Protocol of the Session on March 13, 2019

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wünscht der Berichterstatter noch das Wort? Herr Anton? – Sie möchten nicht mehr sprechen. Gibt es weiteren Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung. Wird das Wort gewünscht?

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Kollege Prof. Wöller ist heute nicht anwesend. Er ist aus gesundheitlichen Gründen verhindert und hat mich gebeten, wenigstens den Dank an die Fachexperten weiterzugeben, die das Ganze kritisch begleitet haben. Das habe ich hiermit getan und gebe die Rede des Kollegen zu Protokoll.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir können nun über die Beschlussempfehlung des Innenausschusses in der Drucksache 6/16919 abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist dennoch der Beschlussempfehlung mehrheitlich zugestimmt. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Erklärungen zu Protokoll

Die Unterrichtung durch die Staatsregierung „Bericht der Staatsregierung über die Evaluation des § 42 Sächsisches Polizeigesetz (SächsPolG)“, Drucksache 6/14951, wurde gemäß § 17 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtags am 2. Oktober 2018 dem Innenausschuss zur weiteren geschäftsordnungsmäßigen Behandlung überwiesen.

Das Ergebnis der Evaluation ist aus Sicht der CDUFraktion eindeutig und – das haben auch Sachverständige bestätigt, welche im Rahmen der schriftlichen Ausschussanhörung eine Bewertung der Evaluation und des Evaluationsergebnisses vorzunehmen hatten – das Ergebnis der Evaluation ist valide und kann als Grundlage für die Bewertung der evaluierten Norm uneingeschränkt dienen. Die Evaluation genügt allen wissenschaftlichen Anforderungen.

So viel einleitend zur in der Ausschussbefassung diskutierten Frage, ob wir überhaupt auf die Evaluation und das Ergebnis zurückgreifen können und sollten, wenn wir den § 42 Sächsisches Polizeigesetz in der aktuellen Fassung betrachten. Ja, wir können und sollten es auch. Wir haben es als Koalitionsfraktionen auch tatsächlich getan. Der derzeit im parlamentarischen Beratungsverfahren befindliche Entwurf für eine Novellierung des sächsischen Polizeirechtes zeigt, dass wir das Ergebnis der Evaluation ernst nehmen.

Zum Inhalt des Berichtes: Bei § 42 SächsPolG handelt es sich um eine Auskunftsnorm, welche der Polizei ein Instrument an die Hand gibt, welches das Auffinden gefährdeter, insbesondere suizidgefährdeter und hilfloser Personen erleichtern kann und soll. Im Bericht wird deutlich, dass mit der durch § 42 SächsPolG eröffneten Möglichkeit des Zugriffs auf Bestandsdaten bei Telekommunikationsanbietern nur eine Teilmenge der zur Bewältigung dieser polizeilichen Standardaufgabe und damit Standardanforderung notwendigen Instrumente zur Verfügung gestellt wird. Er ist nicht ausreichend. Eine Vergrößerung der Möglichkeiten in diesem Kontext kann Menschenleben retten.

Dabei erscheint es von wesentlicher Bedeutung, dass auf der Grundlage des Berichtes sehr deutlich wird, dass das von Gegnern der Norm ins Feld geführte Missbrauchsrisiko eines ausufernden Gebrauchs der eröffneten Datenabfragemöglichkeit, insbesondere im Hinblick auf eine Nutzung im Rahmen der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, in der realen Welt des Polizeidienstes nicht vorhanden ist.

Bei der Dokumentation der vergleichsweise wenigen Fälle, in denen § 42 SächsPolG im Erhebungszeitraum zur Anwendung gekommen ist, fällt prägnant ins Auge, dass die Behörden von dem Instrument offenkundig in behutsamer, abgewogener und dem Grundsatz der Verhältnis

mäßigkeit genügender Weise Gebrauch gemacht haben. Der Bericht verdeutlicht dies anschaulich und zweifelsfrei. Bedeutsam erscheint diesbezüglich vor allem die Aussage, dass für den Evaluationszeitraum keine Datenerhebungen nach § 42 SächsPolG zum Schutz von Eigentum/Vermögen oder mit dem Zweck der Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten mitgeteilt wurden. Der Bericht macht damit sehr deutlich, dass die Maßnahmen faktisch ausschließlich in Fällen zur Anwendung kommen, in denen dem Betroffenen, dessen Daten abgefragt werden, gegenwärtige bzw. erhebliche Gefahren drohen.

Ein in der Theorie mögliches Missbrauchspotenzial verwirklicht sich also nicht, wohl aber der Nutzen zum Schutz von Leben und Gesundheit von Menschen in einer Notlage.

Damit ist aus Sicht der CDU-Fraktion klar belegt, dass die grundlegende Funktion und der grundlegende Gedanke, dass die Möglichkeiten zur Beschleunigung lebensrettender Aktivitäten der Polizei – hier im Bereich der Datenabfrage zur schnelleren Auffindung von Menschen in Notlagen und Gefahrensituationen – genutzt werden müssen und dass die Polizei diese ihr gegebenen Möglichkeiten in der erwarteten verantwortungsvollen Weise nutzt.

Wir haben dies nicht anders erwartet. Wir sind den Polizistinnen und Polizisten sehr dankbar für ihre hervorragende Arbeit. Aber wir nehmen das Ergebnis der Evaluation auch zum Anlass, die aufgezeigten Schwächen im aktuellen § 42 zu verbessern. Unser Vertrauen in die Polizei, dass sie verantwortungsvoll mit den gesetzlich eröffneten Möglichkeiten zu Datenabfragen umgeht, ist mit der Evaluation belegbar bestätigt worden. Deshalb werden wir im Rahmen der Novellierung des Polizeigesetzes dieses Instrument auch in der durch die Evaluation aufgezeigten Weise verbessern. Wir werden konkret spezialgesetzlich regeln, dass nicht nur die mit § 42 gegebene Grundlage zur Erhebung bestimmter Bestandsdaten, also die zur Vorbereitung einer Lokalisierung von gefährdeten Personen notwendigen Daten, auf gesetzlicher Grundlage abgefragt werden können, sondern dass in einer spezialgesetzlichen Regelung auch die Lokalisierung – die Standorterhebung – erfasst wird.

Mit den in § 42 des aktuellen Polizeigesetzes zur Verfügung stehenden Mitteln – das ist zusammenfassend bei der Kenntnisnahme des Evaluationsberichtes zu vermerken – kann Menschen in Notlagen durch die Polizei eine relativ schnelle Hilfe zuteilwerden. Aber das ist noch nicht ausreichend. Deshalb ist im Entwurf der Novellierung zum Sächsischen Polizeigesetz in § 71 – Standortermittlung von gefährdeten Personen – eine das Evaluationsergebnis berücksichtigende Regelung getroffen.

Ich bitte deshalb heute um Kenntnisnahme des Evaluationsberichtes entsprechend der Beschlussempfehlung des

Innenausschusses. Ich empfehle, der entsprechenden Novellierung im Sächsischen Polizeigesetz zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger, denen dieses moderne Instrument polizeilicher Arbeitsgrundlagen die schnelle Rettung aus Notlagen und Lebensgefahr ermöglichen wird, ebenfalls zuzustimmen.

Die Staatsregierung legt ihren Bericht über die Evaluation des § 42 Sächsisches Polizeigesetz vor. Sie kommt damit ihrem gesetzlichen Auftrag wenigstens teilweise nach.

Erstens. § 42 Sächsisches Polizeigesetz trat am 31.12.2013 in Kraft. Die Evaluation ist daher eine gute Gelegenheit, die Auswirkungen der Norm sowohl auf die Arbeit der Polizei als auch auf die Bürger zu prüfen. Ist die Norm sinnvoll, erleichtert sie die Arbeit der Polizei, ist der Eingriff in die Grundrechte der Bürger angemessen?

Die Vorschrift dient der Auskunftserteilung durch Telekommunikationsanbieter an die Polizei. Es wird so Auskunft über Bestandsdaten eingeholt, das heißt, die persönlichen Daten und die Vertragsdaten des Anschlussinhabers. Ferner kann die Polizei Auskunft über die PIN oder dynamische IP-Adressen verlangen. Die Gesetzesnorm dient allerdings nicht der Auskunftserteilung an Neugierige. Die Auskunft an die Polizei erfolgt immer zur Abwehr einer im Einzelfall vorliegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Das heißt: § 42 Sächsisches Polizeigesetz dient immer der Ermöglichung polizeilicher Folgemaßnahmen. Die erlangten Daten ermöglichen nur solche weiteren polizeilichen Maßnahmen, welche ohne die entsprechende Auskunft nicht vollzogen werden könnten. Ein Paradebeispiel ist die Standortermittlung einer suizidgefährdeten Person. Das Auffinden des Betroffenen innerhalb kurzer Zeit wäre durch andere polizeiliche Maßnahmen nicht möglich. Ohne die Information würde der Bürger wahrscheinlich sterben.

Wie hat sich die Vorschrift in der polizeilichen Praxis bewährt? Der im Gesetz festgeschriebene Evaluationszeitraum umfasst die Jahre 2014 bis 2016. Für die Jahre 2014 und 2015 wurde jedoch ein Großteil der Daten automatisch bzw. manuell gelöscht. Der Datenschutz steht offenbar dem Gesetz entgegen. Erst im Juli 2017 reagierte das Innenministerium hierauf mit einem Erlass zur Aussetzung der Löschroutinen. Dies war in Bezug auf die Jahre 2014 und 2015 wenig hilfreich, da die Daten bereits gelöscht waren.

Um überhaupt Daten vorweisen zu können, wurde kurzerhand der Erhebungszeitraum bis Ende November 2017 verlängert. Effektiv liegen damit nur Daten aus den Jahren 2016 und 2017 vor. Das Agieren der Staatsregierung aus CDU und SPD war dilettantisch, ihrem gesetzlichen Auftrag zur Evaluation ist sie nur unzureichend nachgekommen.

So verwundert es nicht, dass in die Evaluation insgesamt nur 15 Datensätze eingeflossen sind. Im gleichen Zeit

raum erfolgten allerdings mehr als 12 000 Abfragen nach § 113 TKG. Das manuelle Auskunftsverfahren dient der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sowie der Gefahrenabwehr. Hier scheint auf Anwenderseite eine erhebliche Unsicherheit zu bestehen, auf welcher gesetzlichen Grundlage polizeiliches Handeln erfolgt. Von den 15 evaluierten Fällen beziehen sich 14 Fälle auf die Abfrage des IMSI-Datums, das heißt eine Standortermittlungsanfrage. Der weitere Fall betraf eine Bestandsdatenauskunft auf der Grundlage einer IPAdresse.

§ 42 Sächsisches Polizeigesetz wurde somit überwiegend dazu eingesetzt, um vermisste bzw. suizidgefährdete Personen aufzufinden. Die Zeitdauer für eine Lokalisierung konnte durch die Anwendung der Norm erheblich verkürzt werden, was wiederum entscheidend zum Erfolg anschließender polizeilicher Maßnahmen beigetragen hat.

Die Datenerhebungen dienten ausschließlich dem Schutz höchster Rechtsgüter, wie körperliche Unversehrtheit, Freiheit und Leben. Eine Datenabfrage zum Schutz weniger wichtiger Rechtsgüter wie Vermögen oder die Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten erfolgte nicht. Hier reicht es jedoch nicht aus, die Vorschrift des § 42 Sächsisches Polizeigesetz nur eng auszulegen. Es bedarf vielmehr der Beschränkung auf die überragenden Rechtsgüter im Gesetzeswortlaut, um auch künftig die Grundrechtseingriffe überzeugend begründen zu können.

Im Übrigen hat sich aus unserer Sicht das Gesetz grundsätzlich bewährt.

Das Kabinett hat am 18. September 2018 dem „Bericht der Staatsregierung über die Evaluation des § 42 Sächsisches Polizeigesetz (SächsPolG)“ zugestimmt und dessen Übersendung an den Sächsischen Landtag beschlossen. Damit kommt die Staatsregierung ihrer Berichtspflicht gemäß § 42 des Sächsischen Polizeigesetzes nach.

Der vorliegende Bericht wertet die praktische Anwendung der Norm und deren Auswirkungen in einem Zeitraum von drei Jahren aus und ist unter Mitwirkung eines unabhängigen wissenschaftlichen Sachverständigen

entstanden. Im Oktober 2018 hat der Innenausschuss eine zusätzliche schriftliche Anhörung zu diesem Bericht beschlossen, mit deren Ergebnissen er sich im Februar dieses Jahres befasst hat.

Die Befugnis, um die es in § 42 geht, macht es der Polizei möglich, sogenannte Bestandsdaten abzufragen, das heißt vor allem Kundendaten, die bei TelekommunikationsDienstanbietern zum Vertragsverhältnis gespeichert sind. Diese Auskunft hilft uns, insbesondere vermisste oder gefährdete Personen zu lokalisieren. Aber die Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Bestandsdatenerhebung stehen, wie Standorterhebung und der Einsatz technischer Mittel, haben bislang keine gesetzliche Grundlage und können nur dank der polizeigesetzlichen Generalklausel eingeleitet werden.

Diese Lücke wird die Novelle des Polizeigesetzes schließen und damit eine Ursache für die Schwierigkeiten bei der Anwendung der Vorschrift beseitigen, auf die der Evaluationsbericht hinweist. Auf zwei Kritiken möchte ich hier kurz eingehen: Erstens, für die Evaluation seien die Telekommunikations-Dienstanbieter und die Betroffenen zu ihren Erfahrungen nicht befragt worden, und zweitens, der ganze Paragraf sei aufgrund der geringen Anzahl der Anwendungsfälle entbehrlich.

Zum ersten Punkt: Erhebungen erfüllen keinen Selbstzweck, sondern müssen zu neuen Erkenntnissen führen. Erheben, um erhoben zu haben, ergibt wenig Sinn. Was passiert beim Dienstanbieter? Sie reagieren auf eine Anfrage aus dem Freistaat wie in allen Bundesländern mit einem Blick in ihre Dateien und erstellen eine Antwort, für die sie nach festen Kostensätzen vergütet werden.

Da eine solche Anfrage bei den Dienstanbietern keine neuen Erkenntnisse zutage fördern würde, haben wir auf diesen unnötigen bürokratischen Aufwand verzichtet. Bei einer Befragung der Betroffenen wäre eine anonyme Evaluation nicht mehr möglich gewesen. Zudem müssen wir uns klarmachen, dass die Fälle, von denen wir hier sprechen, vor allem Vermissten- und Suizidfälle sind.

Hier gibt es keinen vernünftigen Grund, die Betroffenen selbst, ihre Familien oder Hinterbliebenen erneut zu belasten und ihre inzwischen hoffentlich einigermaßen geheilten Wunden aufzureißen. Der Erkenntnisgewinn wäre auch hier ohnehin sehr marginal gewesen.

Zum zweiten Punkt: Es mag sein, dass die Anwendungsfälle heute gering sind, aber Aufgabe des Gesetzgebers ist

es, vorausschauend auch künftige Handlungsfelder zu regeln. Bei der Befugnis, Bestandsdaten erheben zu können, handelt es sich nicht um Sonderwünsche der sächsischen Polizei, sondern um Instrumente, die sowohl in den Polizeigesetzen der anderen Länder als auch des Bundes zum Standard gehören.

Wer will schließlich vor die Eltern eines vermissten autistischen Kindes treten und sagen, es tut uns sehr leid, wir können leider nicht mehr tun, weil dem Gesetzgeber eine Handvoll Fälle im Jahr keine Regelung wert sind? Wer will ernsthaft daran zweifeln, dass die Polizei hier handlungsfähig sein muss? Der Vorschlag, dann erst zu reagieren, wenn das Problem schon mit dem Fuß in der Tür steht, erschwert die polizeiliche Arbeit und schafft Probleme, statt sie zu lösen. Es ist tunlichst geboten, gesetzgeberische Vorsorge zu treffen.

Die Evaluation zeigt auch, dass wir behutsam mit den Befugnissen umgehen – anlassbezogen und nicht pauschal, abwägend und nicht zum Schutz von geringwertigen Rechtsgütern.

Zusammenfassend stelle ich fest, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ich danke allen Fachleuten sehr, die unsere Arbeit kritisch begleitet und Verbesserungsvorschläge zum § 42 unterbreitet haben. Die Novelle des Polizeigesetzes hat die richtigen Akzente gesetzt. Mit ihr schaffen wir für die Polizeiarbeit gesetzliche Grundlagen und machen das Leben unserer Bürgerinnen und Bürger ein Stück sicherer.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 17

Prüfung der Bavaria Studios & Production Service GmbH mit

Tochtergesellschaften durch den Bayerischen Obersten Rechnungshof

hier: Übersendung Abschließender Bericht nach § 14 a Satz 3 RStV

Drucksache 6/15102, Unterrichtung durch den Sächsischen Rechnungshof

Drucksache 6/16771, Beschlussempfehlung des Ausschusses für

Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien