Protocol of the Session on May 4, 2022

Sicherheit in Corona-Zeiten: Während der Coronakrise hat der Staat gezeigt, dass wir vielen Bürgerinnen und Bürgern mehr Sicherheit in dieser Zeit gegeben haben. Zugegeben: nicht allen, aber sehr vielen Bürgern. Bund und Länder haben mit wichtigen Unterstützungsprogrammen gearbeitet: Kurzarbeitergeld, Sozialbereich, Corona-Schutzschirm, verschiedenste Programme, auch finanzielle Unterstützung in schweren Lagen, Aufholen nach Corona, viele Einzelprojekte in der Schulsozialarbeit, aber eben auch die Jugendpauschale, Riester-Programme oder die Aufstockung der Programme von „Frühe Hilfen“ sowie Unterstützungsleistungen für viele Familien mit kleinerem Einkommen, um nur einige zu nennen.

Auch für die Ukraine-Krise brauchen wir mehr Sicherheit. Deshalb gibt es dieses zweite Entlastungspaket zur Abfederung von Härten in der aktuellen Situation. Das ist die einmalige Leistung von 300 Euro für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Selbstständige, ein einmaliger Familienzuschlag von 100 Euro pro Kind und die Erhöhung der Einmalzahlung an Empfängerinnen und Empfänger von Transferleistungen auf 200 Euro pro Person. Das alles kann man negieren; aber deshalb habe ich es extra noch einmal genannt, damit man es eben nicht negiert, weil es diese Leistungen alle gibt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den BÜNDNISGRÜNEN)

Gesellschaftspolitik für den sozialen Frieden: Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte die Chance nutzen, um den Rahmen etwas weiter zu ziehen. Gute Sozialpolitik ist Gesellschaftspolitik. Mein Ministerium trägt nicht ohne Grund auch den „Gesellschaftlichen Zusammenhalt“ im Namen. Innerer Frieden, das ist – wie oben bereits angesprochen – einer der wesentlichsten Bestandteile eines Sozialstaates. Es sind eben nicht nur die Sozialleistungen, die wichtig sind, sondern auch, dass man aufarbeitet, welche Kränkungen der Vergangenheit – auch während der Corona-Zeit, ganz klar –

viele Menschen verunsichert haben, die nun Angst haben und manchmal sogar Hass verbreiten.

Unser gesellschaftliches Klima – das müssen wir konstatieren – ist abgekühlt. Das geht besonders zulasten des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Wir spüren das alle in unseren Familien und Bekanntenkreisen. Es ist wichtig, dass die Menschen wieder zusammenkommen können, dass Menschen tatsächlich Menschen treffen, dass Menschen mit Menschen über ihre Probleme sprechen und dass wir lernen, zu akzeptieren und zuzuhören.

Auch dafür haben wir ein wichtiges Programm aufgelegt, das Programm „Soziale Orte“. Viele Orte haben in der Vergangenheit ihre soziale Mitte verloren. Ich hätte das auch nicht gedacht, aber bei der Eröffnung der ersten Projekte der „Sozialen Orte“ ist mir deutlich geworden, wie wichtig es ist, dass die lokalen Vereine, die engagierten Leute zusammenkommen. Auch das war ein Manko während der Coronakrise, dass wir uns eben nicht direkt begegnen konnten, sondern dass wir oft nur über Videoschalten, über Konferenzen, per E-Mail oder Ähnliches kommunizieren konnten. Dieser direkte Kontakt fehlt den Menschen.

Deshalb freuen wir uns, dass das Programm „Soziale Orte“ gerade im ländlichen Raum so einschlägt und von den Menschen tatsächlich so positiv gesehen wird. Menschen brauchen Menschen. Das ist die Botschaft. Auch geht es um mehr Solidarität. Das ist ein Begriff, der nach 1990 tatsächlich sehr abgegriffen gewesen ist. Dieser Begriff erfährt in der gegenwärtigen Situation völlig neue Dimensionen; deshalb sollten wir ihn wirklich immer wieder ansprechen.

Es braucht Respekt für die Arbeit. Es braucht die Chance, sich einen kleinen Wohlstand aufbauen und sichern zu können. Es braucht genug soziale Sicherheit. Wir befinden uns mit dem Mindestlohn und dem neuen Bürgergeld auf dem richtigen Weg.

Nur auf einem sicheren sozialen Fundament können Gemeinsinn, mehr Respekt und ein Miteinander aufgebaut werden. Das gilt ganz besonders in diesen Krisenzeiten. Für unsere soziale Sicherheit und für den Wandel brauchen wir einen starken Sozialstaat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den BÜNDNISGRÜNEN sowie vereinzelt bei den LINKEN)

Das war Frau Staatsministerin Petra Köpping. Damit ist unsere zweite Aktuelle Debatte abgeschlossen und Tagesordnungspunkt 4 beendet.

Wir kommen jetzt zu

Tagesordnungspunkt 5

Zweite Beratung des Entwurfs

Zweites Gesetz zur Änderung des Sächsischen Naturschutzgesetzes

Drucksache 7/5936, Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 7/9720, Beschlussempfehlung des Ausschusses

für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft

Herr Heinz, wünschen Sie als Berichterstatter das Wort? – Nein. Dann würde ich jetzt den Fraktionen das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilen. Für die einreichende Fraktion spricht jetzt bitte Frau Kollegin Antonia Mertsching, DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Bis jetzt gibt es nur diesen einen Planeten, von dem wir wissen, dass wir relativ unkompliziert auf ihm leben können. Dieser eine Planet hat ein paar Bedingungen, um für uns Menschen bewohnbar zu sein. Der Süßwasserverbrauch darf zum Beispiel nicht zu hoch sein oder die Abholzung der Wälder. Man nennt dies die planetaren Grenzen.

Eine andere planetare Grenze ist die Biosphäre, also der Raum auf der Erde, in dem die Lebewesen existieren. Dies ist ein sehr vielfältiges, komplexes, zusammenhängendes System, manche kennen es vereinfacht auch unter dem Begriff Nahrungskette. Alle Lebewesen leben voneinander. Wenn von einer Spezies ganz viele verschwinden, dann wirkt sich das auch auf die Lebensmöglichkeiten der anderen aus.

Nun haben wir Menschen auf vielfältige Arten und Weisen dazu beigetragen, dass ein großes Artensterben eingesetzt hat – ob nun durch Überfischung, durch die Abholzung von Wäldern, durch Straßenbau und andere Versiegelungen von Flächen oder durch den Chemieeinsatz in der Landwirtschaft. Gerade Insekten, die am Anfang der Nahrungskette stehen, sind uns in Unmengen abhandengekommen.

Als ich vor knapp 20 Jahren Autofahren gelernt habe, war nach einer Fahrt über die Autobahn die Windschutzscheibe zugepflastert mit Insektenleichen. Heute ist das kein Problem mehr – nicht, weil die Insekten jetzt woanders herumfliegen als auf der Autobahn, sondern weil sich ihre Anzahl dramatisch reduziert hat und damit auch die der Vögel, Amphibien, Reptilien oder Säugetiere. Inzwischen – ich erwähnte es hier schon einmal – ist sogar schon der Igel eine vom Aussterben bedrohte Tierart. Der Igel.

Aus diesem Grund haben wir diesen Gesetzentwurf entwickelt. Mit dem Verbot von Schottergärten als zulässige Gestaltung von privaten Gärten und mit der explizit insektenfreundlichen Ausgestaltung von Gartenanlagen wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass der Lebensraum von Kleinstlebewesen nicht weiter eingeschränkt wird. Und Schottergärten schränken ihn ein. Sie werden immer mehr, auch wenn viele das nicht glauben wollen. Aber

wenn Sie einmal darauf achten, dann werden auch Sie es feststellen.

Die Menschen denken, dass sie pflegeleichter seien. Aber das stimmt nicht. Zwischen den Steinen lagern sich Staub und allerlei Pflanzensamen ab, die irgendwann keimen und nur mit großem Aufwand oder intensivem, regelmäßigem Pestizideinsatz beseitigt werden können. Schottergärten bieten auch gute Voraussetzungen für Algenwachstum, was den Garten schnell ungepflegt und schmuddelig aussehen lässt. Es ist also ein Irrglaube, anzunehmen, sie würden das Grundstück pflegeleichter machen.

Hinzu kommen noch andere schädliche Wirkungen: Schottergärten erhitzen das Mikroklima. Sie schädigen aktiv den Boden. Er wird verdichtet und versiegelt, und dadurch bildet sich weniger Grundwasser.

Im Gesteinsabbau selbst – in Indien und China – arbeiten oftmals Kinder. Es gibt keinen ausreichenden Arbeitsschutz und auch keine zum Leben ausreichende Bezahlung. Es ist doch ziemlich irre, in Zeiten der Klimaerhitzung und des zunehmenden Ressourcenmangels schweres Gestein um die ganze Welt zu schiffen; ein einfacher Rasen würde es doch auch tun. Schottergärten sind nichts, aber auch gar nichts Positives abzugewinnen. Aber sie sind im Vormarsch.

Um etwas dagegen zu tun, setzt die Koalition lediglich auf Bildungsarbeit und Informationsangebote. Das hat bisher auch nicht gereicht. Das muss es sowieso geben. Eine gesetzliche Regelung hingegen, wie wir sie vorschlagen, würde die Problematik und die Brisanz deutlich machen, die mit Schottergärten verbunden sind. Gesetzliche Regelungen helfen nämlich auch dabei, betroffene Berufsgruppen wie Architekt(inn)en, Landschaftsplaner(innen) und Gärtner(innen) zu sensibilisieren, und sie könnten damit eine Trendwende hin zu einer naturnahen Gartengestaltung einleiten.

Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Vielleicht kommt es ja doch irgendwann bei Ihnen an, dass wir nur diesen einen Planeten haben und Bildungsarbeit und Freiwilligkeit uns allein nicht helfen werden, unsere Lebensgrundlagen zu erhalten. Ansonsten machen Sie halt weiter mit Ihrem faulen Kompromissbetrieb zulasten der kommenden Generationen. Ihre Entscheidung!

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Vielen Dank. Das war Frau Kollegin Mertsching für die

Fraktion DIE LINKE. – Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Frau Kollegin Springer. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Frau Mertsching hat mit einer Sache recht:

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Oh!)

Schottergärten sind eine Katastrophe.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Sehr gut! – Beifall des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Schottergärten sind schon dem Begriff nach etwas, was nicht zusammenpasst; Schotter und Garten, das klappt nicht. Aber das reiht sich nahtlos in andere Begriffe ein, wie zum Beispiel erneuerbare Energien und Ähnliches. Das klappt auch alles nicht.

(Heiterkeit bei der CDU, den LINKEN und den BÜNDNISGRÜNEN)

Aber worum geht es eigentlich? Das vorgelegte Zweite Gesetz zur Änderung des Sächsischen Naturschutzgesetzes beabsichtigt eine Klarstellung zur Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 1 Sächsische Bauordnung, die Abweichungen vom Versiegelungsverbot auf nicht überbauten Flächen von bebauten Grundstücken zulässt. Mit der Einführung eines § 9 a im Naturschutzgesetz soll das Anlegen von sogenannten Schottergärten auf nicht überbauten Flächen verboten werden.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Genau!)

Dazu soll geregelt werden, dass es sich bei dieser Art von Gestaltung nicht um eine nach Sächsischer Bauordnung zulässige Verwendung von nicht überbauten Grundstücksflächen handelt.

Das Anliegen, eine Verschotterung von Vorgärten zu unterbinden, können die meisten Kollegen verstehen. Dieses Ziel ist mit dem vorliegenden Entwurfstext jedoch nicht zu erreichen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Was?)

Mit dem Wort „grundsätzlich“ – und das steht nun einmal im Gesetzentwurf – ist jede Interpretationsmöglichkeit denkbar. Unsere Ablehnung begründet sich darüber hinaus mit nachfolgenden Punkten:

Erstens. Die Kommunen haben es selbst in der Hand, durch Bebauungspläne oder kommunale Gestaltungssatzungen Einfluss zu nehmen. Durch Vorgaben für die Gestaltung von Grundstücksaußenbereichen kann die Anlage von Schottergärten unterbunden werden. Das geschieht bereits in vielfältiger Form, zum Beispiel durch vorgegebene Mindestbepflanzung, Pflanzlisten und vieles andere mehr.

Zweitens. Gehen wir einmal davon aus, dass durch die Schotterung eine Versiegelung erfolgt – das ist ja in der Regel durch das Vlies usw. gegeben –, dann ist eine Regelung weder im Landesnaturschutzrecht noch in der Bauordnung erforderlich. Das Baugesetzbuch regelt in § 9 den Inhalt von Bebauungsplänen. Abs. 1 Nr. 20 und Nr. 25 a sowie

Nr. 16 – hier: städtebauliche Konzepte für den Umgang mit Starkregen – dienen als Grundlage. Ein Versiegelungsverbot ist in § 8 Abs. 1 Satz 1 der Sächsischen Bauordnung enthalten, wie Sie natürlich auch schon selbst festgestellt haben. Die Gesetzesregelung bedeutet ein deutliches Mehr an Bürokratie.