Protocol of the Session on January 17, 2002

(Frau Dr. Sitte, PDS: Klar! Selbstverständlich! - Zurufe von der SPD)

Zwar gab es auch in den anderen ostdeutschen Flächenländern Aufwüchse, allerdings in einem wesentlich geringeren Umfang. Der explosionsartige Anstieg in Sachsen-Anhalt folgte deshalb nicht nur dem allgemeinen Trend, sondern beruht maßgeblich auf einer falschen Regierungsarbeit.

(Zustimmung bei der CDU - Beifall bei der FDVP)

Die größte Fehleinschätzung dieser Landesregierung war es, ihre Aktivitäten allein auf die - durchaus notwendige - Verfolgung von Drogendealern zu konzentrieren

(Frau Dr. Sitte, PDS: Das war doch immer das Hauptproblem!)

und die Konsumenten zu schonen. Ich erinnere nur an den verhängnisvollen Drogenerlass des Justizministeriums aus dem Jahr 1995, der noch immer gültig ist. Wenn nach diesem Erlass selbst Wiederholungstäter mit einem Absehen von der Strafverfolgung rechnen können, kann es niemanden verwundern, dass Jugendliche diesen Erlass quasi als Freibrief für unbegrenzten Haschischkonsum verstehen.

(Beifall bei der CDU, bei der DVU und bei der FDVP)

Wir brauchen deshalb dringend einen Richtungswechsel in der Drogenpolitik.

(Frau Dr. Sitte, PDS: Ach!)

Das erreichen wir aber nicht mit einem Antrag zum Ende der Wahlperiode, der eine Landesregierung zum Handeln auffordert, die sich bei der Lösung des Problems als inkompetent erwiesen hat.

Weil dies ein so wichtiges Thema ist, hat die CDU-Fraktion zu Beginn dieser Wahlperiode - und nicht erst in Wahlkampfzeiten - ihre Lösungsansätze in das Parla

ment eingebracht. Ich erinnere daran, dass die CDUFraktion bereits unmittelbar nach der Regierungsbildung im Juli 1998 in einem Entschließungsantrag ein Sofortprogramm gegen die dramatisch angestiegene Drogenkriminalität gefordert hat. Statt damals zu handeln, ist dieser Antrag von der Landtagsmehrheit in den Ausschüssen immer wieder hin- und hergeschoben und erst nach ziemlich langer Zeit in verwässerter Form verabschiedet worden.

Ich erinnere auch daran, dass die CDU-Landtagsfraktion ebenfalls im Jahr 1998 einen Gesetzentwurf zur Stärkung der inneren Sicherheit vorgelegt hat. Einer der wesentlichen Kernpunkte war die Verbesserung der polizeilichen Befugnisse bei der Bekämpfung der Drogenkriminalität. Nach der Vorstellung der CDU-Fraktion sollten gegen Drogendealer Aufenthaltsverbote über mehrere Monate ausgesprochen werden können, um ihnen das Handwerk zu legen. Erreicht wurde nur ein um wenige Tage erweiterter Platzverweis.

Sie können in unserem kürzlich verabschiedeten Wahlprogramm und in den zwölf Thesen für mehr innere Sicherheit in Sachsen-Anhalt nachlesen, dass wir eine erfolgreiche Antidrogenpolitik wieder auf drei Grundsäulen stellen wollen: Einschränkung der Nachfrage nach Drogen durch Verbrechensvorbeugung, Hilfe für die Abhängigen und massive Bekämpfung des Drogenhandels.

(Zuruf von Minister Herrn Dr. Püchel)

In allen drei Bereichen hat die Landesregierung versagt.

Der vorliegende Antrag bringt uns zum Ende der Wahlperiode jedoch in der Sache nicht weiter. Wir, die CDU, werben stattdessen bei der Landtagswahl um die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger für eine effektivere Antidrogenpolitik, die endlich das umsetzt, was die CDULandtagsfraktion aus der Opposition heraus bereits seit Jahren eingefordert hat. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der DVU)

Danke sehr. - Die Fraktionen der PDS, der DVU und der SPD verzichten auf einen Redebeitrag. Somit hat jetzt die Abgeordnete Frau Wiechmann nochmals die Möglichkeit, das Wort zu ergreifen. Bitte, Frau Wiechmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister Püchel, wir haben es heute wieder aus Ihrem Munde gehört. Sie hatten die Chance - wir haben Ihnen eigentlich diese Chance gegeben -, sich heute hier noch einmal zu präsentieren. Alles paletti im Land SachsenAnhalt - und trotzdem haben wir einen Haufen Drogendelikte.

Ich brauche die Zahlen, die auch Herr Jeziorsky genannt hat, nicht zu wiederholen. Fakt ist - das ist das Ergebnis -: Es wird nicht genug getan. Bei allem, was Sie hier dargestellt haben - es wird nicht genug getan. Ich muss noch einmal sagen: Ich bin froh, dass Sie wenigstens einige unserer Ideen übernommen haben,

(Herr Doege, SPD, und Herr Barth, SPD, lachen)

dass es diese Spezialeinheiten in Sachsen-Anhalt mittlerweile gibt.

Herr Jeziorsky, auch unsere Fraktion befasst sich mit dem Thema nicht erst im Wahlkampf; vielmehr haben

wir dieses Problem kontinuierlich im Landtag thematisiert. Das Ergebnis hat der Herr Innenminister beschrieben. (Lachen bei der PDS)

Aber leider ist es nicht genug, was er getan hat. Es ist nicht genug, was er von uns übernommen hat; denn er hat es nicht komplett übernommen. Deswegen noch einmal unser Antrag.

Herr Innenminister, anstatt sich mit der Stadt München zu vergleichen, sollten Sie überlegen, was in SachsenAnhalt alles schief läuft. Man sollte sich daran messen, wie es gelingt, einen 100-prozentigen Erfolg zu erzielen und die Drogenkriminalität und die Drogendelikte auf null zu reduzieren. Das muss das Ziel sein, statt nach München zu schauen und zu sagen: Die in München sind noch viel schlechter als wir.

(Zuruf von Frau Krause, PDS)

Meine Damen und Herren! Deswegen noch einmal: Es wird einfach nicht genug getan. Ich bitte nachhaltig vorwiegend im Interesse unserer Kinder und Jugendlichen -, der Überweisung unseres Antrages in den Innenausschuss zuzustimmen. Ich habe dazu von der SPD-Fraktion und auch von der PDS-Fraktion natürlich nichts gehört. Ich vermute, Sie werden dem Antrag nicht zustimmen.

(Zuruf von Frau Dr. Weiher, PDS)

Aber eines kann ich Ihnen trotzdem mit auf den Weg geben: Haschisch löst keine Probleme, Haschisch löst auch keine politischen und keine privaten Probleme, sondern Haschisch macht dumm, einfach nur dumm, oder man ist es bereits.

(Unruhe bei der PDS)

Aber eines ist Fakt: Sie fühlen sich natürlich nicht dumm; denn die Linken haben bereits im Jahr 1972 einen Antidrogenkongress - vielleicht sollten Sie sich ein wenig daran erinnern und auch daran halten - abgehalten. Sie stigmatisierten damals den Rauschgiftgenuss mit dem Ausspruch: Sucht ist Flucht! Nach diesem Kongress waren Drogen für organisierte Linke kein Thema mehr. Es kam sogar teilweise zu Parteiausschlüssen.

Meine Damen und Herren! Damals hatte die Drogenwelle unter Studenten und Oberschülern ihren Höhepunkt überschritten, aber - das ist das Schlimme daran die Dealer wollen weiterhin ihre Existenz bestreiten. Sie wollen ihr Geschäft machen und sie suchten und fanden auch neue Absatzmärkte gerade bei unseren Kindern und Jugendlichen in den neuen Ländern. Die Drogenkriminalität steigt weiter.

Meine Damen und Herren! Das Elend der Drogensüchtigen wurde und wird unter dem zynischen Interesse linker Politik - auch dabei müssen Sie sich, Herr Innenminister, selbst angesprochen fühlen - sentimental vermarktet. Auch wenn Sie heute hier etwas anderes verkündet haben: Ihre Genossen haben im Wahlprogramm gefordert - ich erinnere an Markus Steckel -, dass die so genannten weichen Drogen legalisiert werden sollen.

Die Botschaft von der gefahrlosen, sanften Droge und der Hinweis darauf, dass Alkohol und Nikotin viel schädlicher für den Einzelnen und die allgemeine Gesundheit seien, die Irrlehren, Haschisch und LSD seien keine Einstiegsdrogen - meist nur aus der Privaterfahrung der 68er-Randgruppen herrührend, aber von jeder Kriminalitätsstatistik längst widerlegt -, die durch nichts begründete, aber immer häufiger politisierte Behauptung, man

müsse den gesamten Drogenkonsum freigeben, um ähnlich wie bei der Prostitution die Beschaffungskriminalität wirksam bekämpfen zu können, und auch die Meinung, der Besitz von kleineren Mengen Kokain oder sogar Heroin müsste straffrei bleiben - damals und heute in linken Zirkeln und oberflächlichen Zeitungsartikeln in die Welt gesetzt -, haben heute das Bundesverfassungsgericht erreicht, werden vom Innenministerium des größten deutschen Bundeslandes in die Tat umgesetzt; und das zum Schaden aller, wenn nicht ein neues Bundesgesetz die neuen Menschenexperimente stoppt, bevor sich in zehn oder in 20 Jahren die Zahl der Drogentoten vervierfacht oder verzwanzigfacht haben wird.

Kleine Mengen von Rauschgift straffrei, das bedeutet ein explosionsartiges Anwachsen der Erstkonsumenten. Ich brauche das nicht alles zu wiederholen. Wenn ich dann höre - - Ich habe vorhin gesagt, Herr Innenminister, Sie sollten sich eindeutig dazu äußern, ob Sie Fixerstuben wollen oder nicht. Ich habe es auch heute nicht so richtig gehört. Sie haben wieder wie die Katze um den heißen Brei herumgeredet. Ich habe gehört, dass es Drogencafés in Sachsen-Anhalt geben soll.

Meine Damen und Herren! Diesem Wahnsinn ist entgegenzusteuern. Es kann nicht angehen, dass das Gesundheitsministerium im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Betäubungsmitteln den Konsumenten mitteilt: „Fixen schädigt die Gesundheit. Diese Menge enthält 0,5 Gramm reines Heroin.“ Es könnte auch die von niemandem ernst zu nehmende Aufforderung bedeuten, die Rauschgift-Glücksbringer nicht an Jugendliche unter 16 Jahren zu verkaufen oder nur der Aufschrift zu entnehmen: Zu Risiken oder Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker; aber bitte nicht das Innenministerium oder die PDS in Sachsen-Anhalt.

Wir wenden uns jedenfalls mit Nachdruck gegen den von den linken Gruppen vorgeblödelten Spruch: Hat du Haschisch in den Taschen - in Hamburg bis zu 30 Gramm frei und 1 Gramm Kokain, in Nordrhein-Westfalen „nur“ 10 Gramm Cannabis

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Ende. Sie haben Ihre Redezeit überschritten.

- ich bin jetzt fertig - oder 0,5 Gramm Kokain oder Heroin -, dann hat du immer was zu naschen. - Für uns gilt dieser Spruch nicht. Ich bitte um Zustimmung zur Ausschussüberweisung. - Danke sehr.

(Beifall bei der FDVP)

Meine Damen und Herren! Wir haben wieder hohen Besuch auf den Tribünen. Wir können Seniorinnen und Senioren der Gewerkschaft ver.di aus Magdeburg herzlich begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Nunmehr hat der amtierende Justizminister noch einmal um das Wort gebeten. Bitte, Herr Minister Dr. Püchel.

Ich muss doch noch etwas zur Kollegin Wiechmann sagen. Punkt eins: Es besteht nicht die Absicht, Fixerstu

ben in Sachsen-Anhalt einzurichten. Punkt zwei: Wir denken nicht an die Freigabe weicher Drogen.

(Zustimmung von Herrn Bischoff, SPD, und von Herrn Oleikiewitz, SPD)

Die Drogencafés sind Treffpunkte von Drogensüchtigen, in denen ihnen geholfen werden soll. Mehr sind sie nicht. Dort gibt es keine Drogen.

(Zustimmung von Herrn Bischoff, SPD, und von Herrn Oleikiewitz, SPD)