Protocol of the Session on July 4, 2019

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Meine Damen und Herren, für die AfD-Fraktion spricht Frau Abg. Wilke. Sie haben das Wort.

Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorgestern konnte der Petitionsbericht für das Jahr 2018 dem Landtagspräsidenten übergeben werden. Die Zahl der in diesem Zeitraum eingegangenen Petitionen ist erneut angestiegen, und damit ist der Bedarf der Bürger sichtbar, mit ihren Problemen und Anliegen gehört zu werden. Immerhin konnte 54 der 556 behandelten Petitionen abgeholfen werden.

Das zeigt, dass es sich für den Bürger lohnt, sich für sein Anliegen starkzumachen, weil er sich ein ihm zunächst verweigertes Recht nachträglich auf diesem Wege verschaffen kann. Vor allem die 31 Sammel- und die zehn Mehrfachpetitionen machen deutlich, woran es im Freistaat hapert und wo den Bürgern der Schuh drückt. Im Jahreszeitraum 2018 war es unter anderem eine Mehrfachpetitionen zur Ungleichbehandlung sächsischer

Lehrer bei der Verbeamtung, zu der es insgesamt 88 zugeordnete Einzelpetitionen gab, eine Sammelpetition zur Schulzukunft sächsischer Kinder mit fast

30 000 Unterzeichnern, vor allem aber die Sammelpetition zum sächsischen Wolfsproblem mit über 18 500 Unterzeichnern und zur Weidetierprämie mit sogar 120 000 Unterzeichnern.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine Sammelpetition zum Erhalt einer denkmalgeschützten Brücke im Erzgebirge verweisen, für die sich die Berichterstatter mehrerer Fraktionen eingesetzt hatten. Ihr konnte leider nicht abgeholfen werden, da sich die Bürger erst spät organisierten und die umliegenden Gemeinden nicht mit ins Boot holen konnten. Eine Sammelpetition mit fast 2 500 Unterzeichnern und dem Ziel, Windkraftanlagen und Naturschutz in Einklang zu bringen, wird erst nach der Landtagswahl abgeschlossen werden. Wie auch in den letzten Jahren manifestiert sich hier der Bürgerwille

gegen eine fortschreitende Verspargelung von Natur und Kulturlandschaften durch Windkraftanlagenbau.

Ich möchte zum Schluss noch an eine Petition im Berichtszeitraum erinnern, die den Lehrstuhlinhaber der juristischen Fakultät einer sächsischen Hochschule durch Rassismusvorwürfe verleumdete und somit den gegenwärtigen Zeitgeist vorbildlich wiedergab.

Als Obfrau der AfD und Mitglied des Petitionsausschusses war es mir eine Freude und Ehre, den sächsischen Bürgern ein Stück mehr Gerechtigkeit zukommen zu lassen. Ich kann sie nur dazu aufrufen, ihre Grundrechte zu nutzen, denn dafür sind sie da.

Auch ich möchte mich für die immer kollegiale Zusammenarbeit mit Frau Lauterbach sehr herzlich bedanken. Ich wünsche ihr für die Zukunft alles Gute. Ich bedanke mich auch bei den Kollegen im Petitionsausschuss für die Zusammenarbeit und natürlich insbesondere auch bei den Mitarbeitern des Petitionsdienstes, und Ihnen danke ich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abg. Schubert. – Bitte sehr, Frau Schubert, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Einmal im Jahr nehmen wir uns hier im Parlament die Zeit, zum Jahresbericht des Petitionsausschusses zu sprechen. Ich halte das für gut; das ist weit mehr als folkloristische Parlamentstradition. Vielmehr ist es ganz wichtig, denn es gibt uns Gelegenheit, Bilanz über die Arbeit des Petitionsausschusses zu ziehen, aber natürlich auch zum Stand des Petitionswesens im Allgemeinen.

Ich möchte mich gerne dem Dank meiner Vorrednerinnen und Vorredner an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Petitionsdienstes anschließen; denn worauf wir uns wirklich alle immer verlassen konnten und was wir tatsächlich alle sehr wertschätzen, ist die geduldige, freundliche und auch serviceorientierte Einstellung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort im Petitionsdienst.

Das Petitionswesen ist für die sächsische Politik unerlässlich. Es ist ein sehr wertvolles Instrument, das wir haben, und wir Politikerinnen und Politiker tun gut daran, uns sehr genau anzuschauen, womit die Menschen eigentlich an uns herantreten. Es gibt kaum einen Ausschuss im Sächsischen Landtag, der sich so unmittelbar und auch plastisch mit der Lebenswelt der Menschen auseinandersetzt. Eigentlich steht im Bericht alles, was wir als Politikmachende im Wahlkampf brauchen. Es sind nämlich genau die Themen, die die Menschen in ihrem Alltag beschäftigen.

Zu jeder denkbaren gesellschaftlichen Frage wenden sich die Menschen an den Sächsischen Landtag, und hierin liegt auch eine der wichtigsten Funktionen des Petitionswesens: Es bringt nämlich die Themen, die den Menschen

auf den Nägeln brennen, auf unseren parlamentarischen Radar.

Ich habe mich sehr gefreut, dass sich nach Jahren des Rückganges wieder mehr Menschen mit ihren Anliegen an den Landtag gewandt haben. 726 Schreiben haben uns erreicht, und davon haben wir 556 auch behandelt. Auf dieser positiven Entwicklung wollen und sollen wir uns natürlich nicht ausruhen. Ich denke, es gilt, das sächsische Petitionswesen weiterzuentwickeln; dass der fraktionsübergreifende Wille dazu vorhanden ist, haben wir gemeinsam auch schon in dieser Legislaturperiode bewiesen.

Mir geht es noch einmal um drei Themen, die ich hier erneut ansprechen möchte, weil sie meiner Meinung nach wichtig sind, um die Akzeptanz, die Bekanntheit und die Wahrnehmung des Instruments Petition in Sachsen zu stärken. Das erste ist das Thema Sprache und Verständlichkeit. Der Jahresbericht selbst legt potenziellen Petenten zum Beispiel nahe, sie mögen vor Einreichung einer Petition erst einmal prüfen, ob das Anliegen nach § 11 Gemeindeordnung nicht zum Beispiel eher in den Zuständigkeitsbereich einer Kommune gehört. Da musste ich ein bisschen schmunzeln, weil ich mich natürlich durchaus frage, wie viele Menschen außerhalb dieses Hauses mit § 11 der Gemeindeordnung aus dem Stegreif etwas anfangen können.

Ich denke, dass wir als Politikerinnen und Politiker die Verantwortung und auch die Pflicht haben, eine Sprache zu finden, die verständlich ist. Das gilt sowohl für den Umgang mit den Menschen selber als auch für die Berichte, die wir dann verfassen und den Petentinnen und Petenten zukommen lassen.

Das zweite Thema ist die Öffentlichkeit. Das Petitionsverfahren wird komplett nicht öffentlich durchgeführt. Wir setzen uns hier als Bündnisgrüne auch dafür ein, dass es in Zukunft auch die Form der öffentlichen Petition beim Sächsischen Landtag geben wird. Sie würde nach Einreichung im Internet dann veröffentlicht werden, damit andere Menschen sie unterstützen können. Wenn eine kritische Zahl an Unterstützenden zusammenkommt, sollen die Petentinnen und Petenten das Recht haben, öffentlich im Ausschuss angehört zu werden. Das wird anderenorts erfolgreich praktiziert und ist auch nicht nur ein Wunsch meiner Fraktion, den wir gern mit in die nächste Wahlperiode tragen wollen.

Der dritte Punkt, über den ich sprechen möchte, ist das Thema der Anwendungsfreundlichkeit. Wer im Jahr 2019 in Sachsen seine Petition online beim Landtag einreichen möchte, kann das auf der Website des Landtags tun. Allerdings ist die Zeichenzahl immer noch auf 1 000 beschränkt. Wenn man dann noch Anlagen einreichen will, ist das nur auf dem Postweg möglich. Ich denke, dass dies in Zeiten, in denen selbst Bewerbungsunterlagen fast nur noch elektronisch versandt werden, ein wenig antiquiert ist. Ich bin da aber sehr zuversichtlich, dass wir auch hier Schritt für Schritt vorankommen werden.

Es gibt noch einige Punkte mehr, in denen wir deutlich besser werden können. Dazu hat meine Fraktion wie auch die anderen Fraktionen – das ist schon angesprochen worden – umfangreiche Änderungsvorschläge erarbeitet, um das sächsische Petitionswesen zeitgemäßer und auch moderner zu machen.

Ein Zeichen dafür ist – das hat Frau Dietzschold schon angesprochen –, dass sich gleich auf den ersten Seiten des Jahresberichts eine Neuerung findet, auf die ich besonders stolz bin, da ich sie mehrfach und Gott sei Dank erfolgreich eingebracht habe: die Vorworte, die in sorbischer Sprache verfasst wurden. Da gilt mein Dank Kollegin Dietzschold. Sie hat das gestern wunderbar auf den Punkt gebracht, und heute hat sie das Geheimnis gelüftet, wessen Frau die Übersetzung vorgenommen hat. Ich hatte schon gemutmaßt, dass es aus dem Hause Schiemann kommt; jetzt ist es bestätigt worden. – Danke, Frau Dietzschold, dass Sie sehr unkompliziert dafür gesorgt haben, dass wir das machen konnten.

Unser Ziel ist es, dass der gesamte Bericht auch auf Sorbisch verfügbar wird und dass damit dem Verfassungsauftrag hinsichtlich der Bürgerinnen und Bürger sorbischer Volkszugehörigkeit wieder ein Stückchen mehr Rechnung getragen wird.

Wir konnten 527 Petitionen abschließen. 318 Petentinnen bzw. Petenten haben allerdings einen Brief erhalten, in dem ihnen mitgeteilt wurde, dass ihrem Anliegen nicht abgeholfen werden konnte. Aber 54 Petitionen haben wir abgeholfen. Das heißt, das Petitionsverfahren hat zu einer Lösung im Sinne des Petenten geführt. Das bedeutet, dass fast jede dritte Petition in irgendeiner Art und Weise Erfolg hatte.

Was auch zur Wahrheit gehört und was für aus meiner Sicht verständlichen Frust sorgt, ist die Tatsache, dass besonders Petitionen zu kontroversen Themen oder solche mit ambitionierten Forderungen oftmals noch nicht so aufgegriffen werden, wie es angemessen wäre, und das, obwohl sich viele Menschen daran beteiligt haben. Das konnten wir in dieser Wahlperiode zum Beispiel immer wieder beim Thema Baumschutz beobachten. Dazu haben verschiedene Petentinnen und Petenten Petitionen eingereicht, die allesamt gefordert haben, dass der Baumschutz in den Kommunen wieder deutlich besser wird.

Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt des Jahresberichts zu sprechen kommen, der immer wieder auf Unverständnis stößt; das sind die Bearbeitungszeiten. Es stimmt, die meisten Petitionen im letzten Jahr haben drei bis zwölf Monate bis zum Abschluss gebraucht, und bei 62 Petitionen dauerte es sogar länger als ein Jahr.

Ich kann es gut verstehen, wenn solche Zeiten dann für Unmut sorgen. Immerhin erhoffen sich viele Petentinnen und Petenten schnelle Hilfe, wenn sie eine Petition eingereicht haben. Allerdings gilt bei der Bearbeitung von Petitionen – das ist auch richtig so – immer der Grundsatz „Qualität vor Schnelligkeit“, und so gab es ausweislich des vorliegenden Jahresberichts auch eine Petition, an der ich im besonderen Maße mitgearbeitet habe. Es ging um

eine Gemeinde im Landkreis Sächsische SchweizOsterzgebirge, wo die Einwohnerinnen und Einwohner die in Sachsen höchsten Abwassergebühren gezahlt haben. Das lag zum einen daran, dass in der Vergangenheit erhebliche Fehler gemacht wurden und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger massiv erschüttert war. Als wir die Petition übernommen haben, waren die Fronten zwischen allen Beteiligten mehr als verhärtet. Wir haben an dieser Petition über drei Jahre lang gearbeitet, was wirklich aufreibend war, und doch gehört es zu einer meiner Lieblingserinnerungen in dieser Wahlperiode, dass wir nämlich mit Hilfe der Petitionen erfolgreich sein konnten: Die Abwassergebühren konnten wir senken, drastisch sogar; der Petition wurde abgeholfen. Das hat zwar drei Jahre gedauert, aber das war es wirklich wert.

Ich teile natürlich auch mit verschiedenen Kolleginnen und Kollegen andere Erinnerungen. Ich denke an Herrn Vieweg, mit dem wir gemeinsam in Ostritz gewesen sind. Ich denke an Frau Kagelmann, mit der wir gemeinsam für eine Petition in Spreetal gewesen sind. Das nehme ich mit, und das habe ich immer als sehr kollegial und auch bereichernd empfunden.

Was mich und auch uns als Bündnisgrüne besonders freut, ist die Tatsache, dass besonders Umwelt-, Natur- und Tierschutz den Petenten am Herzen liegen. In diesem Jahr war es zum Beispiel eine Petition zum Thema Weidetierprämie, welche die meisten Unterschriften, nämlich 120 000, verzeichnen konnte. Das zeigt, wie wichtig den Menschen genau diese Themen tatsächlich sind, und verantwortungsvolle Politik sollte das auch nicht ignorieren.

Zum Abschluss möchte ich noch einmal bekräftigen, dass das Petitionswesen in Sachsen wichtig für die Demokratie und die Arbeit des Petitionsausschusses eine lohnende

Aufgabe ist. Wir sollten als Landtag achtsam sein, dass die Menschen das Vertrauen in dieses Instrument nicht verlieren, und wir sollten es stärken. Dafür braucht es neben einer wertschätzenden Haltung den Mut, neue Wege zu gehen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, den LINKEN und der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, diese Unterrichtung zustimmend zur Kenntnis zu nehmen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Damit ist die Unterrichtung des Petitionsausschusses als Drucksache 6/18084 zustimmend zur Kenntnis genommen. Alle seien nochmals daran erinnert, dass die Vervielfältigung dieser Drucksache dann am 3. Oktober am Stand des Petitionsausschusses für die Öffentlichkeit auszuhändigen ist. Das Material lohnt sich auf jeden Fall.

Meine Damen und Herren! Ich denke, Sie stimmen mit mir überein, wenn ich der Ausschussvorsitzenden, Frau Kerstin Lauterbach, den Obfrauen und dem Obmann, aber auch den Damen und Herren Mitgliedern des Petitionsausschusses und des ihn betreuenden Referates herzlich danke für die geleistete Arbeit für das so wichtige Petitionswesen im Sächsischen Landtag.

Vielen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

12 Jahre nach der Pleite – ehrliche Bilanz zu den

wirtschaftlichen Folgen des Landesbank-Desasters

Drucksache 6/17765, Antrag der Fraktion DIE LINKE,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Meine Damen und Herren! Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: Zunächst die einreichende Fraktion DIE LINKE, danach die CDU, die SPD, die AfD-Fraktion und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und danach die Staatsregierung, sofern das Wort gewünscht ist. Wir beginnen mit der Aussprache. Für die Fraktion DIE LINKE Herr Abg. Brünler.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es scheint auf den ersten Blick eine alte Kamelle zu sein. Die Grundlagenvereinbarung zwischen dem Freistaat Sachsen und der Landesbank Baden-Württemberg, die dazu führte, dass die LBBW die Sachsen LB zunächst treuhänderisch

übernahm, liegt ziemlich genau zwölf Jahre zurück. Rund ein halbes Jahr später wurde die Sachsen LB endgültig auf die LBBW verschmolzen.