Erstens. In einem Antrag zur Thematik Rückführung und Abschiebung vermissen Sie Aussagen zur Integration. – Das überrascht mich jetzt nicht. Das war nicht das Thema. Lesen und Verstehen! Das ist die eine Sache.
Zweitens. Sie haben gesagt: Wir als CDU stehen zum Grundrecht auf Asyl. – Und Ihr eigener Ministerpräsident lässt sich heute Morgen in der Zeitung zitieren, so pauschal könne man das nicht sagen, man müsse das jetzt nicht zwingend ändern, aber man könne darüber reden.
Also stehen Sie doch nicht so fest da, weil Sie sich so immer eine Hintertür offenlassen. Das ist eigentlich ein ziemlich perfides Spiel. Die Leute sollen immer glauben, dass das, was Sie machen, das Richtige sei. Sie erzählen jeden nach dem Mund und an jeder Stelle irgendwie etwas anderes; Hauptsache, es gefällt den Leuten.
Dann reden Sie davon, dass Sie die Partei der Ordnung seien. Die „Partei der Ordnung“ war es gewesen, die die Grenzen aufgemacht hat. Die „Partei der Ordnung“, die CDU, war es gewesen, die nicht dafür gesorgt hat, dass die Grenzen dichtgemacht wurden, obwohl es Herr de Maizière seinen eigenen Bundestagsabgeordneten versprochen hatte. Am nächsten Tag ist nichts passiert! – Das ist die „Partei der Ordnung“.
Jetzt sehen wir, wo wir sind. Die Straftaten habe ich vorhin aufgezählt; die Zahlen muss ich jetzt nicht wiederholen. Alle diese Opfer sind das Ergebnis Ihrer Partei der Ordnung.
Ihre „Partei der Ordnung“ ist es, die die paar wenigen Leute, die sie in der Abschiebehaft haben, auch noch regelmäßig abhauen lässt, weil Sie es hier in Dresden nicht im Griff haben.
Dann haben Sie gesagt: Wir machen uns Sorgen um die Europäische Union. – Natürlich machen wir uns Sorgen um Europa, aber nicht um die Europäische Union in ihrer heutigen Konstitution. Da stellen wir uns etwas anderes vor. Aber Europawahlkampf ist noch. Dann können Sie in unserem Programm nachlesen, wie wir es uns in Zukunft vorstellen.
Trotzdem müssen wir in Europa etwas gemeinsam machen, und zwar den gemeinsamen Grenzschutz. Dabei können wir alle gemeinsam unterstützen. Aber es hilft nichts, nicht an den Pull-Faktoren zu arbeiten, dass die Leute weiterhin hierherkommen, es quasi als Geisterfahrer, als Deutschland anzubieten und dann von allen anderen zu hoffen, dass sie die Leute aufnehmen, die wir mit unseren Leistungen, die wir haben, hierher in die Europäische Union gelockt haben.
Wenn Sie nun noch die Humanität der CDU ansprechen, dann sage ich: Ganz ehrlich; da ist die FDP schon weiter als Sie. Da müssen Sie einmal FDP-Politikern im Deutschen Bundestag zuhören, was die mittlerweile erzählen. Aber Sie bringen es hier nur deswegen, weil Sie ein Totschlagsargument gegen uns benötigen, da Sie die Debatte in der Sache eigentlich scheuen!
Der Ministerpräsident kommt um die Ecke und sagt, dass wir eine Kommission benötigen. Damit stellt er irgendwie in weite Ferne, dass sich vielleicht doch einmal etwas ändern könnte, von dem wir wissen, dass es sich ändern muss. Denn offensichtlich sind Sie nicht ganz blöd, Sie wissen, dass hier etwas schiefläuft.
Frei nach dem Motto: Wenn ich nicht mehr weiterweiß, bilde ich einen Arbeitskreis. Kenne ich das Ergebnis schon, bild‘ ich eine Kommission. Sie wollen nur auf Zeit spielen, um sich irgendwie über die nächsten Wahlen zu retten; das ist doch der Punkt.
Dann haben Sie Dinge gesagt, die einfach nicht stimmen. Humanität als Beispiel: die Flüchtlinge 2014, Entwicklungshilfe und „wir müssen den Leuten da helfen, wo sie herkommen“. Warum haben sie sich denn aus der Türkei in Größenordnungen auf den Weg gemacht? Weil es in der Türkei nichts mehr zu essen gab. Und warum? Weil dem Welternährungsprogramm eine läppische Milliarde Euro gefehlt hat. Eine läppische Milliarde Euro! Die hätten wir locker aufbringen können. Die Gelder sind von der internationalen Gemeinschaft gekürzt worden und Deutschland ist nicht eingesprungen;
und jetzt haben wir das Malheur, jetzt bezahlen wir jedes Jahr ein Vielfaches davon. Das ist die Wahrheit und es ist Ihre Politik gewesen.
Und wenn Sie uns schon Kopien und Lügen vorwerfen, dann machen Sie es bitte wenigstens richtig und mit Substanz.
Wenn Sie sagen, sichere Herkunftsländer hätte die CDUFraktion im Deutschen Bundestag im Jahr 2019 beantragt – das mag sein.
Wir haben aber nicht bei denen abgeschrieben, sondern wir haben den Antrag zu dieser Thematik bereits im Jahr 2015 gestellt, also vier Jahre, bevor Sie einmal wach geworden sind.
Aber das ist immer so, Sie brauchen etwas länger. Ich hoffe nur, dass es irgendwann zu einem Ergebnis führt.
Jetzt noch ein Punkt allgemein in Richtung Humanität, Fachkräftemangel und was Sie nicht alles angesprochen haben. Es ist nicht human, nur Leute auf gut Glück hierherkommen zu lassen. Hier kommen nur diejenigen her, die es sich tatsächlich leisten können, die organisierte Kriminalität und die Schlepper zu bezahlen. Hier kommen nur die her, wenn sie über das Mittelmeer kommen, die zufälligerweise die Fahrt überleben. Die, die verrecken, die sind dann halt weg. Aber der, der hier ist, der darf dann im Niedriglohnsektor arbeiten, in den Bereichen, in denen Mangel droht.
Wenn es wirklich einmal Fachkräfte sind, haben sie dann den Mangel in ihren Herkunftsländern, dort, wo sie herkommen. Das – das muss ich ganz ehrlich sagen – ist abartig und eigentlich rassistisch. Und dann werfen Sie uns solche Sachen wie Humanitätsmangel vor.
Nein, wir wollen geregelte Verfahren, wir wollen Recht und Ordnung als Rechtsstaatspartei, und dass Sie noch davon reden und dabei nicht rot werden, das ist schon eine starke Leistung.
Kollege Wippel hat eine zweite Rederunde eröffnet. Gibt es aus den Fraktionen in dieser zweiten Rederunde noch Redebedarf? –
Will die AfD eine dritte Rederunde eröffnen? – Dann kommt jetzt die Staatsregierung zu Wort. Das Wort ergreift Herr Staatsminister Schuster.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Migrationslage ist sehr angespannt. Ich sage das als Kommunalminister und nicht als Innen- oder Sicherheitsminister. Sie ist sehr angespannt und sie wird es – mindestens – vermutlich bleiben. Wir stehen vor den zugangsstärksten Monaten des Jahres. Wir haben im Moment etwa 400 nicht ukrainische Asylbewerber pro Woche; die Tendenz ist steigend.
Doch ich werde heute nicht – ganz ausdrücklich nicht – in den Chor derer einstimmen, die an dieser Situation gar nichts problematisch finden. Und ich werde auch nicht in den Chor derer einstimmen, die mit plumper Abschottungsrhetorik Stimmung machen möchten. Ich schaue in eine Fraktion in der Mitte, der ich mich bekanntermaßen sehr zugehörig fühle und deren ausgesprochen schwere Aufgabe es zurzeit ist – aber ich fühle mich in dieser Aufgabe extrem wohl –, bei dieser extremen Stimmung Maß und Mitte zu halten
und dafür zu sorgen, dass zwischen Rechts und Links – was wir gerade in dieser Debatte erlebt haben – noch eine Kraft da ist, die – so wie Herr Abg. Unger das beschrieben hat – in der Lage ist, diese zwei Seiten der Medaille zu betrachten, nämlich Aufnahmefähigkeit und Aufnahmebereitschaft in einen sinnvollen Ausgleich zu bringen. Das heißt – wie Sie es erklärt haben, Herr Unger –, Humanität und Ordnung zur Richtschnur unseres Handelns zu machen. Das ist die Aufgabe.
Meine Damen und Herren, ich bin sehr enttäuscht – das ist die diplomatischste Formulierung, die mir einfällt, Herr Pallas –, wie Sie über unsere Beamten sprechen.