„Wenn gleichgeschlechtliche Paare den Bund für das Leben schließen wollen, dann muss ihnen der Weg zum Standesamt ebenso offen stehen wie heterosexuellen Paaren. Alles andere wäre eine schlecht verdeckte Diskriminierung.“
Und - so die Grünen weiter in ihrer polemischen Ausführung; Ihr Beifall bestätigt übrigens mein Argument -:
„Kreisfreie Städte zum Beispiel, die sich die eingetragene Partnerschaft vom Hals halten wollen, könnten verführt sein, das Grünamt oder den Werkstoffhof für zuständig zu erklären.“
Meine Damen und Herren! Dies zeigt, dass die Frage, welcher Ort für die Wahrnehmung dieser Eintragung gewählt wird, nicht bedeutungslos ist. Deshalb nehmen wir die Stellungnahme der Kirchen ernst und wir halten die Stellungnahme der Kirchen für berechtigt.
Ein anderer Punkt und insoweit reagiere ich auf die Einlassung vom Herrn Kollegen Gärtner, der sagt, dies alles wäre rückwärts gewandt und nicht zukunftsfähig:
Herr Kollege Gärtner, wir werden morgen eine Aktuelle Debatte über die Bevölkerungsentwicklung führen.
Wer sich die Bevölkerungsentwicklung in unseren Ländern vor Augen führt, muss zwangsläufig zu dem Schluss kommen, dass die Zukunftsfähigkeit an keiner Frage so sehr hängt wie an dem Schutz von Ehe und Familie.
(Beifall bei der CDU, bei der DVU und bei der FDVP - Widerspruch bei der SPD und bei der PDS - Frau Lindemann, SPD: So ein Blödsinn, Herr Bergner! - Weitere Zurufe)
Mindestens ebenso wichtig sind jedoch für uns die verfassungsrechtlichen Bedenken des GBD, die der Innenminister hier mit leichter Hand beiseite zu wischen versuchte.
Das Personenstandswesen ist durch Bundesgesetz geregelt. Der Landesgesetzgeber hat - mindestens zum gegenwärtigen Zeitpunkt des offenen Vermittlungsverfahrens - damit im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung keine eigene Gesetzgebungskompetenz.
Aber wie immer auch diese Dinge behandelt werden wir stehen ja auch zu der Kontroverse in der Sache -, für eines gibt es aus meiner Sicht überhaupt keine Begründung: Es gibt keinen vernünftigen Grund und insbesondere in diesem Land nicht, im Vorgriff auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Antrag auf einstweilige Verfügung des Freistaates Bayern und vor Abschluss des Vermittlungsverfahrens ein solches Gesetz zu beschließen.
Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen vor Augen führen, wo wir in der Gesetzgebung zur Verwaltungszuständigkeit an anderer Stelle hängen: Wir warten seit Jahren auf eine Entscheidung zu einem Verwaltungsorganisationsgesetz für das Land, wozu wir nach Artikel 86 Abs. 2 unserer Landesverfassung verpflichtet sind. Aber es werden jetzt Zuordnungen im Bereich der Umweltverwaltung und sonst wo getroffen, die die Demonstranten auf den Domplatz treiben.
Alles ohne ausreichende gesetzliche Basis. Aber genau an dieser Stelle glauben wir Eilbedarf zu haben, im Vorgriff auf die Entscheidung des Bundesrates und auf das Vermittlungsverfahren eine Zuständigkeit festlegen zu müssen.
Danke sehr. - Die Debatte wird fortgesetzt mit dem Beitrag der Abgeordneten Frau Helmecke. Bitte, Frau Helmecke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der FDVP hat bereits bei der Einbringung Ihres Gesetzentwurfes am 17. Mai 2001 alle stichhaltigen Argumente vorgetragen, die sich gegen den Entwurf eines Lebenspartnerschafts-Ausführungsgesetzes richten. Der besondere Schutz von Ehe und Familie wird durch das Lebenspartnerschaftsgesetz immer mehr infrage gestellt, je näher gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften in ihrer rechtlichen Stellung an Ehe und Familie angeglichen werden.
Ehe und Familie sind etwas ganz anderes als gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Die natürliche Erfüllung der Ehe ist die Familie mit Kindern. Sie dient der Sicherung der gesellschaftlichen Stabilität und der Gewährleistung eines verlässlichen Rahmens für Selbstfindung und Orientierung der heranwachsenden Kinder.
Das Lebenspartnerschaftsgesetz zielt auf Antidiskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften. Es soll eine notwendige Rechtssicherheit für eine diskriminierte Minderheit geschaffen werden. Dabei besteht für einen solchen tief greifenden Wandel, der mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz eingeleitet werden soll, keinerlei dringendes gesellschaftliches Bedürfnis.
Bei der Gruppe der Homosexuellen handelt es sich um eine ganz geringe statistische Größe, die Angaben schwanken zwischen 2 und 2,8 % bei der männlichen Bevölkerung bzw. 1,4 % bei den Frauen. Die meisten Homosexuellen selbst wollen gar nicht heiraten. Sobald Partnerschaften überhaupt entstehen, gehen diese alsbald wieder auseinander. Von der Möglichkeit der eingetragenen Partnerschaft wird dort, wo diese bereits seit längerer Zeit besteht, kaum Gebrauch gemacht.
Mit diesem Gesetz wird eine Privilegierung gegenüber gemischtgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften geschaffen, da nur die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften und Lebensgemeinschaften bevorzugt werden. In Deutschland leben mehr als eine Million Paare ohne Trauschein zusammen. Hierzu zählen viele junge Menschen, die vor Eingehung der Ehe einige Zeit - auch Jahre - in einem gemeinsamen Haushalt leben. Viele wählen die nichteheliche Lebensgemeinschaft aber auch als Alternative zur Ehe.
Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist als eigenes Rechtsinstitut nicht gesetzlich kodifiziert. Die eheähnliche Lebensgemeinschaft, also das auf Dauer abgestellte Zusammenleben zweier Personen verschiedenen Geschlechts, die ebenso ein Leben lang Verantwortung füreinander tragen, begründet insbesondere keine gegenseitigen Unterhaltsansprüche oder einen Anspruch auf Witwenrente. Kinder aus einer nichtehelichen Gemeinschaft sind nichteheliche Kinder. Die Partner bilden keine Familie usw. usf.
Wäre es deshalb nicht auch sinnvoller und gerechter gewesen, eine rechtliche Alternative zur Ehe für nichteheliche Lebensgemeinschaften zu schaffen?
Meine Damen und Herren! Abzuwarten bleibt in jedem Fall zunächst einmal die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am 12. Juli 2001 in Karlsruhe. Da bin ich, was die rechtliche Bewertung betrifft, anderer Meinung. Unser Spitzenjurist hat uns anders beraten. Lehnen die Richter das Lebenspartnerschaftsgesetz nämlich als verfassungswidrig ab, wäre das gesamte Ausführungsgesetz für die Katz.
Zum Schluss noch eines am Rande, meine Damen und Herren, da wir nun schon beim Berliner Bürgermeister sind: Ich bin nicht schwul und das ist auch gut so. Das Finanzamt kann das auf jeden Fall bestätigen.
Danke sehr. - Da die DVU auf einen Redebeitrag verzichtet hat, wird die Debatte mit dem Beitrag der SPDFraktion beendet. Bitte, Herr Rothe, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt in Deutschland drei Länder, die sich Freistaat nennen. Das sind Bayern, Sachsen und Thüringen.
Diese drei Freistaaten haben wegen des vom Bundestag beschlossenen Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften das Bundesverfassungsgericht angerufen.
Warum heißt Sachsen eigentlich Freistaat? Die Frage wird auf den Internetseiten der Sächsischen Staatsregierung gestellt und wie folgt beantwortet: „Es soll damit besonders betont werden, dass das Land nicht von einem Souverän, sondern von seinen freien Bürgern regiert wird.“ - König Kurt lässt grüßen!
Ich finde, ein von freien Bürgern regiertes Land sollte Minderheiten die ihnen gebührende Anerkennung gewähren, und zwar gerade dann, Frau Helmecke, wenn es sich - wie Sie sagten - um eine ganz geringe statistische Größe handelt.
Die SPD-Fraktion teilt die Auffassung des Herrn Innenministers, dass wir hier und heute über das Ausführungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt entscheiden sollten.