Meine Damen und Herren, das Polizeirecht ist auch in der Öffentlichkeit viel diskutiert worden, und ja, es hat auch Demonstrationen gegeben. Diese haben gezeigt, dass bürgerliche Ideen wie Freiheit und Selbstbestimmung in unserer Gesellschaft tief verwurzelt sind und Menschen wachsam handeln, wenn sie meinen, bestimmte Freiheiten würden beschnitten. Um diese Zweifel auszuräumen und das Gesetz nachzuschärfen, hat sich die Koalition viel Zeit genommen und rechtliche Vorkehrungen getroffen – Kollege Pallas hat in der Diskussion noch einmal deutlich darauf hingewiesen, und ich bin ihm dafür dankbar. Im Grunde sind es genau diese Ideen der Freiheit und Selbstbestimmung, die dieses neue Gesetz schützen will.
Mit dieser Novelle statten wir also nicht nur die Polizeibehörden mit einem eigenen Gesetz aus und setzen die EU-Richtlinien um, sondern betten alle polizeilichen Befugnisse in ein Regelwerk ein, das den Datenschutzbeauftragten direkt als Aufsichtsinstitution einbindet, Anordnungsbefugnisse den Gerichten zuweist, parallele parlamentarische und öffentliche Kontrolle sicherstellt und den Rechtsschutz der Betroffenen garantiert. Wir haben den Sächsischen Datenschutzbeauftragten früh eingebunden und er hat uns bescheinigt, dass sich das neue Polizeigesetz eng an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes hält. An dieser Stelle danke ich ihm herzlich für die Zusammenarbeit.
Meine Damen und Herren, manche Maßnahmen sind notwendig, um Gefahren für Leib und Leben abzuwehren, auch wenn sie im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit liegen. Ich nenne nur drei Beispiele: Überwachung der Telekommunikation, Rasterfahndung und Einsatz von verdeckten Ermittlern. Es sind ausschließlich Richter, die solche Maßnahmen nach rechtsstaatlichen Kriterien anordnen und über den Rechtsschutz auch in ihrer Umsetzung überwachen. Wer meint, wir würden hier der polizeilichen Willkür Tür und Tor öffnen, der hat entweder den Gesetzestext nicht gelesen oder missversteht ihn absichtlich.
Das Gesetz setzt einen Schwerpunkt bei der Gefahrenabwehr. Wir müssen handeln, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist, und nicht erst danach, wenn die Schäden entstanden sind. Gerade wo schwerste Straftaten drohen, darf die Polizei nicht warten, bis die Lunte gelegt und die Bombe hochgegangen ist, der Kriminelle zur Tat geschritten ist und Opfer zu beklagen sind.
Die Haltung von den LINKEN, meine Damen und Herren, die Polizei müsse alles können und nichts dürfen, ist Unsinn, und sie ist unverantwortlich.
Meine Damen und Herren, neu ist in der Novelle die gezielte Schleierfahndung zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität. Dieses Instrument ist unerlässlich, weil nach dem Wegfall der innereuropäischen Grenzen Straftaten viel leichter begangen werden können, und Kriminelle melden sich bekanntlich nicht an der Grenze. Wegfall von Grenzen heißt nicht Wegfall von Sicherheit. Zu Recht hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland den Verzicht auf Grenzkontrollen durch Erweiterung von Befugnissen, die Gefahren abwehren, ausgleichen darf. Das tun wir in Sachsen mit unserem neuen Polizeigesetz.
Lassen Sie mich noch etwas zur polizeilichen Kriminalstatistik sagen, die erfreulich ausgefallen ist. Herr Kollege Stange, zwei Dinge:
Erstens. Der Rückgang der Kriminalität ist kein Ergebnis der Statistik. Der Rückgang der Kriminalität ist einzig und allein unseren Polizistinnen und Polizisten zu verdanken, denen ich an dieser Stelle herzlich dafür danke. Das ist in dieser Debatte entschieden zu kurz gekommen.
Es ist auch Ergebnis der Schwerpunktsetzung der Staatsregierung, die einen eindeutigen Schwerpunkt auf Sicherheit gelegt hat.
Zweitens. Wir reden über Statistik. Statistik misst Vergangenheit. Es geht bei diesem Polizeigesetz aber nicht um die Vergangenheit, es geht um die Zukunft, nämlich darum, den neuen Herausforderungen zu begegnen: organisierte Kriminalität, grenzüberschreitende Kriminalität und allem, was dazugehört, Terrorgefahren usw. Deswegen reden wir nicht über die Vergangenheit, sondern wir reden über Gefahrenabwehr, bevor die Lagen eintreten. Wer das missversteht, meine Damen und Herren, der hat das gesamte Gesetz nicht verstanden. Es geht um die Abwehr von Gefahren. Das ist meines Erachtens auch der Mehrheit der Bevölkerung mehr als nur wichtig.
Wir haben weniger Kriminalität. Ich brauche nicht viel Fantasie, um mir auszumalen, wen Sie dafür verantwortlich gemacht hätten, wenn die Kriminalitätsstatistik schlecht gewesen wäre. Das ist aber eine andere Debatte.
Es stimmt, wir haben nach der Statistik weniger Kriminalität. Opfer interessieren sich aber wenig für Zahlen und Statistiken, sie wollen einfach nur geschützt werden. Mit dem neuen Gesetz wollen wir dies besser und wirkungsvoller leisten. Die Polizei – ich sage das noch einmal deutlich – muss mehr dürfen, als Kriminelle können.
Meine Damen und Herren! Worüber ich mich besonders freue, ist der Einsatz von Bodycams, also von Körperkameras für Polizistinnen und Polizisten. Dafür, dass wir diesen Punkt in den Gesetzentwurf aufnehmen konnten, danke ich den Koalitionsfraktionen ausdrücklich.
Dieser Punkt ist mir wichtig; denn erstens schrecken Bodycams Straftäter ab, zweitens deeskalieren sie Konflikte und drittens schützen sie unsere Polizistinnen und Polizisten vor Übergriffen. Das hat nicht nur die Befragung gezeigt, deren Ergebnisse wir vorgelegt haben. Sie können noch so viel Expertise vorlegen, wie Sie wollen – ich sage Ihnen deutlich: Für mich ist in den Gesprächen, die ich mit den Polizeibeamtinnen und -beamten führe, entscheidend, was diese wollen und brauchen. Sie haben klar und deutlich gesagt, diejenigen, die Bodycams hätten, hätten damit positive Erfahrung gemacht und brauchten sie für den täglichen Dienst. Deswegen bekommen sie sie nicht nur, sondern wir werden sie auch flächendeckend anschaffen.
Wer unsere Bürger schützt, der darf nicht selbst angegriffen werden. Deswegen müssen wir diejenigen schützen, die uns schützen. Sicherheit ist ein vitales Bedürfnis der Menschen. Wir wollen uns angstfrei bewegen,
auf Straßen, Marktplätzen, in Bahnen und Bussen, bei Tag und bei Nacht, in der realen, aber auch in der virtuellen Welt. Deshalb machen wir mit dem Dreiklang unserer Gesamtstrategie aus Prävention, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung das Leben unserer Bürgerinnen und Bürger sicherer.
Mehr Sicherheit bedeutet auch stärkerer Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Dem dient auch unsere Allianz für sichere sächsische Kommunen. Mit dieser Stärke festigen wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unseren Staat, in einen Staat, der Sicherheit schützt, das Recht durchsetzt und die freiheitliche Ordnung unserer Demokratie verteidigt, damit wir alle sicher in Freiheit leben können. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf.
Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zur Neustrukturierung des Polizeirechts des Freistaates Sachsen. Wir stimmen auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Innenausschusses ab. Dazu liegen mir Änderungsanträge der AfD-Fraktion vor. Ich frage, ob Sie sie gemeinsam oder einzeln einbringen möchten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordneten! Warum haben wir als AfD-Fraktion gleich acht Änderungsanträge eingebracht? Man hätte es auch in einem Änderungsantrag aufschreiben können. Ich möchte es Ihnen aber auch nicht zu einfach machen, dass Sie sich einfach irgendeine Maßnahme heraussuchen, mit der Sie vielleicht nicht ganz so zufrieden sind, und dann sagen: Na ja, wir können diesen Antrag ja nur ablehnen. Deswegen sollen Sie sich bitte über die verschiedenen einzelnen Maßnahmen und Lebenssachverhalte eigene Gedanken machen.
Gut. Okay. – Was steht denn hier? „Herr Präsident! 20 Jahre“ – – Herr Minister, das ist Ihr Redemanuskript.
(Sebastian Wippel, AfD, nimmt das Redemanuskript von Staatsminister Prof. Dr. Roland Wöller vom Rednerpult und trägt es zur Regierungsbank – Heiterkeit bei der AfD)
Jetzt hätte ich fast das Falsche erzählt und Werbung für das Gesetz gemacht. – Gut. Also fangen wir an.
Wir wollen gern § 33 des Sächsischen Polizeibehördengesetzes ändern. Es geht um die Frage der Einrichtung von Alkoholverbotszonen. Es ist gut, dass Alkoholverbotszonen möglich sind. Es ist ja richtig, dass wir unsere Kinder und Jugendlichen schützen wollen. In der Fassung, in der der Gesetzentwurf jetzt vorliegt, lässt er aber nur einen Radius von 100 Metern zu. In Thüringen – wohlgemerkt: rot-rot-grün regiert! – ist ein Radius von 200 Metern möglich.
Wir haben gesagt, wir ordnen uns in der Mitte ein und machen es so, dass die LINKEN zustimmen könnten; uns reichen 150 Meter. Warum 150 Meter? – Das Beispiel ist eigentlich ganz praktisch: Wenn ich eine Schule habe und von der Grundstücksgrenze der Schule einen Kreis mit einem Radius von 100 Meter ziehe, dann muss ich natürlich immer auch den Anfang bzw. das Ende der Alkoholverbotszone um diese Schule herum kennzeichnen. Wenn Sie aber in einem Innenstadtbereich sind, in dem sich
Wir haben auch Plätze, die größer als 100 Meter sind. Es wäre also ein Platz, der von dieser Verbotszone nicht ganz umfasst wäre. Das heißt, die Bänke auf der anderen Seite des Platzes, der von den Kindern vielleicht als Pausenhof genutzt wird, wären davon nicht erfasst. Das, was Sie hier machen, reicht nicht aus. Man muss diese 150 Meter nicht ausnutzen, könnte mit unserer Änderung aber bis zu 150 Meter gehen.
Des Weiteren ändern wir eine Stelle des Gesetzentwurfes, wobei wir sagen: Wenn Alkoholverbote auch außerhalb eines Radius um Schulen angeordnet werden sollen, dann können wir nicht auf Tatsachen abstellen, sondern es muss eigentlich ausreichen, dass tatsächlich Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Straftaten oder erhebliche Ordnungswidrigkeiten aufgrund des Alkoholkonsums begangen worden sind. Ansonsten würde es für die Verwaltung sehr schwer. Dann würden die Satzungen gekippt werden, wenn dieses Gesetz nicht bestehen bliebe, wie es in der Vergangenheit schon der Fall war.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Wippel! Wir haben uns im Rahmen des Gesetzentwurfes bereits sehr intensiv über die Frage der Ermächtigung für den Erlass von Alkoholverbotsverordnungen Gedanken gemacht. Das gibt es bereits im Polizeigesetz.
Es ist natürlich so, dass es auf Basis der jetzigen Regelung nur einen Versuch gab, in der Stadt Görlitz, das zur Anwendung zu bringen. Dies ist aber vor dem Oberverwaltungsgericht gescheitert, weil die Regelung nicht richtig angewendet wurde.