Protocol of the Session on February 1, 2024

(Hans-Jürgen Zickler, AfD: Geld, das ihr vorher eingenommen habt!)

Man könnte das noch fortsetzen. Ist das alles nichts?

(Jörg Urban, AfD: Die sind immer noch nicht zufrieden, die Bauern! Undankbares Volk!)

„Bauern entlasten!“

(Zuruf des Abg. Thomas Thumm, AfD)

Auf unsere fleißigen Landwirte und Landwirtinnen in Sachsen möchte ich auch zu sprechen kommen. Die Proteste unserer Landwirte haben sich an den spontanen finanziellen Kürzungsvorhaben der Bundesregierung entzündet, werden aber von tief liegenden Unzufriedenheiten und Konflikten befeuert, zum Beispiel von dem Gefühl fehlender gesellschaftlicher Wertschätzung, von zu vielen Verän

derungen in zu kurzer Zeit – und das mit steigenden bürokratischen Anforderungen –, von immer mehr Einschränkungen im Pflanzenschutz und in der Düngung – ich denke an rote Gebiete –, von der Zwangsstilllegung von Flächen, von Einschnitten in der Förderpraxis, von einem hohen Preisdruck des Großhandels, von Klimaveränderungen und Trockenheit. Das könnte man fortführen. Das ist zum Teil auch schon gemacht worden.

Ich persönlich gehöre zu den Kritikern der Kürzung beim Agrardiesel und bin auch für die Zurücknahme, zumindest bis alternative Lösungen gefunden worden sind. Ich sehe diese Subvention auch nicht als Geschenk, sondern als Entlohnung der Landwirte für ihre wichtige Dienstleistung im Hinblick auf Versorgungssicherheit und Umweltschutz.

Sicherlich gehen die Meinungen in diesem Bereich weit auseinander, auch darüber, wie eine Landwirtschaft für die Zukunft aufgestellt sein muss und wie wir sie am besten ausrichten.

Ich habe von den Landwirten auch während der Demonstrationen vernommen, dass es den Landwirten vor allem um Folgendes geht:

Es geht um den Abbau bürokratischer Hürden – nennen wir es einmal Überregulierung –, eine auf viele Jahre ausgerichtete Planungssicherheit, von der eigenen Hände Arbeit leben zu können, ohne dabei auf sehr viele Subventionen angewiesen zu sein, und gewisse Freiheiten in der wirtschaftlichen Entscheidung. Die Bauern wurden von der Politik gehört. Diesen Eindruck habe ich auch. Die generellen Botschaften sind erst einmal in Berlin angekommen, und die Bundesregierung ist bereit, erste Schritte und Wege einzuleiten. Bis zur Sommerpause will sie im Gespräch mit der Landwirtschaft Konzepte entwickeln, wie sie die Landwirtschaft nachhaltig unterstützen kann. Ziel sind konkrete Verbesserungen für Landwirte in Sachsen, in ganz Deutschland.

Ich bin zuversichtlich und hoffe, dass damit gute demokratische Ergebnisse erzielt werden, die die populistischen Forderungen, wie sie von der AfD kommen, obsolet machen und Druck aus dem Kessel nehmen. Eine differenzierte Betrachtung täte uns bei aller Unzufriedenheit, die gerade herrscht, gut, meine Herren von der AfD, weil diese Unzufriedenheit an mancher Stelle mehr gespürt und geschürt wird. Sie passt aber nicht immer zur sozioökonomischen Realität, genauso wenig wie die herbeigeredete Spaltung der Gesellschaft.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den BÜNDNISGRÜNEN – Beifall des Staatsministers Wolfram Günther)

Herr Abg. Teichmann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir debattieren zum Thema „Aufstand der Fleißigen: Bauern entlasten! Bürger entlasten! Grüne entlassen?“. Die Land- und

Forstwirte, die vielen Handwerker, Gastronomen und unzufriedenen Bürger, die sich im Rahmen friedlicher und legitimer Demonstrationen gegen die Regierungspolitik stellen, haben allen Grund dafür.

Die Gründe liefern die Regierungsparteien auf Bundes- und Landesebene tagtäglich. Sie regieren an den wahren Bedürfnissen der Bürger und der Wirtschaft vorbei. Diese leiden an der viel zu hohen Steuerlast, erdrückender Bürokratie, zunehmender Bevormundung, fehlender Wettbewerbsfähigkeit, sinkendem Bildungsniveau an unseren Schulen, Kaufkraftverlusten durch Inflation usw. Die Menschen machen sich Sorgen um ihre Zukunft. Diese Zukunft, unser von Generationen hart erarbeiteter Wohlstand ist durch Ihre verfehlte Politik ernsthaft gefährdet.

Die fleißigen Bauern, die Unternehmen und engagierten Menschen in unserem Land wollen keine Almosen vom Staat. Sie wollen ordentliche, faire Rahmenbedingungen, um vernünftig leben und wirtschaften zu können. Die Bauern dürfen erwarten, dass beispielsweise Zusagen zur Bezahlung von erbrachten Leistungen termingerecht vergütet werden.

Der aktuelle Umgang mit den Bauern dokumentiert die mangelnde Wertschätzung durch die Politik, insbesondere rot-grüner Politik gegenüber Leistungsträgern unserer Gesellschaft. Dabei verdanken wir gerade diesen die Wertschöpfung in unserem Land und die Sicherung der Lebensgrundlagen.

In den letzten 20 bis 25 Jahren haben weit mehr als 300 000 Landwirte in Deutschland den landwirtschaftlichen Betrieb aufgegeben. Sie geben auf, weil die Rahmenbedingungen sie dazu zwingen. Was machen Sie? Sie verschärfen diese, statt spürbar zu helfen. Im Gegenteil, Sie feiern sich noch, wenn Sie die durch landesweite Proteste erzwungenen Zugeständnisse – die teilweise Rücknahme von zusätzlichen Belastungen gegenüber den Bauern – einräumen. Die Kfz-Steuer-Befreiung ist dabei nicht der Hauptgrund der Bauernproteste. Die Bauern und alle, die diese Proteste unterstützen, wollen bessere Arbeits- und Produktionsbedingungen. Statt diese berechtigten Anliegen konkret zu unterstützen, werden weitere Zugeständnisse abgelehnt.

Entlasten Sie die Leistungsträger, statt diese durch immer mehr Belastungen zu erdrosseln! Am fehlenden Geld liegt es nicht, wie die enormen Geldzahlungen ins Ausland beispielsweise zur Finanzierung von Radwegen in Peru zeigen. Es fehlt am politischen Willen und wohl auch am Können. Anders ist die verfehlte Politik nicht zu erklären.

Herr Zschocke, wenn Sie hier für die GRÜNEN null Komma null Selbstkritik an dem üben, was letztlich zu den Protesten auf den Straßen führte – und das sind Massenproteste –, dann muss doch einiges schiefgelaufen sein.

(Zuruf der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Herr Teichmann, Sie müssen zum Ende kommen.

Ich hätte mir mehr Selbstkritik gewünscht.

Danke.

Meine Damen und Herren, wir gehen in die nächste Runde. Es beginnt wieder die AfD, Herr Abg. Dornau.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werter Herr Zschocke, Sie haben ja anscheinend den Nagel auf den Kopf getroffen, wenn man Ihrer Reaktion folgt.

Kommen wir zu Sachsens Landwirtschaft. Es gibt das jahrelange Hickhack um die roten Gebiete. Hier werden Landwirte fernab vom Verursacherprinzip mit pauschalen Unterdüngungsquoten gegängelt, die die Erträge ihrer Feldfrüchte schmälern, und zwar gegen jede gute fachliche Praxis. Im Bundesrat hat sich Herr Kretschmer mit seiner Regierung zu dieser Düngeverordnung nur enthalten. Ein ehrliches Nein sieht anders aus. Ein Antrag der AfD für einen minimalen Ausgleich der Bauern in den roten Gebieten wurde durch die CDU aus Rücksicht auf den grünen Koalitionspartner abgelehnt.

Die ehemalige Bundesagrarministerin und heutige Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Glöckner hatte sich für die schnelle Ratifizierung des Mercosur-Abkommens, welches die zollfreie Einfuhr von Billigfleisch und anderen Agrarprodukten aus Südamerika ermöglicht, ausgesprochen. Sehr geehrte Kollegen der CDU! Auch Ihre Kommissionspräsidentin von der Leyen drängt mit Nachdruck auf die Umsetzung dieses Abkommens.

Der ungezügelte Ausbau der Fotovoltaikanlagen auf Freiflächen gegen jeglichen gesunden Menschenverstand treibt die regionalen Pachtpreise in die Höhe und lässt gerade mittlere und kleine Veredlungsbetriebe auf der Strecke bleiben. Unser Antrag gegen diesen Wahnsinn wurde auch von der CDU abgelehnt.

Weiter sehen sich Sachsens Bauern trotz drastisch gestiegener Betriebskosten auf der Erlösseite mit niedrigen Getreidepreisen konfrontiert. Ein erheblicher Faktor hierbei ist die Flutung der heimischen Märkte mit ukrainischem Getreide, was nicht unseren strengen Standards entspricht. Reaktion der Regierung: Fehlanzeige.

Die Negativseite unseres sächsischen grünen Anti-Landwirtschaftsministers findet ihren traurigen Höhepunkt im Auszahlungsskandal Ende letzten Jahres, den es nur in Sachsen gab.

(Zuruf der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Zuletzt haben Sachsens Bauernverbände Minister Günther ein Ultimatum bis gestern gesetzt. Das wurde geradeso eingehalten. Dazu muss man wissen, dass es sich nicht um Subventionen handelt, sondern um notwendige Ausgleichszulagen, die aufgrund der globalen Wettbewerbsverzerrungen dringend notwendig sind.

(Sabine Friedel, SPD: Das sind Subventionen!)

Anstatt diesen Ausgleich zumindest inflationsbedingt nach oben zu schrauben, wird er immer weniger. Kennen Sie einen Wirtschaftszweig, bei dem sich der Staat herausnimmt, einen Teil der Produktion zwangsstillzulegen? Doch, das gibt es. Die Bauern werden genötigt, 4 % ihrer Fläche stillzulegen – und das ohne jeglichen Ausgleich bei vollen Festkosten.

Noch dramatischer ist die Situation bei den Tierhaltern. Ständig neue Auflagen bei der Haltung und Emissionsschutz lassen keine vernünftige Investitionsplanung zu. Die Folge: stark sinkende Selbstversorgungsgrade besonders bei Fleisch. Sollen die Koteletts künftig aus China kommen, oder soll gleich die vegane Republik ausgerufen werden? Das hatte selbst der Ministerpräsident auf der Bauerndemo hier in Dresden erkannt. Gehandelt hat die CDU bis heute nicht. Im Gegenteil, hier auf Landesebene lässt sich die CDU ständig den Ring von den GRÜNEN durch die Nase ziehen und lehnt sämtliche Anträge der AfD zur Thematik ab.

Das ist die Situation. Gerade bei der Tierhaltung erreichen uns täglich Nachrichten, dass wieder Betriebe die Milchviehhaltung einstellen, die Rinder in die Masuren verkauft wurden, die Ställe geschlossen werden, Arbeitsplätze abgebaut werden, weil sie nicht mehr können, weil sie in der Bürokratie und in der Kostenlawine ersticken. Das ist die Situation. Sachsens Union trägt alle diese bauernfeindlichen Entscheidungen der letzten Jahre mit. Da hilft es wenig, wenn Sie, Herr Kretschmer, aus rein wahltaktischen Gründen über den grünen Koalitionspartner herziehen und den volksnahen Hobbyanstreicher und Fensterputzer darstellen. Die Menschen durchschauen schon lange Ihre Schmierenkomödie.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Gibt es noch weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? Ich sehe Herrn Abg. Heinz.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dornau, unter Schmierenkomödie erleben wir hier gelegentlich etwas anderes. Vielleicht ein guter Ratschlag an Ihre Fraktion: Achtet auf Eure Gedanken; denn aus Gedanken werden Worte – das erleben wir ja –, und achtet auf Eure Worte; denn aus Worten werden Taten. Ich hoffe, dass wir das nicht erleben müssen.

(Beifall bei der CDU)

Was können wir denn tun, um unsere Bauern zu entlasten? Ich gehe davon aus, dass, solange die Einschränkungen bei der Subventionierung des Agrardiesels nicht zurückgenommen sind, Sachsen im Bundeshaushalt nicht zustimmen wird. Wir sind auch sehr dafür, dass das unternehmerische Handeln unserer Bauern nur auf wissenschaftlicher Grundlage eingeschränkt wird und nicht auf Grundlage von Ideologien. Das heißt also: Keine Sonderwege bei Regeln über Pflanzenschutzmittel, die nur in Deutschland gelten, sodass die Produkte hier nicht mehr produziert werden

können und dann aus dem Ausland eingeführt werden müssen. Eingeführt werden sollten verpflichtende und detaillierte Herkunftskennzeichnungen aller Lebensmittel, idealerweise auch bei Lebensmitteln, die aus Ländern kommen, in denen nicht nach deutschen Standards produziert wird. Vielleicht könnte das mit dem Slogan gekennzeichnet werden: Wurde mit Mitteln und Methoden produziert, die in Deutschland nicht erlaubt sind.

Die Beibehaltung der Subventionierung des Agrardiesels ist eine gute Forderung. Das sollte vielleicht auch an die Inflationsentwicklung angepasst werden. Von einer Sicherung einer regionalen, krisenfesten und bezahlbaren Energieversorgung könnten auch unsere Landwirte profitieren, wenn man es geschickt macht, nämlich mit Biogas, mit Agri-PV und auch Biomasse.

Die Besserstellung der Landwirtschaft in der Wertschöpfungskette hängt im Wesentlichen auch mit der Schaffung von Verarbeitungskapazitäten zusammen. Hier wäre der Einsatz des SMEKUL zu loben, zumindest die Initiativen, die hierfür Verbesserungen erreichen. Frau Mertsching, ungefähr 50 % aller Molkereien gehören den Bauern. Die gehören nicht irgendwelchen Konzernen. Vogtlandmilch gehört zum Beispiel den landwirtschaftlichen Erzeugern. Insofern geht die Aussage, dass die Konzerne die Bauern knebeln, in die falsche Richtung.

(Marco Böhme, DIE LINKE: ALDI, Rewe, Kaufland und Lidl knebeln doch die Bauern! – Weitere Zurufe von den LINKEN)

Wir haben uns, wie heute schon mehrfach gesagt wurde, aus gutem Grund für die Marktwirtschaft entschieden. Danach bestimmen Angebot und Nachfrage die Preise. Der Preis bildet sich am Markt. Dass das Geld für die Rechnung fließt, hat mit der Preisbildung nichts zu tun. – Sie dürfen gerne Fragen stellen. Ich würde sie auch beantworten.