Protocol of the Session on January 31, 2024

Ich möchte aber nicht nur über die Arbeitsbedingungen in der Privatwirtschaft reden. Wir hatten im letzten Plenum über die eigenen Beschäftigten im öffentlichen Dienst gesprochen und dort erfahren, dass insbesondere die CDU kein Interesse an guter Bezahlung hat. Zum Glück wurde sich danach im Land und im Bund geeinigt. Mittlerweile gibt es neue Tarifverträge. Dem Freistaat gehören aber noch andere Institutionen, Firmen und Konzerne, zum Beispiel die Mitteldeutsche Flughafen AG. Ich denke, Sie haben mitbekommen, dass dort gerade gestreikt wurde. Herr Homann und Herr Dulig, ich kenne Ihre Forderungen, die ich immer wieder höre – und ich glaube Ihnen auch, dass Sie das fordern –, nach guten Löhnen, guten Tarifen und Gerechtigkeit. Herr Brünler hat angesprochen, dass dies im Handeln nicht so sei.

Bei den Flughäfen, die dem Freistaat gehören, sitzen Sie, Herr Wirtschaftsminister, aber auch der Finanzminister im Aufsichtsrat. In Leipzig und Dresden arbeiten rund 1 400 Beschäftigte. Der Großteil dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist im Mindestlohnniveau beschäftigt. Außerdem verdienen sie 25 % weniger als an allen anderen vergleichbaren Flughäfen. Sie haben auch längere Wochenarbeitszeiten im Schicht- und Nachtdienst.

Es ist höchst ungerecht, was dort passiert. Die Menschen haben sich endlich bereit erklärt, dort auch zu streiken. Ich war bei den Beschäftigten. Die Forderungen sind sehr angemessen. Sie wollen einen tabellenwirksamen Inflationsausgleich von 650 Euro. Sie wollen 200 Euro Ausbildungsvergütung. Sie wollen eine Altersteilzeitoption haben. Das sind logische Dinge, die in einer großen Branche üblich sind.

Doch was sagt die Arbeitgeberseite, also der Freistaat Sachsen als Haupteigner und die Mitglieder des Aufsichtsrates, die sich wahrscheinlich noch nicht damit beschäftigt haben, aber auch noch nicht intervenieren? Sie sagen: Die Verbesserung für euch Beschäftigte soll es nicht geben. Im Gegenteil, wir wollen sogar massive Einschnitte für euch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es soll also nur eine Einmalzahlung und einen Inflationsausgleich geben, nur 50 Euro mehr statt 650 Euro Lohn. Weiterhin sollen zahlreiche freie Tage, Zuschläge und Sonderzahlungen gestrichen werden. Außerdem soll länger gearbeitet werden.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wie können wir denn als Freistaat hier über gute Arbeitsbedingungen, gute Wirtschaft reden, wenn wir unsere eigenen Leute nicht ordentlich bezahlen, meine Damen und Herren? Hier ist doch etwas schiefgelaufen. Das ist scheinheilig, meinen Damen und Herren.

(Beifall bei den LINKEN – Sören Voigt, CDU, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Böhme?

Ja.

Herr Voigt, bitte.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Böhme, vielen Dank für die Möglichkeit der Zwischenfrage. Ich verstehe ja, dass Sie sich als Fraktion DIE LINKE hauptsächlich und in diesem Fall ausschließlich mit höheren Löhnen auseinandersetzen. Das sei Ihnen gegönnt. Jeder muss in diesem politischen System seine Rolle spielen.

Halten Sie es aber angesichts der von Ihnen beschriebenen Tatsache nicht für notwendig, dass wir uns einmal darüber unterhalten, dass auch die Wirtschaftlichkeit wichtig ist, dass die Leute, wenn sie ordentliche Löhne bekommen, an der Wertschöpfung so mitarbeiten können, dass die Unternehmen erfolgreich sind, dass sie ihre Produkte verkaufen können? Ich höre immer nur: höhere Löhne, mehr Geld. Die sozialen Dinge müssen immer wieder nach oben geschrieben werden. Ich vermisse von Ihnen, dass Ihnen das auch wichtig ist, dass es um wirtschaftliche Rahmenbedingungen geht.

Bitte stellen Sie eine Frage.

Insofern frage ich Sie: Können Sie mir Ihre Meinung zum Thema Wirtschaftlichkeit als Notwendigkeit für höhere Löhne kurz beschreiben? – Danke schön.

Vielen Dank für die Frage. Sie haben gerade gefragt, was unsere Rolle im Parlament ist. Ja, wir argumentieren mit guten Löhnen usw., das stimmt. Ich frage mich, was eigentlich die Rolle der CDU ist. Was hat die CDU zur Wirtschaftspolitik beigetragen? Gute Löhne und gute Arbeitsbedingungen und damit auch die Sicherung von Fachkräften scheinen Ihnen ja egal zu sein. Dazu haben Sie vorhin nämlich nichts gesagt.

(Zuruf des Abg. Jan Hippold, CDU)

Das ist aber ein ausschlaggebender Punkt, um eine Wirtschaft am Laufen zu halten, dass auch Leute in dieser Wirtschaft arbeiten.

Was erwirtschaftet werden kann, um bei dem Flughafenbeispiel zu bleiben: Die Leute, die dort zu den niedrigsten Löhnen arbeiten, erwirtschaften die Gewinne, die andere Konzerne gerade erzielen. Sie bekommen aber davon nichts. Die Vorstandsmitglieder bekommen gerade einmal eine halbe Million im Jahr extra als Boni. Wofür haben die denn das verdient? Dafür, dass der Flughafen höchst defizitär ist? Da passt doch etwas nicht zusammen. Sie können doch nicht verlangen, dass man Gewinne erwirtschaften muss, die Gewinne aber gleichzeitig nur bei den Konzernbossen, DHL oder irgendwelchen Vorstandsmitgliedern bleiben. Das ist doch das Problem und die Ungerechtigkeit, die im Land wütend macht und zu solchen Wahlentscheidungen führt.

(Thomas Thumm, AfD, steht am Mikrofon.)

Jetzt kommt gleich die nächste Zwischenfrage

Möchten Sie die nächste Zwischenfrage zulassen?

Ja.

Gut.

Vielen Dank für das Gestatten der Zwischenfrage. Sie reden hier von Gewinnen, die die sächsischen Flughäfen erwirtschaften. Ist Ihnen bekannt, dass das Defizit der sächsischen Flughäfen aktuell 26 Millionen Euro beträgt? – Vielen Dank.

Ja, das ist mir bekannt. Wenn Sie die Debatten der letzten Jahre verfolgt hätten, hätten Sie mitbekommen, dass wir das gerade zum Flughafen Leipzig-Halle, einer der größten Frachtflughäfen in Europa, immer wieder angesprochen haben. Er ist ein Billigflughafen und erzielt nicht genug Einnahmen, weil hier DHL und andere Großkonzerne, die wiederum Milliardengewinne machen, Boni und ihre Dividenden an die Anteilseigner auszahlen und die Vorstände der Flughafen AG auch Millionen Bonizahlungen bekommen, die Beschäftigten aber nichts.

Warum ist der Flughafen Leipzig-Halle ein Billigflughafen? Weil er unterdurchschnittlich wenig für Starts und Landungen dieser großen Maschinen, die hauptsächlich nachts fliegen, verlangt. Seit fünf Jahren fordern wir in den Haushaltsverhandlungen und im Landtag, dass die Gebühren erhöht werden, damit die Leute ordentlich bezahlt werden und der Freistaat nicht über 20 Millionen Euro Subventionen im Jahr „hineinbuttern“ muss. Das heißt, hier werden Gewinne von DHL & Co. privatisiert, aber wir als Freistaat zahlen für die Infrastruktur. Trotzdem werden die Leute schlecht bezahlt. Das kann nicht hinhauen, meine Damen und Herren. Das war die Beantwortung der Frage.

(Beifall bei den LINKEN)

Zum Schluss: Wohin es noch führen kann, wenn Fachkräfte oder überhaupt Menschen nicht ordentlich bezahlt werden können, bleibe ich diesbezüglich beim Beispiel Flughafen, weil es ein eigener Staatsbetrieb ist. Die Flughafenfeuerwehren sind sehr gut ausgebildete Menschen. Dort sind ungefähr 120 Leute angestellt. Derzeit gibt es nur noch 80. Erst im vergangenen Jahr haben 15 Leute wegen der schlechten Bezahlung gekündigt. Sie sind jetzt in ein Nachbarbundesland zur normalen Feuerwehr gegangen, weil sie dort besser bezahlt werden als am eigenen sächsischen Flughafen. Auch der Sicherheitsleitstand ist mittlerweile nur noch einzeln besetzt. Die Leute dort dürfen nicht einmal auf die Toilette gehen, weil sonst nicht klar ist, was passieren kann, wenn es einen Notfall gibt. Das heißt, wir haben so schlechte Löhne, dass wir nicht mehr die eigenen Staatsbetriebe mit Leuten, die dort gut bezahlt werden, am Laufen halten können. Deshalb sagen wir: Es ist schön und gut über Tarifverträge, Privatwirtschaft usw. usf. zu reden. Wenn wir aber unseren eigenen Wählern im öffentlichen Dienst – das hatten wir in der Debatte –, noch dazu in den eigenen Konzernen, keine ordentlichen Löhne zahlen, dann haben wir ein ordentliches Problem in Sachsen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den LINKEN)

Mir liegt jetzt keine Redemeldung mehr vor.

(Jörg Urban, AfD, meldet sich zu Wort.)

Herr Urban, Sie noch, bitte, für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der von der Fraktion der LINKEN vorgelegte Entschließungsantrag erfasst weder – –

(Marco Böhme, DIE LINKE: Können wir ihn erst mal einbringen?)

Das war nicht der Entschließungsantrag?

Nein, aber es ist noch Redezeit.

Dann spreche ich vielleicht trotzdem dazu in meiner Redezeit. Dann habe ich es abgearbeitet.

Der von der Fraktion der LINKEN vorgelegte Entschließungsantrag erfasst weder die aktuelle Problemlage der sächsischen Wirtschaft noch bietet er neue Impulse für das dringend notwendige Wirtschaftswachstum.

Akut ist die Lage bei der Energieversorgung und bei den Energiepreisen. Akut ist die Lage im Außenhandel, weil immer mehr Arbeitsplätze wegbrechen bzw. wegzubrechen drohen, weil Betriebe schließen wollen. Akut ist die Lage bei den Betriebsnachfolgen, weil kaum noch jemand Unternehmer sein will, wenn die Bürokratie ihn erdrückt. Mein Kollege Frank Peschel hat das Lieferkettengesetz als prominentes Beispiel erwähnt.

Werte Fraktion DIE LINKE, in Ihrem Antrag findet sich kein Wort zur Aufhebung der wirtschaftsfeindlichen Sanktionspolitik, kein Wort zur Ausweitung des Energieangebotes, Stichwort „Kernkraft“, kein Wort zur Streichung unsinniger und unerfüllbarer bürokratischer Hürden.

Ihr Antrag taugt bestenfalls dazu, neue Förderabhängigkeiten zu etablieren oder alte Abhängigkeiten zu verfestigen. Das untermauern Sie eindrücklich mit den Forderungen nach revolvierenden Fonds, nach Zuschüssen oder nach spiegelbildlichen Androhungen von Ausgleichsabgaben. Dabei warnen führende Ökonomen davor, weiter auf Subventionen zu setzen, in einen Subventionswettlauf einzusteigen.

Sie mahnen auch an, dass die zentrierte CO2-Bepreisung der falsche Weg sei. Werte Kolleginnen und Kollegen, welches größere Unternehmen wird künftig noch in Sachsen investieren wollen, wenn es hier im Freistaat ausschließlich dazu verpflichtet wird, produktionsgebundene

Forschung zu betreiben oder Standort- und Beschäftigungsgarantien abzugeben.

Bereits jetzt sehen wir, dass größere Unternehmen nur noch mit Milliardensubventionen überhaupt dazu animiert werden können, sich hier anzusiedeln. Mit zusätzlichen Pflichten und Vorgaben wird es noch schwerer und noch teurer werden. Ich weiß nicht, wie viel Geld Sie noch investieren

wollen, damit überhaupt noch Unternehmen nach Sachsen kommen.

Der Antrag ist im Kern nicht wirtschaftsfördernd, er ist weiterhin wirtschaftsfeindlich. Deshalb werden wir diesen Entschließungsantrag der Fraktion der LINKEN ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Aha!)

Meine Damen und Herren! Da es jetzt keinen Redebedarf mehr gibt, ist die Diskussion über die Fachregierungserklärung abgeschlossen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Dann können wir jetzt unseren Entschließungsantrag einbringen!)

Ich rufe jetzt den Entschließungsantrag auf. Die Fraktion DIE LINKE wird ihn jetzt einbringen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Er wurde zwar schon abgelehnt, also von einer Fraktion! Die anderen stimmen zu!)