Protocol of the Session on January 31, 2019

rung ist die Witterung. Sie haben zum Beispiel einen nassen Herbst. Wenn Sie einen Stichtag haben, an dem Sie es noch ausbringen können und Ihre Becken noch nicht leer sind – – Das ist die eigentliche Herausforderung, deshalb die Investitionen in zusätzliche Lagerkapazitäten.

Ich halte nichts von verpflichtendem Vorschreiben von Nitrifikationshemmern. Das ist am Ende eine Entscheidung des Landwirtes. Er muss die Vorgaben, die die Düngeverordnung und andere Richtlinien machen, am Ende einhalten. Darüber hinausgehend verpflichtend weitere Zusätze vorzuschreiben, davon halte ich nichts. Deshalb haben wir das nicht getan. Ich muss Ihnen sagen, ich kenne diese Forderung bisher aus keiner Richtung; es sei denn, sie ist an mir vorbeigegangen. Mir ist diese Forderung mehrheitlich irgendwoher nicht bekannt.

Amt. Präsident Thomas Colditz: Herr Günther von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bitte.

Zum Komplex zwei: Wir hatten ein besonderes Jahr mit der langen Trockenheit und der Dürre. Das hat dazu geführt, dass die Pflanzen viel geringer gewachsen sind und einen geringeren Nährstoffbedarf hatten. Vor diesem Hintergrund interessiert mich, wie diese Ausnahmegenehmigungen, noch im November Nitrat auszubringen, konkret begründet werden.

Wir sind in Sachsen regional unterschiedlich. Wir haben einige Regionen, in denen erhebliche Nitratüberschüsse im Wasser festzustellen sind. Nach welchen Kriterien hat man bemessen, dass diese Situation mit den Nitratüberschüssen verstärkt wird? In einigen Regionen wussten wir schon im Herbst, dass das Maß voll war.

Diese Ausnahmegenehmigungen

werden nach regionalen Voraussetzungen erteilt. Sie werden nicht für ganz Sachsen pauschal gegeben. Das Ministerium sagt nicht, jetzt dürfen alle 14 Tage länger organischen Dünger ausbringen, sondern die Genehmigungen erfolgen nach Berücksichtigung der aktuellen Witterungssituation, aber auch nach längerfristigen Daten, die es gibt. Hier ging es speziell um die Ausbringungsverlängerung auf Grünland. Das andere darf man um diese Jahreszeit nicht mehr ausbringen. Das wird nach regionalspezifischen Faktoren entschieden.

Wir hatten einige Anträge. Ich kann Ihnen die Zahlen gern sagen. Diese standen, glaube ich, in einer Kleinen Anfrage. 2017 waren es 177 Anträge und 2018 waren es 98 Anträge. Bei 6 500 Landwirtschaftsbetrieben halte ich das für keine extrem große Zahl. Die Verschiebung dieser Sperrfrist ist in keinem Fall länger als 14 Tage gewesen.

Ich habe vorhin schon gesagt, ich hätte mir von Haus aus ein flexibleres System gewünscht. Dabei geht es nicht nur um Grünland, es geht auch um das Ackerland. Es sind verschiedene fachliche Dinge nicht beachtet worden. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Bei der Wintergerste darf man noch 30 Kilogramm Stickstoff über organischen Dünger

im Herbst ausbringen. Ich kann mir diesen fachlichen Bezug nicht vorstellen.

Wintergerste war früher die Frucht, die als Erstes gesät wurde. Das ist längst vorbei. Es gibt Regionen, in denen der Weizen oder der Roggen vorher gesät wird und die Wintergerste etwas später. Die Vegetationszeiten sind länger. Das hängt mit der Krankheitssituation zusammen – Blattläuseflug, die Übertragung des Virus der Gelbverzwergung. Deshalb sät man die Wintergerste lieber ein wenig später. Es ist nicht nachvollziehbar, warum man es nur auf eine Fruchtart bezieht, anstatt eine Düngung auf einen Aussaattermin zuzulassen.

Ein weiteres Beispiel: Man darf allen Fruchtarten 30 Kilogramm organischen Stickstoff geben, die bis zum 30. September ausgesät worden sind, und allen anderen nicht. Heute ist es fruchtartbezogen, egal, wie spät sie ausgesät wird. Für mich ist das fachlich Unsinn. Es ist auch im Sinne von Boden- und Gewässerschutz für mich Unsinn. Ich denke, hier werden wir eine weitere Debatte haben, um die Fachlichkeit, auch im Interesse des Boden- und Gewässerschutzes, stärker in diese Düngeverordnung hineinzubringen.

Amt. Präsident Thomas Colditz: Das Zeitbudget ermöglicht noch eine Fragestellung. Für die LINKEN Frau Dr. Pinka bitte.

Vielen Dank. Vielleicht müssen wir das Thema im AUL noch einmal ein wenig stärker ausleuchten, weil es keine triviale Frage ist, die in einer Minute beantwortet werden kann. Genau das wäre auch meine Frage gewesen.

Sie sprachen von der Unterschiedlichkeit der Böden. Natürlich haben Sie verschiedene Bindigkeit, verschiedene Wasserdurchlässigkeit, verschiedenes Aufnahmevermögen. Wir müssen differenzierter nach der Art und dem Saatgut handeln. Deshalb meine Frage, ob Sie sich vorstellen können, dass wir das noch einmal auf die Tagesordnung des AUL setzen. Sie bringen die von Ihnen verabschiedeten Rechtsverordnungen, die Sie zur Düngemittelverordnung erlassen haben, mit, und wir können uns das noch einmal näher anschauen.

In diesen verbleibenden zehn Sekunden kann ich Ihnen einfach sagen: Ja, ich werde das gern tun.

Danke.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank für die kurze Antwort und die kurze Fragestellung.

Meine Damen und Herren, die Zeitdauer der Befragung des Staatsministers ist abgelaufen. Ich danke dem Herrn Staatsminister für seine Ausführungen und den Fragestellern für die Fragestellungen. An dieser Stelle ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

Wir brauchen jede und jeden –

Leistungsfähige Jugendberufsagenturen für Sachsen

Drucksache 6/16356, Prioritätenantrag der Fraktionen CDU und SPD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, SPD,

DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Die Rederunde ist eröffnet. Der erste Redner der CDU ist Herr Heidan; bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land verlief in den zurückliegenden Jahren sehr positiv. Wir haben heute eine Trendwende erreicht. Wo wir vielleicht in den Neunzigerjahren noch eine hohe Jugendarbeitslosigkeit verzeichnen mussten und der Run von Jugendlichen auf die Lehrstellen, auf Arbeitsstellen groß war, ist das System heute umgekehrt. Der Fachkräftemangel wird sich in vielen Bereichen unseres Freistaates abzeichnen. Die Alterskohorten, die Schulabgängerquoten, die wir in den nächsten Jahren zu erwarten haben, zeigen, dass die Wirtschaft weiterhin um gute Fachkräfte werben muss.

Ich selbst komme aus einer Region, die in den Achtzigerjahren und den Jahren davor stark von der Textilindustrie geprägt war, die in den Neunzigerjahren einen Erosionsprozess durchlaufen musste, der sehr stark von einer hohen Arbeitslosigkeit geprägt war. Wir hatten teilweise 20 bis 30 % Arbeitslosigkeit. Das hat sich auch auf die Jugendarbeitslosenquote ausgewirkt.

Die Entwicklung der Ausbildungssituation im gesamten Freistaat hat sich völlig umgekehrt. Noch vor wenigen Jahren gab es keine ausreichenden Arbeitsplätze für junge Bewerber, und heute haben wir das Gegenteil davon. Die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften ist deutlich gestiegen. Die Zahl der Ausbildungsplätze übersteigt die Anzahl der Bewerber. So kann man schon sagen, wie es in der Überschrift heißt: Jede und jeder wird gebraucht, und das ist auch gut so. – So weit, so gut.

Es ist festzustellen, dass insbesondere an der Schwelle zwischen schulischer und beruflicher Ausbildung Brüche und Probleme bei Jugendlichen auftreten. Jugendliche der Altersgruppen von 15 bis 25 Jahren brechen Ausbildungen ab, finden zum Teil selbst keine geeignete Ausbildung bzw. orientieren sich so, dass eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt höchst unwahrscheinlich ist.

Statistischen Erhebungen zufolge führt das in Sachsen in dieser Altersgruppe aktuell zu einer Arbeitslosenquote von nahezu 8 %. Ich darf daran erinnern, dass einige Landkreise bei der Arbeitslosenquote eine vier vor dem Komma haben. Wir gehen von 6 %, teilweise 5 %, teilweise auch schon von 4 % Arbeitslosenquote aus. Diese

Entwicklung ist kein sächsisches Phänomen. Mit einer Vielzahl von Programmen und Unterstützungsleistungen wurde und wird dem bundesweit entgegengewirkt.

Man hat schon frühzeitig erkannt, dass das Nebeneinander und die Vielzahl vorhandener Fördermöglichkeiten und Institutionen allein nicht zielführend sind. Je komplexer die Problemlagen junger Menschen sind, die besonderer Hilfeleistung bedürfen, desto differenzierter sind die gesetzlichen zur Verfügung stehenden Unterstützungssysteme. Ich erinnere an das SGB II, das SGB III und das SGB VIII. Insbesondere das Nebeneinander vorhandener Fördermöglichkeiten erschwert es, den Überblick zu behalten, allzumal bei den Betroffenen selbst, aber auch bei den Behörden. Diese Behörden agieren zum Teil unabgestimmt.

Dadurch wurden in Sachsen bislang vorhandene Potenziale nicht genutzt, die Abstimmungsprozesse erschwert und die Finanzmittel nur unzureichend ausgeschöpft. Dem gegenüber kam eine Bund-Länder-Kommission bereits im Jahr 2000 zu der Einschätzung, dass betroffene Jugendliche abgestimmte Förderstrukturen und Unterstützungsangebote, individuelle Zugänge zum Erwerbsleben und motivierende und aktivierende Begleitstrukturen benötigen. Auch kleine und mittlere Unternehmen bedürfen der Unterstützung bei der Gewinnung passender Auszubildender. Vor dem Hintergrund der heterogenen Jugendgeneration bedarf es ebenso der Begleitung von Unternehmen bei der Gestaltung und Umsetzung der Ausbildung.

Mit dem Koalitionsvertrag der Regierungsfraktionen auf Bundesebene von 2013 wurde mit der Einführung von Jugendberufsagenturen die rechtliche und die politische Grundlage geschaffen, um diesem Anliegen zu entsprechen. Ich zitiere wörtlich aus dem Koalitionsvertrag von 2013: „Flächendeckend einzurichtende Jugendberufsagenturen sollen die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern II, III und VIII für unter 25-Jährige bündeln. Jugendberufsagenturen“ – und das ist auch unser Antrag – „tragen wesentlich dazu bei, insbesondere junge Menschen mit Startschwierigkeiten an der Schwelle zum Berufsleben zu stärken und ihnen individuelle berufliche Perspektiven zu eröffnen. Das Ziel ist ein vollqualifizierter Berufsabschluss sowie eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt.“

Das muss im individuellen Interesse der Jugendlichen bezüglich eines gelingenden Lebensentwurfs ebenso sein, wie im Interesse der Gesellschaft vor dem Hintergrund der anstehenden Sozialleistungen und der Wirtschaft im Zusammenhang mit der Fachkräftesituation. Die rechtskreisübergreifende Wirkung der aus den Sozialgesetzbü

chern herzuleitenden Zuständigkeiten setzt Kooperations- und Abstimmungsprozesse, aber auch gemeinsam abgestimmtes Agieren von kommunalen Ebenen mit staatlichen Behörden voraus.

Eine fachlich fundierte Grundlage dafür wurde bereits 2017 mit der Vereinbarung zur Weiterentwicklung von Jugendberufsagenturen im Freistaat Sachsen zwischen den Staatsministerien für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, für Kultus und für Soziales und Verbraucherschutz sowie der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Spitzenverbänden geschaffen. Diese Vereinbarung galt und gilt es, mit Leben und konkreten Angeboten zu füllen. Eine wesentliche Grundlage dafür ist zweifellos das Förderprogramm Jugendberufsagenturen Sachsen unter der etwas merkwürdig anmutenden Abkürzung JubaS, das nicht nur regionale Kooperationsverbünde und deren Entwicklung unterstützt, sondern mit der Landesservicestelle JubaS auch zur Koordination und qualitativ abgestimmten Entwicklung dieser Angebote beiträgt. Wie auch immer: Dieses strukturierte Lenkungsgremium ist flächendeckend auf bestimmte Vorgehensweisen ausgerichtet und ergibt somit seinen Sinn.

Darüber hinaus können wir auch in Sachsen auf breit funktionierende Projekte und deren Erfahrungen zurückgreifen. Dabei denke ich zum Beispiel an das Haus der Jugend in Chemnitz, das mittlerweile seit fünf Jahren etabliert ist und auf eine erfolgreiche Arbeit zurückblicken kann.

Wir stehen bei der Entwicklung und der Etablierung von Jugendberufsagenturen in Sachsen nicht am Anfang, sondern wir haben uns weiteren Herausforderungen zu stellen.

Ich möchte einige wenige Punkte nennen, die sehr wichtig sind. Das ist erstens die möglichst passgenaue Förderung junger Menschen auf dem Weg ins Berufsleben, die jeden erreicht. Sie erfordert ein flächendeckendes Angebot von Jugendberufsagenturen und eine rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit im Verbund mit den allgemeinen und den berufsbildenden Schulen. Außerdem haben wir mit der Verabschiedung des Doppelhaushaltes die Fördermittel von 250 000 Euro auf 650 000 Euro erhöht. Diese Förderung haben wir in diesem Hohen Haus beschlossen.

Zweitens. Es ist wichtig, die Realität der Kooperation durch verbindlich einzuhaltende Standards sicherzustellen. Hier kann meines Erachtens die Landesservicestelle koordinierend und vermittelnd tätig werden, oder es gibt ein derartiges Koordinierungsgremium.

Drittens. Die Systeme für junge Menschen müssen im Sinne eines ganzheitlich orientierten Ansatzes Bestandteil der Jugendberufsagenturen sein und finanziell und personell abgestimmt werden.

Viertens. Die Beteiligung der betroffenen Jugendlichen – sei es über Projektinitiativen oder über Gremienstrukturen – kann dabei helfen, dass Jugendliche die Jugendberufsagenturen nicht nur als Dienstleistungsangebot, sondern

auch als individuelle und persönliche Unterstützung erleben und annehmen.

Meine Damen und Herren! Mit der Entwicklung der wirksamen Nutzbarmachung von Jugendberufsagenturen leisten wir einen wichtigen Beitrag, um jungen Menschen eine berufliche und darüber hinausgehende Lebensperspektive zu ermöglichen. Zudem zwingen uns die demografische und die wirtschaftliche Entwicklung dazu, jeden Jugendlichen im Land den Weg in eine qualifizierte Fachkraftausbildung zu ebnen.

Mit dem vorliegenden Antrag möchten wir diesem Anliegen entsprechen. Ich bitte um Ihre Unterstützung.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung )

Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank an Herrn Heidan von der CDU-Fraktion. Es schließt sich Herr Baum von der SPD-Fraktion an.