Protocol of the Session on February 21, 2002

Die Tatsache, dass die Lösung des Abwasserproblems vor allem auch ein ausschlaggebender Aspekt für die Ansiedlung von Unternehmen, also für die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur, aber auch für die Verbesserung der Umweltbedingungen in unserem Lande ist, ist bei den heißen öffentlichen Debatten um Gebühren und Beiträge in der Vergangenheit oft in den Hintergrund getreten. Gerade deshalb hat sich der Ausschuss bemüht, die notwendigen Entscheidungen in diesen Angelegenheiten sachlich und unter Beachtung aller Einzelprobleme zu treffen.

Unbestritten ist das gesamte Thema in erster Linie natürlich ein fiskalisches Problem. Gerade deshalb hat sich der Ausschuss zusammen mit dem Ministerium für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt bemüht, unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Mittel wirtschaftlich vernünftige, ökologisch verantwortbare und sozialverträgliche Lösungen zu erarbeiten. Lassen Sie mich im Folgenden darauf etwas ausführlicher eingehen.

Die Grundlage für die Arbeit des Ausschusses bildete, wie Sie wissen, der Beschluss in der Drs. 3/5/173 B des Landtages von Sachsen-Anhalt vom 16. Juli 1998, in dem ein Sonderprogramm „Soforthilfe Abwasser“ beschlossen wurde. In diesem Beschluss wurde unter anderem eine jährliche Berichterstattung und die Abgabe eines Abschlussberichtes zum Ende der dritten Legislaturperiode festgelegt. Dementsprechend erfolgten Berichterstattungen des Ausschusses in der 16., in der 32. und in der 48. Sitzung des Landtages.

Nach einem zu Beginn der Ausschusstätigkeit beschlossenen Arbeitsprogramm waren die Sachstandserfassung, die Kennziffern der Aufgabenträger, die Bewer

tung der Abwasserbeseitigungspläne, Probleme des Kommunalabgabenrechts und des Zweckverbandsrechts, die Strukturen der Aufgabenträger, die Möglichkeiten und die Grenzen der Sanierungshilfe, die Bedingungen und die Verfahren für die Teilentschuldung, die Grundsätze und die Probleme bei der Vergabe von Fördermitteln, der Stand und die Erhebung der Abwasserabgabe und das Problem der Kleinkläranlagen in unserem Land die Schwerpunkte der inhaltlichen Arbeit des Ausschusses.

Die Realisierung dieses Arbeitsplanes erfolgte in 25 Sitzungen. Den größten Raum nahmen die Anhörungen von 31 Aufgabenträgern der Abwasserentsorgung sowie von kommunalen Vertretungen und Bürgerinitiativen ein.

Meine Damen und Herren! Das Abwasserproblem begleitet den Landtag von Sachsen-Anhalt seit der ersten Legislaturperiode. In den Jahren nach der überhasteten Zerschlagung der ehemaligen Wasser- und Abwasserbetriebe der DDR gründete sich, wie wir wissen, in kürzester Frist eine Vielzahl von Abwasserverbänden, die oftmals weder materiell noch finanziell noch verwaltungstechnisch in der Lage waren, die komplizierte Aufgabe der Abwasserentsorgung effizient und wirtschaftlich günstig und vernünftig zu übernehmen.

Erschwerend kam hinzu, dass mit Ausnahme der größeren Städte insbesondere im ländlichen Raum die Abwasserentsorgung völlig neu nach den nun geltenden bundesdeutschen Standards aufgebaut und organisiert werden musste. Diese Tatsache sowie wirtschaftliche Fehlentscheidungen in dieser Zeit führten zu dem gewaltigen Schuldenberg, unter dem die Abwasserverbände, die Kommunen, die Bürger und das Land heute noch zu leiden haben.

Am Beispiel des am höchsten verschuldeten Verbandes in Sachsen-Anhalt, des Verbandes Stendal-Osterburg, der bis zum Zeitpunkt der Teilentschuldung Kredite in Höhe von mehr als 180 Millionen DM aufgenommen hatte, wird deutlich, dass ein großer Teil der Verbände die Belastung durch Zinsen und Tilgung allein durch die Einnahmen aus Beitragen und Gebühren nicht decken kann, ohne Gebühren und Beiträge zu erheben, die jenseits der finanziellen Möglichkeiten der Bürger liegen.

Die Kernfrage für den Ausschuss war demnach zum einen, welche Möglichkeiten zum Abbau der hohen Verschuldung bestehen, und zum anderen, welche Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Verbände darüber hinaus notwendig sind, um die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel so effektiv wie möglich einzusetzen.

Die Ausschussmitglieder waren sich dabei darüber einig, dass neben der Weiterführung bestehender und der Einführung neuer Formen der finanziellen Hilfe auch die Überprüfung der organisatorischen und wirtschaftlichen Strukturen der betroffenen Verbände erforderlich ist. Das hat vor allem den Hintergrund, dass noch zu Beginn der Legislaturperiode 232 Aufgabenträger für die Abwasserbeseitigung zuständig waren, und davon allein 133 - das sind ca. 60 % - Abwasser für weniger als 5 000 Einwohner entsorgt haben. Wenngleich nicht ausgeschlossen ist, dass im Einzelfall auch ein Verband dieser Größe wirtschaftlich arbeiten kann, wird deutlich, dass die Frage nach der Verbandsgröße und der Aufgabenstruktur relevant sein muss.

Die Beschlüsse zum Einsatz der Managementunterstützungsgruppe, die wir unter der Abkürzung MUG kennen, und die noch laufenden Organisationsuntersuchungen

folgen praktisch diesen Tatsachen. Die bisherigen Erfolge der Arbeit der MUG sowie die Ergebnisse der bisherigen Organisationsuntersuchungen lassen erwarten, dass der Ansatz des Ausschusses, die Teilentschuldung an die Realisierung entsprechender Vorgaben zu knüpfen, richtig war.

Den Ausschussmitgliedern ist allerdings klar, dass damit die Abwasserpreise für die Bürger nicht zwangsläufig drastisch sinken werden. Aber mit der Herstellung der Wirtschaftlichkeit werden die Verbände endlich in die Lage versetzt, die Einnahmen nicht mehr nur für die Bedienung von Krediten, sondern für weitere Investitionen zur Erhöhung des Anschlussgrades und damit letztlich im Interesse der Gebührenzahler zu verwenden; denn mittelfristig führt das natürlich auch zu einer Verringerung der Kosten für den Bürger.

Meine Damen und Herren! Das Land Sachsen-Anhalt hat seit 1995 jährlich ca. 50 Millionen DM für die Sanierungshilfe bereitgestellt. Zusammen mit den Investitionsfördermitteln in diesem Zeitraum belief sich die Förderung auf einen Betrag in Höhe von ca. 160 Millionen DM pro Jahr. Dies ist ein hoher Aufwand, der nicht nur wesentlich zur Verbesserung der Situation im Abwasserbereich in unserem Lande beitrug, sondern der gleichzeitig zu einer weiteren signifikanten Verbesserung der Gewässerbeschaffenheit insbesondere in den kleinen Fließgewässern führte.

Auch in Zukunft werden für die Bewältigung des Abwasserproblems enorme finanzielle Mittel erforderlich sein. Allein in den nächsten fünf Jahren planen die Aufgabenträger für die Abwasserbeseitigung Investitionen in einer Höhe von ca. 670 Millionen €. Die größte Summe wird also für die Förderung von Investitionen im Abwasserbereich einzusetzen sein. Nach Recherchen der Regierungspräsidien und des Ministeriums belaufen sich die notwendigen Ausgaben bis zum Jahr 2006 auf insgesamt 800 Millionen DM bzw. 400 Millionen €.

Der Ausschuss geht davon aus, dass trotz der angespannten Haushaltslage die jährliche Bereitstellung von rund 80 Millionen € erforderlich ist, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Aufgabenträger auf eine wirtschaftliche Basis gestellt werden und die Belastungen für die Bürger und Unternehmen abgebaut werden können.

Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit der Diskussion über die Auswirkungen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie hat sich der Ausschuss auch intensiv mit dem Thema der Kleinkläranlagen beschäftigt. Dazu muss man wissen, dass zurzeit im Land Sachsen-Anhalt noch 100 000 bis 150 000 solcher Kleinkläranlagen betrieben werden, insbesondere im ländlichen Raum, zum Beispiel in der Altmark, die aber aufgrund ihrer Konstruktion und ihres Baues vor vielen Jahren nicht immer das beste Abwasser in die Vorfluter abgeben. Die zuständigen Wasserbehörden haben die Pflicht, diese Einleiter zu überprüfen und gegebenenfalls entsprechende Sperrungen auszusprechen. Es ist davon auszugehen, dass eine Vielzahl der Anlagen, die auch bei weiterer Erhöhung des Anschlussgrades weiter betrieben werden müssen - das sind in Sachsen-Anhalt ungefähr 50 000 bis 70 000 -, nachzurüsten ist.

Die Frage, in welcher Frist das geschehen soll und welche Aufwendungen dafür vom Land gefördert werden können, führte im Ausschuss zu einer kontroversen Diskussion. Herausgehoben wurde die Tatsache, dass

die europäischen Regelungen keineswegs ein generelles Nachrüsten solcher Kleinkläranlagen erforderlich machen, sondern dass schon die wasserrechtlichen Regelungen des Landes dafür relevant sind und ausreichen.

Die Nachrüstungskosten betreffend verständigte sich der Ausschuss mehrheitlich auf die Position, dass die Kosten für die Nachrüstung durchaus mit den Kosten für den Anschluss eines Grundstückes an eine zentrale Kläranlage verglichen werden können. Aus diesem Grunde hat der Ausschuss eine Förderung unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht gefordert. Wir kennen das Beispiel Brandenburg, wo das anders gehandhabt wird. Für Sachsen-Anhalt ist die Situation so, wie ich sie eben geschildert habe.

Meine Damen und Herren! Dem Bericht ist eine Anzahl von Gerichtsentscheidungen zum Thema „Leitungsgebundene Anlagen im Land Sachsen-Anhalt“ beigefügt. Diese Beschlüsse und Urteile haben im Ausschuss insbesondere bei der Behandlung der Themen „Kommunalabgabenrecht“ und „Zweckverbandsrecht“ eine Rolle gespielt. Insofern verweise ich auf den Bericht.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend noch einmal darauf hinweisen, dass die Arbeit des Ausschusses nur auf der Basis der ausgezeichneten Zuarbeiten des Ministeriums für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt möglich war. Deswegen möchte ich mich im Namen der Ausschussmitglieder insbesondere bei Herrn Minister Keller und seinen Mitarbeitern Herrn Pampel und Herrn Peschel, stellvertretend für die zuständigen Referate, bedanken. Mein herzlicher Dank gilt natürlich auch der Ausschussassistentin Frau Brandt, die mir nicht nur viel Arbeit abgenommen hat, sondern die auch für einen reibungslosen Ablauf der Sitzungen des Unterausschusses gesorgt hat. Den Ausschussmitgliedern danke ich für die sachliche und zielgerichtete Mitarbeit und das aufgeschlossene Klima in diesem Ausschuss und Ihnen allen danke ich dafür, dass Sie mir so lange zugehört haben. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Herrn Hacke, CDU)

Danke schön, Herr Oleikiewitz. - Eine Debatte ist nicht vereinbart worden. Wir kommen dann zum Abstimmungsverfahren. Wir haben den Bericht zur Kenntnis zu nehmen, meine Damen und Herren. Es ist bisher stets so gehandhabt worden, dass über den Jahresbericht im Landtag abgestimmt wurde. Da es sich hierbei um den Abschlussbericht für diese Wahlperiode handelt und der Ausschuss für die Wahlperiode eingesetzt wurde und mit dem Abschlussbericht seine Arbeit beendet hat, schlage ich Ihnen vor, dass wir den Abschlussbericht zustimmend zur Kenntnis nehmen und darüber abstimmen.

(Herr Becker, CDU: Zur Kenntnis! Nicht zustim- mend!)

- Zustimmend oder nur zur Kenntnis nehmen?

(Ministerin Frau Budde: Zur Kenntnis zustimmen!)

Einen eigentlichen Beschlussvorschlag haben wir nicht, also beschließen wir, den Abschlussbericht zur Kenntnis zu nehmen.

(Herr Becker, CDU: Ja!)

Wer dem so zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen?

(Herr Bullerjahn, SPD, zur CDU gewandt: Zustim- mend zur Kenntnis genommen! - Herr Becker, CDU: Nein!)

- Nein. Die letzte Formulierung sollte schon gelten, Herr Bullerjahn. Solche Geschichten können wir nur einvernehmlich regeln. Das geht nicht anders. - Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Zwei Enthaltungen. Dann ist der Bericht durch den Landtag zur Kenntnis genommen worden. Damit ist Punkt 17 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung

Versorgung der Rundfunkteilnehmer mit dem MDRLandesprogramm über Satellit

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 3/5283

Der Antrag wird eingebracht vom Abgeordneten Herrn Kühn, SPD.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Die Landesprogramme des Mitteldeutschen Rundfunks sollen die Bürgerinnen und Bürger über das kulturelle, wirtschaftliche und politische Geschehen im jeweiligen Staatsvertragsland informieren. Für SachsenAnhalt geschieht dies über das Landesprogramm „Sachsen-Anhalt heute“, Ihnen allen bekannt, welches täglich zwischen 19 Uhr und 19.30 Uhr ausgestrahlt wird.

Der MDR-Staatsvertrag verpflichtet zudem die Dreiländeranstalt in Artikel 3 Abs. 5, die Bevölkerung vollständig mit Landesprogrammen zu versorgen. Von einer vollständigen oder auch nur annähernd vollständigen Versorgung der Gebührenzahler mit dem Landesprogramm für Sachsen-Anhalt ist der MDR jedoch weit entfernt.

Der Empfang des Landesprogramms „Sachsen-Anhalt heute“ ist bislang nur solchen Haushalten möglich, die ihre Fernsehprogramme über eine herkömmliche Dipolantenne - das sind derzeit etwa 3 % der Teilnehmer in Sachsen-Anhalt - oder über einen Kabelanschluss etwa 53 % der Haushalte - beziehen. Das bedeutet im Klartext: 44 % aller Haushalte sind technisch gar nicht in der Lage, das Landesprogramm „Sachsen-Anhalt heute“ zu empfangen. Für Zuschauerinnen und Zuschauer, die ausschließlich eine analoge Satelliten-Direktempfangsanlage, also die allgemein verbreitete Satellitenschüssel haben, ist das MDR-Landesprogramm nicht empfangbar.

Damit - so könnte man sagen - kommt der Mitteldeutsche Rundfunk bei über einer Million Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen-Anhalt seiner staatsvertraglichen Verpflichtung nicht nach.

Meine Damen und Herren! Das ist eine Größenordnung, die für uns in Sachsen-Anhalt nicht mehr hinnehmbar ist. In Sachsen und Thüringen sind die Empfangsgewohnheiten und die technischen Ausstattungen ähnlich, sodass vermutlich die Bürgerinnen und Bürger der beiden Staatsvertragsländer das gleiche Problem wie wir ha

ben. Ich weiß auch, dass die jeweiligen Landesregierungen im Verlauf der Jahre dieses Problem beim MDR mehrfach angesprochen haben, jedoch bislang ohne Erfolg.

Auch die Landesregierungen in Sachsen-Anhalt - ich meine die CDU-geführten Landesregierungen ebenso wie die jetzige - haben die Veränderung dieses unbefriedigenden Zustandes beim MDR mehrfach angemahnt. Umso wichtiger ist es, denke ich, dass die Landesparlamente dem Anliegen in aller Breite Nachdruck verleihen und die Landesregierungen - zumindest unsere den MDR auffordern, seine Landesprogramme endlich über Satellit zu verbreiten.

Für die Zukunft scheint mir sowieso fraglich, ob sich der Aufwand einer teuren flächendeckenden terrestrischen Versorgung für weniger als 3 % der Bürger lohnt, zumal die technische terrestrische Übertragungskapazität für die digitale Verbreitung genutzt werden könnte. Ich vermute, dass es wesentlich billiger wäre, bei den wenigen Zuschauern die Yagi-Antenne durch eine geschenkte Satellitenschüssel zu ersetzen, als von der Deutschen Telekom ein flächendeckendes terrestrisches Sendenetz vorhalten zu lassen.

In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte ich um die Zustimmung zu diesem Antrag. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kühn. - Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart worden. Bevor ich den Vertretern der Fraktionen das Wort erteile, erhält Ministerpräsident Herr Dr. Höppner das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich in diesem Punkt vonseiten der Landesregierung kurz fassen, weil ich die Einschätzungen des Abgeordneten Kühn im Wesentlichen teile. Nach dem MDR-Staatsvertrag ist der MDR in seinem Sendegebiet zur Grundversorgung mit Rundfunk, das heißt im gesamten Komplex, verpflichtet. Dazu gehört auch das regionale Fernsehprogramm „Sachsen-Anhalt heute“ speziell für unser Land.

Für uns steht außer Frage, dass der MDR seinen staatsvertraglichen Pflichten nachkommen muss. Dafür tritt auch die Landesregierung ein. Die Tatsache, dass diese Sendung über Satellit nicht empfangen werden kann, begründet erhebliche Zweifel, ob diese Grundversorgung tatsächlich gewährleistet ist. Deshalb unterstützt die Landesregierung die Intention des Antrags der SPDLandtagsfraktion.