Protocol of the Session on December 14, 2000

Frau Abgeordnete Kauerauf, sind Sie bereit, eine Frage zu beantworten?

Am Ende, bitte. - Dies kann die CDU in Sachsen-Anhalt in der Endkonsequenz doch sicher nicht wollen.

(Zuruf von Herrn Scharf, CDU)

Im Hinblick auf die Verfassungskonformität der Schulpflicht gibt es eindeutig bejahende Belege aus der Rechtsprechung. Das Schulgesetz definiert klar einen Erziehungsauftrag. In verschiedenen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts wird darauf hingewiesen, dass sich der Lehr- und Erziehungsauftrag der Schule nicht darauf beschränkt, nur Wissensstoff zu vermitteln. Die Aufgaben der Schule liegen auch auf erzieherischem Gebiet.

(Frau Feußner, CDU: Im Unterricht!)

Dabei sei der staatliche Erziehungsauftrag in der Schule dem elterlichen Erziehungsrecht gleichgeordnet.

(Zuruf von der CDU: Ist er nicht! - Herr Gürth, CDU: In der DDR-Schule, ja!)

Unter Berücksichtigung der Bedenken von Eltern plant das Kultusministerium - der Minister trug es vor -, im Rahmen der Verordnung den einzelnen Grundschulen einen Gestaltungsspielraum zur Verfügung zu stellen, in dem keine Anwesenheitspflicht besteht. Entscheidend für unsere Zustimmung zu dieser Regelung ist die Tatsache, dass dadurch das integrative Konzept nicht gefährdet wird.

(Zuruf von Frau Wiechmann, FDVP)

Im Übrigen lohnt sich ein Blick über den eigenen Tellerrand. In verschiedenen europäischen Ländern, wie Belgien, Frankreich, Niederlande, Portugal, Spanien oder Großbritannien,

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Ende, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Der Tellerrand ist zu groß.

- ich bin sofort fertig - erstreckt sich die Regelschulzeit mit Betreuungsangeboten zum Teil bis 17 Uhr.

(Herr Gürth, CDU: Finden Sie das gut?)

- Ja. - Die SPD-Fraktion lehnt aus den beschriebenen Gründen beide Gesetzentwürfe und deren Überweisung in den Ausschuss ab. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD - Beifall bei der PDS)

Die Redezeit wurde auch in diesem Fall deutlich überzogen. Der Abgeordnete Herr Kuntze hat eine Frage. Sind Sie bereit zu antworten?

Frau Kollegin - vielleicht räumt Ihnen das noch einmal Redezeit ein -, Sie haben kurz die Verordnung gestreift. Wenn man Ihrer Argumentation im ersten Teil der Rede folgt, muss man feststellen, dass das mit der Verordnung kollidieren würde.

Sie haben den integrativen Charakter des gesamten Verfahrens betont und im Grunde genommen auf die Zeit, die dafür erforderlich ist, hingewiesen. Wie soll denn nach Ihrer Meinung dieses Konzept realisiert werden, wenn die Verordnung im geplanten Sinne tatsächlich wieder einen weiten Zeitraum in die Beliebigkeit stellt. Wäre es dann nicht konsequenter, unserem Entwurf zu folgen?

Herr Kuntze, ich sehe das nicht so. Die Verordnung gibt einen Spielraum von zweieinhalb Stunden, so wie wir es gehört haben. Das wäre an jedem Tag eine halbe Stunde. Das bezieht sich allerdings wirklich nur auf die ersten und zweiten Klassen, die eine Pflichtstundenzahl von 21 bis 23 Unterrichtsstunden in der Woche haben. Das integrative Konzept lässt sich unter diesen Bedingungen nach wie vor erfüllen.

(Zustimmung bei der SPD, von Frau Bull, PDS, und von Frau Stolfa, PDS)

Danke sehr. - Wir setzen die Debatte fort. Für die Fraktion der FDVP erteile ich der Abgeordneten Frau Wiechmann das Wort. Bitte, Frau Wiechmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man die Debatte verfolgt, dann vernimmt man, wir würden auf dem Rücken einer Protestwelle reiten und in den Medien würde es eine unsachliche Debatte geben.

Ich frage mich erstens: Wo soll es denn um Himmels willen sonst eine solche Debatte geben? Auch wenn in die

sem Landtag von einem korrekten Gesetzgebungsverfahren die Rede war, sind die Eltern ja so gut wie überhaupt nicht zu Wort gekommen und die Grundschullehrerinnen und -lehrer nur wenig.

(Zuruf von Herrn Ernst, SPD)

Ich will das auch begründen. Ich habe an Veranstaltungen teilgenommen, in denen mir folgende Probleme von Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern, von Grundschulleiterinnen und Grundschulleitern, von Hortnerinnen und Hortnern und von Kommunalvertretern dargestellt wurden.

Es wurde kritisiert, dass es eine unzureichende und auch falsche Information des betroffenen Personenkreises gegeben hat. Dort saßen Personen, die aus allen Wolken gefallen sind, als man ihnen gesagt hat, dass es hierbei um eine zwangsweise Anwesenheit, um eine Anwesenheitspflicht geht.

Immer wieder wurde dort gesagt, dass man an Grundschulen mit festen Öffnungszeiten sehr wohl festhalten will - ich habe vorhin gesagt, es gibt auch schon solche in Sachsen-Anhalt -, aber dass man das auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beruhen lassen will, also eine so genannte verlässliche Grundschule. Dort wurde immer wieder betont, das gibt es schon in Sachsen-Anhalt.

Unser altes Schulgesetz lässt in § 4 genau diese Grundschule mit festen Öffnungszeiten zu. Man konnte nicht verstehen, warum man das zwangsweise einführen will, warum man das Eltern, Lehrern und Kindern überstülpen will.

Es wurde auch immer wieder betont, dass in den Grundschulen von Sachsen-Anhalt eine ausgezeichnete pädagogische Arbeit stattfindet, dass man gemeinsam mit der Landesregierung, mit dem Kultusministerium jahrelang Konzepte erarbeitet hat und diese Konzepte in mittlerweile mindestens 23 Grundschulen auch als Grundschule mit festen Öffnungszeiten angeboten werden. Nachdem man den Bedarf analysiert hat, werden diese auch so angenommen.

Folgendes kam in den Veranstaltungen ebenfalls zum Ausdruck. Ich muss hierbei Frau Stolfa widersprechen. Was hat sie gesagt? - Wir wollen ein besseres Bildungsangebot. Es wurde kritisiert, dass unsere Schüler nur Mittelmaß sind. Was haben die Grundschulleiterinnen und Grundschulleiter dazu gesagt? - Wir bieten die Grundschule mit festen Öffnungszeiten von sechseinhalb Stunden an. Dafür reichen uns bei der dritten und vierten Klasse die fünfeinhalb Stunden nicht aus.

Also was will man? Man will ein besseres Bildungsangebot und dafür streicht man konsequenterweise die Deutschstunden. Das konnte keiner der dort Anwesenden verstehen.

Ich habe diesen Grundschulleiterinnen und Grundschulleitern, den Hortnerinnen und Hortnern gesagt, wir greifen Ihre Probleme auf, aber ich kann Ihnen garantieren, genau diese Probleme, die Sie ansprechen, werden in das Gesetzgebungsverfahren im Landtag nicht einfließen. Sie werden nicht berücksichtigt. Genau das ist sowohl im Ausschuss als auch im Landtag passiert.

Ich fühle mich in dieser Hinsicht tatsächlich an unselige Zeiten einer Margot Honecker erinnert, wenn ich heute von Herrn Minister Dr. Harms höre, er möchte festlegen - das hat er so gesagt -, wo es ein intolerantes Eltern

haus gibt und er bzw. die Schule die Erziehung der Kinder übernehmen soll.

(Zuruf von Frau Krause, PDS)

Er möchte das festlegen! Ich meine, wo sind wir denn? - Wir leben zum Glück nicht mehr in der DDR, wo so etwas vielleicht möglich war, wobei ich mich nicht erinnern kann, dass es in der DDR eine Zwangsanwesenheitspflicht gegeben hat. Das gab es so nicht.

(Unruhe - Zuruf von Frau Theil, PDS)

Ich komme noch einmal auf das „korrekte“ Verfahren, das Gesetzgebungsverfahren zurück. Ja, Herr Minister Dr. Harms, es gab eine Anhörung in diesem Landtag. Ich bezeichne diese Anhörung als Alibiveranstaltung. Dort wurden genau die Punkte bestätigt, die Sie vorgelegt hatten. Das ist nicht verwunderlich. Ich meine, wem ich als Dienstherrn verpflichtet bin, dem gegenüber muss ich auch vorsichtig mit meiner Meinung sein. Das ist ganz klar.

Hauptsächlich Kirchenvertreter sprachen sich gegen die Grundschule mit festen Öffnungszeiten aus.

Ich sage Ihnen noch eine Begebenheit aus dieser Diskussion mit Grundschulleiterinnen und -leitern. Da stand eine Religionslehrerin auf und hat gesagt: Ich darf das hier sagen. Ich bin nämlich keine Lehrerin, sondern ich bin evangelische Religionslehrerin. Ich darf das sagen: Ich bin gegen die zwangsweise Grundschule mit festen Öffnungszeiten. Dann stand eine Grundschulleiterin auf und hat gesagt, es ist schon ein Unding, dass eine evangelische Religionslehrerin hier sagen muss, dass sie sagen darf, dass sie gegen die Grundschule mit festen Öffnungszeiten ist, und dass die anderen sich das nicht zu sagen trauen.

Das kommt, wie gesagt, immer auf den Dienstherrn an, sodass es auch keine unabhängige Anhörung an dieser Stelle mehr gewesen sein kann.

(Zuruf von Frau Krause, PDS)

Meine Redezeit ist zu kurz. Ich würde normalerweise noch - -

(Lachen und Unruhe bei der SPD und bei der PDS)

- Das mag Ihnen gefallen oder nicht gefallen, aber mir natürlich nicht. Es gibt zu diesem Problem noch eine Menge zu sagen.

Frau Abgeordnete, ich muss auch Sie bitten, zum Ende zu kommen. Sie haben ebenfalls Ihre Redezeit überzogen.

15 Sekunden, Herr Präsident. Ich bin sofort fertig.

Das reicht.