Protocol of the Session on March 2, 2001

Damit Sie einige meiner folgenden Sätze nicht missverstehen, sage ich zu Beginn meiner Rede, dass die SPD-Fraktion diesem Antrag zustimmen wird. Trotzdem komme ich nicht umhin, darauf hinzuweisen, dass die Überschrift und der Inhalt des Antrages nicht miteinander korrelieren. Über den Ingenieurbedarf wird im Antrag nur beiläufig etwas ausgesagt, übrigens auch bei allen meinen Vorrednern. Es geht eher darum, welche Maßnahmen notwenig sind, um das Interesse für eine Ingenieurausbildung bei jungen Leuten stärker zu entwickeln.

Ich muss eines durchaus kritisch anmerken: Wenn sich Mitglieder des Wirtschaftsausschusses der Aufgabe stellen, einen diesbezüglichen Antrag zu erarbeiten, würde ich mir mehr Lösungsansätze aus diesem Bereich wünschen. Ganz im Gegenteil werden die notwendigen Handlungskomponenten vornehmlich auf den Bildungsbereich fokussiert.

Ich hoffe, dass ich nicht falsch verstanden werde. Die im Antrag aufgeführten Handlungskomponenten, die den Bildungsbereich betreffen, werden von der SPD-Fraktion unterstützt. Jedoch sind sie - vornehmlich in den Punkten 1 und 3 - nicht ohne eine wesentliche Unterstützung der Wirtschaft umsetzbar.

Was nützt zum Beispiel die Forderung nach verpflichtenden Praktika in akademischen Arbeitsfeldern, wenn die Unternehmen nicht genügend Praktikumsplätze zur Verfügung stellen? Auch die engere Verzahnung von Hochschulausbildung und Wirtschaft ist nur über eine engere Kooperation zwischen beiden möglich. Wir sprachen gestern im Zusammenhang mit einem anderen Tagesordnungspunkt darüber.

Ich möchte mit meinen Ausführungen unterstreichen, dass bei der Lösung des Problems nur ein komplexer Ansatz zum Ziel führt. Die Landesregierung verweist in ihrem Bericht vom 20. Januar 2000 darauf, dass nur im Rahmen eines permanenten Austausches zwischen Schule, Hochschule und Wirtschaft Möglichkeiten gefunden werden können, den von den Antragstellern und Angehörten beschriebenen unbefriedigenden Zustand zu verbessern. Um die vorhandene personelle und materiell-technische Ausstattung der Hochschulen in der Fächergruppe Ingenieurwissenschaften durch Studierende besser auszuschöpfen, hat die Landesregierung differenzierte Handlungsoptionen aufgezählt.

Die im März 2000 von mehreren Ausschüssen durchgeführte Anhörung von Kammern, Verbänden, Hochschulen und Schulen sollte zum weiteren Erkenntnisgewinn beitragen und versuchen, den Ingenieurbedarf näher zu bestimmen. Als Ergebnis der Anhörung kristallisierte sich heraus, dass die Wirtschaft zwar einen Ingenieurbedarf angibt, diesen aber weder quantifizieren noch spezifizieren kann. Die Angehörten vertraten die Meinung, dass die gegenwärtig vorherrschenden Rahmenbedingungen noch nicht dem notwendigen Maß entsprechen.

Selbstverständlich ist die Aufnahme der im Antrag aufgezählten Komponenten in das Handlungskonzept der Landesregierung richtig und hilfreich. Daraus ergibt sich jedoch nicht zwingend, dass sich die eingangs geschilderte Situation im Land dadurch tiefgreifend ändert, da sich die Perspektivplanung junger Leute an vielfältigen Faktoren orientiert. Es wird sicherlich auch zukünftig notwendig sein, diesen Prozess ausschussübergreifend zu begleiten.

Den beiden vorgetragenen Änderungsanträgen stimmen wir zu. - Schönen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und von Frau Dr. Sitte, PDS)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Wir stimmen jetzt über den Antrag in der Drs. 3/4265 ab. Ich habe einen Änderungsantrag von Herrn Dr. Sobetzko wahrgenommen, nämlich dass die Berichterstattung durch die Landesregierung jährlich einmal erfolgen soll. Ich weiß nicht, ob es einen zweiten Änderungsantrag gibt. Herr Rahmig!

Dann will ich es noch einmal ergänzen. Herr Kollege Dr. Süß möchte, dass unter Punkt 1 vor dem Wort „Markterfordernisse“ das Wort „künftige“ eingefügt wird. Wir stimmen dem zu.

Wie mein Kollege Wolfgang Ernst bereits erwähnte, soll auf Antrag des Kollegen Dr. Sobetzko ein Punkt 10 angefügt werden, wonach die Landesregierung jährlich im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie berichtet. Damit wir uns später nicht streiten und um der Berichtsflut entgegenzuwirken, Herr Kollege Sobetzko, frage ich Sie, ob dieser Bericht mündlich erfolgen soll. Ich bin für einen mündlichen Bericht.

(Herr Dr. Sobetzko, CDU: Mündlich!)

- Gut. Dann ist das ausgeräumt. Es wird ein mündlicher Bericht gegeben.

Ich habe wahrgenommen, dass es zu beiden Änderungsanträgen Zustimmung gibt.

(Herr Dr. Süß, PDS: Ja!)

Ich denke, dann können wir darüber zusammen abstimmen.

Wer den Änderungsanträgen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Den Änderungsanträgen ist gefolgt worden.

Dann stimmen wir jetzt über den Antrag in der so geänderten Fassung ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen ist der Antrag angenommen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 24 erledigt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 25:

Beratung

Zukunft des Lernbereiches Wirtschaft, Technik, Hauswirtschaft an allgemein bildenden Schulen Sachsen-Anhalts

Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/4267

Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 3/4294

Einbringer ist Herr Dr. Bergner. Vor der dann folgenden Fünfminutendebatte wird Herr Minister Dr. Harms das Wort ergreifen. Bitte, Herr Dr. Bergner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, nach einem Tagesordnungspunkt wie dem vorhergehenden muss ich über die Bedeutung von technischer und wirtschaftlicher Bildung an allgemein bildenden Schulen keine weiteren Ausführungen machen. Ich kann mich also auf die Schilderung des Problems, das zu diesem Antrag geführt hat, beschränken.

Wer sich mit den Verhältnissen bei unseren Hochschulen etwas näher beschäftigt, weiß, unter welchen finanzpolitischen Pressionen der Landesregierung insbesondere die Martin-Luther-Universität in der zurückliegenden Zeit stand und bis heute steht. Dieser finanzpolitische Druck hat zu Entscheidungen geführt, die aus dem Selbstverständnis der Universität heraus vielleicht durchaus erklärlich sind, deren Konsequenzen für die Bildungslandschaft Sachsen-Anhalts von uns aber kritisch geprüft werden müssen.

Eine solche Entscheidung, die aus meiner Sicht ohne die Finanzkürzungen, die losgelöst von planerischen Vorgaben vorgenommen worden sind, vielleicht nicht zustande gekommen wäre, war der vor einem Jahr von der Martin-Luther-Universität gestellte Antrag, Lehramtsstudiengänge unter anderem in Hauswirtschaft und Wirtschaft/Technik einzustellen. Das Kultusministerium hat hierzu die Zustimmung erteilt.

Wenn man die Folgen dieser Entscheidung bedenkt, so ist das Vorgehen geeignet, zumindest als widersprüchlich aufgefasst zu werden. Zumindest werden die Grenzen einer Hochschul- und Bildungspolitik deutlich, die ausschließlich nach fiskalischen Gesichtspunkten gestaltet wird.

Wir haben zunächst einmal versucht, mit zwei Anfragen - eine von meiner Kollegin Ludewig und eine von mir

selbst gestellt - die Konsequenzen zu erfragen. Die erste Schlussfolgerung aus den Antworten auf die Kleinen Anfragen war, dass auch zukünftig ein erkennbarer Bedarf für die genannten Fächer in den Lehramtsstudiengängen in Sachsen-Anhalt besteht. Dass von den 1 249 Lehrern im Fach Wirtschaft/Technik 436 ohne die entsprechende Qualifikation sind, ist allein schon ein Hinweis auf den vorhandenen Ausbildungsbedarf.

Nun wird in den Antworten der Landesregierung auf die Kleinen Anfragen auf einen durch die Schülerzahlen bedingten Rückgang beim Lehrerbedarf aufmerksam gemacht. Ich halte dieses Argument für höchst zweifelhaft. Zum einen möchte ich wissen, wie der Kultusminister den schülerzahlbedingten Rückgang stellenmäßig umsetzen will. Ich kann mich im Übrigen nicht daran erinnern, dass dieser schülerzahlbedingte Rückgang zu der Einstellung von Lehramtsstudiengängen etwa bei Deutsch, Mathematik oder anderen Fächern geführt hätte.

Es werden auch keine konkreten Angaben dazu gemacht, wo eine Ausbildung, die nach anderen Verlautbarungen des Kultusministeriums weiterhin gebraucht wird, durchgeführt werden soll. Kompatible Lehramtsstudiengänge in anderen Bundesländern gibt es bestenfalls in Niedersachsen. Darüber, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass Lehramtsabsolventen von dort nach Sachsen-Anhalt kommen, will ich hier keine Ausführungen machen.

Neuerdings mehren sich die Unklarheiten noch dadurch, dass im internen Planungsbereich für die Universitäten Vorstellungen entwickelt werden, nach denen die Lehramtsstudiengänge für den allgemein bildenden Bereich vollständig von Magdeburg nach Halle verlagert und dort konzentriert werden sollen, andererseits aber eine Begründung dafür auftauchte, die Ausbildung für das Lehramt in Hauswirtschaft bzw. Wirtschaft/Technik nach Magdeburg zu bringen. Wie sich dann die Gestaltung des Lehramtsstudiums auch unter Berücksichtigung des Zweitfaches entwickeln soll, ist ausgesprochen unklar.

Wie gesagt, angesichts der Kürze der Zeit und mit Blick auf die Diskussionen, die wir in anderem Zusammenhang hierzu geführt haben - ich denke an die Debatte über die Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft, aber auch an die über den Ingenieurbedarf im Lande -, habe ich darauf verzichtet, über die Bedeutung eines Lernbereichs wie diesen noch einmal zu referieren.

Es gibt eine große Zahl von Unklarheiten. Ich erkenne in dem SPD-Antrag, dass auch aus der Sicht der SPDFraktion Informationsbedarf besteht. Ich verstehe nicht ganz, warum die SPD-Fraktion - dies scheint der einzige Unterschied zu unserem ursprünglichen Antrag zu sein auf eine entsprechende Anhörung verzichten möchte.

Ich halte es für einen guten Brauch in der parlamentarischen Meinungsbildung, dass man die Betroffenen, und zwar nicht nur diejenigen, die von der Einstellung des Lehramtsstudiengangs betroffen sind, sondern auch die Betroffenen im Bereich der Lehrerverbände und bei denjenigen, die mit dem Ausbildungsstand unserer Schülerinnen und Schüler zurechtkommen müssen, anhört, über eine Anhörung die Meinungsbildung bereichert und sich nicht allein den Vorgaben des Kultusministeriums ausliefert.

Insofern lege ich auf unseren Ursprungsantrag Wert. Ich hoffe, dass er mehrheitsfähig ist. Wenn er nicht mehrheitsfähig sein sollte, müssten wir uns mit dieser Amputation begnügen, aber dann würden wir jedenfalls

großen Wert darauf legen, dass im Ausschuss über die Sache grundsätzlich diskutiert wird. - Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr. - Für die Landesregierung erteile ich dem Kultusminister Dr. Harms das Wort. Bitte, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben wieder einen Antrag vor uns, der eigentlich auch im Wege der Selbstbefassung hätte erledigt werden können, weil er inhaltlich gar nichts sagt, außer dass die Landesregierung berichten soll. Das kann ich Ihnen zusagen, das wollen wir gern tun. Die angesprochenen Fragen werden im Ausschuss besprochen werden, auch weil sie wichtige Fragen sind.

Ich will deutlich sagen: Der Lernbereich Wirtschaft, Technik und Hauswirtschaft wird von der Landesregierung und von mir sehr ernst genommen. Ich halte die Einrichtung dieses Lernbereiches - die noch nicht ganz so lange zurückliegt; um das auch zu sagen - für einen Fortschritt. Ich glaube, dass wir uns sehr genau Gedanken darüber machen müssen, wie wir das auch lehrerseitig untersetzen.

Aber jetzt zu fragen, warum die Martin-Luther-Universität zu dem Ergebnis gekommen ist, die Lehrerbildung in diesem Bereich nicht fortzusetzen, setzt mindestens auch voraus, dass man sich eingesteht, dass die Zahl derjenigen, die dort ausgebildet werden, so dramatisch zurückgegangen ist, dass sich in der Tat die Frage gestellt hat, ob eine solche Ausstattung in der Lehrerbildung an dieser Stelle vorgehalten werden kann, und dass das viel weniger mit so genannten finanzpolitischen Pressionen zu tun hat.

Wir sind uns wohl darüber einig, dass eine Universität, die bezogen auf die Studentenzahl eine - ich will den Faktor nicht nennen - mehr als doppelt so gute Ausstattung hat wie die Universität in Hannover, auch andere Entscheidungen hätte treffen können. Man hat das auch unter dem Gesichtspunkt gesagt, dass dieses Studium in dieser Form nicht angenommen wird. Wir werden uns gemeinsam mit den Universitäten darüber Gedanken machen. Ich weise also den Vorwurf der finanzpolitischen Pressionen ausdrücklich zurück.

Die vorhin von der Wirtschaftsministerin zitierte Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle bescheinigt uns gerade im Bereich von Wissenschaft und Forschung sehr gute Leistungen. Darauf sollte man stolz sein.

Es ist eine Tradition, alles, was das Land SachsenAnhalt leistet, pauschal schlechtzureden. Ich glaube, das gehört sich einfach nicht.

(Zustimmung bei der SPD)

Das heißt, die Hochschule und die Bildungspolitik schlechthin orientiert sich nicht ausschließlich an finanzpolitischen Zielen, wie Sie dieses behauptet haben, Herr Dr. Bergner, sondern an den Zukunftsfragen. Dann muss man sich auch die Fragen gefallen lassen: Wie viele Auszubildende haben wir in diesen Fächern? Müssen wir zu neuen Überlegungen kommen? Diese machen wir gern im Ausschuss öffentlich. Dort wird auch mit denjenigen zu diskutieren sein, die von diesen Entscheidungen betroffen sind bzw. in diesem Bereich ihre

Interessen einbringen. Eine reine Lobbyistenveranstaltung sollte man allerdings vermeiden. - Herzlichen Dank.