Protocol of the Session on February 1, 2024

(Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Allein aus wirtschaftlichen Gründen haben hier viele Betriebe bereits reagiert und sich in den vergangenen Jahren modernisiert. Techniken wie die Drohnenbefliegung von Beständen oder die gezielte Applikation per Einzelsteuerung von Düsen sind schon bewährte Methoden. Daher können wir einem Grundanliegen des Antrags, nämlich der Technologieoffenheit und Förderung moderner Technik zur praktikablen Anwendung, nur beipflichten.

Ein Problem in der Praxis unserer Landwirte besteht in immer kürzeren und immer weniger planbaren Zulassungszeiträumen für Pflanzenschutzmittel. Nun ist ein gewissenhaftes Prüfen dieser Mittel auf jeden Fall geboten. Jedoch haben wir mittlerweile einen Zustand erreicht, in dem ein Landwirt fast im Monatstakt den Zulassungsstatus seiner Lagerbestände prüfen muss. Diese Zulassungs- oder – besser gesagt – „Verbotspraxis“ treibt sogar so seltsame Blüten, dass die Fortführung des Anbaus verschiedener Früchte immer wieder zur Disposition steht. So gab es in den letzten Jahren zum Beispiel über die Beizmittelzulassung bei Rapssaatgut immer wieder aufgeregte Diskussionen. Ganze Rapsbestände sind dem Rapserdfloh zum Opfer gefallen, da keine sicher wirksamen Mittel zur Verfügung stehen.

Nun fallen bei Zulassungen viele Entscheidungen auf der europäischen Ebene und daneben auch auf nationaler Ebene. In Deutschland ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zuständig. Es ist schon seit Längerem zu beobachten, dass Deutschland im Zweifel mehr Mittel verbietet als seine europäischen Nachbarländer. Die Folge sind handfeste Wettbewerbsnachteile.

(Zuruf des Abg. Marco Böhme, DIE LINKE)

Der Ansatz des Ausgleichs von Wettbewerbsnachteilen unter Punkt g) des Antrags geht in die richtige Richtung.

In Frankreich, Polen und anderen Ländern stehen durch Sondergenehmigungen mehr Wirkstoffe zur Verfügung. Unsere heimischen Landwirte brauchen gleiche Wettbewerbsbedingungen, und zwar mindestens auf dem gesamten europäischen Markt.

Weiterhin existieren in Deutschland schon seit vielen Jahren anspruchsvolle Auflagen für die Verwendung von Herbiziden, Fungiziden und Insektiziden. Diese reichen von der Überprüfung der Spritzen, insbesondere der Düsen, über die Sachkundenachweise der auszubringenden Person bis hin zu immer komplexeren Bestimmungen bezüglich Randstreifen, Gewässerrandbereichen und Abdriftverhalten der Mittel. Das ist auch alles nachvollziehbar. Jedoch treibt der Regulierungs- und Verbotswahn von Brüssel aus auch seltsame Blüten.

Allein durch das weltfremde Planziel im Rahmen der Farm-to-Fork-Strategie wird aus Brüssel bis zum Jahr 2030 einfach die Halbierung der Pflanzenschutzmittel angeordnet. Das muss man sich einmal vorstellen.

Weiterhin wurde im November im EU-Parlament über eine Verordnung zum nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln abgestimmt. Dies hätte nach dem Gutachten der Fachhochschule in Soest

(Zuruf des Abg. Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU)

Ertragseinbrüche bei Wintergetreide um 30 %, bei Kartoffeln und Winterraps um 40 % zur Folge gehabt. Bei Gemüse hätte das sogar einen möglichen Totalausfall bedeutet, bei Obst sicherlich ähnlich.

Hinzu kam bei diesen Pflanzenschutzmittelvorgaben sogar der Plan, in Schutzgebieten ein Totalverbot durchsetzen zu wollen. Das hätte gerade in Sachsen das faktische Ende des Weinbaus im Elbtal bedeutet, Herr Lippmann.

(Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE: Deswegen haben wir ja dagegen etwas getan!)

Es wären nicht nur chemische, sondern auch für den Ökoanbau zugelassene Pflanzenschutzmittel, zum Beispiel Kupferpräparate, verboten worden. Will man mit der Axt eine Halbierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes erzwingen, steht dieser Anbau ebenfalls vor dem faktischen Aus. Das Ergebnis des Einbruchs dieser Produktion wäre verstärkter Import aus dem Ausland und demzufolge auch eine erhöhte Abhängigkeit. Mit regionalen Wertschöpfungsketten und ortsnaher Versorgung hat das nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun.

Zum Glück wurde dieser Anschlag im EU-Parlament abgewendet. Die AfD-Abgeordneten stimmten dagegen. Jedoch hat fast die gesamte CDU-Delegation der dortigen EVPFraktion für diese Verordnung gestimmt.

Wenn es also hart auf hart kommt, fällt die CDU den eigenen Landwirten wieder einmal in den Rücken.

(Dr. Rolf Weigand, AfD: Hört, hört!)

So sieht also die Wertschätzung der CDU für die ehrlichen und hart arbeitenden Landwirte aus.

Werte Damen und Herren! Sie sehen also: Für eine gute Selbstversorgung müssen wir eine leistungsfähige Landwirtschaft erhalten. Aber nicht nur vonseiten der EU droht einheimischen Bauern ein praxisfremdes 50-%-Ziel, sondern auch der schwarzen Koalition in Sachsen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Warum protestieren eigentlich die Franzosen?)

Schließlich wird im gültigen Koalitionsvertrag zwischen CDU und Rot-Grün auf Seite 90 das Ziel einer Halbierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes ausgegeben. Auch hier hat sich die einst konservative und praxisnahe CDU von den GRÜNEN über den Tisch ziehen lassen.

Diesem Berichtsantrag merkt man an, dass er zwar in die praxis- und realitätsnahe Richtung will, aber er darf eben nicht. Man könnte sagen: halbschwanger.

Wir brauchen einheitliche Erzeugungsstandards, die sich im globalen Wettbewerb messen lassen und keine ständigen Verbote für unsere Landwirte rat- und planlos zulassen.

Herr von Breitenbuch, Sie müssten eigentlich wissen, wie praxisorientierte Landwirtschaftspolitik aussehen sollte.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Warum setzen Sie sich nicht endlich einmal in Ihrer Koalition durch? Ihrem Antrag können wir in dieser Form jedenfalls nicht zustimmen. Im Interesse der sächsischen Landwirte werden wir uns aber auch nicht komplett dagegenstellen.

(Sören Voigt, CDU: Setzen Sie sich doch einmal durch!)

Wir werden uns enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das war Herr Dornau für die AfD-Fraktion. Ich sehe Valentin Lippmann mit einer Kurzintervention.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. In der Annahme, dass Herr Dornau regelmäßig beim Ablesen keine Zwischenfragen zulässt, weil es ihn aus dem Konzept bringt, möchte ich es gleich per Kurzintervention erklären wollen.

Herr Dornau, ich glaube, Sie sind hinsichtlich des EU-Vorhabens und des Antrags einem Irrtum aufgesessen. Das erklärt vielleicht auch Ihre Verwunderung über manches Abstimmungsverhalten. Es ist gut, dass die EU das Ziel einer Vereinheitlichung der Pflanzenschutzstandards innerhalb der EU hatte. Es war auch gut aus deutscher Sicht; denn momentan haben wir es insbesondere im Bereich der Sonderkulturen mit erheblichen Wettbewerbsverzerrungen zu unseren Ungunsten zu tun. Wir haben hohe Standards, andere europäische Länder haben sie nicht, und das Ziel einer Vereinheitlichung wäre ein Wettbewerbsvorteil für

Deutschland gewesen.

Dass das, was die EU-Kommission unter der EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen dort vorgelegt hat, am Ende nicht mehrheitsfähig war, lag daran, dass es weit über das Ziel hinausschoss, eine Reihe von Sonderkulturen vollkommen vernachlässigt hat und lokale Spezifika, insbesondere Sachsen, beispielsweise den Seillagenweinbau, vollkommen vernachlässigt hat. Das Grundanliegen, das sich in dem Antrag wiederfindet, nämlich zu überlegen, wie wir einen wettbewerbsfähigen europäischen Raum mit angemessenen Pflanzenschutzstandards schaffen, die am Ende nicht das Gegenteil von dem, was wir wollen, nämlich regionale Wertschöpfung, erreichen, ist genau das Ziel, das dieser Antrag zur Folge hat.

Dass Sie das jetzt als keine Unterstützung der Landwirte und Weinbauern in diesem Land sehen, zeigt, dass Sie offensichtlich überhaupt nicht merken, dass das, was Sie hier die ganze Zeit vertreten, kontraproduktiv ist für das, was Sie die ganze Zeit behaupten. Dieser Antrag zielt genau dorthin – mit einer Abwägung der verschiedenen Positionen. Insoweit ist es nicht verwunderlich, dass die GRÜNEN und die CDU aus unterschiedlichen Positionen kommen, sich in diesem Antrag vereinigen konnten, weil wir das Ziel am Ende teilen. Dieser zielt darauf, genau diese Situation für den Wettbewerb der sächsischen Landwirtschaft zu verbessern und gleichzeitig die entsprechenden Ziele, die wir im Koalitionsvertrag haben, durch Förderung und Innovation zu erreichen. Schauen Sie sich allein im Weinbau an – –

Die Redezeit, Herr Lippmann!

Ich möchte damit schließen: Was dort beispielsweise in den letzten drei, vier Jahren an Pestizid- und Pflanzenschutzreduktion stattgefunden hat, ist enorm und zeigt, dass dort, wo mittels Innovation und Förderung agiert wird, auch viel möglich ist. Deshalb glaube ich nicht, dass dieser Antrag falsch, sondern sehr, sehr richtig ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei den BÜNDNISGRÜNEN, der CDU, den LINKEN, der SPD und der Staatsregierung)

Herr Dornau, Sie können am Mikrofon reagieren.

Das mache ich sehr gern. Herr Lippmann, zum Verständnis: Selbstverständlich haben unsere Bauern den Pflanzenschutzmitteleinsatz aus eigenem Interesse sehr stark nach unten gefahren, weil sie verantwortungsbewusst mit diesen Dingen umgehen, weil sie rechnen können, weil sie wirtschaftlich arbeiten müssen; denn das kostet alles Geld. Das sollten Sie wissen. Das ist auch gut so und sollte man anerkennen.

Aber was hier in Deutschland, in Europa, in der EU abgeht, dass man seit zehn, 15 Jahren einen Kahlschlag bei den Wirkstoffen macht, ist eindeutig nur politisch motiviert. Es gibt keine Nachweise bei vielen Wirkstoffen, dass die schädlich sind. Ich habe es selbst im Gemüsebau erlebt. Wir haben dort Monitorings gemacht. Die Produkte wurden auf Rückstände auf Pflanzenschutzmittel geprüft. Das meiste Ergebnis war immer n. n.: nicht nachweisbar.

Über den AK-LÜCK – das war eine Fachvereinigung, da waren die Industrie, Landwirte und der Handel vertreten, haben die Landwirtschaft und der Gartenbau Geld aus eigener Kasse investiert. Dort hat man Abbau hineingebracht, um die Industrien etwas zu drängen, sich für eine Zulassung in Sonderkulturen einzusetzen, weil sie es nämlich auch nicht tun, weil es vom Umsatz her nicht attraktiv ist. Alles wurde abgebügelt – Umweltbundesamt –, und der Kahlschlag kam damals in der Ära Künast, wo – sage ich mal – Deutschland vom Rinderwahnsinn befallen wurde, vom grünen Wahnsinn. Der Kahlschlag ging weiter; leider sind die ganzen Akteure immer noch da. Wir haben diese Problematik, dass Leute aus dieser Ära heute Özdemir einflüstern.

Noch einmal – Herr Winkler hat es hier auch angesprochen, das war ein guter Beitrag –: Wir haben die Problematik, dass wir im Obst- und Gemüsebau Kulturen haben, die es in Deutschland bald nicht mehr geben wird, weil es notwendige Mittel nicht gibt. Noch einmal für Sie: Niemand – auch niemand von der AfD – hat hier irgendetwas gegen ökologischen Landbau. Lesen Sie doch einmal unser Wahlprogramm!

Herr Dornau, die Redezeit ist beendet.

Es ist völlig normal – – Gut.

Herr Dornau, ich möchte noch einmal sagen, also in Verbindung Renate Künast – Rinderwahn und grüner Wahnsinn, das verbitte ich mir. Das ist nicht in Ordnung.

(Jörg Dornau, AfD: Den Rinderwahnsinn gab es in Deutschland!)

Das stimmt, aber dann über grünen Wahnsinn zu reden, das geht in einem Kontext nicht.