Protocol of the Session on January 17, 2002

Herr Präsident! Die internationalen Terroranschläge haben deutlich gemacht, dass beim Einsatz von Flugzeugen als Waffe die Kapazität von Brandbetten für schwer Brandverletzte völlig unzureichend war. Für Deutschland liegen dahin gehend keine verfügbaren Erhebungen vor.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Betten für schwer Brandverletzte werden im Land Sachsen-Anhalt vorgehalten und in welchen Regionen?

2. Gibt es eine zentrale Anlaufstelle für die Vermittlung von Betten für schwer Brandverletzte? Wenn ja: Über welche Kommunikationsmittel kann die zentrale Anlaufstelle abgefragt werden? - Danke.

Danke schön. - Die Antwort erteilt die Ministerin für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales Frau Dr. Kuppe.

Herr Präsident! Der Antwort auf die Frage der Abgeordneten Frau Helmecke stelle ich Folgendes voran: Für den Fall von Katastrophen größeren Ausmaßes gibt es in den Krankenhäusern Katastrophenpläne, die im Fall von Massenunfällen oder Epidemien greifen. Im Fall von Hunderten oder gar Tausenden Brandverletzten reichen die vorgehaltenen Betten, die im Übrigen auch sehr kostenintensiv sind, nicht aus. Eine Notversorgung wird aber gewährleistet.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt.

Zu 1: In Sachsen-Anhalt werden im Jahr 2002 insgesamt 14 Betten für schwer Brandverletzte vorgehalten, davon acht Betten für Erwachsene und sechs Betten für Kinder. Diese Betten befinden sich in der Stadt Halle.

Zu 2: Eine zentrale Anlaufstelle für die Vermittlung von Betten für schwer Brandverletzte gibt es bei der Gesundheitsbehörde in Hamburg, die über eine aktuelle Liste der am Vermittlungsverfahren der zentralen Anlaufstelle für schwer Brandverletzte beteiligten Krankenhäuser verfügt. Die zentrale Anlaufstelle steht rund um die Uhr telefonisch und per Telefax zur Verfügung.

Darüber hinaus verfügt sie über eine E-Mail-Adresse und eine Internetseite. Im Internet sind die bundesweit vorgehaltenen Betten ausgewiesen, geordnet nach Ländern. Darin sind Angaben zu den Krankenhäusern mit genauer Adresse und Telefonnummer, zur Anzahl und Art der Betten - für Kinder und Erwachsene - und zu den Ansprechpartnern und -partnerinnen mit Name und Telefonnummer verzeichnet.

Danke schön. - Es gibt keine Nachfragen.

Dann rufe ich die Frage 2 auf. Sie wird gestellt von dem Abgeordneten Herrn Wiechmann und betrifft Ausländerakten als Erkenntnisquelle für die Polizei. Herr Wiechmann, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeder Sachbearbeiter kennt das Problem: Wie erlange ich möglichst umfangreiche Erkenntnisse über eine Person, die sich nicht in der Darstellung einer kriminellen Karriere erschöpfen sollen, die sich zumeist recht lückenlos aus den Kriminalakten ableiten lässt. Eine unverzichtbare Quelle stellen hierbei die bei den Ausländerbehörden geführten Akten von ausländischen Mitbürgern dar.

Ich frage die Landesregierung:

1. Was geschieht mit den Ausländerakten, wenn die betreffende Person deutscher Staatsbürger gemäß Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes geworden ist?

2. Welche Vorhaltesicherungen werden oder wurden getroffen, um auf die Ausländerakten für den Fall zurückgreifen zu können, dass die deutsche Staatsangehörigkeit zurückgenommen oder widerrufen wurde, und wie ist der Fall für die doppelte Staatsangehörigkeit geregelt?

Danke schön. - Die Antwort erteilt der Innenminister Herr Dr. Püchel

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum besseren Verständnis eingangs auf Folgendes hinweisen: Das Ausländergesetz und die dazu ergangene Ausländerdateienverordnung enthalten Regelungen über die Anlage von Dateien sowie über die Speicherung und Löschung personenbezogener Daten sowie über die Vernichtung bestimmter Unterlagen. Nicht geregelt ist aber die Anlegung und Vernichtung von Ausländerakten. Ausländerakten sind wie alle anderen Behördenakten lediglich eine Sammlung der im jeweiligen Verwaltungsverfahren angefallenen Schriftstücke, die auch Daten enthalten.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage des Abgeordneten Herrn Wiechmann wie folgt.

Zu 1: Das Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus, das Terrorismusbekämpfungsgesetz, vom 9. Januar 2002 beinhaltet unter anderem eine Änderung von § 6 der Ausländerdateienverordnung. Danach sind nunmehr in den Fällen, in denen Ausländer die Rechtsstellung eines Deutschen im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes erworben haben, die in der Ausländerdatei enthaltenen Daten nach Ablauf von fünf Jahren zu löschen. Zuvor existierte eine solche Regelung nicht.

In diesem Zusammenhang möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass Unterlagen über die Ausweisung und Abschiebung von Ausländern grundsätzlich nicht vor Ablauf von zehn Jahren nach der Befristung der Wirkung vernichtet werden dürfen.

Zu 2: Hinsichtlich der Vorhaltesicherungen verweise ich auf die vorgenannte Regelung. Diese gilt auch für Personen, die unter Hinnahme der bisherigen Staatsbürgerschaft eingebürgert wurden.

Danke schön.

Die Frage 3 zum Thema Verbesserte Hilfe für Kriminalitätsopfer wird von der Abgeordneten Frau Wiechmann gestellt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach Bekundungen der Bundesjustizministerin sollen Einrichtungen, die Kriminalitätsopfern helfen, finanziell besser ausgestattet werden. Die Ministerin bekundete darüber hinaus, dass dieser Vorschlag bei den Bundesländern auf Bedenken stößt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Position bezieht die Landesregierung zu der immer wieder geltend gemachten Forderung, Schadenersatzansprüchen der Geschädigten den Vorrang vor Forderungen des Staates einzuräumen, und welche Position bezieht die Landesregierung zu der Forderung, das Adhäsionsverfahren, das heute praktisch leer läuft, künftig praxistauglicher zu gestalten?

2. Welche Initiativen hat die Landesregierung für Kriminalitätsopfer des Landes im Ausland entfaltet, bei denen das Opferentschädigungsgesetz nicht greift,

einheitliche Mindestregelungen zugunsten der Opfer aber aus Gerechtigkeitsgründen geboten erscheinen? - Danke.

Danke schön, Frau Wiechmann. - Die Antwort wird erteilt von dem mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Ministers der Justiz beauftragten Innenminister Dr. Püchel. Ist das so richtig?

Herr Präsident, vielen Dank für die exakte Formulierung. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Wiechmann beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt.

Zu 1: Schon nach der heutigen Rechtslage steht der Gedanke der Schadenswiedergutmachung im Vordergrund. Danach können sowohl das zuständige Gericht im Erkenntnisverfahren als auch die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde dem zu einer Geldstrafe Verurteilten Zahlungserleichterungen gewähren, wenn anderenfalls die Schadenswiedergutmachung gefährdet wäre.

Die Erfüllung dieser gesetzgeberischen Intention wird durch die Rundverfügung des Generalstaatsanwalts des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. Oktober 2001 sichergestellt, in der auf die Priorität der Schadenswiedergutmachung gegenüber der Vollstreckung einer Geld- oder Ersatzfreiheitsstrafe hingewiesen wird.

Darüber hinaus begrüßt die Landesregierung die Bestrebungen der Bundesregierung, im Rahmen der Reform des Sanktionsrechts den Wiedergutmachungsansprüchen des Opfers Vorrang vor der Vollstreckung von Geldstrafen einzuräumen. Danach soll die Vollstreckung einer Geldstrafe ganz oder teilweise unterbleiben, wenn nach rechtskräftiger Verurteilung zu einer Geldstrafe die Voraussetzungen des § 46 a des Strafgesetzbuches vorliegen. Hat der Täter nach der Verurteilung einen Täter-Opfer-Ausgleich durchgeführt oder den Schaden wieder gutgemacht, kann die Geldstrafe ganz oder teilweise entfallen. Der Täter soll damit motiviert werden, die ihm in der Regel nur geringfügig zur Verfügung stehenden Mittel in erster Linie zum Zweck der Schadenswiedergutmachung einzusetzen.

Die Landesregierung unterstützt das Bestreben der Bundesregierung, im Rahmen der Reform der Strafprozessordnung dem Adhäsionsverfahren mit dem Ziel eines strafrechtlichen Wiedergutmachungsvergleichs zugunsten der Opfer verstärkt Geltung zu verschaffen.

Schon jetzt ist im Strafverfahren die Protokollierung eines materiell-rechtlichen Vergleichs der Schadenswiedergutmachung möglich. Durch die gesetzliche Normierung der Schadenswiedergutmachung als Strafbemessungsregel gewinnt die Beteiligung der Verletzten am Strafverfahren zunehmend an Bedeutung.

Insbesondere sind die Dezernenten bei den Staatsanwaltschaften des Landes Sachsen-Anhalt angehalten, im Rahmen von Abschlussverfügungen ausdrücklich zu begründen, warum ein Adhäsionsverfahren nicht in Betracht zu ziehen ist. Hiermit wird sichergestellt, dass der einzelne Staatsanwalt oder die Staatsanwältin die Durchführung eines Adhäsionsverfahrens, soweit dies geboten erscheint, beim Verletzten anregt.

Die Landesregierung weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Sachsen-Anhalt das einzige Bundes

land ist, das innerhalb des Sozialen Dienstes der Justiz landesweit über Beratungsstellen für Opfer von Straftaten verfügt, die die Rat suchenden Opfer von Straftaten auch auf die Möglichkeiten des Schadensausgleichs im Strafverfahren hinweisen.

Zu 2: Die Landesregierung weist darauf hin, dass zwischenstaatliche Vereinbarungen im Hinblick auf die Entschädigung deutscher Opfer von Straftaten im Ausland in die Zuständigkeit des Bundes fallen. Nach dem europäischen Übereinkommen über die Entschädigung von Opfern von Gewalttaten vom 24. November 1983 in Verbindung mit dem Gesetz zu diesem europäischen Übereinkommen steht schon jetzt den deutschen Staatsangehörigen, die in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union Opfer einer Gewalttat werden, ein Entschädigungsanspruch entsprechend der Gesetzgebung des jeweiligen Mitgliedsstaates zu.

Dies gilt auch für weitere europäische Staaten außerhalb der EU, mit denen entsprechende Vereinbarungen auf Gegenseitigkeit getroffen worden sind, wie zum Beispiel Kroatien, Island, Norwegen und Liechtenstein.

Die Landesregierung begrüßt darüber hinaus das Grünbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften „Entschädigung für Opfer von Straftaten“, das eine Verbesserung der staatlichen Entschädigung für Opfer von Straftaten auf Gemeinschaftsebene anstrebt.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass den Kriminalitätsopfern, die im Ausland Opfer einer Straftat geworden sind, selbstverständlich die landesweit eingerichteten Opferberatungsstellen offen stehen.

Danke schön, Herr Minister. - Ich sehe keinen Nachfragebedarf. Dann ist damit die Fragestunde abgeschlossen.

Ich sage noch einmal, dass die Bearbeitung der Vorlage aus dem Ausschuss noch etwas dauert. Ich rufe deshalb den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zu dem Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 3/5202

Der Gesetzentwurf wird von Herrn Ministerpräsidenten Dr. Höppner eingebracht.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Landtag liegt der Entwurf eines Zustimmungsgesetzes zu dem Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vor. Dieser Staatsvertrag fasst zwei große Abschnitte zusammen, die einerseits Neuregelungen für den Rundfunk und andererseits die Mediendienste zum Gegenstand haben. Er wurde von den Ministerpräsidenten am 20. Dezember des vergangenen Jahres unterzeichnet.

Die Änderungen des Mediendienstestaatsvertrages nehmen den größten Umfang ein. Diese Änderungen sind notwendig, weil die Länder die EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr in nationales Recht umsetzen müssen. Ziel dieser Richtlinie ist es, be