokratie ist: energische Auseinandersetzungen zwischen konkurrierenden Meinungen, Interessen, Ansprüchen und Politikmodellen und zugleich die Bereitschaft und die Fähigkeit zum Kompromiss, zum Konsens - ein Politikstil also, den möglicherweise Hölderlin meinte, als er in einem Gedicht von „Versöhnung mitten im Streit“ sprach, ein Politikstil, der die sachliche Auseinandersetzung in den Vordergrund stellt und den politischen Gegner nicht verletzt.

Dazu gehören bei aller Ernsthaftigkeit, die dem Politischen eigen ist, aber eben auch ein Schuss guter Humor und ein Stück Menschlichkeit und nicht zuletzt auch Freude an der politischen Arbeit.

Dazu gehört auch der unwiderstehliche Charme unserer Damen, der erfahrungsgemäß ein freundliches Klima schafft und hoffentlich für eine entspannte Atmosphäre in diesem Hohen Hause sorgen wird. Deshalb bedauere ich ein wenig, dass sich der Frauenanteil in diesem Hohen Hause verringert hat.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich hoffe aber, dass die Frauen, die Mitglieder des Landtags sind, für diese Atmosphäre sorgen werden.

Wir alle, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, gehen mit bestem Willen an die Arbeit und wir wollen das Vertrauen der Bürger von Sachsen-Anhalt rechtfertigen. Diese Bürgerinnen und Bürger werden ab heute das Parlament ihres Landes an den Ergebnissen seiner Arbeit messen.

Lassen Sie uns nun gemeinsam daran arbeiten, dass Sachsen-Anhalt ein Markenbegriff für Toleranz, für Tradition und Fortschritt, für menschlich und modern, für wirtschaftsstark und sozial, für heimatverbunden und weltoffen wird. Das Vertrauen der Menschen in die Zukunftsfähigkeit unsers Landes zu gewinnen, meine Damen und Herren, ist die vornehmste Aufgabe unserer Politik.

Ich wünsche Ihnen, den Damen und Herren Abgeordneten, eine erfolgreiche parlamentarische Arbeit zum Wohle des Landes Sachsen-Anhalt und seiner Bürgerinnen und Bürger. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD, bei der PDS und bei der FDP)

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 8:

Wahl der Vizepräsidenten des Landtages

Wahlvorschlag der Fraktion der PDS - Drs. 4/5

Wahlvorschlag der Fraktion der SPD - Drs. 4/6

Meine Damen und Herren! Nach Artikel 49 Abs. 1 der Landesverfassung wählt der Landtag zwei Vizepräsidenten. § 4 Abs. 2 Satz 2 der wieder in Kraft gesetzten Geschäftsordnung bestimmt, dass die Fraktionen, auf die nach dem Höchstzahlverfahren die zweite und die dritte Höchstzahl entfallen, das Vorschlagsrecht für jeweils ein Mitglied des Landtages für die Wahl zum Vizepräsidenten haben. Das sind die PDS-Fraktion und die SPD-Fraktion.

Da beide Fraktionen gleich stark an Mandaten sind, verfahren wir nach dem Alphabet. Die Fraktionen der PDS und der SPD haben ihre Vorschläge in der Drs. 4/5 bzw. in der Drs. 4/6 schriftlich vorgelegt. Wie Sie daraus entnehmen können, hat die PDS-Fraktion die Abgeordnete Frau Dr. Helga Paschke und die SPD-Fraktion den Abgeordneten Herrn Dr. Rüdiger Fikentscher vorgeschlagen.

Bevor wir zur Abstimmung über die Wahlvorschläge kommen, lassen Sie mich noch einige Anmerkungen machen. Gemäß Artikel 51 Abs. 2 Satz 1 der Landesverfassung in Verbindung mit § 4 Abs. 4 der Geschäftsordnung ist gewählt, wer die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen auf sich vereint. Wird das Mitglied des Landtages nicht gewählt, so kann die vorschlagsberechtigte Fraktion ein anderes Mitglied des Landtages benennen. Hierbei gilt also ebenfalls die so genannte

einfache Mehrheit. Das heißt, gewählt ist, wer mindestens eine Jastimme mehr als Neinstimmen auf sich vereint.

Es besteht unter den Fraktionen Einvernehmen, auch diese Wahlen geheim durchzuführen. Die Fraktionen haben sich einvernehmlich darauf verständigt, zwei Stimmzettel, die sich farblich unterscheiden, zu verwenden und die Wahlen im Interesse eines zügigen Wahlablaufs in einem Wahlgang durchzuführen. Sie erhalten vom Schriftführer somit zwei Stimmzettel in unterschiedlicher Farbe, und zwar zum einen einen rosafarbenen Stimmzettel mit dem Wahlvorschlag der Fraktion der PDS für die Abgeordnete Frau Dr. Helga Paschke und zum anderen einen grünen Stimmzettel mit dem Wahlvorschlag der Fraktion der SPD für den Abgeordneten Herrn Dr. Rüdiger Fikentscher.

Sie haben bei dieser Wahl die Möglichkeit, diese Abgeordneten zu Vizepräsidenten des Landtages zu wählen. Sie können auf jedem der beiden Stimmzettel mit Ja, mit Nein oder mit Stimmenthaltung votieren. Ist ein Stimmzettel beschädigt oder in irgendeiner Weise verändert oder enthält er Zusätze oder mehr als ein Kreuz, so ist er ungültig.

Zum Wahlverfahren noch eine Anmerkung. Verwenden Sie bitte wieder den Stift, der in der Wahlkabine liegt.

Für den Wahlvorgang werden wiederum drei Mitglieder des Landtages benötigt, die dafür Sorge zu tragen haben, dass das Wählerverzeichnis geführt wird und es an der Wahlkabine sowie an der Wahlurne korrekt zugeht. Ich schlage vor, dass der Abgeordnete Nico Schulz, CDU, der Abgeordnete Stefan Gebhardt, PDS, und die Abgeordnete Petra Grimm-Benne, SPD, dieses Amt wiederum übernehmen.

Ich frage das Plenum: Gibt es gegen diese Vorschläge Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so.

Die Abgeordnete Frau Grimm-Benne führt bitte wieder das Wählerverzeichnis, der Abgeordnete Herr Nico Schulz und der Abgeordnete Herr Stefan Gebhardt nehmen bitte wieder ihre Plätze neben der Wahlkabine bzw. neben der Wahlurne ein.

Im Interesse eines reibungslosen Ablaufs bitte ich alle Abgeordneten, bis zum Aufruf ihres Namens auf dem Platz zu bleiben und nach Abgabe der Stimme wieder Platz zu nehmen, damit die Übersicht gewahrt bleibt. Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Disziplin.

Abgeordneter Herr Schulz und Abgeordneter Herr Gebhardt, bitte überzeugen Sie sich davon, dass die Wahlurne leer ist, und bestätigen Sie mir dies. - Es wird bestätigt, dass die Wahlurne leer ist.

Ich bitte, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Bitte, Herr Abgeordneter Kehl.

(Schriftführer Herr Kehl ruft die Mitglieder des Landtages namentlich zur Stimmabgabe auf)

Meine Damen und Herren! Der Namensaufruf ist beendet. Ich bitte nun die drei Wahlhelfer, den Abgeordneten Herrn Gebhardt, die Abgeordnete Frau GrimmBenne und den Abgeordneten Herrn Schulz, nacheinander ihre Stimmen abzugeben. Im Anschluss daran wählt der Sitzungsvorstand, Herr Kehl, Frau Röder und ich.

Meine Damen und Herren! Ich frage Sie, ob noch jemand im Saal ist, der sein Wahlrecht nicht ausüben konnte. - Das ist offensichtlich nicht der Fall. Damit schließe ich die Wahl und bitte die Schriftführer und die Wahlhelfer, die Auszählung der Stimmzettel vorzunehmen. Ich unterbreche bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses die Sitzung für zehn Minuten. Ich bitte Sie, sich diszipliniert im Saal aufzuhalten. - Herzlichen Dank.

Unterbrechung: 13.16 Uhr.