Protocol of the Session on July 4, 2019

Vielleicht ein Beispiel von mir zu Hause in LangenleubaOberhain: An der alten B 175 gibt es eine Stelle, wo die Schüler im Schülerverkehr umsteigen müssen. Man muss aus einem Bus herausspringen, hat 20 Zentimeter Platz auf einem Rasenstreifen. Dahinter kommt schon der Graben der Straße. Dann müssen die Schüler dort die Straße überqueren. Die Eltern beschweren sich seit Jahren, dass das unhaltbare Zustände sind, wenn die Kinder und Jugendlichen bei Wind und Wetter dort stehen. Das fast Erwartbare ist in diesem Jahr eingetreten: Ein elfjähriges Mädchen wurde genau dort überfahren.

Das sind Zustände, die wir grundsätzlich angehen müssen. Dazu gibt es diesen Ansatz „Vision Zero – Null Verkehrstote“. Der wurde in Schweden entwickelt und kommt aus der Arbeitssicherheit, dass man sagt, wir müssen uns einmal grundsätzlich die Prozesse anschauen. Wir müssen uns bewusst sein, dass Menschen Fehler machen, und wir müssen beim Umgang mit den Fehlern, die Menschen machen, die Gegebenheiten so organisieren, dass man ausgehend von den Belastbarkeitsgrenzen des menschlichen Körpers die Dinge so organisiert, dass möglichst schwere Verletzungen und Tote vermieden werden.

Im Verkehrsbereich ist sicher schon einiges passiert: Gurtpflicht, ABS – wir kennen das alles –, Rettungsintensivmedizin. Es ist viel passiert. Deshalb sind Verkehrstote im langfristigen Trend seit Jahrzehnten zurückgegangen.

Aber im Moment stagniert es hier in Sachsen. Die Zahlen, etwa im Vergleich zu den letzten Jahren, sind sogar gestiegen. Das heißt, wir müssen jetzt in der Verkehrspolitik den notwendigen nächsten Schritt machen.

Diese Vision, die in Schweden entwickelt wurde und schon seit einigen Jahren angewandt wird, hat verschiedene Bausteine. Dabei geht es zum einen um Mensch und Gesellschaft, dass man sagt, wir müssen in allererster Linie möglichst die besonders gefährlichen Verkehrsarten verlagern. Wenn wir vom motorisierten Verkehr auf Bus und Bahn verlagern, ist das 40-mal sicherer. Dann ist ganz viel gemacht. Wir müssen an die Promillegrenzen heran, auch an die Fahrzeugtechnik, wie Karosserien gestaltet sind, aber auch für Lkws diese Abbiegeassistenzsysteme, die Geschwindigkeiten, mit denen Lkws abbiegen, und Straße und Lebensraum begreifen, Gestaltung unseres Straßenraums. Er muss, weil Menschen Fehler machen, letztlich Fehler verzeihend sein. Ein wesentlicher weiterer Punkt ist die Regelgeschwindigkeit.

Mit diesem Konzept, das in Schweden und mittlerweile auch in der Schweiz angewandt wird, hat man es geschafft. Auf 100 000 Einwohner 2018 gibt es in Schweden nur noch 2,8 Tote, in der Schweiz 2,7, und in Deutschland sind es 4,1. Sachsen liegt leider noch über diesem Durchschnitt mit 4,9 Toten pro Jahr. Das ist ein Auftrag an uns als Politik, dass wir von dieser Zahl herunterkommen.

Im aktuellen Verkehrswegeplan für 2030 gibt es schon erste Ansätze. Man will die Anzahl der Getöteten um 40 % reduzieren. Wir sagen, das ist nicht ambitioniert genug. Null Verkehrstote muss das Ziel sein. Da muss man schauen, was man erreicht. Aber wenn man sich schon vornimmt, dass es bei Verkehrstoten bleiben kann, wird man nie ambitionierte Ziele erreichen können. Die Todeszahlen stagnieren ja. Wir haben auch Haushaltsmittel in Höhe von 300 000 Euro zur Entschärfung von Unfallschwerpunkten eingestellt. Das ist sicher nicht der große Wurf, und wir dürfen auch nicht vergessen, dass die Ausstattung mit Personal in unserer Straßenbauverwaltung ein wichtiger Punkt ist.

Deshalb fordern wir ganz konkret in unserem Antrag, dass wir ein solches Konzept „Vision Zero“ nach Vorbild von Schweden und der Schweiz auch hier für Sachsen aufstellen: dass wir Sicherheitsaudits für das sächsische Straßennetz durchführen, gestaffelt nach Straßenklassen, dass wir ein Förderprogramm Schulwegesicherheit für Kommunen auflegen, damit genau solche Dinge wie bei mir zu Hause, wie im Gymnasium Penig, nicht mehr passieren, dass man dort Geld für Schulwege an Staatsstraßen mit Geh- und Radwegen in die Hand nehmen kann, um diese auszustatten. Wir brauchen ein Sonderprogramm für die

Unterstützung von Kommunen und die Beseitigung von Unfallschwerpunkten. Hierbei haben wir ja schon einiges, was wir in den letzten Jahren erhoben haben. Sicherlich müssen wir noch viel mehr Gewicht in die Öffentlichkeitsarbeit und in die Verkehrsmobilitätserziehung legen.

Herr Günther, bitte zum Ende kommen.

Auch Verkehrskontrollen durch die Polizei und Lkws im Eigentum des Freistaates mit Abbiegeassistenzsystem sind sehr sinnvolle, nützliche Ansätze. Wir müssen auch Überholabstände regeln und Fahrradstraßen besser möglich machen. Ich bitte Sie herzlich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die CDUFraktion, bitte. – Dann rufe ich die SPD-Fraktion auf. – Moment, wir schauen erst einmal. – DIE LINKE ist nun an der Reihe. Herr Böhme, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fast 200 Menschen, um genau zu sein: 197 Menschen, haben letztes Jahr ihr Leben im Straßenverkehr verloren – und das allein im Freistaat Sachsen. Das sind 50 mehr als noch im Jahr 2017. Zu dieser hohen Zahl an Toten kommen auch noch die hohe Zahl von 4 158 Schwerverletzten und noch mal doppelt so viele Leichtverletzte dazu.

Damit übertreffen die Toten und die Schwerverletzten in Sachsen alle anderen Ereignisse, wodurch Menschen ums Leben kommen, abgesehen von Krankheiten. Kein Terroranschlag, nicht mal die Gesamtsumme aller Morde und Totschläge kommt nur annähernd auf diese hohe Anzahl an Toten und Verletzten wie im Straßenverkehr.

Ich frage mich, wann hierbei endlich radikale Maßnahmen ergriffen werden, um Menschenleben zu retten. Bei abstrakten Gefahren, beispielsweise beim Terrorismus – wobei es noch nie einen Anschlag in Sachsen gab –, verschärft dieser Landtag so mir nichts dir nichts das Polizeigesetz, schränkt Grund- und Freiheitsrechte ein. Aber bei konkreten Gefahren wie im Straßenverkehr passiert wenig bis gar nichts. Das finde ich unmöglich, meine Damen und Herren, und das muss sich ändern.

(Beifall den LINKEN und den GRÜNEN)

In Sachsen passiert leider genau das Gegenteil. Die Polizei kontrolliert immer weniger im Straßenverkehr. Auf Autobahnen und Bundesstraßen regiert mittlerweile der Wilde Westen, wenn man das so sagen kann. Mein geschätzter Kollege Enrico Stange hat in vielen Kleinen Anfragen abgefragt, wie oft die Polizei die Geschwindigkeit auf sächsischen Straßen und Autobahnen kontrolliert hat. Im Jahr 2007 waren es noch 67 420 Stunden an Polizeikontrollen und zehn Jahre später, im Jahr 2017, also in dieser Legislaturperiode, in dieser Regierungszeit, waren es nur noch sage und schreibe 21 000 Stunden. Das sind über 45 000 Stunden weniger Polizeikontrollen im

Straßenverkehr. Das sind 70 % weniger Kontrollen. Aus meiner Sicht gibt es hierbei einen direkten Zusammenhang zwischen der Vernachlässigung von Straßenverkehrskontrollen und dem Ansteigen der Zahl von Toten und Schwerverletzten in Sachsen. Damit muss endlich Schluss sein. Das ist an Sie gerichtet, Herr Innenminister – der gar nicht hier ist.

Anstatt zum Beispiel in Leipzig-Connewitz einen Polizeistaat aufzubauen und dort alle paar Minuten Polizisten patrouillieren zu lassen, was den Menschen sicherlich nicht gefällt und wogegen sie auch demonstrieren, sollten diese Polizisten lieber auf der Autobahn nach den LkwFahrern schauen, ob sie nach neun Stunden Arbeitszeit auch noch wach und am Lenker sind.

Meine Fraktion hat in dieser Legislaturperiode zwei Große Anfragen zum Themenbereich Verkehr eingereicht und von der Staatsregierung beantworten lassen. In unserer ersten Großen Anfrage zum Thema „Mobilität in Sachsen“ aus dem Jahr 2017 haben wir uns nicht nur den Zustand der Verkehrsinfrastruktur angeschaut, insbesondere beim ÖPNV, sondern auch die Unfallzahlen, und zwar gegliedert nach den Verkehrsarten und dem Alter der Verursacher.

Dort mussten wir feststellen, dass die Unfallverursacher zum einen sehr junge Menschen sind, aber vor allem auch betagtere Menschen. Für Fahranfänger gilt schon heute eine Sonderregel, sodass man dann eine Nachschulung machen muss und der Führerschein leichter entzogen werden kann. Ich glaube, wir müssen darüber nachdenken, ob man nicht generell bei Verkehrsverstößen Nachschulungen fordern sollte und eine Einschätzung abgeben müsste, ob man noch sicher fahren kann oder nicht. Ich jedenfalls bin dafür, und angesichts dieser hohen Unfallzahlen in Sachsen halte ich das auch für angebracht, meine Damen und Herren.

Die andere Große Anfrage zum Thema Verkehr meiner Fraktion wurde in diesem Jahr von der Staatsregierung beantwortet. Sie hatte den Titel „Unfallverhütung im Straßenverkehr“. Die knapp 50 allumfassenden Fragen zu Unfallschwerpunkten in Sachsen, zur Schulwegesicherheit, zur Arbeit der Verkehrsunfallkommission und die Arbeit der Behörden lieferten mehr als 100 Seiten Antworten. Dabei erlangten wir die Erkenntnis, dass viele Unfallstellen mit Radverkehr in Sachsen seit Jahren bekannt sind. Die Regierung greift dort aber nicht ein.

Um das einmal beispielhaft darzustellen: Die von uns angeforderten Sonderauswertungen aus dem Jahr 2017 zeigen, dass in Dresden jeder vierte und in Leipzig jeder dritte unfallauffällige Bereich, beispielsweise im Radverkehr, bereits vier Jahre zuvor der Polizei bekannt war und an die Behörden gemeldet wurde. Es ist nichts passiert an der baulichen Substanz vor Ort. Es wurden dort in den letzten Jahren Menschen verletzt oder getötet, weil seit mehreren Jahren nichts getan wird. Ich möchte das Beispiel einer Radfahrerin aus Leipzig nennen, die dieses Jahr schon die „drei“ eingeholt hat und von einem Lkw überrollt wurde.

In der Jahnallee in Leipzig, eine Straße, die ich fast täglich als Radfahrer benutze, sind bereits drei Menschen in diesem Jahr gestorben. Die Jahnallee wird in Leipzig auch als Todesallee bezeichnet. Seit Jahren fordern Umwelt- und Verkehrssicherheitsvereine, dass dort eine breite Radfahrspur eingerichtet wird. Demonstrationen und letztendlich der letzte überrollte Mann in diesem Frühjahr auf dieser Straße hat die Verkehrsverwaltung zum Einlenken bewegt und wenigstens das Parken auf zwei der vier Spuren in der Jahnallee untersagt, sodass sich Radfahrerinnen und Radfahrer nun nicht mehr zwischen den parkenden Fahrzeugen und dem fließenden Verkehr durchquetschen müssen. Aber einen Radweg gibt es dort immer noch nicht. Das ist für mich unbegreiflich.

Meiner Ansicht nach muss es doch möglich sein, auf allen Hauptstraßen, insbesondere Staatsstraßen und Bundesstraßen, sichere Wege für Radfahrerinnen und Radfahrer einzurichten. Genau das fordern wir schon seit Jahren, doch es passiert nichts bzw. es geht viel zu langsam, und das ist nicht mehr hinnehmbar, meine Damen und Herren.

Hierbei geht es auch nicht um den Neubau von Radwegen, was durchaus eine gewisse Zeit und Planung braucht, es geht schlicht und ergreifend um einen Strich auf der Straße, um eine Markierung, die Leben retten kann. Doch die zuständigen Behörden weigern sich immer noch bzw. sind einfach überlastet, und das ist letztendlich tödlich und darf so nicht weitergehen.

Die Staatsregierung muss die Unfallkommission und die zuständigen Straßenverkehrsbehörden, insbesondere in Dresden und Leipzig, was die Hotspots sind, deutlich stärken und in die Pflicht nehmen. Genau das ist auch die zentrale Forderung an dieser Stelle von uns.

Der Ihnen vorliegende Antrag der GRÜNEN fordert ja die Staatsregierung auf, über den aktuellen Stand der Verkehrssicherheit und die Verkehrssicherheitsarbeit in Sachsen bis zum 31. Dezember dieses Jahres zu berichten. Diesem Punkt des Antrags können wir nicht uneingeschränkt zustimmen, weil wir die Große Anfrage erst im März hier im Landtag eingereicht hatten und über 100 Seiten Antworten dazu vorliegen. Das meiste ist faktisch schon bekannt. Die allermeisten Daten liegen vor und es muss endlich gehandelt werden. Das ist das Problem. Allerdings ist der Antrag der GRÜNEN kein bloßer Berichtsantrag. Es geht auch um die Forderungen, die die Staatsregierung erörtern soll. Das wurde gerade auch vorgestellt, und dem können wir natürlich zustimmen.

Insbesondere die zentrale Forderung, ein Konzept zu erarbeiten, welches null Verkehrstote als Ziel hat, finden wir richtig. Das sollte oberste Handlungs- und Planungsprämisse für die Verkehrssicherheit in Sachsen sein und wir unterstützen das. Aus unserer Sicht muss vor allem an den Unfallstellen, wo es immer wieder Tote und Schwerverletzte gibt, sofort gehandelt werden. Es darf nicht sein, dass über Jahre Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit verschleppt werden.

Weiterhin müssen aus unserer Sicht endlich wieder regelmäßige Verkehrskontrollen, insbesondere Geschwin

digkeitskontrollen, durchgeführt werden. Eine Auswertung der Verkehrsströme für die Ampelschaltung der TU Dresden hat gezeigt – die habe ich mir im Rahmen der ÖPNV-Strategiekommission angeschaut, wo es um die Ampelschaltung ging –, dass bis zu zwei Drittel der Pkws im ganz normalen Stadtverkehrsalltag eher 60 Kilometer pro Stunde statt 50 Kilometer pro Stunde fahren, also auch in dicht besiedelten Stadtteilen. Es ist also völlig normal geworden, zu schnell zu fahren. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes eine gefährliche Entwicklung.

Wir stimmen dem Antrag der GRÜNEN und den dort genannten Forderungen zu und fordern Sie auf, werte Regierungsmehrheit, das auch zu tun, damit der traurige Rekord der meisten Verkehrstoten pro 1 000 Einwohner – das ist nämlich Sachsen – endlich gebrochen wird und sich endlich um die Verkehrssicherheit der Menschen in Sachsen gekümmert wird, meine Damen und Herren.

Nun schaue ich hier auf die Uhr, und mir verbleiben noch ein paar Minuten. In dieser Zeit möchte ich im Namen meiner Fraktion noch einmal Dank sagen – Danke für die Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Parlament, die uns in den vergangenen fünf Jahren hier im Haus unterstützt haben und ohne die dieses Parlament auch nicht arbeitsfähig wäre. Vielen Dank dafür! Ich freue mich auch auf die nächsten fünf Jahre.

Den demokratischen Parteien wünsche ich alles Gute im Wahlkampf, bei denen nicht Hass und Ausgrenzung die Themen in diesem Wahlkampf sind, sondern Solidarität und Zusammenhalt, die letztendlich diesen Freistaat prägen. Vielen Dank dafür und alles Gute Ihnen allen. Bis zum nächsten Mal!

(Beifall bei den LINKEN)

Nun für die SPDFraktion Herr Baum, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich hätte ich gedacht, dass ein Antrag zum Thema Verkehrssicherheit von der Fraktion DIE LINKE gestellt wird; denn schließlich war es ja diese Fraktion, die vor einiger Zeit eine Große Anfrage zur Unfallverhütung im Freistaat Sachsen gestellt hat, zu der die Staatsregierung auch ausführlich Stellung bezogen hat.

Möglicherweise haben die GRÜNEN aber die Große Anfrage der LINKEN übersehen; denn die meisten der im Antrag unter Punkt eins formulierten Fragen finden sich eben in dieser Großen Anfrage bereits beantwortet. Man könnte es sich also leicht machen und den ersten Punkt des Antrages mit Hinweis auf die Große Anfrage der LINKEN zur Unfallverhütung im Straßenverkehr in Sachsen ablehnen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, so einfach will ich es mir dann eben doch nicht machen. Das würde weder dem Antrag der GRÜNEN noch dem in der Tat sehr wichtigen Thema Verkehrssicherheit gerecht werden.

Wenn wir uns die Entwicklung seit der Wende ansehen, so fällt auf, dass die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Personen signifikant zurückgegangen ist. Im Jahr 1991 kamen insgesamt 863 Menschen ums Leben. Zehn Jahre später hatte sich diese Zahl dann bereits halbiert. Im Jahr 2017 war dann der bisherige Tiefststand mit

147 Getöteten erreicht. Allerdings sind im letzten Jahr wieder mehr Menschen im Verkehr ums Leben gekommen. Genauer gesagt, starben 198 Menschen im Straßenverkehr. Damit sind wir dann wieder auf dem Stand von 2009, als die Zahl erstmals unter 200 Personen gefallen war.

Diese Entwicklung zeigt, dass wir noch nicht dort sind, wo wir eigentlich hinwollen, und das ist und bleibt die „Vision Zero“. Das heißt, wir wollen an den Punkt gelangen, dass kein Mensch mehr im Straßenverkehr tödlich verunglückt. In dieser Beziehung verfolgen wir die gleiche Zielstellung wie der Antrag der GRÜNEN; denn klar ist: Auch für uns hat die weitere Verbesserung der Verkehrssicherheit und damit verbunden die Reduktion der Zahl von Getöteten und Verletzten im Straßenverkehr höchste Priorität.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Hauptproblem, weshalb immer noch so viele Menschen im Straßenverkehr ihr Leben lassen, sieht man an einer anderen Statistik. Die Hauptgründe für Verkehrsunfälle bleiben weiterhin die nicht angepasste Geschwindigkeit – das heißt, die Autos fahren zu schnell – und natürlich leider auch das Nichtbeachten der Vorfahrt. Auch der ungenügende Sicherheitsabstand sowie diverse Abbiegefehler liegen als Unfallursache weit vorn.

Betroffen davon sind vor allem die schwächsten, weil eben nicht durch tonnenweise Blech abgeschirmten Verkehrsteilnehmer, nämlich diejenigen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind. So hat sich die Zahl der getöteten Radfahrer im Vergleich der Jahre 2017 und 2018 um über 80 % erhöht. Im letzten Jahr, so die traurige Nachricht, kamen 35 Radfahrende auf sächsischen Straßen ums Leben. Bei den Fußgängerinnen und Fußgängern ist diese Entwicklung noch dramatischer. Hier hat sich die Zahl der Getöteten mehr als verdoppelt: von 15 getöteten Fußgängern im Jahr 2017 auf 35 Personen im vergangenen Jahr.

Genau hierauf müssen wir unser besonderes Augenmerk legen. Wir müssen sicherstellen, dass die schwächsten Verkehrsteilnehmer besonders geschützt werden. Das kann gelingen, indem wir die Kontrollen verschärfen und die geltenden Regeln noch besser durchsetzen.

Wer wie die GRÜNEN dabei aber gleich noch ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ausruft, löst damit nicht das Problem der Radfahrer und Fußgänger. Was wir stattdessen brauchen, ist mehr Miteinander im Verkehr statt Gegeneinander. Wir brauchen mehr Verständnis und gegenseitige Rücksichtnahme und nicht Hörner und Oboe, also Hupe.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier müssen wir ansetzen. Wir müssen mehr in Mobilitäts- und Verkehrserziehung investieren, und genau das tun wir. In den letzten Jahren haben wir die entsprechenden Haushaltstitel immer weiter erhöht und stellen im laufenden Doppelhaushalt insgesamt knapp 1,5 Millionen Euro für Verkehrssicherheitsarbeit zur Verfügung.

Auch in dem kürzlich vom Kabinett verabschiedeten Landesverkehrsplan spielt die Verbesserung der Verkehrssicherheit eine große Rolle. Grundlage bildet ein VierSäulen-Modell, anhand dessen langfristig die „Vision Zero“ Realität werden soll. In diesen Zusammenhang gehört auch die erst vor Kurzem von Bundesverkehrsminister Scheuer vorgestellte Novelle der Straßenverkehrsordnung. Diese greift viele Punkte der im Antrag der GRÜNEN genannten Forderungen auf, zum Beispiel die Festlegung eines Mindestüberholabstandes in Bezug auf Radfahrer von 1,5 Meter und die Vorschrift von Schrittgeschwindigkeit für rechtsabbiegende Lkw. Wir als SPDFraktion unterstützen diese Vorschläge, und ich bin sicher, dass auch die Staatsregierung diese Vorschläge unterstützt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir teilen also das Ziel, in Zukunft unseren Straßenverkehr so sicher zu machen, dass kein Mensch mehr zu Tode kommen muss. Viele Punkte des Antrages der GRÜNEN sind aber entweder bereits beantwortet, werden bearbeitet oder werden wie die erwähnte Novelle der Straßenverkehrsordnung in naher Zukunft auf Bundesebene umgesetzt. Deswegen werden wir den Antrag leider ablehnen.

Herzlichen Dank.