Protocol of the Session on January 31, 2024

(Beifall bei der CDU)

Jede Überregulierung durch Gesetze und Vorschriften erhöht das Misstrauen in politisches Handeln. Der sächsische Mittelstand zeichnet sich vor allem durch seine Standorttreue und die Bereitschaft zur Ausbildung neuer Fachkräfte aus. Damit er weiterhin so erfolgreich agieren kann, müssen wir mittelfristig wichtige strukturelle Rahmenbedingungen seitens der Landesregierung schaffen.

Gleichzeitig muss der Grundsatz der Subsidiarität gelten. Der Staat soll auch in Zukunft nur dann in die wirtschaftlichen Belange des Freistaates eingreifen, wenn es wirklich unerlässlich ist bzw. soweit er die erforderlichen Strukturen und harten sowie weichen Standortfaktoren schafft, die einem gesunden wirtschaftlichen Wachstum zugrunde liegen.

Daher sollten wir uns der vor uns liegenden Herausforderungen annehmen. Ich möchte beispielhaft einige Maßnahmen nennen. Erstens: Strategien zur Fach- und Führungskräftesicherung in sächsischen kleinen und mittelständischen Unternehmen intensivieren. Infolge der Ermangelung eines Patentrezeptes zur Lösung der Fachkräftesicherung im Freistaat Sachsen müssen die Unternehmen zukünftig noch mehr für diese Problematik sensibilisiert werden. Wichtigster Ansatz hierfür ist vor allem das Beibehalten des hohen Ausbildungsniveaus des sächsischen Mittelstands und konsequente berufsbegleitende Qualifizierungen. Ebenso erforderlich ist die Reduktion der hohen Abbrecherquoten und die Beibehaltung und Weiterentwicklung der dualen Berufsausbildung.

Zweitens: die Möglichkeiten der Unternehmensfinanzierung jenseits der Förderungen durch Förderrichtlinien wie GRW oder Regionales Wachstum anbieten. Infolge der zu erwartenden Reduktion der Fördermittel seitens der öffentlichen Hand muss beim sächsischen Mittelstand das Bewusstsein über alternative Finanzierungsmöglichkeiten, zum Beispiel durch Garantien, geschärft werden, durch

Bürgschaften, regulierende Fonds oder verstärkte Eigenmittelfinanzierung bei gleichzeitiger Akquise von Anlegerkapital, zum Beispiel durch das Auflegen von Anleihen.

Drittens: Ausgliederung von allen nicht mit der Daseinsvorsorge verbundenen Leistungen an Private und möglichst mittelständische Unternehmen, insbesondere

systematisches Einsetzen von PPP zur Stärkung des sächsischen Mittelstandes und Verschlankung von Staat und Kommunen.

Viertens: Das derzeit immer noch vorhandene hohe Maß an Bürokratie belastet den sächsischen Mittelstand enorm. Es verursacht höhere Kosten, verbraucht unnötig viel Zeit und führt mittelfristig zu einem Effizienzverlust, der sich im internationalen Kontext als Wettbewerbsnachteil auswirken kann. Zudem bindet Bürokratie Ressourcen in staatlichen Einrichtungen, die angesichts des demografischen Wandels in der Wirtschaft fehlen.

Eine Studie des IW Köln verdeutlicht, dass insbesondere die verpflichtende Abgabe der Umsatzsteuererklärung sowie die verpflichtende Erstellung von Jahres- und Konzernabschlüssen einen besonders hohen bürokratischen Kostenaufwand verursachen. Darüber hinaus stellen weitere Vorschriften im Zusammenhang mit der allgemeinen Buchführung, der Aufbewahrung und dem Aufstellen von Rechnungen und Stichtagsinventuren eine erhebliche Belastung für die sächsische Wirtschaft dar.

Bürokratie ist ein schwer messbares Phänomen. Ohne Quantifizierung kann jedoch ihr Abbau nicht nachgewiesen werden. Bürokratieabbau kann nur als Dauerprozess der kontinuierlichen Durchleuchtung vorhandener Normen angesehen werden. Allerdings geht es dabei nicht darum, auf dem Papier die Zahl der Regelungen zu vermindern, sondern den daraus entstehenden zeitlichen und finanziellen Aufwand in Verwaltungen und Unternehmen wirksam zu reduzieren.

Im Zuge des angestrebten Abbaus von Bürokratie ist daher auch aus diesem Grund eine Reduktion des öffentlichen Verwaltungsapparates erstrebenswert. Instrumente hierfür könnten unter anderem der vermehrte Einsatz von EGovernment-Strukturen sein.

Fünftens: Beseitigung mittelstandsfeindlicher Elemente in der Energiepolitik. Nicht erst seit den letzten Monaten hat das Thema Energie und Umwelt für den sächsischen Mittelstand an Bedeutung gewonnen. Die zunehmende Verknappung der fossilen Energieträger, die mit ihrer Nutzung verbundenen Umweltschäden, der völlige Ausstieg aus der Atomkraft, mäßige bis fehlende Anreizsysteme für Investitionen sowie Aufbau der erneuerbaren Energien und die daraus resultierenden Preissteigerungen im Energiesektor durch Verknappung eigener Produktionskapazitäten beim Strom sind einer der größten wirtschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit.

Hinzu kommt, dass deren Planbarkeit durch verlässliche Mittel und langfristig angelegte Rahmenbedingungen auf sich warten lassen. Für viele Unternehmen aller Unternehmensgrößen, insbesondere für die kleinsten bis mittleren

Unternehmen des Freistaates, stellt diese Entwicklung eine Herausforderung infolge des verhältnismäßig hohen Anteils an energieintensiver Industrie im Freistaat Sachsen dar. Zwar ist die Energiepolitik – das ist mir bewusst – letztlich nicht in Landeskompetenz, jedoch kann und sollte der Freistaat mit seinen zuständigen Fachministerien eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf Bundesebene geltend machen.

Mit der verstärkten Förderung der erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahren sind zwar viele neue, auch mittelständische Unternehmen am Energiemarkt entstanden, da diese jedoch ausschließlich im Rahmen eines geregelten Fördersystems arbeiten, ist dies noch kein nachhaltiger Beitrag für eine mittelstandsfreundliche Politik.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Insbesondere die aktuelle Entwicklung der EEG-Umlage muss dringend korrigiert werden. In diesem Zusammenhang fordere ich ein deutlich marktorientiertes Programm zur Vermeidung von potenziellen Dauersubventionen. Hinzu kommt, dass die aktuelle Förderpolitik im EEG durch die EEG-Umlage mittelständische Unternehmen stärker belastet als Großunternehmen, da sie einerseits selten von der EEG-Umlage befreit sind und andererseits auch keine Möglichkeit haben, direkt auf dem Großhandelsmarkt von den durch die erneuerbaren Energien gesunkenen Energiepreise zu profitieren.

Des Weiteren sollte der Staat eine technologieoffene Politik verfolgen und keine Präferenzen für einzelne Energieträger ausrufen. Durch die Fokussierung auf einzelne erneuerbare Energien werden Innovationen in anderen Bereichen der Energiewirtschaft gehemmt, obwohl sie zunehmende, ernst zu nehmende Alternativen darstellen könnten. Zu nennen wären dabei unter anderem die Kraft-WärmeKopplung, der Ausbau von Energiespeichern oder die Elektromobilität.

Daher lassen sich die Forderungen aus der Wirtschaft nur bekräftigen. Erstens: Herstellung marktwirtschaftlicher Prinzipien in der Energiewirtschaft in ihrer Gesamtheit.

Zweitens: nachhaltige Kontrolle von Marktmacht und Ausschluss von Monopolisierung mit dem Ziel des Ausbaus mittelständischer Strukturen in der Energiewirtschaft. Auch hier sollte bereits auf die Monopolstellung von Fernwärmeunternehmen hingewiesen werden.

Drittens: kein Missbrauch des Mittelstandes und des Privatkunden als Zahlmeister für staatliche Experimente.

Viertens: technologieoffene Förderung und Ausrichtung an objektiven Zielen wie Primärenergieeinsatz, Schadstoffemission oder Volllasttauglichkeit.

Ich bin davon überzeugt, dass das unsere Wirtschaft ohne überbordende Vorschriften und gesetzliche Regulierungen schaffen kann. Bei unserer gesellschaftlichen Ausrichtung bin ich mir da, ganz offen gesprochen, nicht ganz so sicher, wenn weiterhin das volkswirtschaftliche Minimax-Prinzip um sich greift, das heißt, mit minimalem Einsatz an Bildung, beruflichem Engagement und Arbeitszeit maximale

Entlohnung und Freizeit zu erhalten. Wenn wir verstehen, dass die Grundlage unseres Wohlstandes die gesellschaftliche Leistungsbereitschaft ist, bin ich davon überzeugt, dass die vor uns liegenden Herausforderungen gemeistert werden können. Hierzu bedarf es des entsprechenden politischen Weitblicks, und ich denke, darin unterscheiden sich unsere Vorstellungen vielfach von denen anderer Fraktionen hier im Hohen Haus.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt – – Eine Kurzintervention. Herr Urban, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrter Herr Kollege Hippold, ich freue mich über Ihren Redebeitrag zur Fachregierungserklärung von unserem Wirtschaftsminister. Ich habe herausgehört – vielleicht habe ich es falsch gehört –, dass die Energiepreise eines der größten Probleme sind, die unsere Unternehmen haben. Ich habe auch herausgehört, dass Sie es gut finden würden, wenn wir wieder mehr Marktwirtschaft, marktwirtschaftliche Prinzipien in der Energiewirtschaft hätten. Das kann ich nur unterstreichen.

Ich möchte aber an der Stelle darum bitten, dass Ihre Partei, wenn Sie jetzt für Ihre Partei und deren Position gesprochen haben, in Zukunft daran mitwirkt, dass wir eine stabile Energieversorgung haben. Das heißt, auch wenn es darum geht, den Wiedereinstieg in die Kernenergienutzung als technologieoffene Nation voranzubringen, dass Sie dann mitziehen und nicht wieder alles ablehnen.

Ich möchte auch, dass Sie, wenn es um die Kohleverstromung geht, das einhalten, was Sie hier vorgetragen haben, dass man nicht aus etwas aussteigen kann, solange es keinen adäquaten Ersatz zu ähnlichen Preisen gibt. Wir diskutieren gerade in Sachsen über den Ausstieg aus der Kohleverstromung 2030; das sagt Ihr Koalitionspartner. Das ist Wahnsinn, auch mit Blick auf die Energiepreise. Darum wollte ich bitten.

Das Zweite noch ganz schnell, weil mir das wichtig ist: Natürlich geht es nicht um insgesamt 11 % Arbeitslosigkeit in Sachsen. Es geht um die Steigerung. Wir haben eine Steigerung von 11 % zum Vorjahr, und ich glaube, das habe ich auch gesagt.

Danke.

(Beifall bei der AfD)

Herr Abg. Hippold.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, vielen Dank, Herr Urban, für die Möglichkeit, darauf zu reagieren. Die 11 % nehmen wir erst einmal mit. Ich glaube, Sie haben es anders gesagt, aber sei es drum. Sie haben es gerade richtiggestellt.

Was die Fragestellung der Energieversorgung und die Position der CDU betrifft: Sowohl hier in Sachsen als auch im Bund, denke ich, ist das relativ klar, insbesondere mit Blick auf das Thema Abschaltung von Kraftwerkskapazitäten zu einem Zeitpunkt, zu dem nicht genau absehbar ist, wohin es sich entwickelt. Dazu haben wir uns, glaube ich, ziemlich klar positioniert. Ich halte die Entscheidung, die getroffen wurde, für falsch.

Mit Blick auf das Thema Kohleverstromung glaube ich, dass die Macht des Faktischen eintreten wird. Wenn nicht genügend Energie zur Verfügung steht, wird es sehr schwierig, gegen die Regulierungsbehörden, die es in der Bundesrepublik Deutschland gibt, die Abschaltung vorzunehmen. Ich finde es im Übrigen – das ist meine persönliche Meinung; es mag sein, dass es in der CDU auch andere Meinungen gibt – Augenwischerei, Atomkraftwerke in Deutschland abzuschalten und Atomstrom aus anderen Ländern hinzuzukaufen. Das ist nicht ehrlich.

(Beifall bei der AfD)

Dazu müsste man eine gesellschaftliche Debatte führen. Ich habe allerdings den Eindruck, dass insbesondere in den letzten Wochen und Monaten dazu schon eine Debatte angestoßen wurde, und man wird sehen, wie sich das weiterentwickelt.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Jetzt für die Fraktion DIE LINKE Herr Abg. Brünler, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatsminister Dulig! Man könnte fast meinen, wir machten heute eine Zeitreise. Schon vor der letzten Wahl vor fast genau fünf Jahren haben wir exakt die gleiche Debatte geführt. 2018 stellte der Wirtschaftsminister die Ergebnisse seiner Strategiewerkstatt mit Empfehlungen für Politik, Verwaltung und Wirtschaft vor, die sich mit den Transformationsaufgaben für die sächsische Industrie befasste. Schön und gut, nur das Aufschreiben allein löst die grundlegenden Probleme nicht, bis heute nicht.

Es gibt weder eine umfassende Branchenstrategie noch bedeutet die Ansiedlung von großen internationalen Firmen grundsätzliche strukturelle Fortschritte im Sinne des Aufbaus von beispielsweise Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, die wirklich ein Schritt von der verlängerten Werkbank weg wären, die wir in Sachsen immer noch in großem Maße sind.

Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass sich der Wirtschaftsminister mit der Entwicklung der sächsischen Industrie befasst. Das ist schon seit zehn Jahren seine Aufgabe. Es ist allerdings ein Problem, wenn wir hier im Parlament viel reden, die Realität im Land damit aber nicht Schritt hält. Sie, Herr Dulig, kritisieren zu Recht, dass man die Lage im Land nicht schlechter reden sollte, als sie ist. Schlechte Laune ist kein Zukunftsmotor. Die andere Seite der Medaille ist, die Lage nicht schöner zu reden, als sie ist; denn die rosarote Brille ist auch kein Zukunftsmotor.

Wir haben uns im letzten parlamentarischen Jahr in intensiven Debatten über die sächsische Wirtschaftspolitik beraten. Am 1. Juni hatten wir eine Befragung des Ministerpräsidenten zum Thema Wirtschaft, am 5. Juli war der Industriestrompreis das Thema der Aktuellen Debatte, am 9. November sprachen wir hier über den grünen Stahl, am 14. Dezember sprachen wir ganz allgemein über Strukturwandel.

Jetzt präsentiert der Wirtschaftsminister die Ergebnisse des Expertenrates, wohin es mit der sächsischen Industrie gehen soll und was die Aufgaben der Sächsischen Staatsregierung wären, um die anstehende Transformation zu gestalten. Der geneigte Bürger mag sich fragen: Die Debatten sind da. Nur, wo bleiben die Verordnungen und Gesetze?

Ich komme noch einmal auf Ihre Pressemitteilung zum Erscheinen des Papiers zurück. Empfohlen werden vom Expertenrat unter anderem Investitionen in – ich zitiere – „Investitionen des Staates in dringend benötigte Pflege und Ausbau von Infrastruktur. Dazu zählt der zügige Ausbau der Strom-, Wasserstoff- und der Breitbandnetze, der vom Ausbau der erneuerbaren Energien und der Digitalisierung der Verwaltung begleitet wird. Für all diese Maßnahmen müssen staatliche Mittel und Unterstützungsleistungen zeitnah und ausreichend zur Verfügung stehen.“ Das Problem ist: Wenn man die erst zur Verfügung stellen muss, sind sie offensichtlich noch nicht da oder nicht in Aussicht.

Ich darf Ihnen das einmal realpolitisch übersetzen: Sie sollen Geld in die Hand nehmen, binden sich aber mit der Investitionsbremse, die Teile der Koalition fälschlicherweise „Schuldenbremse“ nennen, die Hände hinter dem Rücken fest. Aber weiter im Text:

„Empfohlen wird ebenfalls ein massiver Ausbau von Wind- und Solaranlagen und der netzgebundenen Infrastruktur wie Strom- und Wasserstoffleitungen sowie Ladeinfrastruktur und Speicher. Das Ziel: Vor Ort müssen Unternehmen und Menschen von dem Ausbau stärker profitieren.“

Ich lasse es nicht unerwähnt, dass wir dazu sogar Gesetzentwürfe eingereicht haben, die die Koalition allerdings, auch auf Ihr Anregen hin, Herr Staatsminister, abgelehnt hat.