Protocol of the Session on November 15, 2001

Noch einmal zum Thema.

(Lachen bei der SPD - Zustimmung von Frau Lindemann, SPD)

Das Audit-Projekt spricht ganz gezielt - das ist unsere Grundlage; das Audit-Projekt ist in unseren Antrag eingeflossen - die Probleme an. Es gibt auch andere Konzepte, die eine Grundlage sein könnten. Unser Ziel ist eine überzeugende Gleichstellungspolitik. Gleichstellungspolitik kann nur heißen - Frau Bull, passen Sie einmal auf -: Chancengleichheit in einer familienfreundlichen Arbeitswelt. Dazu gibt es ein fabelhaftes Konzept - ich habe es leider nicht hier

(Frau Bull, PDS: Das tut mir aber Leid!)

von der Commerzbank. Sie führt das nämlich schon positiv durch. Sie zahlt sogar in der Familienphase Geld dazu.

(Frau Fischer, Leuna, SPD: Das ist doch toll! Darüber kann man sich doch freuen!)

Das haben die meisten auch viel zu wenig begriffen. Die Chancengleichheit ist nicht identisch mit der Frauenförderung. Um die Chancengleichheit in der Wirtschaft zu verwirklichen, reichen Programme zur Frauenförderung allein nicht aus, weil sie das wirkliche Problem nur ein

seitig angehen. Wir brauchen und wir fordern eine tragfähige Basis zwischen Unternehmenszielen und den Belangen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Wie lässt sich ein solches Ziel tatsächlich erreichen, Frau Kuppe? Dazu sollte unser Antrag dienen. Er sollte Sie unterstützen. Wir wollten Sie darin unterstützen, einen Maßnahmenkatalog zu erarbeiten.

Es ist uns jedenfalls nicht bekannt, dass sich Unternehmen aus Sachsen-Anhalt an dem Audit „Beruf und Familie“ beteiligt haben. Das ist vielleicht auch auf das Desinteresse der Landesregierung zurückzuführen. Das Sozialministerium in Thüringen hat sich beteiligt.

Deshalb fordern wir einen Maßnahmenkatalog zur besseren Vereinbarkeit - das betone ich zum 150. Mal - von Familie und Beruf, der durchaus die Intention des Audits „Familie und Beruf“ als Grundlage haben soll. Aber hierfür, glaube ich, mangelt es der Landesregierung an Entschlossenheit, dieses Modell tatsächlich umzusetzen. Darum geht es schließlich. Dazu braucht man mutige Ideen mit Herz und Verstand.

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen. Sie liegen weit außerhalb der Redezeit.

Der letzte Satz.

Aber wirklich nur ein Satz.

Ich kann Ihnen dieses Gutachten „Familie und Arbeitswelt“ zum Audit „Beruf und Familie“ nur empfehlen. Es enthält eine Menge an positiven Ansätzen, die für jeden Personalbereich anwendbar wären. - Ich bedanke mich.

(Zustimmung bei der FDVP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich war jetzt deshalb etwas großzügiger bei der Bemessung der Redezeit, weil es für die Kollegin wirklich nicht einfach war, sich hier durchzusetzen. Wir haben uns doch schon mehrfach auf eine gewisse Grunddisziplin verständigt.

Meine Damen und Herren! Die Diskussion ist damit zu Ende. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren zu den Drs. 3/5125 und 3/5142. Ich muss zunächst etwas zum Abstimmungsverfahren sagen und ankündigen, dass dazu noch einmal eine Klärung im Ältestenrat notwendig ist. Es liegt ein Alternativantrag vor.

(Unruhe)

- Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie zuzuhören. - Der Alternativantrag gehört nach § 18 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu den unselbständigen Vorlagen. Das bedeutet, wenn Sie diesen Antrag in den Ausschuss überwiesen haben wollen, geht das nur im Paket mit dem Ursprungsantrag, sonst fehlt die Grundlage. Ein Alternativantrag ist nach unserem bisherigen Verständnis eine besondere Form eines Änderungsantrages, weil er etwas, was der Ursprungsantragsteller wollte, inhaltlich völlig verändern kann. Deswegen geht das nur so.

Ich frage Sie jetzt noch einmal: Wollen Sie eine Überweisung beantragen? Wenn ja, dann lasse ich über diese Überweisung abstimmen. Das geht dann aber nur im Paket. Frau Liebrecht, ich frage Sie jetzt.

Sie beantragen also die Überweisung. Dann lasse ich zunächst über die Überweisung des Ursprungsantrages und des Alternativantrages in die Ausschüsse abstimmen. Wer stimmt einer Überweisung in den Gleichstellungsausschuss und in den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ohne Enthaltungen ist der Überweisungsantrag mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden.

Ich lasse jetzt abstimmen über den Ursprungsantrag der FDVP-Fraktion in der Drs. 3/5125. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Da dieser Antrag abgelehnt worden ist, lasse ich jetzt über den Alternativantrag abstimmen. Wer stimmt dem Alternativantrag der Fraktion der CDU in Drs. 3/5142 zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Auch der Alternativantrag hat keine Mehrheit gefunden, er ist abgelehnt worden. Der Tagesordnungspunkt 13 ist damit abgeschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung

Maßnahmepaket zum Schutz unserer Kinder

Antrag der Fraktion der FDVP - Drs. 3/5126

Alternativantrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/5144

Der Antrag der Fraktion der FDVP wird durch die Abgeordnete Frau Wiechmann eingebracht.

Kollegin Wiechmann, einen kleinen Augenblick. Bevor Sie beginnen, begrüße ich herzlich auf der Tribüne Kursteilnehmer der Städtischen Volkshochschule Magdeburg. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist neun Monate her, dass Stefan Jahn, 25, die zwölfjährige Ulrike aus Eberswalde verschleppte, brutal vergewaltigte, erdrosselte und wie Müll liegen ließ. Die Leiche wurde nach zwei Wochen Suche gefunden.

Die acht Jahre alte Julia aus dem hessischen Biebertal wird entführt und erschlagen. Die verbrannte Leiche des kleinen Mädchens wird Anfang Juli 2001 in einem Waldstück gefunden.

28. Juni 2001: Adelina verschwindet in Bremen auf dem nur 150 m langen Heimweg von ihrem Urgroßvater. Am 8. Oktober wird die Leiche des Kindes in einem Waldstück bei Bremen gefunden, und bei einer Obduktion wird festgestellt, dass das Mädchen vor dem bestialischen Mord sexuell missbraucht wurde.

Der neunjährige Dennis verschwindet am 5. September 2001 aus einem Schullandheim in Wulsbüttel im Kreis Cuxhaven. Ein Pilzsammler findet die Leiche des Kindes. Kaum bekleidet lag sie in einem Gebüsch bei Zeven im Kreis Rotenburg/Wümme, rund 40 km von dem Heim entfernt. Der Junge wurde missbraucht, stranguliert und liegen gelassen.

Am Abend des 30. Oktober 2001 gegen 23 Uhr wird ein vierjähriges Mädchen von einem 16 Jahre alten Schüler aus einem Vierbettzimmer der Kinderklinik Herford entführt und auf einer Rasenfläche unweit des Krankenhauses sexuell missbraucht und anschließend in sein Bett zurückgetragen.

Am Abend des 6. November 2001 wird ein neunjähriges Mädchen in Bremen überfallen und sexuell missbraucht.

Meine Damen und Herren! Diese Beispiele erschrecken und machen betroffen und sie erzeugen unbändige Wut. Missbraucht werden in erster Linie Mädchen, aber auch Jungen. Der Anteil der Jungen liegt bei etwa 30 %. Betroffen sind Mädchen und Jungen jeden Alters, sogar Säuglinge und Kleinkinder. Am häufigsten sind jedoch Kinder vom Vorschulalter bis zum Beginn der Pubertät die Opfer. Zum überwiegenden Teil gehen sexuelle Verbrechen gegen Kinder und Jugendliche von Männern aus, auch beim sexuellen Missbrauch von Jungen. Aber auch Frauen beuten Mädchen und Jungen sexuell aus.

In über 90 % der Fälle ist der Täter den Opfern bekannt. In etwa 60 % der Fälle handelt es sich um innerfamiliäre Taten, in ca. 30 % um Bekannte und nur in etwa 6 bis 8 % um Fremdtäter. Die Täter sind Männer oder Frauen aller sozialen Schichten, aller Altersstufen und aller Nationalitäten.

Meine Damen und Herren! Die Verbrechen aus jüngster Zeit haben deutlich gemacht, dass Politik und Gesellschaft noch stärker alle Mittel und Möglichkeiten ergreifen müssen, um Kinder und Jugendliche zu schützen und die Prävention zu verbessern; denn unsere Kinder haben einen Anspruch auf Schutz vor jeder Form von Gewalt.

Kanzler Schröder - Sie werden sich erinnern - hat sich in ungewöhnlich scharfer Form für einen härteren Umgang mit Kinderschändern ausgesprochen. Bei einem Verbrechen an einem wehrlosen Kind müsse die volle Härte des Gesetzes angewendet werden. Herr Schröder wörtlich:

„Bei der Behandlung von Sexualstraftätern komme ich mehr und mehr zu der Auffassung, dass erwachsene Männer, die sich an kleinen Mädchen vergehen, nicht therapierbar sind. Deswegen kann es da nur eine Lösung geben: Wegschließen, und zwar für immer.“

Der Kanzler hat ausnahmsweise Recht, meine Damen und Herren, wenn er dem Schutz der Kinder oberste Priorität einräumt, er hält sich nur nicht an seine Vorgaben.

Meine Damen und Herren! Der Schutz unserer Kinder und Jugendlichen vor Sexualdelikten und anderen schweren Straftaten muss durch konsequente Anwendung des geltenden Rechts sowie dessen Weiterentwicklung verbessert werden; denn für die Opfer ist die Höhe der Strafe der Maßstab für den Wert, den der Staat dem Leben beimisst, und für die Ächtung von Täter und Tat durch die Gesellschaft. Dementsprechend sind die Strafrahmen bei Straftaten gegen das Leben und die körperliche Unversehrtheit anzuheben. Lebens

länglich muss tatsächlich lebenslänglich sein, denn ein Mörder hat seinen Platz in der Gesellschaft verwirkt. Ein Sittlichkeitstäter gehört weggeschlossen.

Meine Damen und Herren! Das Schlimmste an diesen Dingen ist - die Praxis zeigt es -, dass immer öfter Vergewaltiger milde Strafen, sogar bis hin zu Bewährungsstrafen bekommen oder Mörder anstatt ins Gefängnis in den Maßregelvollzug einer psychiatrischen Klinik eingewiesen, also quasi für ihre Untaten belohnt werden. Zurück bleiben - auch das ist schlimm - verunsicherte Opfer, immer in der Angst, ihren Peinigern über kurz oder lang wieder gegenüberzustehen.

Meine Damen und Herren! Die Strafrahmen im Jugendstrafrecht sind anzuheben. Den schweren Gewaltdelikten von Jugendlichen wird das Jugendstrafrecht nicht mehr gerecht. Es ist nicht einzusehen, warum nicht auch im Jugendstrafrecht die Möglichkeit einer Sicherheitsverwahrung bei Wiederholungstätern möglich sein soll. Aus Gründen des Schutzes unserer Kinder und Jugendlichen ist dies unumgänglich.

Nicht mehr zu verantworten ist auch die Anwendung des milderen Jugendstrafrechts auf Heranwachsende im Alter von 18 bis 21 Jahren, die bereits eine einschlägige Karriere hinter sich haben und schwerste Gewaltverbrechen begehen.

Weitere Inhalte des von uns geforderten Maßnahmenpaketes zum Schutz unserer Kinder sollten sein: Verbot aller Hafterleichterungen und der bedingten Entlassung bei Unzuchtdelikten in Risikofällen, Begutachtung durch externe Gutachter, und zwar vor jeder Lockerung, Unterbringung oder Entlassung, lebenslange Führungsaufsicht nach der Haftentlassung für alle Täter, die wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt wurden.