Nirgends werden so viele unbezahlte Überstunden geleistet wie in den Krankenhäusern. Dort reicht das Geld auch nicht, wenn wir das Versorgungsniveau aufrechterhalten wollen. Das heißt, das Prinzip „Deckel drauf und kümmert euch“ löst nicht die Probleme des Gesundheitswesens. Das haben Sie mit diesem Antrag zur Diskussion gestellt; deswegen finde ich ihn richtig, und wir werden ihm zustimmen.
Wenn Sie unter dem ersten Anstrich des Antrages fordern, sich auf Bundesebene für eine schnellstmögliche Novellierung einzusetzen - früher nannte man das „nachbessern“ -, sagen wir ja. Das ist notwendig und das muß geschehen.
Wenn die Landesregierung im Rahmen der Rechtsaufsicht auf die Kassenärztliche Vereinigung einwirken soll Herr Kollege Nehler, dies bedeutet, daß das Ministe-rium aufpassen muß, daß die Kassenärztliche Vereinigung das geltende Recht und die Gesetze einhält -,
heißt das nichts anderes als: Ihr habt Anspruch auf einen bestimmten Punktwert. Über den Verteilungs
schlüssel darf die Kassenärztliche Vereinigung durch ihre eigenen Vertretungskörperschaften selbst entscheiden, nur die Gesetze müssen eingehalten werden. Wenn die Gesetze nicht mehr Geld bieten, können sie einen Kopfstand machen, dann können sie das Problem allein nicht lösen und dann wird auch die Rechtsaufsicht des Ministeriums nicht helfen können.
Abgesehen davon haben Sie verschwiegen - ich denke, Sie wissen es -, daß gerade in Sachsen-Anhalt seit 1992 solche Leistungen als Modellversuch durch die Kassenärztliche Vereinigung über den Weg der Erstattungsfinanzierung mitgetragen worden sind. Die KV ist also besser als ihr Ruf. Das hätte man an dieser Stelle auch einmal sagen können.
Auf die Krankenkassen als Kostenträger einwirken kann man nicht, wenn diese auch kein Geld und wenn diese Schulden haben. Man sollte den Versuch trotzdem unternehmen. Sie werden alle wissen, daß der Sozialminister von Thüringen erfolgreich war und durch seine Moderation, ohne daß die Rechtsansprüche der Beteiligten in Frage gestellt worden sind, zwischen den Kassen und der Kassenärztlichen Vereinigung von Thüringen eine befristete Übergangslösung erreicht hat. Dies, denke ich, kann die Landesregierung von SachsenAnhalt wenigstens auch versuchen.
Wenn wir dann noch im Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales darüber reden sollen, dann bin ich sofort dafür, die Beteiligten auch einmal reden zu lassen. Wenn sich als Ergebnis herausstellen sollte, daß man Gesundheitspolitik eben so nicht machen kann, wie Sie es uns laufend anpreisen, so hat dieser Antrag wirklich einen therapeutischen Nutzen gehabt, und das wünsche ich mir. - Vielen Dank.
Herr Professor Böhmer, ich danke Ihnen für den Hinweis auf die ständige Verletzung unserer Geschäftsordnung, die darin besteht, zu zitieren, ohne die Zustimmung der jeweiligen Präsidentin oder des Präsidenten einzuholen.
- Ich danke für den Hinweis auf die ständige Verletzung der Geschäftsordnung, nämlich immer zu zitieren, ohne die Zustimmung des Präsidenten einzuholen.
Herr Präsident, wenn Sie es mir erlauben, möchte ich gerne etwas dazu sagen. Diese stereotype Floskel „Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident“ ist wirklich kalter Kaffee.
Sie hat wirklich nur einen Grund: Diese Erlaubnis ist notwendig, um von der Geschäftsordnung, die für uns alle gilt und in der steht, daß wir frei sprechen sollen, abweichen und etwas zitieren, also ablesen zu dürfen. Wer schon mit Ablesen anfängt, der sollte es sich verkneifen. Das sage ich allerdings auch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den Diskussionen zu Gesundheitsfragen und zum Gesundheitssystem werden in den letzten Jahren immer wieder zwei Forderungen hervorgehoben: Qualitätssicherung und der Ausbau ambulanter Versorgungsstrukturen. Was nutzt jedoch das Betonen dieser richtigen Schwerpunkte, wenn auf Bundesebene Gesetze gemacht werden, deren Regelungen dann - zumindest in Teilbereichen - zum Bumerang werden?
So gesehen kann ich bei aller Freude darüber, daß dieses Gesetz entstanden ist und daß es für die Psychotherapeuten und deren Existenz sowie für die Versorgung der Patienten positive Wirkungen hat, der Aus-sage, daß der Erlaß dieses Gesetzes eine Sternstunde war, nicht ganz zustimmen, Herr Dr. Nehler. Die Freude - das haben Sie selbst gesagt - wird dadurch getrübt, daß die Existenz der bestehenden Praxen, die bei weitem nicht ausreichen, durch die ungenügenden finanziellen Rahmenbedingungen in Frage gestellt wird. Wenn wir uns die Freude erhalten wollen, dann müssen wir etwas dazu tun, daß diese Bedingungen verändert werden.
Die grundlegenden Webfehler sowie deren prekäre Folgen für die psychotherapeutische Versorgung von Patienten, die in Sachsen-Anhalt schon gegenwärtig nicht bedarfsdeckend ist, und für die Praxen der niedergelassenen Therapeuten wurden ausführlich benannt. Ob diese prekären Folgen jedoch auch der Bundesministerin klar sind, wage ich nach der Verschiebung der eigentlich für diese Woche vorgesehenen Gespräche zu bezweifeln.
Mit einer raschen Gesetzesänderung in diesem Punkt das möchte ich betonen, das wurde auch deutlich könnte die Bundesministerin auch ihrer berechtigten Forderung, Wirtschaftlichkeitsreserven im Gesundheitsbereich zu erschließen, Rechnung tragen.
Die Begründung dafür möchte ich noch einmal vorlesen. Der Vorsitzende des Landesverbandes der Vereinigung psychotherapeutisch tätiger Kassenärzte führte folgendes aus - ich bitte zitieren zu dürfen -:
„Die Wartezeiten auf eine Therapie liegen zwischen drei und sechs Monaten. Meistens vergehen sieben Jahre, bis die Patienten zu uns kommen. Bis dahin häufen sich Behandlungskosten in Milliardenhöhe. Allein für Schlaf- und Beruhigungsmittel sowie für Psychopharmaka werden jedes Jahr 1 Milliarde DM ausgegeben. Fast ohne Medikamente kommt aber ein Psychotherapeut aus.“
Das Gesetz muß deshalb in diesem Punkt unserer Meinung nach unverzüglich geändert werden; denn auch der zu erwartende Schiedsspruch - auch wenn er positiv ausfallen sollte - beseitigt die eigentlichen Ursachen nicht.
Novellierungsbedarf besteht vor allem in folgendem: erstens hinsichtlich der Sicherung der Eigenständigkeit und der Eigenverantwortlichkeit des Berufsstands durch die aktuelle Änderung der Berechnungsbasis im Budget.
Ich schließe mich diesbezüglich den Worten von Herrn Professor Böhmer an. Auch wir haben immer gesagt, die Budgetierung, auch die Globalbudgetierung kann nur eine zeitweilige Möglichkeit zur Erschließung von Reserven sein, aber kein Dauerzustand. Ich denke, das beweist sich nunmehr.
Zweitens geht es darum, die Versorgungs- und die Rehabilitationsleistungen ambulant tätiger Psychotherapeuten sowie der Kinder- und Jugendpsychotherapeuten analog den vorhandenen Möglichkeiten im stationären Bereich zu ermöglichen.
Drittens geht es darum, die Frage zu klären, ob die Einbindung des Berufsstandes in die KV sach- und fachgerecht war oder ob vielleicht die Gründung einer eigenen Kammervertretung sinnvoller wäre.
Die Notwendigkeit der Novellierung des Gesetzes möchte ich aber auch unter einem ganz speziellen Aspekt Sachsen-Anhalts deutlich machen. Das ist die Situation im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Seit Jahren bestehen in Sachsen-Anhalt gravierende Behandlungs- und Betreuungsdefizite in der ambulanten und stationären Versorgung auf dem Gebiet der Kinderund Jugendpsychiatrie.
Mit dem Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes haben zahlreiche psychologische Psychotherapeuten auch eine Approbation als Kinder- und Jugendpsychotherapeut erhalten. Auch für diese Gruppe hat die Schaffung existenzsichernder Rahmenbedingungen für ihre Arbeit besondere Bedeutung, damit das Dilemma, das der Ausschuß für Psychiatrie seit Jahren benennt, auf diesem Gebiet in Sachsen-Anhalt wenigstens schrittweise angegangen und vielleicht überwunden werden könnte.
In Anbetracht der Versorgungssituation mit psychotherapeutischen Leistungen und deren Bedeutung vor allem für die gesundheitliche Betreuung der Bevölkerung halten wir es für dringend erforderlich, eine gesetzliche Änderung im Psychotherapeutengesetz in dem Punkt der finanziellen Rahmenbedingungen herbeizuführen.
Wir sind der Meinung, daß Übergangslösungen notwendig sind. Dazu bedarf es der Moderation, sicherlich auch des Ministeriums. An dieser Stelle sollte verstärkt gehandelt werden. Aber die grundlegende Ursache wird damit nicht beseitigt. Deshalb stimmen wir dem Antrag zu und werden auch Übereinstimmung bei einer Direktabstimmung erzielen.
Meine Damen und Herren! Bevor ich der Abgeordneten Frau Wiechmann das Wort erteile, begrüßen wir Schülerinnen und Schüler des Otto-von-Guericke-Gymna-siums aus Magdeburg.
Bitte, Frau Wiechmann, Sie haben das Wort. - Herr Wiechmann spricht diesmal. Entschuldigung, es war richtig gemeldet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein altes deutsches Sprichwort lautet: „Den Kopf halt' kühl, die Füße warm, das macht den besten Doktor arm.“ Jeder
von uns kann in die Situation geraten, daß er medizinischer Hilfe bedarf. Dann ist es eben nicht mit einem Sprichwort getan.
Deshalb berührt der vorliegende Antrag der SPD-Fraktion ein dringliches Anliegen, weil nicht länger hingenommen werden kann, daß die Novellierung eines bereits im Frühjahr vorigen Jahres beschlossenen Psychotherapeutengesetzes immer noch hinausgezögert wird.
Gewiß, das vorliegende Psychotherapeutengesetz war ein wesentlicher Schritt zur gleichberechtigten Anerkennung der Psychotherapie neben den klassischen schulmedizinischen Therapien. Es war auch nicht zuletzt ein Zeichen für das Aufbrechen verkrusteter Strukturen in der Medizin und gegen teilweisen Standesdünkel gegenüber Psychologen und Therapeuten.
Der gesetzliche Niederschlag von Kriterien für die berufliche Anerkennung, für einen gesetzlichen Schutz der entsprechenden Berufsbezeichnung war die Voraussetzung für die gleichberechtigte Stellung der Psychotherapeuten und eine entsprechende Leistungshonorierung.
Natürlich vollzieht sich das nicht ohne Widerstand. Gern berufen sich die Gegner der Psychotherapie auf das geflügelte Wort des scharfzüngigen Karl Kraus: „Die Psychoanalyse ist die Geisteskrankheit, für deren Therapie sie sich hält.“ Aber sollen sich darüber die medizinischen und die psychologischen Geister streiten.
Nicht aber verwunderlich, sondern vielmehr typisch ist, daß die rot-grüne Bundesregierung nur zögerlich beschlossene Gesetze umsetzt. Das Hickhack um die Gesundheitsreform ist hinreichend bekannt.
Vielleicht ist es bereits praktizierte psychotherapeutische Behandlung, wenn die Fraktion der SPD mit dem Antrag ihre eigene Bundesregierung auf Trab bringt. Herr Professor Böhmer hat sich in einem ähnlichen Sinne geäußert.
(Ministerin Frau Dr. Kuppe: Das war damals aber noch die alte Bundesregierung! - Herr Dr. Nehler, SPD: Das war die alte!)
Wenn die Psychotherapeuten nicht nur in Sachsen, sondern auch in anderen Ländern öffentlich dagegen protestieren, daß die ihnen zugebilligten Honorare gekürzt und immer weiter gekürzt werden, dann ist das zwar ähnlich wie bei Medizinern anderer Fachrichtungen, aber es führt auch zu großen Unsicherheiten und Ängsten bei den Patienten.
Gewiß, sie sind heute nicht mehr auf die Regierungsärzte angewiesen, sondern können im Zuge freier Wahl den Psychotherapeuten aufsuchen. Aber die Behandlung - das wissen Sie alle - kann sehr umfangreich und langwierig sein. So werden bei Angststörungen durchaus zwischen 25 und 40 Stunden angesetzt. Es gibt auch Therapien, die viel aufwendiger sind.
Wenn dieser Antrag auf angemessene Vergütung abzielt, sollte beachtet werden, daß nicht nur eine Leistungsgleichsetzung pro Behandlungseinheit gesetzt ist, sondern daß auch das Budget entsprechend und angemessen ausgestattet ist.
Die unverzügliche Novellierung des Psychotherapeutengesetzes ist auch deshalb dringlich, weil nicht nur die Anzahl der zu behandelnden Patienten wächst die Ursachen dafür sind mannigfaltig -, sondern weil sich kranke Menschen sonst wieder Scharlatanen und