Protocol of the Session on May 20, 2021

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Unser Haushalt war solider als eurer!)

Herr Gebhardt, das schauen wir uns nach dem Haushalt noch mal an. – Die Gegenfinanzierung ist der Titel – ich habe ihn mir gemerkt – 15 10 359 01. Also schauen Sie mal, das ist die Haushaltsausgleichsrücklage. Ich sage trotzdem vorab: Wir können diesem Haushaltsgesetz nicht zustimmen. Sie werden überrascht sein: Das liegt nicht an den Stellen. Das liegt nicht an den kw-Vermerken.

(Staatsminister Christian Piwarz: Sondern?)

Das liegt auch nicht an Ihnen, Herr Piwarz, da Sie hier ständig dazwischenreden.

(Beifall bei der AfD)

Woran das liegt, würde ich versuchen in meiner Rede auszuführen:

(Zurufe)

Als wir vor zweieinhalb Jahren zum Haushaltsgesetz 2019/2020 debattierten, hat Herr Patt Folgendes gesagt – ich zitiere –: „In Sachsen ist alles finanziert. Wir machen das nicht auf Pump. Das wird alles aus den laufenden Einnahmen finanziert. Das ist ebenfalls ein Grundsatz in Sachsen: Wir können immer.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So schnell ändern sich die Zeiten. Schon im Jahr 2020 waren Sie und wir gezwungen, im Nachtragshaushalt eine Kreditermächtigung von 6 Milliarden Euro vorzusehen. In diesem Haushaltsgesetz ist in § 1 a ebenfalls eine Kreditermächtigung – über den Corona-Bewältigungsfonds – vorgesehen. Die Beträge werden im Haushaltsplan mit 1,3 Milliarden Euro für dieses und mit einer weiteren Milliarde Euro für nächstes Jahr konkretisiert. Sie sollten sich daher nicht zu sicher sein, dass die guten Zeiten steigender Steuereinnahmen ewig andauern. Nebenbei gesagt: Dies ist mit Ihrer Wählergunst so ähnlich; in dieser Beziehung scheint die CDU ebenfalls zu stagnieren. Ich drücke es höflich aus.

(Beifall bei der AfD)

Die Kreditermächtigung ist allerdings die einzige wesentliche Änderung. Ansonsten hat sich gegenüber dem vergangenen Haushaltsgesetz nicht viel geändert, obwohl damals alle Oppositionsparteien die mit vielen Ausnahmeregelungen durchsetzten Regelungen des Budgetrechts des Parlaments heftig kritisiert hatten. Das Haushaltsgesetz strotzt weiterhin vor lauter Ermächtigungen an die Staatsregierung und Ausnahmen von den Haushaltsvorschriften. Die Regierungskoalition hat zwar im Laufe der Haushaltsverhandlungen die Beträge teilweise reduziert, die Ermächtigungen an das Finanzministerium im Grundsatz jedoch unangetastet gelassen. Ich will Ihnen dafür drei Beispiele nennen:

Erstens. In § 5 werden erneut Ermächtigungsrahmen für Gewährleistungen für Beteiligungen in Höhe von 250 Millionen Euro, zur Wirtschaftsförderung über 2 Milliarden Euro und für die atomrechtliche Deckungsvorsorge über 65 Millionen Euro jährlich vorgesehen. Auf diese Weise können pro Jahr Risiken von 2,3 Milliarden Euro angesammelt werden. Diese Rahmen sind aus Sicht meiner Fraktion seit Jahren überdimensioniert. Dies hat auch der Sächsische Rechnungshof – schon in seinem Jahresbericht des Jahres 2017 – festgestellt. Trotzdem hat sich nichts geändert.

Ein weiteres, vielleicht noch krasseres Beispiel ist § 10 Abs. 4. Danach kann das Finanzministerium Ausgabenmittel und Verpflichtungsermächtigungen aus einzelnen Titeln zugunsten von Investitionen umschichten und Investitionsmittel aus dem Gesamthaushalt verstärken. Man kann sich ernsthaft fragen: Warum haben wir in den letzten Tagen hier teilweise ausgiebig und heftig gestritten,

wenn der Finanzminister im Rahmen der Haushaltsdurchführung doch wieder alle Ausgabenmittel auch in Investitionstitel umschichten kann?

Ein weiteres Beispiel: § 7 a. Das ist eine Regelung, die den Oppositionsfraktionen schon in der 6. Wahlperiode ein Dorn im Auge war. Wie so viele Regelungen in diesem Gesetz beginnt es mit den Worten: „Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt …“ Danach kann hier das Finanzministerium ausnahmsweise Personalstellen schaffen, wenn ein unabwendbares Bedürfnis dafür besteht. Dies ist eine Abweichung vom Grundsatz der Sächsischen Haushaltsordnung, nach dem Stellen nur im Haushaltsplan geschaffen werden können. Der Sächsische Rechnungshof meint, dass diese Vorschrift mit dem Budgetrecht unseres Parlaments nicht vereinbar sei. Seiner Ansicht nach solle die Regelung auf die Beschaffung nur befristeter Stellen beschränkt werden. So weit wollen wir nicht gehen; jedoch sind wir der Ansicht, dass diese Ausnahme deutlichen Beschränkungen unterworfen werden soll. Das erklären wir Ihnen mit unserem Änderungsantrag.

Zusätzlich zur Ermächtigung und vielen Deckungen im Gesetz sind im Haushaltsplan selbst noch zahlreiche Deckungsvermerke festzustellen. Ein Beispiel hatte ich in meiner Rede zum Einzelplan 14 genannt. Die Verstärkungsmittel sind auch ein Beispiel. Auf diese Weise kann die Staatsregierung nahezu ungehindert wirtschaften, ohne einen Nachtragshaushalt in den Landtag einbringen zu müssen. Haushaltsklarheit und das Budgetrecht des Parlaments bleiben aber hiermit auf der Strecke.

Wir sind daher der Ansicht, dass das Haushaltsgesetz grundlegend überarbeitet werden müsste. Dabei sind die Ausnahmen von der Verbindlichkeit der Haushaltsansätze auf ein Minimum zu beschränken; ansonsten verliert der Haushaltsgesetzgeber, dieses Parlament, schleichend einen Großteil seiner Kompetenz, die Leitlinien der Finanzpolitik im Freistaat Sachsen selbst zu bestimmen.

Meine Damen und Herren! Aufgrund der grundlegenden Bedeutung des Haushalts für das staatliche Handeln dürfen Ausnahmen vom Budgetrecht des Landtags nicht ausufern. Das ist aber bei den vorliegenden Regelungen und den gesetzlichen Fällen hier nicht mehr der Fall. Deshalb lehnen wir das Haushaltsgesetz ab.

Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Für die Linksfraktion, Herr Abgeordneter Brünler, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Wochen ausführlich über die Einzelposten des Haushaltes 2021/2022 gesprochen – erst in den Ausschüssen, dann im Plenum. Die inhaltlichen Debatten sind geführt und die gestellten Anträge der Opposition in altbekannter Manier abgelehnt worden. Die Koalition hat sich ausführlich selbst auf die Brust geschlagen, hat sie

doch auch in dieser Zusammensetzung alles richtiggemacht. Hier im Plenum vorgebrachte Änderungsanträge sind mit zum Teil fadenscheinigsten Begründungen zügig weggebügelt worden. Aber das ist wahrscheinlich einfach das Geschäft.

Aber, das haben wir sehr wohl registriert, zumindest in der Haushaltsklausur gab es argumentatives Entgegenkommen zu einzelnen unserer Anträge und Argumente, sodass diese, wenn auch sehr vereinzelt, letztlich Einfluss in die Beschlussvorlage des Haushalts- und Finanzausschusses gefunden haben. In der Summe – das, meine Damen und Herren der Koalition, wird Sie nicht verwundern – sind diese jedoch so marginal, dass wir den mit diesem Haushaltsgesetz verbundenen Doppelhaushalt nicht für zustimmungsfähig halten.

Wir halten das Haushaltsgesetz in seiner jetzigen Form auch aus anderen Gründen für nicht zustimmungsfähig: Wenn wir das Gesetz heute so beschließen, dann treten wir als Landtag die Hoheit über die Finanzen in weiten Teilen an die Staatsregierung ab. Wenn der Haushalt tatsächlich das Königsrecht des Parlaments ist, dann ist dieser Gesetzentwurf quasi die Absetzung des Königs. Das Unbefriedigende dabei ist nur, dass dem König nicht die Demokratie, sondern der Finanzminister folgt; denn der entscheidet dann im Weiteren. Das wollen wir so nicht hinnehmen.

Herr Staatsminister Vorjohann, ich hoffe, Sie missverstehen das nicht als persönlichen Angriff gegen Sie und Ihre Integrität. Es geht uns als Opposition aber darum, genau hinzuschauen. Uns geht es um Grundsatzfragen. An denen hat sich auch mit der Neuzusammensetzung der Regierungskoalition im Grundsatz nichts geändert, auch wenn die GRÜNEN in der Vergangenheit einmal viele unserer Bedenken teilten. Aber vielleicht ist die Lernkurve im Finanzministerium etwas länger.

Leider ist es dabei geblieben: Wir beschließen einen Haushalt, der vor gegenseitigen Deckungsfähigkeiten ganzer Titelgruppen nur so strotzt. Vieles, was in den

Haushaltsverhandlungen fein säuberlich sortiert wurde, worum im Einzelnen hart gerungen wurde, darf im Laufe der Jahre in den Fachressorts wieder großzügig verschoben werden, selbstredend ohne den Haushaltsgesetzgeber darüber auch nur zu informieren.

Wir beschließen zwar, dass zur Ausgabendeckung keine Kredite zulässig sind, ermächtigen aber gleichzeitig den Finanzminister, am Landtag vorbei Kassenverstärkungskredite in Milliardenhöhe aufzunehmen – und das auch gleich im Vorgriff auf Folgejahre, sowohl was die Belastungen als auch, was die Krediteinnahmen anbelangt. Großzügige Umbuchungen zwischen den Haushaltsjahren laufen ebenso unter dem Radar wie normale außerplanmäßige Ausgaben, immer getreu dem Motto: Man wird sich in seinem Ansatz auch mal verplanen können.

Bis zu einer Höhe von 5 Millionen Euro werden diese – das ist jetzt schon Praxis – dem Haushaltsausschuss einfach nachträglich zur Kenntnis gegeben. Bei konjunkturpolitisch bedingten Haushaltsschieflagen oder wirtschaftlichem Ungleichgewicht ist der im Haushaltsgesetz regulär

vorgesehene Weg auch kein Nachtragshaushalt. Zwar wird das Handeln der Staatsregierung in Teilen an die Kofinanzierung durch den Bund gebunden, aber eine Parlamentsbeteiligung, zumindest eine Beteiligung des Haushaltsausschusses, ist eben auch nicht vorgesehen. Gleiches gilt für Bürgschaften, die im Ernstfall durchaus Konsequenzen für den Landeshaushalt haben können. Diese können im Grundsatz noch immer ohne Genehmigungsvorbehalt des Haushaltsgesetzgebers ausgereicht werden. Der Haushalts- und Finanzausschuss wird darüber lediglich binnen Jahresfrist informiert.

Sie merken, meine Damen und Herren, spätestens am Ende des zweiten Haushaltsjahres wird von der heute zu beschließenden Struktur des Doppelhaushaltes allenfalls noch ein Grundgerüst übrigbleiben. Nun, das ist durchaus nicht unnormal. Das ist bei den Vorteilen, die ein Doppelhaushalt bietet, eben die Kehrseite. Über eine ganze Reihe von Annahmen wird das Leben hinweggehen. Das gilt auch bei sorgfältigster Planung. Vorhersagen sind immer schwierig, zumal, wenn sie die Zukunft betreffen. Auch Corona hätte vor drei Jahren keiner vorhergesehen.

Daher ist es nicht unser Problem, dass sich ein einmal beschlossener Haushalt dynamisch weiterentwickelt. Unser Problem ist jedoch die Art und Weise, wie mit dem hier vorliegenden Haushaltsgesetz das Königsrecht des Parlaments ausgehöhlt wird. Die der Regierung eingeräumten Rechte reichen aus, um im Extremfall den Haushalt komplett in Schieflage zu bringen, ohne dass das Parlament überhaupt einbezogen wird. Entsprechend werden wir Ihnen dann einen Änderungsantrag vorlegen, der geeignet ist, dies alles zu heilen, den ich hiermit, sehr geehrte Frau Präsidentin, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, gleichzeitig bereits eingebracht habe.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die BÜNDNISGRÜNEN Frau Abg Schubert, bitte.

Danke. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Opposition haben wir als BÜNDNISGRÜNE vor allen Dingen die mangelnde Transparenz von Regierungshandeln kritisiert und immer auch schon mehr Parlamentsbeteiligung gefordert. Grundsätzlich glaube ich, glauben wir daran, dass sich mit einer guten proaktiven, offenen Kommunikation prinzipiell schon viel erledigen lässt. Transparenz und Beteiligung schützen vor zu vielen Interpretationsspielräumen. Das macht einfach das Miteinander besser.

Wir wissen nun aber – und wir wissen das auch aus Sachsen –, dass das nicht von selbst passiert und kein Selbstläufer ist, und darum haben wir uns in einem ersten Schritt für mehr gesetzlich verankerte Transparenz und Beteiligung eingesetzt. Ich bin da auch nicht so pessimistisch, weil ich glaube, das jetzige Haushaltsgesetz macht im Vergleich zum letzten schon einen großen Schritt nach vorn.

Mit dem Beschluss des Haushaltsgesetzes wird das Parlament in Sachsen gestärkt, und das ist es, was wir wollen; denn das Parlament hat das Budgetrecht. So wird es künftig so sein, dass das Finanzministerium die Befassung und das Gespräch mit dem Haushalts- und Finanzausschuss braucht, wenn außerplanmäßig Ausgaben und Mittelbindung benötigt werden; aber auch die haushaltsgesetzlichen Regelungen zu § 5, den Gewährleistungen, sind mit dem Beschluss fortan viel enger ausgelegt und an die Beteiligung des Haushaltsausschusses geknüpft.

Auch – und das ist ein wichtiger Punkt – für Entscheidungen über den Grundstock braucht es nun die Einwilligung des Fachausschusses. Da müssen wir sowieso und in der Folge auch noch mal grundlegend ran. Mit dem vorliegenden Haushaltsgesetz haben wir einen rechtlichen Rahmen Wir werden den gerne ausfüllen, in der Zukunft mit konstruktiver Diskussion umsetzen und sind weiterhin gesprächsbereit. Wir bitten an dieser Stelle um Zustimmung zum Haushaltsgesetz 2021/2022.

Vielen Dank.

(Beifall bei den BÜNDNISGRÜNEN und der Staatsregierung)

Die SPD hat keinen Redebedarf. – Ich frage noch einmal in die Fraktionen: Gibt es noch Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich die Staatsregierung, wenn sie möchte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will es nicht in die Länge ziehen, ich spüre eine gewisse Erschöpfung, auch bei mir.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Nein!)

Die Haushaltsberatungen sind unter besonderen Bedingungen gelaufen. Das haben Sie, glaube ich, wahrscheinlich alle so noch nicht erlebt, und das war eine besondere Herausforderung, eine besondere Kraftanstrengung. Ich danke daher allen Mitwirkenden. Zuerst gehört mein Dank Ihnen, den Damen und Herren Abgeordneten des Sächsischen Landtags, die sich in vielen Sitzungen und Abstimmungen mit den Fraktionen und den Fachausschüssen bis zuletzt sehr intensiv mit dem Haushaltsentwurf auseinandergesetzt haben. Ich will aber auch ganz ausdrücklich meinen Dank an die Landtagsverwaltung richten, die es ermöglicht hat, dass unter den erforderlichen besonderen Hygienevorschriften persönlich getagt werden konnte und sie dafür immer alles so schön vorbereitet hat. Dieses persönliche Tagen war, glaube ich, sehr wichtig. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es gewesen wäre, das alles per Video zu machen.

Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, vor allen Dingen auch bei Ihnen in den Fraktionen, die ich jetzt alle sehr schätzen gelernt habe, aber auch in den Häusern bei den Kollegen, insbesondere auch bei mir. Also, danke an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit viel Fleiß, Ausdauer und Geduld im Hintergrund immer verfügbar

waren und jederzeit unterstützt haben; denn ein Doppelhaushalt, wie wir ihn aufstellen, verlangt nicht nur eine hohe Fachkompetenz, sondern Teamwork, Fairness und eine Menge Ausdauer.

Die Zukunft unseres Freistaates fest im Blick, haben wir diese Debatte sachlich und zielorientiert geführt. Das war manchmal anstrengend, hat aber auch viel Freude gemacht. Das war für mich, der seinen ersten Landeshaushalt mit aufstellen durfte, eine besonders positive Erfahrung. Ich bin dankbar für den intensiven Austausch und vor allem dafür, dass es am Ende gelungen ist, ein Gesamtpaket zu schnüren, das den durchaus manchmal widerstrebenden Interessen Rechnung trug.

Mit einem solchen Finanzrahmen werden wir gut durch die Krise gehen können, um dann mit voller Kraft und guten Rahmenbedingungen durchzustarten. Dafür gibt uns heute die Beschlussfassung zum vorliegenden Doppelhaushalt das Handlungsmandat.

Meine Damen und Herren, bitte stimmen Sie dem Haushaltsgesetz zu und lassen Sie uns dann gemeinsam in die Umsetzung starten.

Vielen Dank.