Frau Präsidentin! Ich würde gern eine Erklärung abgeben. Ich wurde rechtzeitig aufgerufen, aber es hat nicht geklappt, rechtzeitig im Saal zu sein. Ich bin Diabetiker und war da, wo man als Diabetiker öfter hingehen muss. Ich bitte zu entschuldigen, dass ich deshalb meine Stimme erst verspätet abgegeben habe. Ich bitte deshalb, mir das Stimmrecht noch zu ermöglichen. – Danke.
Damit befindet sich jetzt kein weiterer Abgeordneter im Raum, der nicht aufgerufen worden ist. – Dann bitte ich jetzt um Auszählung.
vor. Mit Ja stimmten 22 Abgeordnete, mit Nein stimmten 88 Abgeordnete und acht Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Damit ist der Gesetzentwurf der Linksfraktion abgelehnt.
Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Für die einreichende Fraktion beginnt Herr Abg. Wehner von den LINKEN, danach folgen CDU, SPD, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Älteren haben die Entwicklung dieses Freistaates seit der friedlichen Revolution miterlebt und mitgestaltet, den Jüngeren ist der Freistaat politische Selbstverständlichkeit. Jedoch zwingen uns die Folgen des demografischen Wandels auf vielen Politikfeldern zum Um- und Neudenken sowie teilweise zu neuen Zielsetzungen. Dazu gehört auch die Schaffung der inklusiven Gesellschaft, also die Ermöglichung gleichberechtigter Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben und damit auch an der Politik in den Städten und Gemeinden, auf Kreis- und Landesebene.
Insoweit unterstütze ich ausdrücklich die Initiative der sächsischen Sozialministerin – also Ihre Initiative, Frau Klepsch –, damit sich alle Menschen – ob mit oder ohne Behinderung – selbstbestimmt in allen öffentlichen Räumen ohne Hilfe und ohne Voranmeldung bewegen können und um noch mehr Barrieren abzubauen und bedarfsgerechte Unterstützungsangebote zur Verfügung zu stellen.
Mit dem „Sozialen Kümmerer“, wie Sie ihn nennen, installieren Sie eine Vertrauensperson, die direkte und unbürokratische Hilfe vor Ort geben kann. Dies wollen Sie vor allem im Wohnbereich leisten. Dazu wird heute sicher noch in einem weiteren Tagesordnungspunkt gesprochen werden.
Allein wird dieser „Soziale Kümmerer“ – mit Blick auf den gesamtgesellschaftlichen Auftrag für die Schaffung der inklusiven Gesellschaft – aber nicht ausreichen. Hier, meine ich, kommt unser Gesetzentwurf zur rechten Zeit.
Wir schlagen Ihnen vor, die Beteiligungsrechte älterer Menschen im Freistaat Sachsen weiter auszugestalten und erstmalig auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen, um
somit in allen Kommunen gleiche rechtliche Rahmenbedingungen für die Teilhabe zu schaffen – eine wunderbare, unterstützende Ergänzung zu Ihrem Projekt, wie ich finde –, die Zusammenarbeit mit und die Rechte von Seniorenvertretungen, also eine breite Bürgerbeteiligung, zu regeln.
Aktuell wird unter Federführung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz ein Aktions- und Maßnahmenplan zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung erarbeitet, der 2017 in Kraft treten soll. Mit einleitenden und sensibilisierenden Maßnahmen sowie Pilotprojekten wird bereits in diesem Jahr die Erarbeitung des Aktionsplanes zur UN-BRK-Umsetzung begleitet.
Die Schaffung inklusiver Sozialräume ist eines der Ziele, das sich das Sozialministerium im Rahmen der Erarbeitung des Aktionsplanes gesetzt hat. Ein inklusiver Sozialraum ist ein barrierefreies Lebensumfeld, das alle Menschen selbstbestimmt gemeinsam nutzen und mitgestalten können. Dabei ist es gleich, ob es sich um Menschen mit oder ohne Beeinträchtigungen handelt, ob es alte oder junge Menschen sind.
Gleichermaßen sind die von der Weltgesundheitsorganisation bestimmten Handlungsfelder für eine altersfreundliche Stadt im Blick zu haben. Ich nenne diese aus Zeitgründen nur stichpunktartig. Es geht um die körperliche und geistige Beschaffenheit, um das soziale Netzwerk, um Bildung und Fähigkeiten, Interessen, Werte und Ziele, materielle Ressourcen, Gewohnheit und Lebensstil. Der Kümmerer ist wichtig, aber mindestens genauso wichtig ist die Interessenwahrnehmung der Experten in eigener Sache, meine Damen und Herren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sicher sind wir uns darin einig, wenn wir keine diskriminierenden Altersgrenzen zulassen und die demografische Entwicklung als Chance begreifen, die Potenziale des Alters stärker nutzen, um die Erwerbs- und Arbeitsbedin
Hierzu gehören zum Beispiel: Angebote des lebenslangen, lebensbegleitenden Lernens ausbauen und erweitern; eine gesicherte Altersversorgung, die nach entsprechender Lebensarbeitszeit oberhalb der Armutsgrenze liegen muss; mehr familien- und generationsgerechter Wohnraum, damit auch ältere Menschen möglichst lange selbstständig und selbstbestimmt zu angemessenen Preisen in häuslicher Umgebung leben können; besondere Förderung von Programmen zu technisch unterstützendem Leben und Wohnen sowie der Umsetzung der Vorgaben der Barrierefreiheit bei Neu- und Umbau von Wohnungen, aber auch der Ausbau flächendeckender Gesundheits- und Ärzteversorgung sowie leistungsfähige Pflegesysteme mit Pflegeeinrichtungen, die Menschlichkeit, Qualität und Bezahlbarkeit zusammenführen. Dies ist auch als wichtiger Beitrag zur positiven Entwicklung des ländlichen Raumes in allen Regionen Europas zu begreifen und zu fördern – und in Sachsen in besonderer Weise.
Gleiches gilt für Einrichtungen und Maßnahmen, die pflegenden Angehörigen zu unterstützen und abzusichern. Seniorenmitbestimmung auf allen Ebenen ist hierbei von zentraler Bedeutung und bedarf daher besserer Rahmenbedingungen für die aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Meine Damen und Herren, der Personenkreis der Seniorinnen und Senioren besteht heute aus zwei Generationen: die Generation der 60- bis 85-jährigen sowie die der Hochbetagten ab dem Alter von 85 Jahren. Die sogenannten jungen Alten, also die 60- bis 85-jährigen, bilden die größere Gruppe. Sie sind heute in der Regel gesund, aktiv, mobil und produktiv wie nie zuvor in der Geschichte. Ihre Potenziale ungenutzt zu lassen, ihre Mitwirkung in Familie und Gesellschaft oder ihre Mitbestimmung in der Politik zu verhindern würde eine vergebene Chance für die gelingende Zukunft in unserem Freistaat bedeuten.
Wir meinen, diese jungen Alten wollen, können und sollen aktiv die Zukunft mitgestalten dürfen. Als gleichberechtigte Partner sollen sie selbst mitbestimmen und selbst mitarbeiten dürfen. Das wäre eine wirkliche Aufwertung von Seniorenpolitik.
Angesichts der starken Abhängigkeit des Seniorenalltags von den außerordentlich unterschiedlichen regionalen und kommunalen Sozialstrukturen muss eine gerechte Seniorenpolitik auch künftig gemeinsam mit den Experten in eigener Sache gestaltet werden. Seniorenpolitik muss in Theorie und Praxis konsequenter als Querschnittsaufgabe verstanden und gehandhabt werden. Das schließt die Wechselbeziehungen zwischen den Generationen ebenso ein wie das ressortübergreifende Zusammenwirken der Verwaltung sowie die Erschließung und Bündelung regionaler Ressourcen.
Es liegt doch auf der Hand: Die Senioren sind keine homogene Gruppe, sondern eine Altersgruppe mit besonders heterogenem Charakter. Sie zeichnen sich aus durch arm, reich, alt, hochbetagt, gesund, pflegebedürftig; es sind Ehepaare, Alleinstehende, Menschen aus Stadt und Land, aus Ost und West – jeweils mit unterschiedlichen Lebenserfahrungen.
Wir wollen dazu beitragen, dass dem in der Politik mehr als bisher Rechnung getragen wird – deswegen unser Gesetzentwurf. Wir wollen: Durch die Mitbestimmung sollen Seniorinnen und Senioren stärker Einfluss auf die Erarbeitung und Realisierung von Senioren- und Altenhilfeplänen sowie anderer seniorenpolitischer Instrumentarien nehmen, um mehr Mittel und Möglichkeiten für ältere Menschen zu erschließen und sinnvoller einzusetzen. Wir wollen aufrufen und ermuntern, entsprechend der Vielfalt persönlicher Bedürfnisse und Interessen in Seniorenklubs, Freizeitstätten und Seniorenakademien mitzuwirken
Wir wollen in Streitgesprächen mit Jugendlichen, gemeinsamen Geschichtsprojekten sowie kulturellen und sportlichen Veranstaltungen die Solidarität zwischen den Generationen aktiver fördern.
Die Wirksamkeit der Seniorenpolitik entscheidet sich in den Kommunen, meine Damen und Herren. Kommunale Seniorenpolitik, die letztendlich über die praktische Realisierung der Ansprüche und Bedürfnisse alter Menschen entscheidet, gehört zu den Kernkompetenzen jeder Kommune. Viele Kommunen sind auf den anhaltenden Bevölkerungsrückgang, immer mehr alte Menschen, Langzeitarbeitslosigkeit, drohende Altersarmut und
Erosion sozialer Infrastruktur bei anhaltender Schieflage ihrer Finanzausstattung bisher unzureichend eingestellt.
Die Würde des Menschen ist unantastbar, auch im Alter – das ist grundgesetzlich verbrieft. An dieser Stelle sei mir noch eine Bemerkung gestattet: In den vergangenen Jahren wurde hier im Haus immer wieder erklärt: Ja, wir sind doch vom Alter her selbst schon Senioren, also sind die Belange der Seniorinnen und Senioren auch im Parlament vertreten. Wenn ich mich jetzt so umschaue, dann hat sich seit der letzten Landtagswahl ein deutlicher Generationswechsel vollzogen. Das alte Argument zieht somit also nicht mehr. Es ist also an der Zeit, den Seniorinnen und Senioren die rechtlichen Möglichkeiten einzuräumen, ihre Interessen vor Ort in den Kommunen, aber auch auf Landesebene vertreten zu können.
In diesem Zusammenhang danke ich für die bisherige sachliche Diskussion zu unserem Gesetzentwurf. In der Anhörung im Fachausschuss wurde der Hinweis gegeben, Doppelstrukturen zu vermeiden. Dieser Anregung folgen wir mit unserem Änderungsantrag – den ich hiermit gleichzeitig einbringe – insoweit, als wir keine gesetzliche Regelung mehr für eine Landesseniorenvertretung wollen, da sich diese ohnehin vereinsrechtlich selbst gebunden hat.
Leider haben wir im federführenden Ausschuss keine Mehrheiten gefunden. Ein Beweggrund war offenbar, dass wir die Kirchen für die Mitwirkung in den Gremien nicht bedacht hätten – Frau Dietzschold, Sie erinnern sich bestimmt. Das sehen wir aber nicht so. Unsere Aufzählung ist a) nicht abschließend und b) könnten diese Gremien über die Liga der freien Wohlfahrt ihre Mitwirkung leisten.
Im Übrigen möchte ich Wiederholungen vermeiden und bitte namens meiner Fraktion sowohl zu unserem Änderungsantrag als auch zu unserem Gesetzentwurf um Zustimmung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir behandeln hier in der 2. Lesung den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE zum Thema „Gesetz zur Stärkung der Mitwirkung, Mitbestimmung und Interessenvertretung von Senioren“.
Die Antragsteller sehen bislang eine unzureichende Beteiligung von Senioren im Freistaat Sachsen. Ziel ist es, die Interessenvertretung und Mitbestimmung von Senioren im Freistaat Sachsen umfassend und flächendeckend auszubauen.