Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Ich weiß gar nicht so richtig, wozu ich jetzt was sagen soll.
Ich kenne Tinnitus in den Ohren, nicht in den Augen, muss aber trotzdem das hören, was Sie hier von sich geben. Ich dachte, wir führen endlich mal eine konstruktive Debatte über die Zukunft der Landwirtschaft. Der Titel hat es zwar auch nicht versprochen, aber ich habe trotzdem darauf gehofft.
Kommen wir nun trotzdem zu einer konstruktiven Debatte. Wir können den Aufstand der Landwirtinnen und Landwirte von Anfang des Jahres gut verstehen. Die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik hat den Druck auf die Landwirtinnen und Landwirte erhöht. Es gibt erhöhte Tierwohlanforderungen, allerdings ohne verlässliche Gegenfinanzierung – dafür einen großen Dank an die FDP –, es gibt verschärfte Düngeregelungen, es gibt verpflichtende Flächenstilllegungen, es drohen neue Handelsabkommen – wie zum Beispiel das Mercosur-Abkommen, das hoffentlich verhindert wird –, die Energie- und Düngemittelpreise sind gestiegen, das Aktionsprogramm „Natürlicher Klimaschutz“ soll gekürzt werden, es gibt Zielkonflikte bei der Bodennutzung, also ob die Fläche noch für landwirtschaftliche Produktion zur Verfügung steht oder ob erneuerbare Energien dort installiert werden sollen; und überhaupt wird der Zugang zu Grund und Boden für Landwirtinnen und Landwirte immer schwieriger. Und dann kommen auch noch der Agrardiesel und die Rücknahme der Kfz-Steuerbefreiung hinzu.
Das alles landet bei den Landwirtinnen und Landwirten, ohne dass sie den Druck, der auf sie ausgeübt wird, irgendwie weitergeben können; denn in der Landwirtschaft bestimmt ja nicht der Produzent oder die Produzentin die Preise, sondern der Handel bzw. die Verarbeiter. Der Höhepunkt der Demos in Sachsen war der 10.01.2023 – wenn ich mich richtig erinnere – und nicht Montag, der 8. Januar. Da wissen wir auch, von welcher Demo Sie reden, bei der 8 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit 4 000 Traktoren da waren. Die Demo-Beiträge waren wenig konstruktiv. Ich habe nur einen Beitrag von Familienbetrieben gehört und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, bei dem überhaupt einmal über Maßnahmen, wie wir die Landwirtschaft in Zukunft verbessern können, geredet worden ist.
Konflikte müssen ausgetragen werden. Sie werden nicht gelöst, indem man einfach die Absetzung der Regierung fordert. Was soll denn danach kommen? Da kommt dann wieder die CDU, die im Prinzip auf Bundes- und Landesebene dafür verantwortlich ist, wie es in der Landwirtschaft aussieht. Deshalb müssen wir eigentlich darüber reden, was zu tun ist. Aber bei der Demo, genauso wie Sie es jetzt getan haben, werden nur polemische Sachen vorgetragen. Da wird sich über Bürgergeldempfänger aufgeregt, weil man nach oben schaut und nach unten tritt, anstatt die Ungerechtigkeit in dem Marktgefüge anzusprechen: zum Beispiel, dass 85 % des Marktanteils den großen Supermarktketten und den Milliardären gehören oder dass Rukwied und der Deutsche Bauernverband seit Jahren durch ihre Lobbyarbeit zur Situation in der Landwirtschaft beitragen, gegen die die Bauern nun auf die Straße gehen.
Es wird die ganze Zeit über Marktwirtschaft geredet. Dabei findet Marktwirtschaft in der Landwirtschaft gar nicht statt. 52 000 Milchbäuerinnen und Milchbauern stehen sechs Molkereikonzernen gegenüber. Diese haben einen Marktanteil von über 50 % und Millionengewinne. Der Preis für die Milch wird den Milchbauern und Milchbäuerinnen bis zu sechs Wochen, nachdem sie ihre Milch abgeliefert haben, mitgeteilt. Dass man dann auf die Straße geht, kann ich verstehen,
aber dann muss man doch mal gegen diese Verhältnisse auf die Straße gehen und sich zum Beispiel dafür einsetzen, was die Zukunftskommission Landwirtschaft erarbeitet hat. Darauf würde ich in meiner zweiten Rederunde eingehen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren! Viele fleißige Bürgerinnen und Bürger, vor allem der Mittelstand, sind wütend. Es herrscht Verunsicherung, Krieg, Inflation und
steigende Kosten. Die realen Löhne und auch die Einnahmen sinken, Wohlstandsverluste drohen. Ja, es sind viele wirklich krisenmüde und sie sehen auch den Weg nicht mehr. Die Wirtschaft war jahrzehntelang einseitig abhängig gemacht worden. Nun fällt das Kartenhaus zusammen. Jetzt gibt es kein billiges Gas mehr. Dringende Transformationen wurden über Jahrzehnte verschleppt. In extrem kurzer Zeit muss jetzt umgesteuert werden. Auch die Kosten für unsere Sicherheit steigen massiv. Also, Frieden und Freiheit in Europa gibt es nun einmal nicht zum Nulltarif.
In solch einer Situation wünscht man sich eine Regierung, die klar kommuniziert, die Zuversicht, Einigkeit und das Gefühl vermittelt, dass sie unser Land sicher in die Zukunft steuert.
Doch zur Bewältigung der ganzen Krisen und Transformationen gibt es in der Gesellschaft und Politik grundverschiedene Ansätze. Die Willensbildung dazu ist sehr anstrengend. Sie findet auf offener Bühne statt. Der Streit ist öffentlich und die gefundenen Kompromisse findet am Ende keiner wirklich gut, weil die eigene Position natürlich immer zu wenig berücksichtigt worden ist. Demokratie bedeutet nun einmal, gegensätzliche Positionen in Ausgleich zueinander zu bringen; denn die Bürgerinnen und Bürger erwarten ja zu Recht verlässliche Rahmenbedingungen, die dann auch gelten.
Jetzt ist die AfD demokratisch gewählt und hat auch vollumfänglichen Zugang zu den ganzen Instrumenten der parlamentarischen Arbeit.
Von den fleißigen Bauern und Bürgern erhält sie dafür auch viele Millionen Euro Steuermittel. Diese Mittel, Herr Dornau, setzt die Fraktion für polarisierende Wutkampagnen ein.
Das ist Ihr Beitrag zur politischen Willensbildung. Die dazugehörigen Videos drehen Sie hier im Plenarsaal. Das haben wir gerade live erlebt.
Die Kampagnen erreichen ihr Ziel. Sie lösen nämlich diesen ganzen gesellschaftszersetzenden Hass aus.
Aktuell haben Sie eine Kampagne mit der Überschrift: „Grüner Pannenminister muss weg“ gezündet, und sofort explodiert der Hass im Netz. Ich zitiere das einmal: „Nur hohle Birnen in dieser Affen-Regierung.“, „Was will man auch von so einem hirnlosen, dummen Minister verlangen?“, „Nicht nur der. Das ganze Ungeziefer.“, „Die gehören weggesperrt.“, „Die grüne Sekte gehört natürlich in die
(Dr. Rolf Weigand, AfD: „AfD töten!“ Das ist doch das, was wir gesehen haben! Schauen Sie einmal in den Spiegel!)
Das geht dann endlos so weiter. Das geht schon seit zehn Jahren so. Das ist der übliche Hass auf den von Steuerzahlern finanzierten Plattformen der AfD.
Wenn ich am Montag aus dem Rathaus komme, dann brüllt mich dieser entfesselte Hass auf dem Markt an.
Unter der AfD-Kampagne, die Sie gegen Wolfram Günther gezündet haben, lese ich dann noch folgenden Vorschlag: In der ehemaligen DDR wären die Angehörigen der GRÜNEN wegen asozialen Lebenswandels und Arbeitsverweigerung und wegen Wehrdienstverweigerung zu Zuchthaus und Zwangsarbeit verurteilt worden.
das war ja wirklich so. Es gab ja diesen Asozialen-Paragrafen im DDR-Strafgesetzbuch, das Delikt „arbeitsscheu“. Das wurde aus der Zeit vor dem Jahr 1945 übernommen. Menschen wurden deswegen tatsächlich inhaftiert. Es gab die Arbeitslager in der DDR. Die Wehrdienstverweigerer bekamen lange Haftstrafen. Die Zeitzeugen erzählen davon. Dieses Schicksal wünschen uns die Fans der AfD im Jahr 2024.
„Rot-grüne Täter“ – O-Ton Herr Dornau. Mit Blick auf meine eigene Biografie – ich sage das ehrlich – löst das gemischte Gefühle aus.
Also, es fällt mir schwer, das zu sagen, aber da ist diese unterdrückte Angst, die ich als 20-Jähriger hatte, bei jeder Vorladung zur Klärung eines Sachverhaltes, wenn ich abgeholt wurde und nicht wusste, wo es endet.
Dann hetzen Sie zu einem Aufstand der Fleißigen. Auf den Traktoren steht: Tut es für den Mittelstand, schmeißt die GRÜNEN aus dem Land.