Protocol of the Session on April 6, 2001

- Sie können nachher noch Fragen stellen.

Wir wollen diese Tiefenreinigung. Sie, meine Damen und Herren von der CDU, haben jahrelang ein beherzteres Herangehen an die Verwaltungsreform gefordert. Sie haben gefordert, ein Gesamtkonzept müsse her.

(Herr Becker, CDU: Richtig, jawohl!)

Herr Becker, Ihre Worte waren, ein Sturm müsse durch die Amtsstuben fegen. - Jawohl. Aber jetzt, wo es konkret wird, verweigern Sie sich.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Herrn Becker, CDU - Herr Dr. Bergner, CDU: Wo wird es denn konkret? Doch nicht mit diesem Gesetz!)

Meine Damen und Herren! Wer immer in diesem Land die politische Verantwortung trägt - wo die CDU in anderen Landesregierungen beteiligt ist, hat sie es längst begriffen; das gilt für die PDS in diesem Lande im Übrigen auch -, kommt an dem Zustand, den Jens Schmidt in seinem Kommentar treffend beschrieben hat, einfach nicht vorbei. Es ist Zeit zu handeln im Interesse der Zukunftsfähigkeit unseres Landes.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Das sagen wir seit der letzten Kreisgebietsreform!)

Mit dem heute zur Beschlussfassung anstehenden Zweiten Vorschaltgesetz vollziehen wir einen Quantensprung auf dem Weg zur Neuorganisation der Landesund Kommunalverwaltung.

(Oh! und Unruhe bei der CDU - Herr Dr. Daehre, CDU: Wissen Sie eigentlich, was ein Quanten- sprung ist?)

Ich sage Ihnen auch, warum, Herr Becker.

(Zurufe von der CDU)

Erstens. Die Richtgrößen und Modelle für die Gebietsreform sind nicht nur Zahlen, über die man reden oder sich auch ärgern kann, sie werden nunmehr durch den Gesetzgeber festgeschrieben. Wer jetzt noch toter Käfer spielt und meint, das sei alles nur böser Spuk, sollte spätestens heute aufwachen.

Ich kann an dieser Stelle nicht auf alle Einzelheiten des Entwurfes - der Berichterstatter hat es bereits getan eingehen, aber auf einige Schwerpunkte und auf einige Änderungen, die vorgenommen wurden, schon.

Stichwort „Drittes Vorschaltgesetz“. Der Innenminister hat bereits darauf hingewiesen, dass die Grundzüge dieses Dritten Vorschaltgesetzes in dem Zweiten Vorschaltgesetz vorgezeichnet sind. Diese Formulierung ist nicht im Elfenbeinturm erfunden worden, sondern geht zurück auf einen Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände.

(Herr Becker, CDU: Der war anders, der Vor- schlag!)

Man kann darüber streiten, ob der jetzt bekannt gewordene Referentenentwurf eine Punktlandung ist.

(Zuruf von Herrn Dr. Daehre, CDU)

Wir unterstützen daher das Vorgehen - der Innenminister hat das mit seiner offenen Haltung deutlich gemacht -, dass erst nach Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände ein deren Hinweise berücksichtigender Regierungsentwurf dem Hohen Hause vorgelegt wird.

Wir haben eine Regelung zu den Stadt-Umland-Beziehungen neu aufgenommen. Es ist sicher, dass das zu regeln ist.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Das hat erst überhaupt nicht dringestanden!)

- Ja, man wird ja weiterdenken können, Herr Dr. Bergner.

(Unruhe und Ah! bei der CDU - Herr Dr. Bergner, CDU: Aha!)

Die Fraktion der SPD sieht im Stadt-Umland-Bereich Handlungsbedarf, gegebenenfalls auch durch Eingemeindungen. Das ist jedenfalls der derzeitige Erkenntnisstand.

(Zuruf von Herrn Dr. Bergner, CDU)

Die Landesregierung hat ein Gutachten in Auftrag gegeben. Wir hoffen, bis zum Jahresende sagen zu können, wohin die Reise geht.

Zweitens. Das Hin und Her um die Regierungspräsidien hat ein Ende. Sie werden zum 31. Dezember 2004 abgeschafft. Wir vollziehen das, was die erste CDURegierung im Jahr 1990 noch festgeschrieben hat, nämlich: Wenn die Landkreise die erforderliche Leistungsfähigkeit erreichen, brauchen wir in diesem Land keine Regierungspräsidien mehr. - Schauen Sie in Ihre eigenen Dokumente und Urschriften.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Zuruf von Herrn Becker, CDU)

Jetzt ist Ihnen nichts Besseres eingefallen,

(Herr Becker, CDU, meldet sich zu einer Zwi- schenfrage)

- ich antworte, wenn ich fertig bin - als im zeitweiligen Ausschuss einen Antrag zu stellen, es möge mit zwei Regierungspräsidien bei der Dreistufigkeit bleiben. Eine Gebietsreform lehnen Sie ohnehin ab.

Mit diesem strukturkonservativen Aufbegehren werden Sie aber nichts erreichen. Sie müssen sich fragen lassen, was Sie eigentlich wollen.

Ich darf Sie, Herr Böhmer, - insoweit war ich heute etwas irritiert - noch einmal an eine Äußerung in der „Mitteldeutschen Zeitung“ erinnern - jedenfalls sind Sie in der Zeitung am 10. Juni des letzten Jahres so zitiert worden -, dass sich die Frage stelle, ob die Dreistufigkeit unseres Verwaltungsaufbaus im Lande richtig sei.

(Zurufe von Herrn Becker, CDU, und von Herrn Prof. Dr. Böhmer, CDU)

Über die Mittelinstanz müsse neu nachgedacht werden. Herr Böhmer sagte wörtlich: „Wir werden uns nicht genieren, unsere Standpunkte zu ändern.“

(Herr Prof. Dr. Böhmer, CDU: Ja!)

Wir dürfen gespannt sein, Herr Böhmer, wann und mit welcher Begründung die CDU jetzt wieder die Kurve bekommt.

(Zuruf von Herrn Prof. Dr. Böhmer, CDU)

Ich sage Ihnen aber, Sie werden Ihre Auffassung ändern müssen, wenn Sie sich die Chance bewahren wollen, irgendwann wieder auf der Regierungsbank Platz zu nehmen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS - Ach! und Lachen bei der CDU - Herr Dr. Bergner, CDU: Artikel 2 in der Verfassung lesen! Das ent- scheidet das Volk und nicht Sie!)

Über das Landesverwaltungsamt ist schon einiges gesagt worden. Die Nachfrage von Frau Dr. Paschke hat erkennen lassen, wir wollen auch durch die Typisierung als obere Landesbehörde deutlich machen, dass es eben keine summarische Zusammenfassung der bisherigen Regierungspräsidien ist. Dieses Landesverwaltungsamt wird nur Restaufgaben wahrnehmen können, nämlich jene Aufgaben, die nicht kommunalisiert werden.

Damit bin ich beim dritten Punkt. Das ist der letzte Punkt, den ich darstellen möchte. Stichwort Funktionalreform: Da sagen Sie immer, erst müsse die Funktionalreform kommen, dann alles andere.

Bitte halten Sie den dritten Punkt kurz. Sie haben Ihre Redezeit überschritten.

Nennen Sie mir ein Land, in dem die Funktionalreform vor einer Gebietsreform durchgeführt worden ist. Wir erkennen aber an, dass zur politischen Akzeptanz der Gebietsreform eine Funktionalreform rechtzeitig klar erkennbar sein muss. Wir sind auch bemüht, bis zum Jahresende die Aufgabenbereiche zu umreißen, die im Zuge der Gebietsreform auf die Landkreise und Gemeinden übertragen werden sollen.

Auch wenn die Redezeit zu Ende ist, sei mir eine letzte persönliche Bemerkung gestattet, Herr Präsident: Der Innenminister hat schon gesagt, es sei heute ein guter Tag für Sachsen-Anhalt,

(Herr Dr. Daehre, CDU: Wir haben nur gute Tage!)

ein guter Tag auch für ihn selbst. Ich füge hinzu - das denke ich sagen zu dürfen -: Es ist auch ein schöner Tag für mich.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Schomburg hat vor Ort in der politischen Auseinandersetzung gesagt: Der Brachmann ist an allem schuld;

(Herr Dr. Daehre, CDU, deutet auf seine Uhr)

er hat den Innenminister unter Druck gesetzt und nur deshalb hat es das Leitbild überhaupt gegeben. - Zu viel der Ehre, Herr Schomburg.

(Zustimmung von Herrn Bischoff, SPD)