Protocol of the Session on April 26, 2023

Wir sehen auch, wie Minderheiten weltweit, insbesondere im Globalen Süden, unter Druck geraten und beispielsweise Homophobie zur Politik wird. Mit unserer Arbeit werden wir Regierungshandeln oder Politik nicht ändern; dafür sind wir zu klein. Aber wir stehen an der Seite der Zivilgesellschaften und an der Seite unserer Partner im Ausland und wollen dort Wirkung erzielen. Mit unseren Mitteln ermöglichen wir es Vereinen, Initiativen, Organisationen und auch nicht organisierten aktiven Bürgerinnen und Bürgern vor Ort, wirksam zu werden und somit unsere Werte erfahrbar zu machen. Dafür leisten auch die deutschen politischen Stiftungen Außerordentliches. Sie schaffen stiftungsübergreifend Freiräume, in denen sich junge Menschen und Vertreter der Zivilgesellschaft frei austauschen können.

Deshalb ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle den Vertreterinnen und Vertretern, die das im Ausland möglich machen, und auch Ihnen hier im Hohen Haus, die diese Arbeit oft mit eigenen Beiträgen gegenüber diesen Stiftungen unterstützen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU, den LINKEN, den BÜNDNISGRÜNEN und der SPD)

Auch bei uns, meine Damen und Herren, ist es eine wichtige Aufgabe, über diese Zusammenhänge aufzuklären, zu informieren und Fachleute auszubilden. Deshalb bin ich sehr froh, dass wir mit UNU-FLORES nunmehr seit gut zehn Jahren eine wichtige Forschungseinrichtung – es ist die einzige der Vereinten Nationen – in unserem Freistaat haben. Sie bildet eine zentrale Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik und wirkt von Dresden in die ganze Welt.

Globales und Lokales verbinden wir auch mit dem Dresdner Forum für Internationale Politik. Das Ziel, politische Strategien zu entwickeln und öffentliche Debatten anzustoßen, realisieren wir mit dem Forum in Kooperation mit der Stiftung Entwicklung und Frieden. Das Forum findet jährlich statt und ist ein weiterer wichtiger Knotenpunkt innerhalb der entwicklungspolitischen Landschaft unseres Freistaates.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich festhalten: Wir sind in Sachsen sehr gut aufgestellt, auch im Ländervergleich. Wir haben eine starke zivilgesellschaftliche Landschaft, mit der wir, ob im Inland oder im Ausland, vertrauensvoll zusammenarbeiten. Dafür bin ich sehr dankbar. Das wollen und werden wir in Zukunft fortsetzen. Dabei sollen folgende neun Punkte im Zentrum unserer weiteren Arbeit stehen:

Erstens. Entwicklungszusammenarbeit braucht ein breites Netz an Unterstützern und Unterstützerinnen. Verlässlichkeit bei der Finanzierung hilft unseren Partnern bei der zumeist ehrenamtlich getragenen Arbeit. Wir wollen diese Unterstützung fortsetzen und weiter ausbauen.

(Beifall des Abg. Sebastian Fischer, CDU)

Zweitens. Den Kleinprojektefonds als wichtiges Element der Unterstützung von Vereinen und Ehrenamtlichen werden wir fortführen und die Arbeit des entwicklungspolitischen Netzwerkes Sachsen weiter unterstützen.

Drittens. Die Bund-Länder-Projekte öffnen den Zugang zu größeren Projekten im Bereich von Forschung und Wirtschaftskooperationen. Dafür wollen wir auch weiterhin geeignete Projekte identifizieren, entwickeln, unterstützen und umsetzen.

Viertens. Entwicklungszusammenarbeit braucht einen ressortübergreifenden Ansatz. Fragen von globaler Gesundheit, Bildung, gemeinsamer Forschung, Gleichstellung, Sicherheit, Rechtstaatlichkeit und vieles mehr sind die Grundpfeiler von Stabilität und Entwicklung. Wir helfen, Fortschritte zu erzielen, wenn wir sie in einem vernetzten Ansatz realisieren. Deshalb sind die Fragen der Entwicklungszusammenarbeit auch ein zentraler Punkt der Nachhaltigkeitspolitik des Freistaates Sachsen. Die konkrete Umsetzung werden wir unter Federführung der Staatskanzlei in enger Abstimmung mit den Ressorts und dem Landtag weiter voranbringen.

Fünftens. Wir werden das Eine-Welt-Promotoren-Programm fortführen. Die Welt fängt vor der eigenen Tür an. Unser Handeln verändert die Welt; und was in anderen Ländern der Welt passiert, berührt auch uns. Das EineWelt-Promotoren-Programm bildet aus, vernetzt und informiert. Wir werden es fortsetzen.

Sechstens. Nur wer für die Entwicklungen in einzelnen Ländern offenbleibt, wird Einfluss und Strategien entwickeln können, darauf zu reagieren. Das Bewusstsein dafür zu schärfen, Formate für Vermittlung zu schaffen und für deren Umsetzung zu werben, wollen wir stärken, indem

wir das Dresdner Forum für Internationale Politik mit zeitgemäßen Formaten und relevanten Fragestellungen weiterentwickeln.

Siebtens. Gemeinsam erreichen wir mehr. Deshalb wollen wir die Zusammenarbeit mit Regionen in den Ländern des Globalen Südens zum Gegenstand der Kooperationen mit unseren eigenen Regionalpartnern machen. Das schafft gemeinsame Aktivitäten, die verbinden. Das kann uns auch mehr Wirksamkeit bei unseren Maßnahmen verschaffen.

Achtens. Wir sehen, wie wichtig diese Arbeit der internationalen Vernetzung für unsere Kommunen ist. Verantwortliches Handeln bedeutet auch, über den Tellerrand der eigenen Kommune, des eigenen Landes hinauszuschauen und zu sehen, was in der Welt passiert. Dazu werden wir eine Kommunalkonferenz durchführen und auch einzelne Vertreter aus Kommunen des Globalen Südens nach Sachsen einladen.

Neuntens. Der vielleicht wichtigste Punkt unserer Arbeit ist der Ausbau einer engeren Kooperation mit einem Land in Afrika. Das haben wir uns im Koalitionsvertrag vorgenommen und dieses Anliegen wird von allen Koalitionspartnern getragen. Es gibt dafür sehr erfolgreiche Vorbilder in Deutschland, beispielsweise Rheinland-Pfalz, das seit 40 Jahren eng mit Ruanda verbunden ist oder NordrheinWestfalen mit Ghana.

Als Freistaat Sachsen haben wir Uganda in den Blick genommen. Dafür gibt es viele Gründe: unter anderem das bereits bestehende große Engagement unserer sächsischen Vereine und Akteure, die oft schon vor Ort aktiv sind. Außerdem gibt es in Uganda mit dem Jesuit Refugee Service, mit den politischen Stiftungen und der Kooperation mit der christlichen Gemeinschaft Sant‘Egidio schon sehr viele und verlässliche Partner vor Ort, mit denen wir die Zusammenarbeit vertiefen wollen.

Im vergangenen Jahr war ich mit einer sächsischen Delegation und Vertretern des Sächsischen Landtags dort. Begleitet wurden wir unter anderem von der Big Band des St.Benno-Gymnasiums aus Dresden, das eine enge Beziehung mit Uganda aufgrund der Tatsache hatte, dass ein früherer Schulleiter nach seinem Ausscheiden dort diese Jesuiten-Gemeinschaft geleitet hat. Leider ist er während der Pandemie verstorben. Es war beeindruckend zu sehen, wie die jungen Leute diesen Austausch gestaltet haben. Ich bin mir sicher, dass insbesondere unsere jungen Menschen von diesem Austausch und neuen persönlichen Kontakten sehr profitieren werden.

Meine Damen und Herren! Ich lade Sie alle herzlich ein, an der Gestaltung und Umsetzung dieser neun Punkte mitzuwirken. Wenn in den Gesprächen weitere Ideen und Vorhaben entstehen, werden wir die Letzten sein, die diesen zehnten oder elften Punkt nicht aufnehmen; denn wir sind überzeugt, dass sich jedes konstruktive Engagement und jedes wirksame Tun auf unsere eigene Gesellschaft positiv auswirken. Deswegen unterstützen wir mit Überzeugung Menschen, die für andere aktiv werden. Eigeninitiative und Interesse am Schicksal anderer Menschen sind wertvolle Ressourcen, die wir als Staat unterstützen, fördern und vor

allem anerkennen sollten; denn von diesen Quellen lebt auch unsere Gesellschaft.

Was die Menschen in unserem Land für andere Menschen leisten, sollte in unserer Leistungsbilanz auf der Habenseite verbucht werden. Es ist in unserem ureigenen staatlichen Interesse, dass dieses Engagement erhalten bleibt und wächst.

Deshalb meine herzliche Bitte zum Schluss: Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass Fragen des Globalen Südens und der Entwicklungszusammenarbeit auch in Zukunft einen festen Platz bei uns haben!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie vereinzelt bei den LINKEN, den BÜNDNISGRÜNEN und der SPD)

Ich danke Herrn Staatsminister Schenk für seine Fachregierungserklärung. Wir kommen nun zur Aussprache. Folgende Redezeiten wurden festgelegt: CDU 32 Minuten, AfD 26 Minuten, DIE LINKE 16 Minuten, BÜNDNISGRÜNE 14 Minuten und SPD 12 Minuten. Die Reihenfolge in der ersten Runde: AfD, CDU, DIE LINKE, BÜNDNISGRÜNE und SPD. Fraktionslose Abgeordnete haben keine Redezeit angemeldet. Wir beginnen mit der AfD-Fraktion. Das Wort ergreift Kollege Urban.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Heute hat die Sächsische Staatsregierung eine Fachregierungserklärung zur Entwicklungshilfe bzw. zur Entwicklungszusammenarbeit abgegeben. Ich muss sagen: Die Quintessenz dieser Regierungserklärung lässt mich enttäuscht zurück. Viel Selbstbeschäftigung, viel heiße Luft, wenig Greifbares. Was wir allerdings sehen: immer mehr Geld für die Probleme in aller Welt, aber ständig neue Belastungen für unsere eigenen Gemeinden und Städte.

(Beifall bei der AfD)

Das scheint das Motto von CDU, GRÜNEN und SPD hier in Sachsen zu sein. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich kann über diese falsche Prioritätensetzung, gerade in der heutigen Zeit, nur noch den Kopf schütteln.

(Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)

Mit Ihrer Politik der offenen Grenzen treiben Sie unsere Kommunen in den Ruin. Zugleich wollen Sie weiter das Steuergeld der Sachsen in alle Welt verschenken.

(Beifall bei der AfD)

Dieser Verantwortungslosigkeit setzen wir eine klare Botschaft entgegen, und die heißt „Unser Land zuerst!“

(Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE: Ach! – Zuruf des Abg. Sören Voigt, CDU)

Lernen Sie endlich, dass sich Politik zuallererst um die eigenen Bürger kümmern muss! Lernen Sie endlich, zuerst an unsere Kinder, an unsere Schulen, an unsere Familien,

an unsere Pflegebedürftigen und an unsere armutsgefährdeten Senioren zu denken! Solange hierzulande Ärzte fehlen, Pflegekräfte fehlen, Polizisten fehlen, sollte die Regierung eines Bundeslandes gar keine Zeit dafür haben, an den Problemen weit entfernter Dritte-Welt-Länder herumzudoktern; denn mehr ist es nämlich nicht.

(Beifall bei der AfD – Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE: Oh! – Zuruf des Abg. Sören Voigt, CDU)

Damit wäre das Wichtigste eigentlich schon gesagt. Aber – freuen Sie sich nicht zu früh – ich will Ihnen trotzdem noch einige wichtige Ratschläge

(Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE: Anhand!)

für Ihr blumiges Vorhaben „Sachsens Beitrag für den Globalen Süden“ mitgeben.

Erstens. Der Globale Süden braucht unsere Hilfe nicht.

(Zuruf von der AfD: Toll! – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE)

Wachstumsstarke Schwellenländer wie Brasilien oder Vietnam müssen wir nicht unterstützen. Wer Unterstützung braucht, ist vielmehr die von dem weltberühmten Ökonomen Paul Collier benannte unterste Milliarde der Weltbevölkerung, die hauptsächlich in Afrika zu finden ist.

Zweitens. Zur Wahrheit gehört nun: Diese unterste Milliarde ist in den letzten 50 Jahren trotz immenser Entwicklungshilfe aus Europa immer weiter zurückgefallen. Das heißt, wir müssen das gesamte System unserer Entwicklungshilfe endlich einmal auf den Prüfstand stellen.

(Frank Richter, SPD, steht am Mikrofon.)

Diese Entwicklungshilfe hat ausschließlich neue Abhängigkeiten geschaffen und leider auch die Armut erhöht.

(Beifall bei der AfD)

Auch diese Hilfe braucht der Globale Süden nicht.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, gern.

Bitte, Herr Kollege Richter.