Protocol of the Session on March 13, 2019

Wir haben damals einen Einstellungskorridor für junge Lehrer durchgesetzt, damit man das Personal kontinuierlich entwickelt. Wir hatten aber auch mit vielen Teilzeitlehrern zu tun, da es nicht genügend Schüler gab. Heute arbeiten immerhin noch 11 000 von 33 000 Lehrerinnen und Lehrern in Teilzeit, sei es wegen des Alters, wegen der Elternschaft, der Pflege oder aus sonstigen Gründen.

(Unruhe bei der AfD)

Das macht ungefähr 2 300 Stellen aus, die wir, wenn alle Vollzeit arbeiten könnten, würden und wollten, schon besetzt hätten. Jetzt sind die Lehrer von damals aber auch älter geworden. Sie sind zum einen finanziell besser ausgestattet, sie sind möglicherweise auch erschöpfter, und deswegen gibt es weniger Bereitschaft, in die Vollzeit zurückzukehren. Mit diesen Bedingungen müssen wir nun einmal arbeiten und leben.

(Lachen bei der AfD)

Auch die Frühverrentung ist ein Punkt, der in diesem Maße wahrscheinlich nicht abgeschätzt worden ist und nun zu einer Kalamität führt.

(Zuruf von der AfD: Herr Patt, Sie sind in der falschen Veranstaltung!)

Zu lange wurden die Studienzulassungen im Lehramt aus unserer Sicht auch nicht ausreichend gesteuert, sodass wir zwar genügend Studierende haben, aber nicht für die gesuchten Schultypen, nicht für die gesuchten Fächer und später auch nicht unbedingt an den gesuchten Orten, wenn dann die Lehrer ausgebildet sind.

(Zuruf von der AfD: Bitte sprechen Sie zum Antrag!)

Deshalb ist es richtig und ich begrüße es, dass wir die Lehrerausbildung, um die es in Ihrem Antrag geht, beispielsweise in Chemnitz vornehmen, um einmal von dem Klebeeffekt – das wird landläufig so beschrieben – zu profitieren, dass sich nämlich dort Personen zu Lehrern ausbilden lassen und studieren, die es sonst mit der Entfernung Leipzig–Dresden aufgrund ihrer persönlichen Lebensumstände nicht getan hätten.

Diese Kompetenz können wir beispielsweise in Chemnitz für den Oberschulbereich ausbauen, aber auch für den Berufsschul- oder Förderschulbereich. Für Gymnasien haben wir ausreichende Kapazitäten ohnehin in Leipzig und Dresden. Dieser Erfolg spricht auch für eine weitere Regionalisierung der Lehrerseminare und vielleicht – das wage ich einmal zu sagen – auch für eine Überlegung, ob man eine pädagogische Hochschule in Südwestsachsen in Kooperation mit Leipzig und Dresden einrichtet, die Abschlusszeugnisse betreffend, um Interessenten konkreter, direkter und berufsbezogener in dieser Region zum Lehramt zu führen.

Zu Ihrem Antrag noch im Einzelnen.

(Ah-Rufe und vereinzelt Beifall bei der AfD)

Sie haben ja so einen gewaltigen Bogen gemacht. Mit diesem Bogen wollte ich zunächst auch beginnen. Wenn es sich noch lohnt, auf Ihren Antrag einzugehen, dann möchte ich zunächst sagen: Die Gesamtzufriedenheit bei den Lehramtsstudenten in den sächsischen Hochschulen liegt auf einem ebenso hohen Niveau wie in anderen Studiengängen – nicht schlechter, nicht besser – und ist auch vergleichbar mit dem anderer Bundesländer. Das ist geprüft worden vom Kompetenzzentrum für Bildungs- und Hochschulforschung an der TU Dresden. Daran haben sich 1 300 Studierende aus fünf Lehramtsstudiengängen in Dresden, Leipzig und Chemnitz beteiligt.

Die Gründe für einen Wechsel aus dem Lehramtsstudium kann man in fünf Gruppen zusammenfassen: Der vorrangigste Grund war die Aufnahme eines Wunschstudienganges, also eines anderen Studiengangs oder eines anderen Ortes. Im Lehramt hatte man vielleicht nur eine Übergangslösung gefunden für etwas, was man eigentlich studieren wollte.

Am zweithäufigsten wird die fachliche Umorientierung genannt, drittens die hohen Studienanforderungen und viertens private Gründe. Der fünfte Grund mit 8 % sind erlebte Defizite in dem alten Studiengang, was etwas mit mangelnder Organisation oder ungenügender Betreuung zu tun hat. Diesem Wechselgrund gehen die Staatsregierung, das Landesamt für Schule und Bildung und die Hochschulen besonders nach. Dabei verzahnen sich auch die beiden Ministerien besonders.

Die von Ihnen vorgeschlagene Studie wird uns vermutlich keine neuen Erkenntnisse bringen. Um fundierte Aussagen treffen zu können, muss man so etwas ohnehin acht bis zehn Jahre untersuchen. Das ist also jetzt nicht sonderlich hilfreich. Darüber, wie Sie sich das vorstellen, kann man ja einmal sprechen. Des Weiteren fordern Sie, eine Arbeitsgruppe einzurichten, was bereits, wenn Sie sich etwas mit Politik beschäftigen würden, im Koalitionsvertrag festgelegt worden ist. Wir haben dort bereits 2018 die Lehrerbildungsstrukturen an den sächsischen Hochschulen durch einen Erziehungswissenschaftler prüfen lassen. Das geschieht auf Basis des Koalitionsvertrages. Eine kontinuierliche Überprüfung findet auch ohnehin statt – wenn Sie sich einmal mit Hochschulen beschäftigen. Sie

scheinen ja von einer gekommen zu sein, ich weiß nicht, von welcher.

(Lachen bei der AfD – Carsten Hütter, AfD: Unverschämtheit!)

Aber wenn Sie sich mit dem Lehramt zumindest einmal beschäftigen, stellen Sie fest, dass sich die Universitäten mit diesem Thema ohnehin kontinuierlich auseinandersetzen. Das sind hochschulübergreifende Probleme, die zusätzlich in einer staatlichen Kommission Lehrerbildung mit Vertretern der beteiligten Staatsministerien erörtert werden. Auch die Lehramtsprüfungsordnung I – wenn Sie das nicht verfolgt haben, möchte ich Sie darauf hinweisen – ist in einzelnen Punkten bereits angepasst worden – wie ich eben sagte: als Reaktion auf die Befragung der Lehramtsstudierenden.

Dann schlagen Sie weiterhin vor, dass Lehrer praktische Erfahrung sammeln sollen.

(Zuruf von der AfD: Na klar!)

Das ist eine großartige Forderung. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass die Lehramtsausbildung zweiphasig funktioniert. Die erste Phase ist die wissenschaftliche Grundlage in den Fächern und in den Berufswissenschaften Pädagogik und Didaktik. Dann gibt es eine zweite Phase, die praktische Ausbildung an den Schulen.

(Zuruf von der AfD: Wirklich jetzt?)

Aber das allein ist es nicht, was die Ausbildung in Sachsen ausmacht, sondern wesentlich für sächsische Lehramtsstudiengänge sind schulpraktische Anteile bereits während des Studiums: die Blockpraktika in der vorlesungsfreien Zeit, auch semesterbegleitende Praktika, darüber hinaus verschiedene verpflichtende Praktika. Möglicherweise könnte es sein, dass das von Ihnen zitierte Drittel der befragten Lehramtsstudierenden auch deshalb unzufrieden ist, weil es ein bisschen viel praktische Arbeit gibt. Andere wollen ihre Ferien möglicherweise genießen.

(Lachen bei der AfD)

Es sind sicherlich verschiedene Bewegmomente denkbar, aber wir müssen dem nachgehen. Darum bitte ich auch Sie von der AfD ganz ausdrücklich. Den genauen Gründen, die dort genannt sind, müssen wir nachgehen, aber nicht irgendwelche Nebengespenster verfolgen.

(Lachen bei der AfD)

Der Grundgedanke, dass wir uns alle um eine Verbesserung der Lehramtsausbildung und damit um eine Zunahme der Zahl der Lehramtsstudenten und -absolventen bemühen sollten, ist gut. Das hat allerdings schon viel früher begonnen, als Sie dachten. Da ist an verschiedenen Stellen schon umgesteuert worden. Deswegen brauchen wir Ihrem Antrag nicht mehr zu folgen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD – Dr. Rolf Weigand, AfD, steht am Mikrofon.)

Herr Dr. Weigand, Sie möchten, bitte?

(Dr. Rolf Weigand, AfD: Herr Präsident, eine Kurzintervention, wenn ich darf!)

Bitte sehr; das Mikrofon ist eingeschaltet.

Danke schön. – Herr Patt, erst einmal vielen Dank für die Herzblutrede, die Sie hier gehalten haben.

(Heiterkeit bei der AfD)

Ich merke, dass Sie nicht herumeiern bei diesem Thema, sondern dass Sie es jetzt wirklich anpacken in Sachsen. Sie haben es erkannt: Die Geburtenraten sind gestiegen. Sie handeln nicht seit 19 Jahren, wie ich gesagt habe, sondern beginnen jetzt. Sie haben mir leider keine Lösung geboten, wie Sie es schaffen, die Tatsache zu bekämpfen, dass uns im Lehramtsstudium 55 % verloren gehen.

Welche Lösungsansätze haben Sie, damit die Studenten motivierter sind, damit wir mehr Absolventen bekommen? Der Bedarf wird in den nächsten Jahren noch viel höher. Schauen Sie sich den Altersdurchschnitt der Lehrer an. Dazu sind von Ihnen keine Lösungsansätze gekommen. Ich bin froh, dass die Wähler draußen das dann alles entsprechend mitbekommen.

Ich muss Ihnen sagen, der „Klebeeffekt“ für Chemnitz ist gut. Aber in Chemnitz wird eben auch nur für das Grundschullehramt ausgebildet. Wir haben im ländlichen Raum auch Oberschulen und Gymnasien. Wenn die künftigen Lehrer alle in Dresden und Leipzig bleiben, haben wir im ländlichen Raum ein Problem.

Glauben Sie mir: Wir sind nicht das Problem im ländlichen Raum; wir haben dort einen riesengroßen Rückhalt.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD – Vereinzelt Lachen bei der CDU – Peter Wilhelm Patt, CDU, steht am Mikrofon.)

Herr Patt, Sie möchten erwidern.

Es muss ja einen Grund dafür geben, weshalb viele Menschen aus dem ländlichen Raum wegziehen. Vielleicht fassen Sie sich diesbezüglich an die eigene Nase.

(Carsten Hütter, AfD: Das ist Ihre fehlgeleitete Politik der letzten Jahre, Herr Patt! Was erzählen Sie hier? Sie regieren doch seit 1990!)

Aber ich möchte Sie noch einmal informieren. Lesen Sie vielleicht noch einmal nach.

(Unruhe bei der AfD)

Hören Sie doch einfach einmal zu. In der Schule fängt man damit an, erst einmal in Ruhe zuzuhören. Das ist der erste Weg zur Selbsterkenntnis, wenn man zuhört. Herr Kollege Weigand hier vorne hört zu, das ist prima. Sie

können ja noch einmal nachlesen, was ich gesagt habe. Vor allem können Sie schauen, nachhören und nachlesen, was wir in den letzten Jahren seit Beginn dieser Regierungskoalition und dieses Landtags alles an Maßnahmen auf den Weg gebracht haben.

(Zuruf von der AfD: Was denn?)

Wenn Sie jetzt ein Thema wieder aufwärmen, dann belastet das in gewisser Weise. Es entlastet vielleicht Sie, weil Sie auch etwas sagen wollen, aber wir wollen diese Arbeit tun. Sie wird übrigens von der Staatsregierung geleistet, nicht vom Landtag.

Der Landtag hat 1,7 Milliarden Euro für ein Maßnahmenprogramm zur Verfügung gestellt, welches ich jetzt bitte nicht noch einmal vorstellen werde. Da muss man sagen: Fünf, setzen, eine Klasse zurück. Alle anderen haben verstanden, was auf den Weg gebracht worden ist.