dass im Ergebnis auch der ÖPNV ausgebremst wird, weil man die Autos auf einmal in die Spur der Straßenbahn zwingt. Die Bimmel steht dann natürlich auch im Stau.
Dass der Freistaat Sachsen Verkehrsplanung aber als integriertes Konzept betreibt, das ist vor dem Hintergrund dieser Beispiele mehr als richtig und auch mehr als nötig. Eine einzelne Ausweisung von Mitarbeitern im LASuV oder anderswo, die sich dann nur noch um Radverkehr kümmern sollen – das bedeutete, Leipziger Verhältnisse auf ganz Sachsen auszuweiten. Das kann vernünftigerweise niemand wollen, der Verkehrsplanung als Ganzes betrachtet und nicht einzelne Verkehrsarten in Oberlehrermanier bevorzugen will.
Nichts anderes wäre auch die Einrichtung eines eigenen Fahrradreferates im SMWA, wie Sie es hier fordern. Die Zuständigkeit aus dem Referat 64 herauszulösen und zu separieren, würde genau die Übertragung dieser verkürzten Sichtweise auf die Verkehrsplanung bedeuten, welche in Leipzig zusehends mehr Probleme schafft als löst und die Bevölkerung an dieser Stelle zu Recht auf die Palme bringt.
Lassen Sie es mich noch einmal ganz deutlich sagen: Alle elf Stellen im LASuV, die neu sind, beschäftigen sich mit Radverkehr.
In der Frage der Haushaltsmittel für die Radverkehrsanlagen liegt der Ball ebenfalls zuerst bei den Kommunen. Im Doppelhaushalt stehen die Mittel bereit, 8 Millionen Euro; Sie haben es gesagt. Wenn es hier zu Verzögerungen kommt, kann die Staatsregierung aber auch nicht eingreifen. Wir haben ganz klar das Ziel, alle zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auszureichen. Dazu braucht es Ihren Antrag nicht. Aber ohne Mittelabruf durch die Kommunen wird das eben nicht gelingen.
Das Gleiche gilt für die Fahrrad-AG. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir eine solche Arbeitsgemeinschaft unterstützen wollen. Aber die Städte, Gemeinden und Landkreise müssen auch schon selbst Interesse zeigen. Sie haben über die kommunalen Spitzenverbände übrigens auch die Möglichkeit dazu.
Es liegt im Interesse des Radverkehrs, dass diese AG kommt. Aber auch hier gilt: Die Staatsregierung allein kann das Thema nicht lösen. Es braucht die initiative Mitwirkung der Kommunen. Überstülpen nützt hier gar nichts.
Wenn man sich die weiteren Bereiche Ihres Antrags ansieht, dann stellt man fest, dass die allermeisten Punkte bereits in Arbeit sind. Auch für uns ist es ein Ärgernis, dass ein Fahrrad in Zwickau andere Beförderungsbestimmungen hat als in Leipzig, Dresden oder Görlitz. Die Verbünde sind hier aber – Gott sei Dank! – schon in die Gänge gekommen. Das Genehmigungsverfahren läuft
nach meinen Kenntnissen. Die Vereinheitlichung der Beförderungsbestimmungen steht kurz bevor. II.8 ist also de facto erledigt.
Nur der guten Ordnung halber möchte ich hier noch darauf hinweisen, dass das Landesinvestitionsprogramm, in dem es ebenfalls umfassende Mittel für die Verknüpfung von Radverkehr und ÖPNV gibt, existiert und dass Fortschreibungen der entsprechenden Fördermittelrichtlinie bereits seit dem Jahr 2016 gültig sind.
Auch bei der aktiven Radnutzung unterstützt die Staatsregierung ihre Mitarbeiter, und zwar nicht nur durch die Bereitstellung von Dienstfahrrädern. Ich bin bei dem schönen Wetter heute auch mit dem Fahrrad hierher zur Arbeit gefahren, musste es aber vor der Tür anschließen. Wäre ich Mitarbeiter in der Staatskanzlei oder im Verkehrsministerium, dann könnte ich das Rad in der Tiefgarage in der Wilhelm-Buck-Straße parken. Dort gibt es nämlich einen extra Fahrradbereich inklusive Umkleide- und Duschmöglichkeiten.
Zu den weiteren Punkten unter II. gibt es bereits Verwaltungshandeln. Was die Staatsregierung in ihrer Stellungnahme ausgeführt hat, können Sie nachlesen. Wir hören von Verkehrsminister Dulig nachher sicherlich noch Genaueres.
Ich will nur noch auf einen Punkt hinweisen: Unter II.10 fordern Sie einen Fördersatz von 85 % beim Bau neuer bzw. bei der Sanierung vorhandener Radverkehrsanlagen. Schon heute beträgt die Förderung im Rahmen der Richtlinie „Kommunaler Straßenbau“ 90 %. Vieles von dem, was Sie hier fordern, wird also schon gemacht. Anderes halten wir in der vorliegenden Form nicht für sinnvoll. Deswegen werden wir dem Antrag nicht zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Nowak, dann freue ich mich, dass wir im nächsten Monat oder in zwei Monaten gemeinsam mit der CDU die Fahrradgarage hier im Landtag beantragen. Sie haben die Mehrheit; dann kommen wir endlich auch im Landtag zu mehr Fahrradfreundlichkeit.
Denn Radfahren ist neben dem Zu-Fuß-Gehen das ökologischste Verkehrsmittel. In den großen Städten bin ich mit dem Fahrrad heute schneller unterwegs als mit dem Auto oder dem ÖPNV. Ich bin leider gleichzeitig auf dem gefährlichsten Verkehrsmittel, das es in Sachsen gibt, unterwegs – aber nicht, weil man damit fährt und plötzlich umfällt oder gegen einen Baum fährt, sondern weil man von anderen Fahrzeugen angefahren, umgefahren oder schlicht überrollt wird.
Die Unfallzahlen von Radfahrerinnen und Radfahrern bleiben seit Jahren gleich hoch – stets gleich hoch –, wie
die Anfrage der LINKEN zur Mobilität in Sachsen letztens erst gezeigt hat. Gerade Lkws führen in Innenstädten zu vielen Todesfällen, wie erst vor ein paar Wochen in Leipzig passiert. Viele Unfälle geschehen aber auch, weil die Wege, die derzeit schon für Radfahrerinnen und Radfahrer vorhanden sind, zugeparkt sind, und das teilweise im Dauerzustand. Deswegen gibt es übrigens in dieser Woche die Aktionswoche „Runter vom Radweg“. Unter diesem Hashtag findet man bei Twitter und anderen sozialen Netzwerken gerade Tausende von Bildern von Autos, die auf Radwegen stehen und eine potenzielle Unfallgefahr darstellen.
Jeder Unfall ist einer zu viel. Ich erkenne leider nicht, dass Sachsen – anders als beispielsweise das Land Berlin – das Ziel „Null Verkehrstote im Jahr“ verfolgt. Denn anders als beim Autoverkehr, wo ich Geschwindigkeitsreduzierungen vornehmen kann – es haben sich auch schlicht die Karosserien geändert oder andere Sicherheitstechniken im Auto haben sich massiv verbessert –, erkenne ich nicht, dass es in Sachsen große Schritte beim Ausbau der Infrastruktur hin zu sicheren Wegen für Radfahrerinnen und Radfahrer gibt. Genau das muss sich grundsätzlich ändern, weshalb dieser Antrag so dringend nötig und deshalb richtig ist.
Beim Thema Radverkehrsförderung geht es aber nicht nur um Klimaschutz oder Verkehrssicherheit, sondern auch um Lebensqualität in der Stadt. Will man weniger Lärm, weniger Feinstaub, weniger Stickoxide, keine Fahrverbote in Innenstädten, mehr Freiräume – oder schlicht mehr Platz –, dann kommt man an einer aktiven, fahrradfreundlichen Förderung und an fahrradfreundlichen Kommunen nicht vorbei. Ich finde, dieses Ziel sollte der Freistaat auch verfolgen – aktiv verfolgen.
Doch schaue ich mir die Antworten der Staatsregierung auf den Antrag an, dann sehe ich, dass es kein Staatsziel ist, dass die Staatsregierung nicht zuständig ist, dass sie es den Kommunen allein überlässt. Wir kennen das schon vom ÖPNV. Ich finde es unerträglich, dass der Freistaat zwar Geld bereitstellt – das immerhin ist gut –, aber nicht das Staatsziel hat, zum Beispiel den Autoverkehr zu verringern und den Radverkehr zu erhöhen.
An den Antworten auf die Fragen des Berichtsteils des Antrags, wo es um die Anzahl der Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen und die Standortuntersuchungen zu Fahrradstationen geht, sieht man wieder einmal, dass die Staatsregierung nicht antworten muss, weil sie nicht die Rechtsaufsicht über Fahrradstationen hat. Die Antwort mag rechtlich richtig sein, zeigt aber auch, dass Sie sich dafür nicht interessieren. Genau das ist das Problem. Auch deshalb haben Sie keine Antworten.
Das Problem ist auch, dass Sie im Wirtschaftsministerium und im Landesamt für Straßenbau und Verkehr kaum Personal für Radverkehrsförderung haben. Das zeigt auch die Antwort auf Frage I.3 und bekräftigt die Forderung unter II.5. Frau Meier hat es gerade noch einmal gesagt.
Das beantwortet auch die Frage, warum so wenige Mittel im Radverkehrshaushalt ausgegeben werden. Wir haben mittlerweile eine hohe Förderung im Haushalt; aber das Geld fließt nicht ab, weil eben keine Planungskapazitäten da sind.
(Andreas Nowak, CDU: Das können Sie doch der Staatsregierung nicht vorwerfen! – Zuruf des Staatsministers Martin Dulig)
Ja, genau. Das wäre doch eine mögliche Antwort auf den nächsten Punkt des Antrags, wonach Sie eine Strategie vorlegen müssen. Sie könnten hineinschreiben: Damit die Mittel auch abfließen, wollen wir im kommenden Haushalt den Kommunen so unter die Arme greifen,
dass sie in der Lage sind, Planungskapazitäten aufzubauen, also Personal für die Planung einzustellen und nicht nur den Bau an sich zu fördern.
Natürlich braucht es auch, wie unter Punkt II.2 gefordert, eine neue Radverkehrskonzeption in Sachsen, in die die konkreten kommunalen Konzeptionen einbezogen sind, allein schon deshalb, damit Sie ausreichende Informationen erhalten.
Es braucht weiterhin, wie auch in Punkt 2.4, die geforderte Arbeitsgemeinschaft „Fahrradfreundliche Städte“. Ich frage mich, warum es das in Sachsen nicht schon lange gibt. Es gibt anscheinend zu wenig Anreize, dass sie das noch nicht haben.
(Staatsminister Martin Dulig: Da müssen Sie die Städte fragen! Das ist eine Arbeitsgemeinschaft der Städte!)
Ich frage aber auch Sie, warum Sie es noch nicht erreicht haben, die Städte zu überzeugen. Es kann doch nicht sein, dass wir im Freistaat nicht wissen, wie hoch oder wie niedrig der Anteil des Radverkehrs ist. Das ist doch ein Problem und das muss man „bekämpfen“ und angehen.
Man könnte auch mit innovativen Maßnahmen den Radverkehrsanteil bei der Bevölkerung erhöhen, indem man zum Beispiel Menschen direkt fördert, die sich neue
Räder anschaffen wollen, zum Beispiel in Berlin oder wie es der Bund mittlerweile plant und auch umsetzt. Stichwort: Lastenfahrräder.
Und von Ihnen kommt die Antwort, dass man erst mal schauen müsste, welches Staatsinteresse dahintersteht. Da fragt man sich schon, ob Sie irgendetwas aus der Dieseldebatte oder den drohenden Fahrverboten gelernt haben oder wie auch gerade bei dem CDU-Beitrag.
Zur Forderung 2.8, endlich in Sachsen einheitliche Tarife im ÖPNV herzustellen, die natürlich auch für Fahrräder gelten sollten, kommt hier die Antwort, dass dies Thema bei der ÖPNV-Strategiekommission war. Ja, das war es und das ist auch schön. Es gab entsprechende Empfehlungen, die wir auch in unserem Änderungsantrag zum Landtagsantrag, der Anfang des Jahres hier beschlossen wurde, mit eingefordert und formuliert haben. Die Frage ist nur: Was ist seitdem passiert? Ich frage mich das weiterhin. Mich befriedigt dahin gehend die Arbeit des Ministeriums auch nicht.
Es wäre notwendig, auch die anderen Forderungen zu beachten, die noch in dem Antrag stehen, also in Punkt 2.9, die Fahrradstationen auszubauen oder in Punkt 10 die Überarbeitung der Richtlinien zum Straßenbauvorhaben sowie in Punkt 11, das Handbuch Fahrradförderung an die Kommunen auszuteilen, damit es dort Interesse weckt, damit die Kommunen auch bei so einer AG mitmachen; des Weiteren der Punkt 12 Thema Tourismus und Punkt 13 Radschnellwege.
Das sind alles richtige und wichtige Punkte, denen wir zustimmen können, und nur dann bekommen wir auch die Emissionen in den Griff, senken die Zahl der Verkehrstoten und -verletzten und steigern letztendlich die Lebensqualität in unseren Städten.