Protocol of the Session on May 4, 2022

Drucksache 7/9483, Antrag der Fraktion AfD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: AfD, CDU, DIE LINKE, BÜNDNISGRÜNE, SPD, fraktionslose MdL und Staatsregierung, wenn gewünscht.

Ich erteile zuerst der AfD-Fraktion das Wort. Herr Kollege Dr. Weigand, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag „Finanziell schwache Kommunen unterstützen“ wollen wir den ländlichen Raum endlich

ordentlich stärken. Dazu möchte ich Sie am Anfang auf eine kleine Reise ins Erzgebirge mitnehmen.

(Heiterkeit)

Dort geht die kleine Pauline mit 20 anderen Kindern in den Kindergarten. In den Kindergarten ist auch schon ihre Oma gegangen – 1939 erbaut, solide und funktional damals, 1980 nach dem damaligen Standard saniert. Seitdem gab es kleine Instandsetzungsmaßnahmen. Und heute? Eine hübsche Fassade mit einem großen Garten. Hinter der Fassade sieht es aber schwarz aus – im wahrsten Sinne des

Wortes: Feuchtigkeit, Schimmel und dringender Sanierungsbedarf.

Nur wenige Kilometer weiter, wir waren gerade in Frauenstein, in Burkersdorf gehen 50 Kinder in die Kita. Dort gibt es eine ähnliche Situation; auch dort herrscht dringender Sanierungsbedarf bei der Kita.

Man fragt sich: Warum herrschen dort solche Zustände? Warum passiert hier nichts? Weil Sie, werte Damen und Herren von der CDU, die Kommunen mit diesem bürokratischen Fördermitteldschungel allein stehen lassen, und das muss sich ändern.

Die Stadt Frauenstein versucht seit Jahren, eine Lösung zu finden. Sie hat sich im Jahr 2019 an den Ministerpräsidenten Kretschmer gewandt. Die Sanierung der beiden Kitas würde 3,2 Millionen Euro kosten; das ist der Stand von 2019. Jetzt werden Sie gleich sagen, wenn ich weggehe: Ach Mensch, Herr Weigand, es gibt doch genügend Fördermittel vom Land Sachsen.

Ja, beispielsweise die Förderrichtlinie KitaBau mit sage und schreibe 50 % Förderung. Doch war sie schon immer so niedrig? Nein. Schauen wir einmal etwas in der Zeit zurück. Zwischen den Jahren 2008 und 2016 wurden Krippen in Sachsen mit einem Fördersatz von 75 % gefördert. Bis zum Jahr 2020 gab es sogar für Krippe und Kita einen Fördersatz von 75 %. Aktuell liegt der Fördersatz bei der Förderrichtlinie KitaBau bei 50 %. Eine Härtefallregelung für finanzschwache Kommunen? Pustekuchen!

Das heißt für die beiden Standorte in Frauenstein: 1,6 Millionen Euro Eigenanteil. Das ist für kleine Kommunen nicht finanzierbar. Das kann man auch der kleinen Pauline nicht mehr erklären, und das wollen wir mit unserem vorliegenden Antrag endlich ändern.

(Beifall bei der AfD)

Erstens fordern wir, finanziell schwachen Kommunen endlich unter die Arme zu greifen. Es braucht Härtefallregelungen für die Kommunen im ländlichen Raum, die den Eigenanteil nicht selbst stemmen können, wo aber dringender Sanierungs- und Baubedarf besteht. Wir müssen hier wirklich an das Wohl unserer Kinder denken.

Zweitens braucht es mehr Geld vom Bund für den Freistaat Sachsen – nicht nur für Erhalt, sondern auch für den Ausbau der Bildungsinfrastruktur. Sachsen muss sich beim Bund für mehr Finanzmittel starkmachen, aber nicht wie in der Vergangenheit, dass dann etwas Kleines hineingeschrieben wird und man in den Bildungsföderalismus eingreift. Nein, wir brauchen das Geld hier so in den Freistaat hinein, damit wir unsere Kommunen ordentlich unterstützen können.

Der dritte wichtige Punkt: Zukünftig sind die Kommunen finanziell vernünftig auszustatten, damit sie eigenverantwortlich ihren kommunalen Pflichtaufgaben, beispielsweise der Sanierung und Modernisierung von Kitas und Schulen, nachkommen können. So schaffen wir endlich Luft für unsere Kommunen und mehr Freiraum.

Gleich werden Sie wieder sagen: Ach, den Kommunen in Sachsen geht es doch gut. – Das liest man aus der Stellungnahme heraus. Ich freue mich schon, dass ich dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag das Zitat von Herrn Piwarz mitteilen darf, dass die Kommunen in Sachsen finanziell gut aufgestellt seien. Viele Gemeinden, viele Bürgermeister werden sich fragen, wie man auf eine solche Stellungnahme kommt. Es ist nämlich kein Einzelfall, den ich hier vorgetragen habe. Es ist leider bittere Realität im ländlichen Raum, dass die Kommunen wenige Finanzmittel haben.

Wir gehen nun von Frauenstein einfach wenige Kilometer weiter, nach Rechenberg-Bienenmühle. Dort steht eine schöne Oberschule mit 320 Schülern. Die Oberschule wurde in der Vergangenheit saniert, und die Schülerzahlen sind in den letzten Jahren – das ist bemerkenswert – um knapp 20 % gestiegen. Dennoch haben die Schüler für den Sportunterricht nicht etwa eine moderne Außensportanlage. Nein, Kugelstoßen und Weitspringen gibt es dort im grasgefüllten Loch, Laufen und Sprinten auf der öffentlichen Teerstraße und Ballsport auf dem Pausenhof. Der verpflichtende Sportlehrplan kann dort nur unter erschwerten Umständen umgesetzt werden. Die Kosten für die Sanierung dieser Außensportanlage belaufen sich auf 1 Million Euro.

(Zuruf der Abg. Susan Leithoff, CDU)

Dies kann gefördert werden – mit Mitteln aus der Schulinfrastrukturverordnung –, Zuweisung von maximal 60 %. Für klamme Kommunen – Sie können gern reinrufen, Frau Leithoff – gibt es bis zu 75 %. Härtefallregelung? Pustekuchen! Auch hier kann die Gemeinde den Eigenanteil nicht stemmen.

Und: Sachsen stellt nur 30 Millionen Euro für die Neubewilligung zur Verfügung. Das Interesse der Kommunen ist aber viel größer, wie unsere Kleine Anfrage zeigt. Wir haben insgesamt 200 Millionen Euro Sanierungsbedarf für Sportanlagen angemeldet. Das ist das Siebenfache mehr, als Sie an Geldern zur Verfügung stellen. Das zeigt, wie Sie dieses Land in den letzten 30 Jahren kaputtgespart haben.

(Beifall bei der AfD – Sören Voigt, CDU: Sie wussten nicht, woher sie das Geld nehmen sollten!)

Herr Voigt, streichen Sie doch einfach einmal Ihre ideologischen Projekte zusammen. – Daher wird es Zeit, endlich anzupacken, damit die kleine Pauline heute in eine sanierte Kita gehen kann und morgen bzw. in der Zukunft in eine Oberschule mit einer ordentlichen Sportanlage.

Schaffen Sie daher Härtefallregelungen für finanzschwache Kommunen. Schaffen Sie mehr kommunale Selbstbestimmung statt bürokratischer Fördermittelpolitik.

Schaffen Sie für unsere Kommunen endlich mehr Luft zum Atmen. Stimmen Sie unserem Antrag zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das war Kollege Dr. Weigand von der AfD-Fraktion mit der Einbringung des Antrags. Nun übergebe ich an Herrn Kollegen Gasse von der CDU-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich nehme gern Stellung zu dem Antrag der AfD-Fraktion. Er hat Härtefallregelungen im Bereich der Investitionsförderung für den Kita- und Schulhausbau für finanzschwache Kommunen zum Ziel. Sie führten dazu aus, damit sollen Investitionsvorhaben in die Bildungsinfrastruktur auch bei schwieriger Haushaltslage realisiert werden können.

Der Koalition und insbesondere meiner Fraktion war es schon immer ein wichtiges Anliegen, die Förderung von Investitionen in Schulen und Kitas zu erleichtern. So hatten wir es uns zur Aufgabe gemacht, das noch vor ein paar Jahren sehr aufwendige Förderverfahren wesentlich zu vereinfachen und die Förderung zu verstetigen. Das ist auch gelungen, Herr Dr. Weigand.

Mit dem Inkrafttreten unserer Schulinfrastrukturverordnung im Jahr 2020 konnten wir den bürokratischen Aufwand für die Kommunen spürbar reduzieren. Gleichzeitig haben wir den Regelfördersatz auf 60 % angehoben. Mit dieser Verordnung haben wir auch besonders bedürftigen Kommunen die Möglichkeit eingeräumt – Sie erwähnten es bereits –, einen Fördersatz in Höhe von 75 % in Anspruch zu nehmen. Dem Grunde nach handelt es sich hierbei bereits um eine Art Härtefallregelung.

Allerdings, um es wirklich deutlich zu sagen, Herr Dr. Weigand: Der Bau, die Instandsetzung und die Ausstattung von Kindertagesstätten und Schulen sind kommunale Pflichtaufgaben, und das sind sie, weil es sich dabei um Bestandteile der Daseinsvorsorge handelt. Das wiederum bedeutet natürlich nicht, dass die Kommunen mit diesen Aufgaben vom Freistaat Sachsen alleingelassen werden – ganz im Gegenteil: Unser Freistaat unterstützt die Kommunen zum einen im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes. Auf der Grundlage des FAG erhalten die Kommunen pro Schüler einen bestimmten finanziellen Betrag zur Unterstützung, um ihren damit verbundenen Aufgaben besser gerecht werden zu können. Das ist der sogenannte Schüleransatz.

Worum es im vorliegenden Antrag jedoch ganz speziell geht, sind die investiven Zuschüsse, die der Freistaat Sachsen für den Bau und für die Sanierung von Schulen und Kitas Jahr für Jahr gewährt.

Ich denke, es besteht in diesem Hohen Haus Einigkeit darüber, dass wir uns als Gesetzgeber sehr gerne dafür einsetzen, dass der Freistaat Sachsen seine Kommunen bei der Schaffung bester Lehr- und Lernbedingungen nach Kräften unterstützt. Unsere Kinder, Erzieher und Lehrer – ich denke, auch darin sind wir uns einig – sind es in jedem Fall wert, unter den bestmöglichen Bedingungen lernen und lehren zu können.

Allerdings, auch das gehört zur Wahrheit, können wir nicht einfach das Füllhorn der Glückseligkeit nehmen und über

den Schulen und Kitas unseres Sachsenlandes ausgießen. Schön wäre es natürlich, aber wir tun es mit Vernunft und Augenmaß.

Wir unterstützen unsere Kommunen im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit und Prioritätensetzung auch dabei, ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen. Dabei ist es unsere Aufgabe, immer auch die Leistungsfähigkeit unseres sächsischen Staatshaushalts im Blick zu behalten.

Auch im kommenden Doppelhaushalt werden wir Corona und Ukrainekrieg zum Trotz dafür sorgen, den Investitionsbedarf in die Bildungsinfrastruktur unserer Kommunen wieder durch angemessene Zuschüsse zu unterstützen.

An dieser Stelle möchte ich noch erwähnen, dass nicht nur der Freistaat Sachsen, sondern auch der Bund vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie umfangreiche Mittel für den Ausbau der Ganztagsbetreuung in Schulen zur Verfügung gestellt hat. Allerdings sind für die Kofinanzierung dieser Mittel Eigenanteile der Kommunen gefordert. Für die Fördermittel des Landes, die in die Bildungsinfrastruktur investiert werden, gilt dies ebenso.

Im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung sind unsere Kommunen für die Haushaltsaufstellung und Haushaltsführung selbst verantwortlich. Damit haben sie nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht, ihre Prioritäten neben der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichtaufgaben entsprechend selbst zu setzen. Schließlich wissen sie selbst am besten, wo Handlungsbedarf vor Ort besteht.

Sofern Investitionen durch die Kommunen als prioritär eingestuft werden, steht es ihnen frei, entsprechende Planungen auch finanzpolitisch voranzutreiben und Förderanträge zu stellen.

Es steht ihnen auch frei – Herr Dr. Weigand, zu Ihrem Beispiel –, eine Variante zu wählen, die kostengünstiger für die Kommune ist, und nicht auf irgendeiner Variante zu bestehen, die nur von einer Seite vorangetrieben wird.

Es steht den Kommunen frei, Förderanträge zu stellen. Wir als Freistaat werden ihnen nach besten Kräften dabei helfen, diese Planungen voranzutreiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus all diesen Gründen sehe ich keine Notwendigkeit für die Einführung einer in dieser Form beantragten Härtefallregelung. Ich bitte Sie ebenso wie die CDU-Fraktion darum, diesen Antrag abzulehnen, und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Kollege Gasse sprach für die CDU-Fraktion. Nun spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Kollege Schulze.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen!

(Oh-Rufe bei der AfD – Thomas Thumm, AfD: Guten Tag! – Hans-Jürgen Zickler, AfD: Warum grüßen Sie immer die LINKEN nicht? – Weitere Zurufe von der AfD)

Na ja, ich – –

(Ivo Teichmann, AfD: Nicht aus dem Konzept bringen lassen!)