Herr Nowak, wenn Sie diesen Antrag als den größten Unsinn bezeichnen, der Ihnen vorgelegt wurde, dann finde ich, ist dies schon ein ziemlich starkes Stück. Wir kämpfen hier dafür, dass Menschen mit wenig oder gar keinem Einkommen am sozialen Leben teilhaben
und mobil sein können, und Sie bezeichnen dies als größten Unsinn. Das finde ich schon ein starkes Stück, Herr Nowak. Ich kann Ihnen gern nochmals ausführlich und wiederholend sagen, was wir in den Haushaltsverhandlungen vor einem dreiviertel Jahr im Landtag bereits dazu vorgelegt haben. Wir haben Ihnen die Finanzierungsvorschläge dargestellt.
Es geht zum einen darum, dass die Regionalisierungsmittel, die der Freistaat Sachsen vom Bund bekommt, endlich zu 100 % für den originären Betrieb der Verkehrsverbünde genutzt werden. Das sind über 600 Millionen Euro. Dann kann natürlich der Freistaat – –
Ich möchte, dass der Freistaat endlich sein eigenes Geld für ÖPNV-Dienstleistungen in die Hand nimmt und nicht einfach nur das Bundesgeld benutzt. Das ist eine Milchmädchenrechnung, bei der am Ende die Verkehrsverbände zu wenig Geld haben.
Außerdem haben wir in den Haushaltsverhandlungen verschiedene Nutznießer-Finanzierungsmodelle vorgeschlagen, bei denen es darum geht, dass Menschen oder zum Beispiel Gewerbegebiete, die etwas davon haben, wenn ihre Region an das S-Bahn-Netz angeschlossen ist, weil dann ihre Mitarbeiter dort hinkommen, zur Finanzierung des ÖPNV herangezogen werden können.
Auch das sind zusätzliche Einnahmen, die der Freistaat mit einer Gesetzesänderung einführen könnte. Weiterhin können wir auch über Nutznießer als Ganzes sprechen, wie zum Beispiel über die Studierenden in ihren Universitäten, bei denen alle für den ÖPNV bezahlen und nicht nur die, die ihn tatsächlich nutzen.
Auch darüber könnte man reden. Das ist eine NutznießerFinanzierung, bei der es für alle günstiger ist anstatt nur für den Einzelnen. Außerdem, und das sollten Sie auch wissen, Herr Nowak,
hält der Bundesverkehrsminister gerade Milliarden von den Steuern, die von der Lkw-Maut eingenommen werden, zurück und gibt sie nicht in das ÖPNV-System. Darum sollten wir uns kümmern, damit das Geld freigegeben wird. Dann können wir, Herr Liebscher, auch über Angebotserweiterungen sowie über eine Sicherung des ÖPNV-Verkehrs sprechen.
Dass die Staatsregierung nicht antworten möchte oder Frau Köpping wiederholt als Ministerin reden muss, obwohl es nicht ihr Themengebiet ist, finde ich für sie vielleicht verständlich; aber der Verkehrsminister ist eigentlich nur bis gestern im Ausland gewesen
und müsste heute wieder hier sein. Ich wundere mich also, warum er dazu nicht spricht. Deshalb kann ich nur noch einmal den Satz aus der Stellungnahme der Staatsregierung vorlesen: „Die vorgeschlagenen Maßnahmen eines kostenfreien Deutschland-Tickets für alle Kinder unter 18 Jahren sowie ein ermäßigtes Deutschland-Ticket könnten ein weiterer Schritt in Richtung mehr Mobilität für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen sein.“
Bitte? Eine Kurzintervention geht nach dem Schlusswort nicht, weil: Schlusswort ist Schlusswort, und dann ist Schluss.
Ich würde gern eine sachliche Richtigstellung vornehmen. Die Frage ist, ob ich das im Rahmen einer persönlichen Erklärung nach der Abstimmung machen kann?
Unmittelbar vor der Abstimmung ist das möglich. Da wir diese jetzt haben, dürfen Sie eine sachliche Richtigstellung machen.
Ich wollte nur darauf hinweisen, dass die Aussage von Herrn Böhme zum aktuellen Aufenthaltsort des Ministers nicht vollständig war. Der Plan des Ministers war, Japan am 20. September zu verlassen. Aber er hat noch einen Aufenthalt in Taiwan gehabt, das heißt, er ist noch nicht wieder in Deutschland und damit noch nicht wieder in Sachsen. Ich unterstelle diesbezüglich keinen Vorsatz. Ich finde es aber der Vollständigkeit halber wichtig, zu Protokoll zu geben, dass sich Herr Dulig derzeit nicht in Deutschland befindet.
So, meine Damen und Herren, dann können wir jetzt über die Drucksache 7/13852 abstimmen. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür gab es trotzdem keine Mehrheit, somit also Ablehnung. Damit ist die Drucksache nicht beschlossen worden. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Der vorliegende Antrag fordert von der Staatsregierung, unverzüglich geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das „Deutschland-Ticket" zu einem Sozial-Ticket weiterzuentwickeln. Für mich ist es wichtig, dass auch alle Menschen mit kleinen Einkommen Busse und Bahnen nutzen können.
Doch zunächst ist an dieser Stelle etwas anderes zu betonen: Das Deutschland-Ticket ist bereits ein bedeutender Schritt in Richtung Mobilitätswende – gerade für Menschen mit kleinem Einkommen. Dieses Ticket bietet unseren Bürgerinnen und Bürgern einen erschwinglichen und unkomplizierten Zugang zum öffentlichen Nahverkehr. Insbesondere Berufspendler, die bisher hohe Kosten für Fahrten über Landkreisgrenzen hinweg tragen mussten, werden finanziell entlastet. Aber auch Gelegenheitsfahrer
Der vorliegende Antrag fordert nun die Einführung eines kostenfreien Deutschland-Tickets für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie eines ermäßigten Tickets für Auszubildende, Studierende, Freiwilligendienstleistende, Senioren und Empfänger von Sozialleistungen. Diese Maßnahme wäre zweifellos ein weiterer Schritt in Richtung sozialer Verkehrswende. Aber sie muss mit Bund und Ländern abgestimmt sein. So herum muss man das Pferd aufzäumen. Genau so hat es auch Martin Dulig als Verkehrsminister gefordert.
Das Problem ist jedoch Folgendes: Schon die Einführung des Deutschland-Tickets hatte erhebliche finanzielle Konsequenzen, auch für den Freistaat Sachsen. Das Deutschland-Ticket zum Preis von aktuell 49 Euro pro Monat ist bereits stark vergünstigt und wird von Bund und Ländern mit erheblichen Beträgen bezuschusst. Jede weitere Reduzierung des Ticketpreises im Alleingang durch den Freistaat Sachsen würde zu einem hundertprozentigen Ausgleich des Differenzbetrags durch den Freistaat führen. Dies ist aus finanzpolitischer Sicht derzeit schwer zu stemmen. Ohne den Bund wird es hier nicht gehen. Nur gemeinsam mit dem Bund lassen sich bundeseinheitliche Sozialtickets ermöglichen.
Wir haben uns auf Bundesebene genau für diese Zielstellung eingesetzt. Aber derzeit besteht beim Bund noch keine Bereitschaft dazu. Aktuell arbeiten wir an einer Lösung für Studierende beim Semesterticket. Auch hier hat sich der Bund noch nicht positioniert. Die Chancen auf eine positive Verständigung mit dem Bund sind jedoch momentan höher.
Ich sage Ihnen: Es geht zunächst auch darum, aus dem Deutschland-Ticket einen langfristigen Erfolg auch für die Erreichung unserer sächsischen Klimaziele zu machen. Hierzu müssen wir weitere Fahrgäste gewinnen. Das erreichen wir aber nicht durch ein hoch bezuschusstes Ticket. Wir brauchen ein flächendeckendes und verlässliches Verkehrsangebot auch außerhalb der Ballungsräume. Nur so
werden sich unsere Bürgerinnen und Bürger für den ÖPNV entscheiden und das Auto öfter stehen lassen.
Wir begegnen diesem Zielkonflikt immer wieder, ich kenne das aus meiner Zeit als Landrätin und Bürgermeisterin. Zudem gilt: Für die Planung und Organisation des ÖPNV sind die kommunalen Aufgabenträger zuständig. Bei dieser Aufgabe unterstützen wir sie finanziell auf unterschiedlichste Weise. Unter anderem wurde das landesweite Busgrundnetz aus Plus- und TaktBussen etabliert. Diese Busse verkehren nach definierten einheitlichen Bedienstandards. Allein dafür stellen wir jährlich bis zu 22,3 Millionen Euro bereit.