Es geht im Kern um Geld- und Zeitnot. Das sind die Probleme, die Familien aktuell haben und die sich gegenseitig bedingen. Es sind diese zwei Probleme, die dazu führen, dass Eltern gern mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen würden, es aber nicht können.
Sie von der Linksfraktion haben aber den ganzen CoronaWahnsinn mitgemacht. Sie haben, statt Familien zu entlasten, immer schärfere Maßnahmen gefordert. Sie haben Familien eingeengt. Sie haben die Regierung mit zum Lockdown getrieben. Sie wollten die Schulen noch sehr viel länger schließen. Wenn es nach Ihnen ginge, wäre wahrscheinlich heute noch die Wirtschaft lahmgelegt und die Kinder in Heimbeschulung.
Aber ausgerechnet Sie wollen jetzt Familien entlasten? Das finden wir absurd und schizophren. Schizophren ist es auch, wenn Sie als Ziel in Ihrem Gesetzentwurf ausgeben, dass der Kindertag als Feiertag dazu beitragen soll, dass die Kinderrechte in Deutschland bekanntgemacht, ihre Durchsetzung weiter vorangetrieben und dabei die Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen in Deutschland verbessert werden sollen. Da kann ich Ihnen nur sagen: Fassen Sie sich erst einmal an die eigene Nase.
Die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin schrieb in einer Stellungnahme zur auch von Ihnen unterstützten Corona-Politik, dass Kinder und Jugendliche in Entscheidungsprozesse nicht einbezogen und nicht als Person mit ebenbürtigen Rechten gesehen wurden. Sie galten nur als potenzielle Virusträger. Ihre Lebenswelt wurde massiv eingeschränkt; das nicht zum eigenen Schutz, sondern zum Schutz anderer, wie zum Beispiel Oma und Opa. Die Stellungnahme zieht das Fazit, dass die Betrachtung von Kindern nicht aus ihrer eigenen Perspektive, sondern als Mittel zum Zweck der persönlichen Würde der Kinder widerspricht.
Das steht nun im eklatanten Widerspruch zu den von Ihnen so hochgelobten Kinderrechten. Nach diesen ist das Wohl der Kinder stets vorrangig zu berücksichtigen. Das gilt auch für die Gesetzgebungsorgane, wie es in Artikel 3 der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben ist.
Jetzt frage ich Sie, liebe Linksfraktion: Wie passt das zusammen? Meinen Sie es mit dem Wohl der Kinder und der Entlastung der Familien tatsächlich ernst, wenn Sie selbst
Ihre verfolgten Ziele mit Füßen treten? Wir finden: Das passt nicht zusammen. Werden Sie sich also erst einmal selbst klar darüber, was Sie eigentlich möchten.
Jetzt konkret zum Inhalt. Sie möchten genau einen einzigen zusätzlichen freien Tag schaffen. Wie das zu einer Entlastung der Familie führen soll, das bleiben Sie schuldig. Was Sie nicht verstanden haben, ist, dass es eine Entlastung im Alltag von Familien braucht. Es braucht Freiräume für gemeinsames Spielen und Erleben über das ganze Jahr, und zwar an allen 365 Tagen und nicht nur an einem Tag. Aber wer sagt schon Nein zu einem zusätzlichen Feiertag? Und genau darum geht es Ihnen wohl. Sie wollen eine populistische Forderung aufmachen, die Sie dann öffentlichkeitswirksam vermarkten können.
Wenn Sie dann Ihre Forderung in die Bevölkerung tragen, dann erzählen Sie den Menschen aber auch, dass diese den geschenkten Tag teuer bezahlen müssen. Das gehört zur Wahrheit dazu.
(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach! – Kerstin Köditz, DIE LINKE: Nicht zugehört! – Zuruf der Abg. Antje Feiks, DIE LINKE)
Erzählen Sie dem Durchschnittsverdiener ruhig, dass dieser den freien Tag mit zusätzlichen rund 200 Euro in die Pflegeversicherung finanzieren darf. Ob dieser dann immer noch Ja zu dem geschenkten Tag sagt, ist ungewiss. Vermutlich kommt Ihr Feiertag dann aber eher schlecht an; denn Sie erinnern sich: Geld ist für viele Familien Mangelware, und es zählt jeder Euro am Monatsende.
Statt eine Symbolpolitik zu betreiben, sollten Sie sich lieber um die Ursachen der Probleme kümmern. Wir als AfDFraktion haben hier schon etliche Vorschläge gemacht. Und? – Auch diese haben Sie abgelehnt. Ob Sie ernsthaft an einer Erreichung unseres gemeinsamen Ziels – mehr Zeit für Familien – interessiert sind, ist mehr als fraglich.
Was es braucht, sind der Ausbau und die Stärkung des Landeserziehungsgeldes hin zu einer Lohnersatzleistung nach dem Vorbild des Bundeselterngeldes. Dazu haben wir schon des Öfteren Ausführungen gemacht. So kann es Eltern ermöglicht werden, nach der Geburt bis zum Ende des dritten Lebensjahres des Kindes zu Hause zu bleiben. Viel zu früh müssen Kinder derzeit in die Krippe gebracht werden. Und weshalb? Weil das Geld benötigt wird.
Wir wollen also viel Zeit für die eigenen Kinder schaffen, ohne dass es finanziell eng wird. Sie haben das abgelehnt. Ferner haben wir in diesem Hohen Hause beantragt, dass ein Begrüßungsgeld anlässlich der Geburt eines Kindes in Höhe von 5 000 Euro ausgezahlt wird. So wird gerade in der teuren Anfangsphase bei der Bezuschussung der Erstausstattung ein finanzieller Freiraum geschaffen. Auch das haben Sie abgelehnt.
Was es aber auch braucht, ist eine Reformierung des Steuerrechts. Wir wollen das Ehegattensplitting zu einem Familiensplitting weiterentwickeln, und zwar so, dass vor allem Mehrkinderfamilien von einer deutlich niedrigeren Steuerlast profitieren.
Dies erhöht die finanziellen Spielräume in den Familien und schafft so auch zeitliche Freiräume, wenn dadurch zum Beispiel der Erwerbsumfang reduziert werden kann. Dann geht man halt weniger arbeiten.
Das haben wir hier leider im Freistaat nicht selber in der Hand; das wissen wir. Dennoch ist es notwendig. Auch diese Forderung unserer AfD-Bundestagsfraktion haben Ihre Mitstreiter dort abgelehnt.
Statt also mit der Forderung nach einem einzigen Feiertag um die Ecke zu kommen, der den Durchschnittsverdiener auch noch rund 200 Euro jährlich kostet, sollten Sie lieber die Ursachen für die Probleme in den Familien bekämpfen.
Bekämpfen Sie den Zeit- und Geldmangel an Ihren Ursachen. Nur so kann eine echte Entlastung der Familie erfolgen.
Die Kollegin Schwietzer sprach für die AfD-Fraktion. Ich übergebe nun das Wort an Frau Kollegin Kuhfuß. Sie spricht für die Koalitionsfraktionen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kolleginnen und Kollegen haben über diesen Antrag bereits in der letzten Legislaturperiode gesprochen, und wir haben im Ausschuss intensiv darüber gesprochen. Deswegen lassen Sie mich nur noch ein paar Worte sagen.
Meine Vorrednerin hat mich aber ein Stück weit provoziert, sodass ich zumindest ein, zwei Dinge klarstellen möchte. Jemanden der Schizophrenie zu bezichtigen ist eine schwierige Angelegenheit. Schizophrenie ist eine Krankheit, die im ICD-10 beschrieben ist; es ist eine psychische Erkrankung. Wir hatten heute in der Aktuellen Debatte das Thema Barrierefreiheit, den Umgang mit Menschen mit Behinderungen. Ich wünsche mir hier einfach einen anderen Umgang mit Krankheitsbildern. Ich sehe auch keine Veranlassung, die Fraktion DIE LINKE als schizophren zu bezeichnen.
Das Zweite ist: Ich kann dieses allgemeine Jammertal rund um Kinder, Jugendliche und Familien der AfD-Fraktion nicht mehr ertragen.
Sie tun so, als ob wir in Sachsen in einer Situation leben würden, in der es a) eine Zumutung sei, Kinder zu haben,
und b) wir in der Frühe aufstehen, um als Staatsregierung alles nur Mögliche dafür zu tun, damit es Kindern, Jugendlichen und Familien schlecht geht. Das ist nicht wahr.
Zurück zum Gesetzentwurf. Der Gesetzentwurf als solcher verfolgt das Anliegen, mehr Zeit für Familien zu schaffen. Diese Zeitpolitik, mehr Zeit für Kinder, für Jugendliche und für Familie zu haben, unterstützen wir als BÜNDNISGRÜNE absolut. Elternzeit, Pflegezeit, Auszeit – Zeit, damit Menschen das Gefühl haben, sich um sich und ihre Lieben wieder sorgen zu können, ist ein ganz dringendes Gebot, das wir politisch verfolgen sollten. Die Formel „Zeit ist gleich Geld“ ist eine, die uns in diesem Kontext nicht weiterhilft. Aber dieser Gesetzentwurf fokussiert auf einen Tag, und dieser eine Tag wird uns nicht dazu bringen, familienfreundlicher zu sein.
Wir sollten quasi die ganze Woche so gestalten, dass Eltern Eltern sein können, dass Menschen, die Verantwortung füreinander übernehmen, Verantwortung füreinander übernehmen können. Dazu braucht es viel mehr als nur einen Tag. Es braucht eine gute Kinderbetreuung, auch über die 4. Klasse hinaus, weil die Kinder dann eben noch nicht grundlegend selbstständig sind. Es braucht eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf, weil sowohl Frauen häufig keine Lust mehr auf dieses Familienbild haben, was sie in die unbezahlte Teilzeitfalle und damit in die Altersarmut treibt, als auch mir immer wieder Männer begegnen, die keine Lust mehr haben, Wochenendväter oder der Ins-Bettgeh-Papa zu sein.
Was wir brauchen, ist Verlässlichkeit in den Arbeitszeit- und in den Familienzeitmodellen. Diesbezüglich ist trotz aller Entwicklungen, die ich auch in den letzten Jahren sehe, noch Luft nach oben. Ich sehe es als Aufgabe für dieses Hohe Haus, das weiterzuentwickeln und insbesondere mit den Landkreisen und den kreisfreien Städten hierzu im
Gespräch zu bleiben, die Standards weiterzuentwickeln, aber ihnen eben auch das Geld zur Verfügung zu stellen.
Bei dem Thema Standards zur Verfügung stellen, muss ich es einmal ganz plastisch machen. Familie ist das, was uns jeden Tag passiert, aber Familie ist auch das, was gelegentlich in Krise kommt. Wenn ich zum Beispiel im Familienzentrum Annaberg sitze und sehe, dass auf dem Damenklo ein großer Aufkleber klebt, bei dem ich als Frau aufgefordert werde, mich in einer Notsituation, bei der ich Gewalt ausgesetzt bin, im Frauenhaus in Freiberg oder in Chemnitz zu melden, weil der Landkreis Annaberg kein erreichbares Angebot für mich zur Verfügung hat, dann sehe ich da wirklich noch Potenzial. Auch so etwas gehört für mich zur Familienfreundlichkeit.
Ein Feiertag stellt Kinder, Jugendliche und Familien für einen Tag in den Fokus. Was wir brauchen, ist aber der Fokus für das ganze Jahr. Deshalb sind uns der Erhalt und der Ausbau der Angebote der Jugendhilfe gerade im ländlichen Raum wichtig, also die Möglichkeit von Beteiligungen von Kindern und Jugendlichen und Familien in ihren Gemeinden.
Deshalb sind wir froh, dass im Koalitionsvertrag auf Bundesebene diese Zeit noch einmal untersetzt worden ist, zum Beispiel durch die Erweiterung des Basiselterngeldes um einen Monat und – das finde ich ganz wichtig – eine Erweiterung des Anspruchsberechtigtenkreises. Auch Pflegeeltern können dieses Geld jetzt beantragen. Ich sage das deshalb, weil wir in diesem Haus immer noch ein sehr konservatives Bild von Familie haben. Familie ist für uns Mutter, Vater und zwei oder drei Kinder; aber Familie ist eben deutlich mehr. Familien sind auch Pflegefamilien, Familien sind zwei Frauen mit Kindern oder zwei Männer mit Kindern. Deswegen finde ich es gut, dass das Basiselterngeld genau das in den Blick nimmt.
Zum Thema Familienfreundlichkeit haben wir, glaube ich, auf Bundesebene noch einen großen Schritt vor uns: Das ist die Kindergrundsicherung. Ich hoffe sehr, dass wir das umgesetzt bekommen, genauso wie die Kinderrechte ins Grundgesetz. Das ist für mich Familienfreundlichkeit. Das ist für mich Kinderfreundlichkeit. Da wollen wir dranbleiben. Da wollen wir auch das tun, was wir als Sachsen dann nachzeichnen müssen. Ein Feiertag allein wird das Thema nicht lösen.