Meine Damen und Herren! Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart worden. Die Fraktionen sprechen in der Reihenfolge PDS, SPD, DVU, CDU. Als erstem erteile ich für die Landesregierung Minister Herrn Dr. Püchel das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sport frei, Sportsfreund Schulze! Unbestritten
ist die Förderung des Sports eine Aufgabe von besonderer Bedeutung und nach der Verfassung unseres Landes auch ein Landesziel. Herr Schulze sprach von dem hohen Stellenwert des Sports. Das sehe ich genauso.
Dabei besteht neben der Förderung des Breitensports ein großes Interesse an der Förderung von Spitzenathleten in unserem Lande. Daß wir ein großes Potential an Spitzensportlern haben, zeigen die Ergebnisse der Olympischen Sommerspiele in Atlanta, wo die Sportlerinnen und Sportler aus Sachsen-Anhalt 12 % der deutschen Medaillen holten.
Unbestritten ist auch, daß der Weg sehr lang ist, bis jemand Spitzensportler oder sogar Weltklasseathlet wird. Neben dem persönlichen Talent setzt die sport-liche Entwicklung optimale Bedingungen beim Training und bei der Betreuung voraus. Wichtig ist, daß bei jungen Athleten und Athletinnen neben der sportlichen Förderung auch die Ausbildung nicht außer acht gelassen werden darf. Training und Wettkampf müssen mit Schule, Ausbildung, Studium oder Beruf unter einen Hut gebracht werden. Deshalb sind Wege, die eine sportliche und berufliche Entwicklung nebeneinander ermöglichen, sehr zu begrüßen.
Unbestritten ist, daß Sport und Polizei sehr eng miteinander verbunden sind. Neben sozialer Kompetenz und geistiger Fitneß ist gerade die körperliche Fitneß eine Voraussetzung für den Polizeiberuf. Diese Erkenntnis findet letztlich ihren Niederschlag in der Sportprüfung, also einem Teil der Eignungsprüfung für den Polizeidienst, sowie im regelmäßigen Dienstsport der Polizei.
Naheliegend ist es deshalb, daß Sportler und auch Spitzensportler ihren beruflichen Weg bei der Polizei sehen und diesen auch anstreben. Naheliegend ist deshalb auch die vorgeschlagene Förderung von jungen Spitzensportlern des Olympiastützpunktes Magdeburg/ Halle durch die Polizei, die sich an dem vom Bund praktizierten Modell an der BGS-Sportschule in Bad Endorf orientiert. Dort werden ca. 75 Spitzensportler in Wintersportarten durch die Einstellung in den verlängerten Vorbereitungsdienst für den mittleren Dienst gefö rdert.
Allerdings ist dieses Modell auf Sachsen-Anhalt nicht übertragbar. Im Vergleich zum Bund sind die Einstellungszahlen unseres Bundeslandes sehr gering. Jährlich ist die Einstellung von jeweils 30 Nachwuchskräften für den mittleren Polizeidienst unseres Landes vorgesehen. Der für die Einrichtung einer besonderen Ausbildungsgruppe für Spitzensportler mit einer Größe von 15 Sportlern erforderliche Handlungsrahmen ist damit nicht gegeben.
Die Einstellung von Spitzensportlerinnen und -sportlern über den Planungsansatz hinaus kann im Hinblick auf die angespannte Haushaltslage nicht in Betracht kommen, so gut auch ein Aushängeschild mit Weltmeistern und Olympiasiegern der Polizei für uns wäre. Natürlich wäre eine Riege von Olympiasiegern in der Polizei auch für einen Innenminister attraktiv. Eine solche Sportlergruppe würde Polizei und Innenministerium schmücken.
Bei den Worten „attraktiv“ und „schmücken“ fällt mir eine junge Dame ein, die sich vor einigen Jahren in Aschersleben beworben hatte. Leider war sie beim Eignungstest nicht erfolgreich. Mehr Glück hatte sie beim Schönheitswettbewerb. Sie wurde Miß Germany. Hätte
sie den Eignungstest bestanden, würde sie heute vielleicht die Reihen unserer Polizei wirklich schmücken.
Aber Schönheit ist kein Kriterium für die Einstellung in den Polizeidienst. Hier geht es immer noch nach Eignung, Leistung und Befähigung. Der Zugang zum öffentlichen Dienst und damit auch zur Polizei muß für jeden Bewerber und für jede Bewerberin geöffnet sein und muß nach dem Leistungsgrundsatz gewährt werden. Das gilt nicht nur für Schönheitsköniginnen, sondern auch für Leistungssportler.
Zu Ihrer Information möchte ich Ihnen kurz das Auswahlverfahren für den mittleren Dienst unserer Polizei vorstellen. Nach einer Vorauswahl nach den Zeugnisnoten folgt eine Eignungsauswahl, die mit einem schriftlichen Test beginnt. Dieser besteht aus einem Rechtschreibtest - Herr Gürth hat sich damit beschäftigt; ich meine nicht den Rechtschreibtest, sondern den gesamten Test
und einem psychologischen Test. Daran schließt sich der sportliche Teil an. Wurden beide Teile bestanden, folgt eine ärztliche Untersuchung. Die Eignungsauswahl endet mit einem mündlichen Teil.
Für den gehobenen Dienst ist das Auswahlverfahren noch komplizierter. Hinzu käme dann noch das mit der Antragstellung geforderte Zusatzkriterium „Spitzensportler“.
Für dieses Jahr haben wir bisher schon insgesamt mehr als 2 800 Bewerberinnen und Bewerber registriert, davon 1 660 für den mittleren Dienst. Nur ein Bruchteil von ihnen kann eingestellt werden.
Vor einigen Jahren habe ich einmal gesagt: Es ist leichter in den Bundestag zu kommen, als bei der Polizei von Sachsen-Anhalt anfangen zu können. Das trifft auch für den Landtag zu. Ich erlebe es immer wieder, daß sich Eltern, auch Landtagsabgeordnete, bei mir beschweren, weil ihre Kinder die Aufnahmeprüfung nicht bestanden haben.
Stellen Sie sich vor, ich würde einer erbosten Mutter dann sagen müssen: Ihr Sohn läuft die 100 m leider nur in 10,4 Sekunden. Würde er sie in 9,8 Sekunden laufen, könnte er beginnen.
Oder: Ihr Sohn hat im Stabhochsprung die Latte leider bei 6 m gerissen, also ist er zu unsportlich für den Polizeidienst.
Meine Damen und Herren, Spaß beiseite. Obwohl eine eigene Sportfördergruppe nicht in Betracht kommt, ist es vorstellbar, eine kleinere Gruppe von Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern, sofern sie erfolgreich am Auswahlverfahren teilgenommen haben, als Nachwuchskräfte für den mittleren Polizeivollzugsdienst einzustellen. Im Einzelfall ist auch eine Verlängerung der Ausbildung in Betracht zu ziehen.
In der Vergangenheit wurden im übrigen bereits Spitzensportler als Nachwuchskräfte für die Polizei eingestellt. Derzeit sind an der Fachhochschule der Polizei in Aschersleben zwei von ihnen in der Ausbildung. Sie absolvieren allerdings den Vorbereitungsdienst für den gehobenen Dienst. Dabei war aber bisher eine Verlängerung der Ausbildung nicht geplant und auch nicht erforderlich.
Noch einmal zusammengefaßt: Die Idee des Olympiastützpunktes - daher kommt sie ja - ist sehr gut, aber in dieser Form leider nicht umsetzbar. Für den Einzelfall ist eine Lösung möglich, das heißt, daß Spitzensportler und Spitzensportlerinnen, die sich bei der Polizei bewerben und alle Tests bestehen, auch zukünftig besonders gefördert werden.
Ähnlich sieht es im übrigen auch der Leiter des Olympiastützpunktes. Mit ihm hatte ich vor einigen Wochen schon darüber diskutiert. Er hatte gefordert, daß pro Jahr zwei bis drei Spitzenathleten unterstützt werden. Dies ist möglich. Das werden wir auch weiterhin tun. Wie gesagt, ich schmücke mich auch gern mit guten Sportlern, da ich sehr unsportlich bin. Ich begrüße dieses im Ansatz; aber in dem Ausmaß, wie Sie es gern hätten, ist es leider nicht möglich.
- Von starken Sportlern. - Ich bin gern bereit, in den beiden Ausschüssen noch einmal darüber zu berichten. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man die Erfolge von Sportlerinnen und Sportlern aus den Sportfördergruppen der Bundeswehr zugrunde legt, dann kann man durchaus zu der Schlußfolgerung kommen, wie im Antrag der CDU-Fraktion formuliert, daß es sinnvoll wäre, solche Fördergruppen auch in anderen Bereichen, wie beispielsweise bei der Polizei, einzurichten. Diese Meinung werden viele Abgeordnete hier teilen, aber auch so mancher Vertreter aus dem Sport oder dem Umfeld des Sportes.
Überspitzt könnte der Antrag aber auch die Einrichtung von Sportfördergruppen im gesamten öffentlichen Dienst fordern. Das gesamte Feld des öffentlichen Dienstes, der Polizei und der Bundeswehr als Institutionen des Staates bietet sich an, weil die Möglichkeiten ganz praktischer Förderung des Umfeldes von Leistungs- und Hochleistungssport dort am unkompliziertesten zu gewährleisten sind. In jedem Fall ist es immer die öffentlich fördernde Hand, auf die wir schauen.
Hochleistungssport in anderen Wirtschaftsbranchen auszuüben, bedarf ebenfalls eines überdurchschnittlichen Interesses und Engagements der jeweiligen Arbeitgeber. Auch hierbei handelt es sich gleichsam um Sportförderung, genau genommen um Sponsoring. Auch der jeweilige Arbeitgeber möchte, daß sein Engagement für den Sportler oder die Sportlerin, also für den Sport, öffentlich bekannt wird. Man verspricht sich davon einen besseren Ruf, und die Sportler sind auf diese Unterstützung angewiesen.
Soweit es sich um Sportfördergruppen der Bundeswehr oder, wie in dem konkreten Antrag, um Sportfördergruppen bei der Polizei handelt, geht es immer auch um verdeckte Sportförderung mit staatlichen Mitteln neben jenen Finanzhilfen, die der Bund oder das Land in seinem Haushalt für die Förderung des Leistungssportes einstellt.
Aber der im Antrag aufgezeigte Weg kann doch nicht die Lösungsrichtung eines viel grundsätzlicheren Problems sein. Notwendig sind klare staatliche Förderprogramme für den Breitensport und für den Leistungssowie Hochleistungssport. Die Athleten brauchen optimale, auf sie zugeschnittene Unterstützung, die sowohl das jeweilige junge Talent fördert als auch das soziale Umfeld der Athletin oder des Athleten.
Notwendig sind aber auch staatlich gestützte Förderprogramme, die den Sportlern und Sportlerinnen die Möglichkeit einräumen, aktiv an der Gestaltung klarer Lebensperspektiven zu arbeiten. Sie haben zumeist 15 bis 20 Jahre ihres Lebens unter sportlichen Prioritäten gestaltet. Dabei blieben andere berufliche Perspektiven im Hintergrund. Es muß auch darum gehen, ihnen Chancen einzuräumen, nach dem Sport in neuen Feldern Fuß zu fassen. Das ist auch eine Art Hilfe zur Selbsthilfe.
Die meisten Sportler und Sportlerinnen verdienen selbst mit Weltklasseleistungen und eventuellen Werbeverträgen nicht so viel Geld, daß dieses ein sorgloses Leben danach garantiert. Die meisten Spitzenathleten bleiben in der Bundesrepublik und gehen nicht nach Monaco. Niemand - auch die Betroffenen nicht - wird bei staatlicher Förderung für den gesamten Lebensunterhalt von ehemaligen Leistungssportlern aufkommen. Aber es müssen ihnen doch bessere Chancen eingeräumt werden, um im sogenannten Normalleben wieder Fuß zu fassen.
Der Antrag belegt daher, ohne das beabsichtigt zu haben, die Grenzen bisheriger staatlicher Sportförderung, sowohl bezogen auf die Aktivenzeit als auch bezogen auf die Zeit danach. Dort muß angesetzt werden.
Wir wollen aber auch deutlich sagen: Uns geht es nicht um Sport im staatlichen System, sondern um staatliche Förderung im System des Sports. Auch wenn sich die Sportfördergruppen unter den nun einmal gegebenen Rahmenbedingungen für die betreffenden Sportlerinnen und Sportler bewährt haben mögen, auch wenn dadurch die Bundeswehr Reputationspflege betreiben konnte, Priorität sollte in jedem Fall der Sport haben. Demzufolge sollte Sportförderung ihrem Namen treu bleiben, also direkt bei der Förderung des Sportes ansetzen.
Seitens meiner Fraktion bitte ich um Überweisung in den Ausschuß für Gleichstellung, Kinder, Jugend und Sport; wir würden aber auch einer weiteren Überweisung in den Innenausschuß zustimmen. - Danke schön.
Bevor ich dem Kollegen Hoffmann von der SPD-Fraktion das Wort erteile, begrüße ich Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Jugendweihe aus Seehausen/Altmark. Wir sehen, die Altmark ist heute sehr zahlreich vertreten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Sportfreunde! Lieber Herr Schulze von Dynamo Zschern-dorf!
- Wir wissen alle, was Dynamo früher war. Vorhin hat eigentlich bloß noch gefehlt, daß Sie mit einer ordentlichen Polizeiuniform, im sportlichen Dreß hier aufgelaufen wären. Dann wäre alles perfekt gewesen.
Aber Spaß beiseite. Dies ist ein ernstes Thema. Ein bißchen Spaß, denke ich, gehört aber zur Auflockerung dazu.
Ihre Anregung begrüßen wir. Wir meinen aber, es müßte intensiver geprüft werden. Die Fakten hat der Innenminister bereits genannt. Ich will sie nicht noch einmal wiederholen. Wir unterstützen den Sport, wie Sie wissen, vielfältig und auch im Rahmen des Landeshaushaltes mit rund 55 Millionen DM jährlich. Auch die Polizeisportvereine werden vielfältig unterstützt. Auch hierzu leisten wir einen hohen Beitrag.