Protocol of the Session on May 18, 2017

Wir rütteln nicht an der professoralen Mehrheit in den Hochschulgremien – wie es auch das Bundesverfassungsgericht als Norm formuliert hat –, aber wir stärken das System der Gruppenuniversität durch die Einführung eines Kreuzwahlrechts. Bisher wählen die Hochschullehrerinnen die Hochschullehrerinnen, und es wählen die Studierenden die Vertreter der Studierenden.

Was wir vorschlagen, ist, dass jede Person – egal, welcher Statusgruppe – auch Vertreterinnen der anderen Statusgruppen wählen kann. Konkret heißt dies, dass eine Studentin auch die Liste der Hochschullehrerinnen mitwählt, genauso wie eine Hochschullehrerin die Liste des Mittelbaus mitwählen kann.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen eine solidarische und fortschrittliche Hochschule. Das Lehrstuhlprinzip wird in unserem Gesetzentwurf durch ein Departmentmodell ersetzt. Die Hochschullehrerinnen, die akademischen Assistentinnen und die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen sollen kollegial zusammenarbeiten. Mitarbeiterinnen sind nicht mehr einzelne Professorinnen, sondern einem Institut oder einer Fakultät zugeordnet. Damit wollen wir steile Hierarchien abbauen und mit in der Regel unbefristeten Arbeitsverträgen Karrierewege bzw. berufliche Entwicklungen jenseits der Professur ermöglichen.

Die prekäre Beschäftigungssituation im Mittelbau sowohl in Bezug auf die Bezahlung als auch in Bezug auf die permanenten Befristungen ist eine Zumutung für junge Wissenschaftlerinnen und sie ist kontraproduktiv für die Wissenschaftslandschaft Sachsen.

(Beifall bei den LINKEN)

Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften sollen als Hochschulen weitgehend gleichgestellt sein. Deshalb führen wir das Promotionsrecht für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften ein.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen eine Demokratisierung der Hochschulen. Auf die Erweiterung des hochschulpolitischen Mandats und die Einführung der Zivilklausel sowie des Kreuzwahlrechts bin ich bereits eingegangen.

Ganz wichtig ist uns die Abschaffung der Austrittsmöglichkeit aus der Verfassten Studierendenschaft. Die Trennung des rechtlichen Status als Studentin von der Mitgliedschaft in der Studierendenschaft führt zu Widersprüchen. Aus unserer Sicht verfolgte diese Regelung in erster Linie das Ziel, die sächsischen Studierenden mundtot zu machen oder diese Möglichkeit zumindest in Aussicht zu stellen. Das lehnen wir ab.

Der Hochschulrat soll abgeschafft und durch ein Hochschulkuratorium ersetzt werden. Dieses soll die Brücke zwischen Stadtgesellschaft und Hochschule herstellen und den Hochschulen beratend zur Seite stehen.

Der maßgebliche Einfluss auf die interne Entwicklung der Hochschule wird wieder auf den Senat übertragen. So führt dieser beispielsweise auch die Wahl der Rektorin durch.

Zur besseren Repräsentation von studentischen Interessen auch in der Verwaltungsspitze der Hochschule wird eine Studentische Prorektorin eingeführt. So können die Belange von Studierenden im Rektorat der Hochschule stärker berücksichtigt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir wollen eine offene und vielfältige Hochschule. Es müssen mehr Menschen zur Aufnahme eines Studiums ermächtigt werden. Studieninteressierte sollen unabhängig von sozialer Herkunft, Kultur, Geschlecht und Nationalität den gleichen Zugang zum Studium erhalten, und zwar ohne Studiengebühren. Sie finden in unserem Gesetzentwurf sowohl die Möglichkeit eines zweisemestrigen Orientierungsstudiums als auch die Möglichkeit – in Einzelfällen sogar den Rechtsanspruch – auf ein Teilzeitstudium.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Gesetzentwurf, der Ihnen vorliegt, verfolgt eine grundsätzlich andere Idee von Hochschule. Das habe ich in den wenigen Minuten versucht darzustellen. Ich lade Sie darüber hinaus ein, diesen Gesetzentwurf in Gänze zu lesen und mit uns in den Austausch zu treten. Ich freue mich auf eine spannende Diskussion und bin mir sicher, dass unser Gesetzentwurf sehr viele Anregungen für eine moderne Hochschullandschaft in Sachsen beinhaltet.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf

Gesetz zur Einführung der Selbstverwaltung der Hochschulen im Freistaat Sachsen an den Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien zu überweisen. Wer dem zustimmen möchte, zeigt das jetzt bitte an. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? –

Auch diese Überweisung ist einstimmig beschlossen worden.

Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 6

Stallpflicht für Geflügel

Drucksache 6/9488, Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: CDU, SPD, DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; die Staatsregierung, sofern das Wort gewünscht wird.

Für die CDU-Fraktion beginnt Herr Abg. Fischer. Bitte sehr, Herr Fischer, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, bevor ich meine Rede beginne, möchte ich Ihnen gute Besserung wünschen.

Sehr aufmerksam.

Wir reden heute über Tiergesundheit. Vielleicht verbessert sich auch Ihre Gesundheit in den nächsten Tagen.

Genau. Das werden wir schaffen. Vielen Dank.

Meine Damen und Herren! Auch wenn das Thema Geflügelpest aus den Medien verschwunden ist, so kann es doch jederzeit wiederkommen. Das kann uns schon im Jahr 2018 wieder ereilen. Ich warne davor, dieses Thema gering zu schätzen, darüber zu lachen oder es zu ignorieren. Es ist ein existenzbedrohendes Thema für Geflügelzüchter, aber auch für Privatleute, besonders im ländlichen Raum.

Denn was haben wir erlebt? In der allgemeinen Hysterie, die dieses Thema umgab, wurde wirr diskutiert. Aber es sind auch Fakten geschaffen worden. So wurden die EiPreise von 25 Cent pro Stück auf 5 Cent reduziert. Das ist eine gefährliche Situation für die konventionelle Geflügelzucht. Die Bioproduktion läuft nach anderen Gesichtspunkten; deswegen ist sie hier ausgenommen gewesen.

Aber auch für die Tiere ist es eine schlimme Situation gewesen. Die Paarung von Wassergeflügel findet in der Regel im Wasser statt. Ohne Bademöglichkeit – durch die Aufstallungspflicht – könnte es durch Vernässung der Einstreu relativ schnell zur Bildung von Schimmel und dadurch auch von Bakterien kommen. Diese lösen wiederum andere Krankheiten aus, die wir mit dem Fachbegriff „Faktorenkrankheiten“ bezeichnen.

Aber zur Ursache! Wir hatten wieder einen milden Winter. Ein milder Winter führt dazu, dass sich die Strecken, die der Vogelzug nimmt, ändern. Denn die Vögel finden mittlerweile auch bei uns in Mitteleuropa genügend

Nahrung – ich erinnere daran, dass die Teiche nur noch selten zufrieren – und müssen deswegen nicht mehr alle nach Süden ziehen. Es kam hinzu, dass der Virus mutierte und der Erreger, der ursprünglich aus China kam, sich immer schlimmer ausbreiten konnte; er kam auch nach Europa.

Die betroffenen Vogelarten bzw. Vogelgruppen sind Tauchenten, Taucher, Möwen, Schwäne, vereinzelt auch Gründelenten, Gänse, Greifvögel und auch die aasfressenden Singvogelarten.

Die Krankheit hat Auswirkungen, die fürchterlich sind. Es beginnt mit hohem Fieber und Appetitlosigkeit der Tiere. Es folgen ein drastischer Rückgang der Legeleistung, Atemnot, ein ausgeprägtes Kropfödem und wässrigschleimiger grünlicher Durchfall. Plötzlich treten zahlreiche Todesfälle auf. Das ist wirklich eine schlimme Geschichte.

Zur Klarstellung: Natürlich müssen Tierseuchen gestoppt werden. Natürlich war die Aufstallungspflicht notwendig. Das ist die Pflicht, die die Tierhalter mehr oder weniger dazu verdonnert, die Tiere einzusperren. Auch die privaten Tierhalter sind dazu verpflichtet.

Aber – und das möchte ich auch betonen – wir müssen uns hier im Plenum und vielleicht auch bundesweit die Frage stellen: Ist es wirklich notwendig gewesen, im Jahr 2016 deutschlandweit innerhalb von acht Wochen fast 300 000 Tiere im Kleinviehbereich vorsorglich zu töten? Kann man in der Forschung etwas verbessern, um den Virusbefall auf den Magen-Darm-Trakt zu begrenzen, dort effektiv zu bekämpfen und somit das Tier nicht töten zu müssen?

Vom 07.11. bis zum 27.12.2016 hatten wir 98 Ausbrüche dieser Krankheit. Das wurde in der Presse „alarmierend rasche Ausbreitung“ genannt. Was aber nicht geschrieben wurde – obwohl es Fakt ist –: Zwar trugen 80 % der verendeten Wildvögel diesen Virus nachweisbar in sich, aber die Wissenschaft konnte nicht nachweisen, dass dies auch die Todesursache war. Deswegen ist das Wort „Ausbruch“ hier mit Vorsicht zu genießen.

Dann kann man sich die Frage stellen: Ist eine so lange Aufstallungspflicht, wie wir sie hatten, wirklich sinnvoll? Denn was bedeutet diese Pflicht? Die Tiere sind alle auf einer relativ kleinen Fläche zusammen. Das bedeutet für sie hohen Stress. Es fördert die Aggressivität untereinan

der. Ich erwähne an dieser Stelle das Wort „Hackordnung“. Es ist kein Scharren mehr möglich. Es gibt kaum Frischluft, keinen Auslauf. Das ist schon Tierquälerei.

Ich habe es vorhin schon angesprochen: Die Medienkampagne rundherum führte zu irrealen Facebook-Diskussionen. Katzen sollten an der Leine geführt werden. Diese Forderung ist weder durchsetzbar noch durchführbar, sondern Ausdruck von Hysterie. Ich habe es bei mir in Großenhain erlebt: Man fand am Stadtpark zwei tote Spatzen. Die Online-Gemeinde war paralysiert; man befürchtete den Untergang des Abendlandes. – Was war? Die Polizei hat die Vögel weggeräumt. Sie waren erfroren.

Es ist gut, dass die Tierseuchenkasse den Betroffenen hilft. Man wünscht sich bei so mancher Diskussion über landwirtschaftliche Themen und Themen des Naturschutzes ein bisschen mehr Sachverstand in der Öffentlichkeit und stärkeres Hinterfragen allzu leicht glaubbarer Informationen.

Der Geflügelwirtschaftsverband Sachsen steht für Rückfragen und Informationen jederzeit zu Ihrer Verfügung. Vielleicht müssen wir auch in diesem Punkt besser, schneller und digitaler kommunizieren, um falsche Schlussfolgerungen zu vermeiden.

Meine Damen und Herren, Ihnen liegt der Antrag vor. Wir beantragen also, zu prüfen, wie man künftig mit Ausnahmegenehmigungen bei der Aufstallungspflicht umgehen kann, das heißt, ob sie nicht doch etwas schneller erteilt werden können.

Wir beantragen zu prüfen, ob die Aufstallungspflicht abgeschwächt angewandt werden kann. Denkbar wäre die Befreiung von Groß- und Wassergeflügel.

Wir beantragen, auf Bundesebene darauf hinzuwirken, dass die Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest so ausgestaltet wird, dass in Bezug auf die Aufstallungspflicht zwischen Kann und Soll flexibler hin und her gewechselt werden kann.

Meine Damen und Herren! Wir möchten hier erreichen, dass maßvoll, sinnvoll, aber natürlich auch mit der notwendigen Konsequenz Tierseuchen bekämpft werden und Tierschutz umgesetzt wird. Wir glauben, dass eine Seuchenbekämpfung sinnvoll ist, wenn sie mit beiden Beinen auf dem festen und trockenen Boden der Realität steht.

Ich schließe mit der alten Bauernregel dazu: Wenn die Gänse stehen auf einem Fuß, dann kommt bald ein Regenguss.

Bleiben wir trocken, meine Damen und Herren!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der SPD)