Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 57. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der dritten Wahlperiode. Dazu möchte ich Sie, verehrte Anwesende, auf das Herzlichste begrüßen.
Meine Damen und Herren! Ich komme zu den Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung. Herr Ministerpräsident Dr. Höppner wird wegen der Eröffnung der Landwirtschaftsausstellung „agra 2001“ in Markkleeberg, deren Schirmherr er ist, in der heutigen Sitzung des Landtages bis gegen 14 Uhr nicht anwesend sein.
Herr Minister Gerhards bittet sein Fehlen an beiden Sitzungstagen zu entschuldigen. Am heutigen Tage nimmt er an der Finanzministerkonferenz in Berlin und am Freitag an der Zusammenkunft der Finanzminister der Länder mit dem Bundesfinanzminister zum Thema BundLänder-Finanzbeziehungen teil.
Frau Ministerin Dr. Kuppe nimmt an der in Weimar stattfindenden Konferenz der Jugendminister teil. Sie bittet deshalb ihr ganztägiges Fehlen bei der Sitzung des Landtages am Freitag zu entschuldigen und möchte die Landtagssitzung heute Nachmittag verlassen.
Herr Minister Keller bittet sein Fehlen für den gleichen Zeitraum zu entschuldigen. Er nimmt an der Umweltministerkonferenz in Bremen teil.
Herr Minister Dr. Püchel wird am Freitag vorrübergehend abwesend sein, da er an diesem Tage als Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Innenminister der Länder gemeinsam mit Bundesinnenminister Schily in Berlin der Presse die polizeiliche Kriminalstatistik des Jahres 2000 vorstellen wird.
Herr Präsident, wenn ich die Mimik der Minister richtig deute, scheinen die Angaben, wann die Minister bei der Landtagssitzung anwesend bzw. nicht anwesend sein werden, immer noch nicht zu stimmen. Nach meiner Wahrnehmung hat der Innenminister signalisiert, er wäre den ganzen Tag da.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Tagesordnung für die 31. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass im Ältestenrat vereinbart worden ist, die Tagesordnungspunkte 6 und 21 als erste Punkte am Freitag und die Tagesordnungspunkte 18 und 22 am Freitag vor der Mittagspause zu behandeln.
Sie haben die Abwesenheit des Umweltministers bereits angesprochen. Die Teilnahme an der Umweltministerkonferenz setzt voraus, dass der Umweltminister die
Landtagssitzung gegen Mittag verlässt. Deswegen bitte ich darum, die Zeitpunkte für die Behandlung der Tagesordnungspunkte 5 - Mittelstandsförderungsgesetz - und 8 - Nationalpark Harz - zu tauschen, um über das Thema Nationalpark, das in die Zuständigkeit des Umweltministers fällt, vor der Mittagspause beraten und beschließen zu können.
Meine Damen und Herren, der Geräuschpegel ist so hoch, dass ich kaum verstehen konnte, worum es geht. Ich könnte mir vorstellen, dass es Ihnen genauso gegangen ist. Ich wiederhole deshalb noch einmal das Anliegen.
Herr Bullerjahn beantragte, statt des bislang als letzten Punkt vor der heutigen Mittagspause zu behandelnden Tagesordnungspunktes 5 den Tagesordnungspunkt 8 Nationalpark Harz - zu behandeln. Gibt es dagegen Einwände? - Das ist nicht der Fall. Dann können wir so verfahren.
Eine Bemerkung zum zeitlichen Ablauf der 31. Sitzungsperiode. Die Fraktionen haben sich im Ältestenrat darauf verständigt, die heutige Sitzung gegen 20 Uhr zu beenden. Die morgige Sitzung beginnt wie üblich um 9 Uhr.
In der Aktuellen Debatte beträgt die Redezeit je Fraktion fünf Minuten; die Landesregierung hat eine Redezeit von zehn Minuten. Für die Debatte wird folgende Reihenfolge der Redner vorgeschlagen: FDVP, CDU, SPD, DVU und PDS. Zunächst hat der Antragsteller, die Fraktion der FDVP, das Wort. Im Anschluss daran wird Frau Ministerin Dr. Kuppe Stellung beziehen. Bitte, Frau Wiechmann, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Positivtrend am Arbeitsmarkt hält unvermindert an“, „Arbeitsmarktentwicklung besser als im Bundesgebiet“, „Das Land ist nicht mehr Schlusslicht“. Überaus erfreuliche und brandaktuelle Arbeitsmarktdaten gab die Landesregierung heute bekannt.
Überaus erfreuliche und brandaktuelle Arbeitsmarktdaten gab die Landesregierung heute bekannt: „Die ge
zielte Beschäftigungspolitik trägt Früchte - Niedrigster Arbeitslosenstand seit neun Jahren“. Weiter hieß es:
„In den ersten drei Monaten des Jahres wurden sowohl steigende Beschäftigungszahlen als auch sinkende Arbeitslosenraten registriert. Die Arbeitsmarktentwicklung ist damit deutlich besser als im übrigen Bundesgebiet.“
Meine Damen und Herren! Dabei will ich es bewenden lassen, denn sicherlich haben alle hier im Raum sofort gemerkt - natürlich auch die Mitglieder dieser Landesregierung -, dass es sich bei diesem Bericht, selbst wenn man die rosaroteste Brille aufsetzt, wohl kaum um einen Bericht aus dem Land Sachsen-Anhalt handeln kann. Ich will Sie auch nicht weiter auf die Folter spannen, wer denn wohl derart Positives zu vermelden hat. Dieser Bericht stammt aus dem Bundesland Kärnten in Österreich,
wo die FPÖ mit Landeshauptmann Dr. Jörg Haider an der Spitze eine überaus erfolgreiche Politik betreibt.
Nicht so, meine Damen und Herren, in Sachsen-Anhalt, wo SPD und PDS regieren. Hier kann die Arbeitsmarktlage durchaus als katastrophal bezeichnet werden. Sachsen-Anhalt mit Ministerpräsident Dr. Höppner an der Spitze ist bekanntlich weder besser als der Durchschnitt noch durchschnittlich, es ist vielmehr Schlusslicht aller Bundesländer. Von erfolgreicher Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik ist also weit und breit nichts zu sehen.
Allerdings haben die Sozialdemokraten dafür sofort die Schuldigen ausgemacht. Das sind die Arbeitslosen, die nach Aussage des sozialdemokratischen Bundeskanzlers Schröder - meine Damen und Herren, das war übrigens ganz früher die Partei der Arbeiter; aber das ist längst vorbei; denn heute trägt man „Boss“-Anzüge, raucht 72 DM teure Zigarren und verdient mit zahlreichen Schatteneinkommen Millionen - nur zu faul zum Arbeiten sind.
Nach deren Auffassung kann die Arbeitslosigkeit aber ganz einfach beseitigt werden, und zwar indem man all den faulen Arbeitslosen endlich Beine macht. Kein Wort von Herrn Schröder davon, dass wir in Sachsen-Anhalt mehr als 20 % Arbeitslose haben und dass den rund 280 000 zugegebenen Arbeitslosen nur wenig mehr als 10 000 offene Stellen gegenüberstehen.
Dazu gab es, meine Damen und Herren, nur eine äußerst zaghafte Wortmeldung des ansonsten sehr selbstgefälligen selbst ernannten Talkrundenmoderators Dr. Höppner.
Stattdessen wird in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit, von wachsender Armut und der Abwanderung von Menschen aus Sachsen-Anhalt in erheblichen Größenordnungen den Erwerbslosen und Sozialhilfeempfängern Faulheit und der Missbrauch öffentlicher Mittel vorgeworfen.
Hierzu gibt es - auch das muss gesagt werden - eine erstaunliche Einigkeit der selbst ernannten großen Volksparteien, auch wenn sich eine davon als „Sanierungssanitäter“ anbiedert. Wenn die Leute nicht arbeiten wollen, dann müssen sie bald mit schärferen Sanktionen rechnen. Wo die Arbeitsplätze herkommen sollen, meine Damen und Herren, das wird flugs nicht erwähnt.
Damit eines klar ist: Auch für uns steht fest: Wirklichen Drückebergern sollten Leistungskürzungen nicht nur angedroht werden; sie sollten vielmehr auch konsequent durchgesetzt werden. Doch der allergrößte Teil der Menschen hier ist unverschuldet in die Arbeitslosigkeit geraten. Die Schuld liegt bei dieser Landesregierung und ihrer Unfähigkeit, eine erfolgreiche Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zu betreiben.
Wer in diese verlogene Rechtfertigungsdebatte einer sozialdemokratischen Regierung einstimmt, der leistet auf Kosten der vielen Arbeitsuchenden in diesem Lande Schützenhilfe für eine verfehlte Politik.
Sie führen in vorauseilendem Gehorsam gegenüber wem auch immer eine empörende Faulheitsdebatte und fordern Sanktionen, obwohl Sie wissen - das setze ich jedenfalls voraus -, dass Arbeitsuchende bereits jetzt aufgrund der geltenden Gesetzeslage verpflichtet sind, zumutbare Arbeitsangebote anzunehmen. Und es muss auch gesagt werden: Sie erreichen damit übrigens keinen Regierungswechsel, Sie treten vielmehr als Steigbügelhalter für Rot-Rot auf.
Wenn Sie nicht wissen, was die geltende Gesetzeslage hergibt, dann fragen Sie einfach die Menschen nach den Erfahrungen, die sie gemacht haben, wenn sie eine Arbeit annehmen mussten, die weit außerhalb ihres bisherigen Tätigkeitsfelds liegt und zudem noch so schlecht bezahlt wird, dass damit keine Familie mit dem Nötigsten versorgt werden kann.
Sie alle hier müssen sich doch fragen lassen, ob Sie noch wissen, was da draußen los ist, oder ob Sie einfach wohl versorgt über Dinge reden wie der Blinde von der Farbe.
Sie beraten hier schon wieder über die nächste Erhöhung der Diäten, obwohl diese schon mehr als reichlich ausfallen, und fast 300 000 Arbeitslose in SachsenAnhalt sollen Jobs annehmen, bei denen das Einkommen schon allein für die Fahrtkosten draufgeht. Aber das ist das nächste Thema auf unserer Tagesordnung.
Meine Damen und Herren! Eine Auswirkung für Sachsen-Anhalt gab es allerdings schon, nämlich Pfiffe und Buhrufe für Schröder und andere Genossen. Wir, die FDVP-Fraktion, protestieren auf das Schärfste gegen die Diskreditierung der vielen unverschuldet arbeitslos Gewordenen.
Mit der Kanzleräußerung wurde die Würde der Menschen in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus massiv verletzt und der soziale Frieden in der Gesellschaft ganz bewusst gefährdet. Ich kann nur sagen: Weiter so, Herr Bundeskanzler und Herr Ministerpräsident. Aber Arbeitsplätze werden dadurch nicht geschaffen.