die den Ausländerbeauftragten seinerzeit ebenfalls zum Rückführungsbeauftragten umgestalten wollte. Hier zeigen Sie wohl auch dem letzten Demokraten in diesem Land, wes Geistes Kind Sie sind.
Um es deutlich zu sagen: Wir lehnen Ihr menschenverachtendes Maßnahmebündel ab. An dieser Stelle möchte ich noch einmal ganz klar sagen: Wir erteilen inhumanen Fantasien von Abschottung, Entrechtung und Abschiebung eine klare Absage.
Ich sage in Richtung des Herrn Ministerpräsidenten: Es liegt auch in seiner Verantwortung, das bitte nicht zu befeuern. Es muss seine Aufgabe und auch die der Staatsregierung sein, das Bild eines solidarischen Sachsens zu zeichnen. Als Linksfraktion fordern wir eine Bleiberechtsoffensive für Sachsen. Das gebietet nicht nur die Humanität, sondern auch Pragmatismus und Verantwortung für die Zukunft des Landes.
Lassen Sie mich das einmal an drei Beispielen verdeutlichen: Erstens wird bis über die Grenzen der Bundesrepublik auf Sachsen geschaut. Die Familie Pham-Nguyễn durchläuft seit Monaten eine wahre Tortur des Bleiberechts. Familienvater Pham kam 1987 als DDR-Vertragsarbeiter nach Deutschland. Er lebt inzwischen seit über 35 Jahren in Sachsen. Seit drei Jahrzehnten arbeitet er hier, zahlt Steuern und wohnt seit einigen Jahren mit seiner Partnerin Hoa Nguyễn und der inzwischen sechsjährigen Tochter Emilia in Chemnitz.
Doch, das stimmt. – Er machte 2016/17 den Fehler, zu lange in seinem Herkunftsland Vietnam zu bleiben – unfreiwillig, denn er musste sich einer Behandlung wegen einer Kriegsverletzung unterziehen. Seitdem ringt die Familie nun um ein Bleiberecht und die Angelegenheit wird immer akuter. So wurde die Duldung für Pham erteilt; Frau und Tochter müssen jedoch de facto ausreisen. Es wäre die Aufgabe einer verantwortungsvollen Landesregierung und auch konkret der obersten Ausländerbehörde, dieses Trauerspiel endlich zu beenden.
Zweitens: Im September letzten Jahres sollte der 26-jährige staatenlose Mohammad K. aus Leipzig abgeschoben werden. Die Abschiebung misslang aufgrund massiver Proteste. Mohammed K. lebte zu diesem Zeitpunkt bereits sieben Jahre in Deutschland und war ein geschätzter Kollege bei der Lukas-Bäckerei in Leipzig – ein Gewerbe, das schwer vom Fachkräftemangel betroffen ist. Auch sein Aufenthalt hängt weiterhin am seidenen Faden.
Drittens – last but not least: Die neunköpfige Familie Imerlishvili lebte acht Jahre lang in Pirna. Im Juni 2021 erfolgte ihre Abschiebung. Nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Bautzens musste die Familie aus Georgien zurückgeholt werden.
Wie kann es sein, dass Menschen, die lange hier leben, längst Teil der Gesellschaft sind, Menschen die hier erwerbstätig sind, eine Ausbildung machen oder in die Schule gehen, aus dem Land geworfen werden? Wie kann es sein, dass wir beim Reden über die dringende Notwendigkeit der Zuwanderung von Arbeits- und Fachkräften diejenigen Menschen außer Acht lassen, die schon hier sind? All die Menschen mit ihren Chancen und Talenten!
Der seit Jahresanfang geltende Chancenaufenthalt ist ein erster Schritt. Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow forderte kürzlich zu Recht seine Ausweitung im Sinne eines echten Spurwechsels für Geduldete und Asylsuchende. Wir fordern für Sachsen das Ausschöpfen aller Möglichkeiten, um hier lebenden geduldeten Menschen einen Aufenthalt zu gewähren. Dazu braucht es allerdings Ausländerbehörden, die ihrer Informations- und Beratungsaufgabe nachkommen, die ermöglichen statt verhindern. Wir brauchen Landräte, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die Zuwanderung und Integration mit der Zivilgesellschaft gestalten wollen, sowie eine Staatsregierung, die vorangeht. Für einen Überbietungswettbewerb rassistischer Abschottung sind wir nicht zu haben.
Das war Susanne Schaper für die Fraktion DIE LINKE. Für die BÜNDNISGRÜNEN spricht jetzt Frau Čagalj Sejdi.
Petra Čagalj Sejdi, BÜNDNISGRÜNE: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der humanen, menschenfreundlichen Fraktionen!
Frau Schaper hat es soeben kurz erwähnt – ich möchte noch einmal genauer darauf eingehen: Am 29. Mai jährte sich das schreckliche Attentat auf die Familie Genç in Solingen zum 30. Mal. Ein Attentat – die Ermordung von Menschen, das eben genau aus solch einer vergifteten Asyldebatte, wie wir sie leider jetzt hier auch erleben, entstanden ist. Dass wir heute, nur wenige Tage danach, über solch einen Antrag debattieren und Reden hören müssen, wie Sie sie halten, ist ein klares Zeichen dafür, wes Geistes Kind hier eigentlich mit uns spricht.
Sie schmeißen einmal wieder alles in einen Topf, kippen ordentlich braune Soße drauf, rühren drin herum mit Hass, Populismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit.
Und Sie zeichnen das Bild von Menschen, die angeblich eine Gefahr sind. Sie zeichnen das Bild, dass wir Angst haben müssen, und stellen die Fälle so dar, als würden Menschen bevorteilt werden.
Um nur ein Beispiel zu nennen: Wenn Sie auch nur eine Sekunde in unseren Haushaltsverhandlungen zugehört hätten, als wir über das Thema „Gesundheitskarte“ gesprochen haben, dann wüssten Sie vielleicht, dass hier niemand auf einem goldenen Teller zum Arzt getragen wird, sondern dass Menschen monatelang vergeblich auf Krankenscheine warten, um tödliche Krankheiten behandeln zu lassen. Das ist die Situation, die wir zum Teil in Sachsen haben, und nicht das Bild, das Sie zeichnen. Sie wissen das, Sie zeichnen das ja mit Absicht. Sie wollen ja Hass schüren, und Sie wollen ein Negativbild zeichnen. Sie möchten eine Darstellung von Menschen, die eine Invasion wären, die zu uns kämen, um uns auszusaugen und von uns zu profitieren.
Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel aus meiner Familie nennen. Mein Vater ist vor vielen Jahrzehnten hierhergekommen. Mein Vater ist auch geflüchtet. Mein Vater hat sein Leben lang, wie viele andere Menschen, in unsere Sozialsysteme eingezahlt. Er hat damit Diäten für Menschen wie Sie und damit auch Gehälter von Menschen wie Sie bezahlt. Ich finde, es ist das Mindeste, was wir heute zurückgeben können: dass wir denen, die heute zu uns flüchten und die morgen vielleicht einzahlen, das geben, was sie brauchen, um hier zu leben und zu überleben, dass wir ihnen Anstand und Menschlichkeit geben.
Ein Bild von Gefahr zu zeichnen bringt uns nicht weiter, nein, das hetzt auf. Wenn wir hier wirklich sachlich an die Debatte herangehen wollen, dann nützt es nichts, über Grenzkontrollen oder Abschiebungen zu schwadronieren. Dann müssen wir darüber reden, wie wir Fluchtursachen bekämpfen. Dann müssen wir darüber reden, wie wir Menschen überhaupt nicht in die Situation bringen, zu flüchten.
Wenn wir einmal nach Sachsen schauen wollen, nicht nach draußen, weil wir als Land nun wirklich nicht die große Weltpolitik machen können, dann müssen wir darüber reden, wie wir unsere Kommunen ordentlich mit Geld unterstützen, damit sie die Aufgabe, die ihnen jetzt bevorsteht, umsetzen können.
Das sind die Fragen, über die wir debattieren sollten, aber nicht über den braunen Mist, den Sie hier verbreiten. Deswegen habe ich auch gar keine Lust mehr; denn Sie sind ja gar nicht interessiert an einer sachlichen Debatte. Sie wollen hier nur etwas für Ihre YouTube-Kanäle produzieren, ordentlich rumschreien. Machen Sie das weiter! Mir reicht es mit Ihnen und Ihrem Thema für heute.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD will mit ihrem Antrag nur als Trittbrettfahrerin in die Migrationsdebatte zwischen verschiedenen demokratischen Parteien eintreten und versuchen, die Koalition in Sachsen zu spalten. Ende der Geschichte. Wir könnten es abkürzen und einfach ablehnen.
Allerdings stelle ich leider fest, dass die Debatte über Asyl und Zuwanderung in unserem Land insgesamt ziemlich schiefläuft, und sie muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Politisch rechte Kräfte von der AfD bis hin zur CDU werden nicht müde, „Das Boot ist voll“ zu rufen. Sie suggerieren, dass wir deutlich mehr Menschen abschieben könnten. Mit ihrem Antrag und der Einführungsrede hier im Landtag zeigt die AfD, worum es Ihnen eigentlich geht. Sie wollen am liebsten eine homogene deutschstämmige Bevölkerung und dafür möglichst alle Menschen mit Migrationsgeschichte aus dem Land schaffen, unabhängig von Nationalität, Aufenthaltsstatus oder Hintergrund.
Leider stimmt auch die CDU in diesen Chor ein, erhebt falsche oder gar verfassungswidrige Forderungen, anstatt sich um Lösungen bei der Aufnahme, Unterbringung oder sinnvollen Verteilung Geflüchteter zwischen den Kommunen zu kümmern. Stattdessen hören wir Forderungen nach einer Leistungskürzung für Asylbewerberinnen und Asylbewerber – verfassungswidrig und mit der SPD nicht zu machen.
Wir hören Forderungen, das Menschenrecht auf Asyl zu beschränken – ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und mit der SPD aus guten Gründen nicht zu machen.
Besonders perfide ist dabei eine doppelte Abwertungsdebatte, die wir immer wieder hören. Zugewanderte Arbeitskräfte sind demnach vorzugswürdig gegenüber
Geflüchteten. In der Gruppe der Geflüchteten werden wiederum ukrainische Geflüchtete den Geflüchteten aus anderen Drittstaaten bevorzugt – eine Zwei- oder Dreiklassenasylpolitik, die wir als SPD nicht mitmachen.
Wie wäre es stattdessen, wenn die CDU-geführten Ressorts endlich ihre Aufgaben lösten, anstatt Schimären an die Wand zu malen. Es ist nicht erkennbar, dass das SMI die Kommunen in die rechtliche Verpflichtung nimmt und steuernd in die Verteilung von Geflüchteten eingreift.
Das Land braucht gleichzeitig mehr Erstaufnahmeeinrichtungen, um für die Kommunen entlastend wirken zu können. Dennoch muss am Ende eine schnelle Verteilung in die Kommunen gewährleistet werden, da nur dort weitere Schritte der Integration greifen.
Der Finanzminister muss endlich die rigide Sparpolitik seines Hauses beenden. Sie hat dazu geführt, dass die jetzt benötigten Unterbringungskapazitäten abgebaut wurden. Wir brauchen mehr öffentlichen Wohnungsbau, um Druck aus dem Wohnungsmarkt zu nehmen, auch und gerade jenseits der Großstädte. Hier wünsche ich mir vom zuständigen Bauminister mehr Interesse und wirksame Schritte, um den geförderten Wohnungsbau wieder anzukurbeln.
Dann zur Forderung nach mehr Abschiebungen, für die es kräftigen Applaus aus der rechten Ecke gibt – siehe den heutigen Antrag. Um eines in diesem Hohen Haus noch einmal klar zu sagen: Menschen, die kein Bleiberecht in Deutschland haben, sollen grundsätzlich unser Land wieder verlassen. Dies gilt umso mehr für Menschen, die hier wiederholt Straftaten begehen. Damit meine ich keine irregulären Einreisen.
Aber Sachsen schiebt, relativ betrachtet aus guten Gründen, wenige Menschen ab. Das hängt vor allem mit Abschiebehindernissen zusammen. Insofern sind die Zahlen in dem hier vorliegenden AfD-Antrag einfach falsch. Der nüchterne Blick auf die Fakten der letzten acht bis zehn Jahre zeigt: Menschen, die hier ankommen, bleiben auch größtenteils.
Ich möchte allen Kritikern zurufen: Wir brauchen sie auch dringend. Lassen Sie uns die Perspektive verändern. Alle sehen gerade: Überall fehlen Arbeits- und Fachkräfte. Die allermeisten wünschen sich daher auch, dass Flüchtlinge schneller in Arbeit kommen. Es ist doch Wahnsinn, dass Leute abgeschoben werden, die hier schon arbeiten oder eine Ausbildung machen. Wir brauchen in Sachsen bis 2030 fast 150 000 Arbeits- und Fachkräfte in allen Branchen, nur um die Renteneintritte auszugleichen. Dafür müssen wir alle Potenziale nutzen.
Zuerst müssen wir die Zahl der Kinder, die Jahr für Jahr ohne Abschluss die Schule verlassen, verringern. Natürlich sollten wir auch Zuwanderung aus dem Bundesgebiet anregen. Aber auch die vielen Menschen, die sich hier in Dauerduldungsschleifen befinden, wollen und können arbeiten. Jeder und jede kann etwas beitragen. Die Menschen, die aufgrund humanitärer Katastrophen und wegen Kriegen zu uns flüchten, wollen ihr Leben in Sicherheit aufbauen und arbeiten gehen. Der Zugang zur Arbeit erleichtert diesen Menschen gesellschaftliche Teilhabe und beendet die Abhängigkeit vom Sozialsystem.
Wir brauchen diese Menschen und die weitere Zuwanderung nach Sachsen, weil es hier genügend Arbeit gibt, weil wir den geschaffenen Wohnstand sichern wollen und weil wir vor allem für die älteren Menschen unserer Gesellschaft die Sozialversicherungssysteme weiter solidarisch finanzieren müssen.
Um den Arbeitskräftebedarf zu decken, brauchen wir zusätzlich auch gezielte Zuwanderung. Damit das gelingt, braucht es aber vor allem eine Grundvoraussetzung: ein aufnahmewilliges Umfeld. Die Debatte der letzten Monate erzeugt das Gegenteil und stärkt eher die Abwehrreflexe. Es reicht ein Blick auf die jüngsten Ereignisse in allen sächsischen Regionen, um zu erkennen, warum manche Gegenden von Menschen mit Migrationsgeschichte gemieden werden. Rassistische Übergriffe, verfestigte Neonazistrukturen oder regelmäßige Rechts-Rock-Konzerte und andere Nazi-Events zeugen davon.
Ein integrationsfreundliches Umfeld muss vor Ort geschaffen werden. Hier ist jede Kommune, hier ist jedes Unternehmen, hier sind alle Bürgerinnen und Bürger gefragt. Das SMS mit Sozialministerin Köpping stärkt diese Bemühungen mit Förderprogrammen wie dem „Weltoffenen Sachsen“, integrativen Maßnahmen oder sozialen Orten. Erfolgsvoraussetzung ist jedoch, dass extrem rechte Strukturen endlich wirksam bekämpft werden. Hier ist der Innenminister in der Pflicht.