Und Sie beschimpfen mir auch nicht die Landkreise und Kommunen, wenn Sie sagen, wir alle würden im Migrationsprozess oder in der Integration nicht das liefern, was Sie sich erwarten.
Meine Damen und Herren, Humanität in Sachsen heißt, dass das SMI mit den Kommunen, Landkreisen und der LDS eine vorbildliche Erstaufnahme organisiert – Testat vom BAMF –, niemanden unregistriert in Kommunen abverteilt, sinnvolle Puffer schafft, fast 10 000 Plätze in der LDS aufbaut – das ist mehr als das Doppelte, was wir hatten –, die Finanzlage für die Kommunen regelmäßig verbessert, mit den Kommunen auf das Engste zusammenarbeitet, um bestmögliche, menschenwürdige Integration zu bieten. Das verdient ein Lob für Kommunen, Landkreise und LDS und nicht das Gegenteil.
Trotzdem nehmen wir die Sorgen der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie der Landräte sehr ernst. Zu diesen Sorgen gehört natürlich auch: Wie schieben wir ab? Wie geht man das Thema Rückführung an? Das wurde ja hier beantragt. Auch bei Rückführung gilt Humanität und Ordnung, meine Damen und Herren.
Danke, Herr Staatsminister, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie sagten gerade, dass Sie sich die finanzielle Lage der Kommunen regelmäßig anschauen und verbessern würden. Könnten Sie bitte einmal ganz konkret ausführen, was Sie derzeit tun, dass die Kommunen und die Landkreise in ihren strukturellen Defiziten und den sehr starken Minushaushalten, die die Landkreise ausweisen, nicht alleingelassen werden? Denn das, was man in der Zeitung liest, sagt ganz eindeutig, dass die Staatsregierung hier im Moment nichts zu tun scheint.
Vielen Dank für die Frage, Herr Abgeordneter. Zwei Antworten. Erstens: Der Freistaat Sachsen ist bei der Frage, wieviel Geld der Bund für die Flüchtlingsaufnahme leistet, eines der Frontländer mit einem Ministerpräsidenten, der dafür sorgt, dass die Bundesregierung endlich ihrer Aufgabe nachkommt.
Und Sachsen ist eines der Frontländer in dieser Verhandlung. Und jeder Euro, der in Sachsen vom Bund ankommt, geht in die Kommunen für das Thema Migration und Integration.
Zweitens: Die Frage beantworte ich Ihnen natürlich nicht, ich komme ja nicht auf der Brennsuppe dahergeschwommen, wenn wir jetzt verhandeln. Doch, was Sie in der Zeitung lesen, ist, glaube ich, eine übliche Begleitmusik, die es eben gibt. Wir verhandeln schon immer mit den Kommunen und den Landkreisen – nicht ganz einfach – und schon immer kommen wir zu einem Ergebnis, über das nachher die Spitzenverbände sagen: Darauf können wir uns einigen.
Genau an diesem Punkt sind wir gerade auch. Ich kenne den Verhandlungsstand, Sie werden ihn von mir nicht erfahren.
Meine Damen und Herren, ich war beim Thema Rückführung und Humanität. Es gibt ein Chancen-Aufenthaltsrecht des Bundes, das ich nicht gebraucht hätte.
Wir haben – um einmal zu beweisen, was das Staatsministerium des Innern zum Thema Integration macht – einen erläuternden Erlass zu diesem Chancen-Aufenthaltsrecht gemacht: Wie wendet man das in Sachsen an? In diesem Erlass können Sie lesen – jedenfalls, wer dessen mächtig ist –: Wer in Sachsen ausreisepflichtig ist, wer arbeitet, keinen Sozialbezug und eine eigene Wohnung hat, sich nicht strafbar gemacht hat, die Passpflicht, also die Identität, völlig klar ist, den schieben wir nach aller Möglichkeit nicht ab.
Diesbezüglich bin ich übrigens in einer guten Kooperation – ohne dass wir zusammenarbeiten – mit der Härtefallkommission, die diese Fälle ähnlich beurteilt. Eigentlich entscheiden wir diese Dinge permanent im Gleichschritt. Für die Fälle Pham etc., die hier erläutert wurden: Schauen Sie sich einmal an, wie oft wir für diese Menschen entscheiden. Wenn es dann bei Pham nicht funktioniert, gibt es dafür Gründe, die ich hier leider nicht ausführen darf. Doch Humanitätsmangel können Sie uns nicht vorwerfen.
Zum Thema Ordnung in der Rückführung. Wir führen aufenthaltsbeendende Maßnahmen so konsequent wie möglich durch. Wir meinen das Thema Rückführung ernst; deshalb unterhalten wir eine eigene Abschiebehafteinrichtung. In den ersten vier Monaten haben wir – jetzt sollte
der Abgeordnete, der diesen Antrag eingebracht hat, zuhören – 279 Ausreisepflichtige zurückgeführt und zusätzlich 239 freiwillig. Das sind 104 mehr als in den ersten vier Monaten des Vorjahreszeitraums und damit eine Steigerung um 60 %. – So viel zum Ankündigungsminister. Ich finde, die 60 % sind gar kein schlechter Wert.
Meine Damen und Herren! Der Bund hat eine Rückführungsoffensive angekündigt. Wir warten darauf, dass sie umgesetzt wird, aber wir brauchen dringend die Möglichkeit der Abschiebung von Straftätern und MITAs in Länder wie Afghanistan, Syrien und Libyen. Das halten wir für machbar, wenn das Auswärtige Amt reagiert.
Wir brauchen Rückführungsabkommen mit dem Iran und dem Libanon, um Flüchtlinge dorthin zurückzuführen, und wir brauchen diplomatischen Druck auf die Länder, mit denen bereits Abkommen bestehen. Ich nenne beispielsweise die Maghreb-Länder. Um es deutlich zu machen für die Parteien der Ampelregierung: Ich hielte es für einen sehr lohnenswerten Schritt, wenn die Bundesregierung selbst Bundesausreisezentren schaffen würde, um endlich einmal in die operative Arbeit der Unterbringung von Geflüchteten einzusteigen. Von dort könnte man auch sehr erfolgreich direkt abschieben.
Meine Damen und Herren! Ich wiederhole das, was ich hier seit Monaten sage: Die Kombination aus höchsten Sozialstandards, dem liberalsten Asylsystem und den eingeschränkten Rückführungsmöglichkeiten müssen wir neu justieren. Die Formel geht nicht auf.
Diese Neujustierung geht nur mit den europäischen Partnern. Nur, wir sind das Problem, weil wir bei allem zu liberal und zu hoch sind. Wenn wir neue Sozialstandards vereinbaren wollen, dann ist das mit europäischen Partnern möglich. Das geht übrigens verfassungsrechtlich; das hat das Gericht bewusst so gesagt. Aber dann müssen wir über unseren Schatten springen, nicht die anderen, um einen gemeinsamen Standard zu vereinbaren.
Diesbezüglich sehe ich bei der Bundesregierung keine Initiativen. Der MPK-Beschluss ist ein – puh! – erster Schritt. Es wirkt davon nichts, und weil davon nichts wirkt – ich habe es hier schon dreimal gesagt: Grenzkontrollen sind die Ultima Ratio –, bin ich jetzt dort angekommen. An der polnischen Grenze haben wir fast doppelt so viele illegale Einreisen wie an der bayerisch-österreichischen Grenze. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, den wirklich einzigen nennenswerten Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz anzufassen. Darin steht: Der Lage angepasst, weiten wir die Binnengrenzkontrollen über Bayern und Österreich
hinaus aus. Nur das fordere ich von der Bundesinnenministerin. Das hat immerhin der Kanzler mit den MPs vereinbart. Ich weiß nicht, was daran auszusetzen ist.
Und um das gleich zu sagen: Ich bin Augenzeuge, wie wertvoll eine Kommission Kohleausstieg war. Ich bin Augenzeuge, wie wertvoll eine Zukunftskommission zum Ausstieg aus der Kernenergie war.
Ich halte es für eine hervorragende Idee, genau eine solche Kommission für die Schlüsselfrage Asyl in diesem Land einzurichten. Das ist absolut richtig.
Ein völlig unsinniger und geradezu irrer Vorschlag ist es, aus einem fantastischen Ausländerbeauftragten dieses Freistaates einen Rückführungsbeauftragten zu machen. Der Rückführungsbeauftragte bin ich. Ich habe genügend Fürsorge von der SK. Sie müssen sich keine Sorgen machen, sie kümmern sich um mich jeden Tag.
Aber den Herrn Mackenroth würde ich gern behalten. Er kümmert sich in fantastischer Weise um die Interessen der Ausländer in diesem Land. Ihn lassen wir bitte in der Mitte des Parlaments in dieser Funktion. Das brauchen die Ausländer in diesem Land und das brauchen wir.